Dienstag, 23. Dezember 2008
Ausblick 2009
Oh, das ist eigentlich ganz einfach: Mein Ausblick 2009 wird so sein, wie 2008 auch schon. Entweder klassisch:
Das ist so, wie ich es schonvon Kindesbeinen an kenne, seitdem ich die steilen Stufen ins Dach hochklettern kann, oder aber neu:
So, wie es mir seit ein paar Jahren vorgeschwebt ist und sich nicht verwirklichen liess, bis zu diesem Tag im Februar, als ich einen Notartermin hatte.
Wie auch immer, so leicht will ich mir natürlich nicht machen. Also, hier meine ernste Einschätzung für 2009, und das Schlimme gleich mal zuerst:
Wenn wir Glück haben, werden wir nur einen wirtschaftlichen Beinahezusammenbruch in den UdSSA, Vereinigtes Königreich, Spanien, China, Russland, Korea, und einigen Staaten Osteuropas sehen. Vermutlich wird auch das eine oder andere Land tatsächlich so etwas wie eine Stunde Null erleben, sei es nun eine Währungsreform (UdSSA), ein Aussetzen der Marktmechanismen (Russland), grossflächige Verstaatlichungen (China), was man halt so tut, wenn der Markt nicht mehr läuft. Wenn der Export Japans 2008 um 27% eingebrochen ist und die Amerikaner den Hedge Fonds 200 Milliarden Dollar in den Rachen werfen, wenn Banken nur noch leben, weil man die Bilanzierungsregeln aufgibt, sind wir nicht weit weg vom Kollaps. Ich glaube, man wird alles tun, um das zu vermeiden, durchaus auch auf Kosten von Vermögen und Währungsstabilität.
Es ist schwer, etwas Konkretes über das Bruttoinlandsprodukt zu sagen, weil die Nationen nicht vergleichbar sind. Die UdSSA zum Beispiel haben eine wachsende Bevölkerung, für die ein Wachstum von 2% das gleiche wie eine Stagnation für Deutschland ist. Ich wage aber zu sagen, dass 2009 für Amerika jenseits aller Bilanztricks katastrophal werden wird, wie auch für Grossbritannien und andere deindustrialisierte, parasitär wirtschaftende Regionen. Nicht nur, weil die Lage schlecht ist, sondern auch, weil erst jetzt langsam klar wird, wie wenig Realvermögen dem gegenübersteht, was man einst für Reichtum hielt. Wären diese Nationen Firmen, wären sie lachhaft überbewertet, und das wird sich rächen. Acht bis zehn Prozent Wirtschaftskontraktion halte ich für diese beiden Länder durchaus für möglich, mit einem Sicherheitspolster bei minus 15 Prozent, je nachdem, welche Minen noch in den Kellern der Banken liegen.
Deutschland... zwischen 4 und 7 Prozent minus, irgendwas zwischen 500.000 und 800.000 verlorene Arbeitsplätze, politisch eine krude Mischung aus Sparen, Schulden machenund eine knallharte Steueranhebung nach den Wahlen, und zwar dort, wo noch was zu holen ist: Auf den hohen Kanten der Bürger. Nicht, weil jemand den Reichen zu nahe treten möchte, sondern weil es keine Alternativen gibt, und eine Art Strafsteuer für Vermögenseinbunkerung und Spekulation konsumsteigernd ist. Abgesehen davon leuchtet das inzwischen auch mehr und mehr den Reiche ein, die bislang die einzige Gruppe neben den Opelianern sind, die von der Krise voll erwischt wurden. Eine Rolex für 10.000 Euro ist nach dem Kauf mehr wert als ein Lehman-Zertifikat von 2008, oder die Aktien der Deutschen Bank von 2007, oder das Hypo Real Estate "Schnäppchen" vom letzten Sommer. Dieses Sparpolster und dessen Anschlitzung, nehme ich an, kann helfen: Es geht um 8 Billionen Euro, das 30fache des Bundeshaushaltes. Im Prinzip liegt es also an den Bürgern, wie schlimm es wird.
Das Mittelgute: Da wird es je nach Region und Wirtschaftszweig massive Unterschiede geben. Einsparungen werden zuerst mal die Bereiche treffen, die nicht gefestigt, verlegbar, Luxus oder einfach zu streichen sind: So ziemlich alles, was mit Medien von den Journalisten über die PR bis zur Werbung zu tun hat. Diese ganze Blase wird unschönste Verstärkungseffekte in Regionen haben, die sonst wenig zu bieten haben. Wer glaubt, dass Steinkohle ohne Zukunft ist, hat sich noch nicht mit Mediennutzungsverhalten und Kostensenkung beschäftigt. Was mit Arbeitsagentur wird das neue Was mit Medien. Ähnlich überflüssiger Luxus wird - überflüssiger Luxus sein. All die Hotelneubauten der letzten Jahre, die Galerien, die Nobelclubs und Edelgastronimie, die Chichi-Geschäfte und Wellnessangebote werden einen erbitterten Überlebenskampf führen - und nicht jeder dort kann auf prima Kuchen wie bei Muttern umsatteln. Wo es brummt, wird es nicht so schlimm, aber wo die Krise auf ungefestigte Strukturen trifft, würde ich 2009 nicht leben wollen.
Ich will hier keine spezielle Region ansprechen, aber es kann nicht ganz doof sein, über Weihnachten im fetten Teil des Landes, wie es manche Leser hier tun, zu überlegen, ob das dort wirklich so grässlich ist, wie man auf en Spielplätzen für Berufsjugendlichen so erzählt. Neben Kunst und Web2.0 sind nämlich auch Transferzahlungen ganz sicher mit dabei, wenn es um Einsparpotenziale geht. Was nur kostet, wird abgestossen. Regionen, die defizitär sind, werden dem Staat zur Last gelegt - siehe Qimoda - oder agewickelt - siehe Qimoda in der zweiten Jahreshälfte 2009. Mir persönlich ist das durchaus recht so, denn es wäre schlimm, wenn in der Bundesrepublik nicht intakte Zonen erhalten bleiben, die nachher helfen können, den Rest wieder aufzupäppeln. Niemand hat etwas davon, wenn der Staat durch unsinnige Garantien für unsinnige Opels und andere Geldvernichtungsprogramme wie bei der IKB die Basis zur transferorientierten Verberlinerung des Landes legt.
Und das Gute: Ich habe bei all dem die Hoffnung, dass sich die Verantwortlichen durchaus überlegen müssen, welche Schritte volkswirtschaftlich klug und welche nur Effekthascherei sind. Ein Programm zur Auslastung chinesischer Zwangsarbeit und deutschen Monopolisten wie eine flächendeckende Versorgung mit WLAN für ein paar hungerleidende Furztwitterer ist jenseits jeder Wertschöpfung und gehört ganz sicher in die zweite Kategorie. Statt dessen könnte man Zukunftsfragen wie Mobilität, Infrastruktur, Energieeffizienz, Bildung und Umwelt angehen. In der Krise das tun, was nach der Krise wichtig werden wird. Wenn in der Folge ein paar Flaschen Wodka weniger bei Klingeltonabzockerparties gesoffen werden, wenn der eng werdende Markt ein paar Arschlöcher hinauskatapultiert - prima.
Ich gehöre nicht zu den Marktoptimisten, die glauben, dass man gestärkt aus so einer Krise hervorgeht. 2010 wird auch nicht schön, und vieles wird hässlicher als alles, was ich und ein paar Leser während der New Economy erlebt haben. Ich glaube aber, dass es global ähnlich sein wird, wie innerhalb Deutschlands - manche werden schneller wieder auf die Füsse kommen, als andere. Die individuelle Frage also ist, was kann man zu diesen Regionen beitragen. Gut, man kann natürlich auch woanders sitzen bleiben und warten, dass etwas passiert, und da vorne hoffentlich der Versorgungslaster und nicht die Abrissbirne kommt. So oder so kein schöner Ausblick, würde ich meinen.
Das ist so, wie ich es schonvon Kindesbeinen an kenne, seitdem ich die steilen Stufen ins Dach hochklettern kann, oder aber neu:
So, wie es mir seit ein paar Jahren vorgeschwebt ist und sich nicht verwirklichen liess, bis zu diesem Tag im Februar, als ich einen Notartermin hatte.
Wie auch immer, so leicht will ich mir natürlich nicht machen. Also, hier meine ernste Einschätzung für 2009, und das Schlimme gleich mal zuerst:
Wenn wir Glück haben, werden wir nur einen wirtschaftlichen Beinahezusammenbruch in den UdSSA, Vereinigtes Königreich, Spanien, China, Russland, Korea, und einigen Staaten Osteuropas sehen. Vermutlich wird auch das eine oder andere Land tatsächlich so etwas wie eine Stunde Null erleben, sei es nun eine Währungsreform (UdSSA), ein Aussetzen der Marktmechanismen (Russland), grossflächige Verstaatlichungen (China), was man halt so tut, wenn der Markt nicht mehr läuft. Wenn der Export Japans 2008 um 27% eingebrochen ist und die Amerikaner den Hedge Fonds 200 Milliarden Dollar in den Rachen werfen, wenn Banken nur noch leben, weil man die Bilanzierungsregeln aufgibt, sind wir nicht weit weg vom Kollaps. Ich glaube, man wird alles tun, um das zu vermeiden, durchaus auch auf Kosten von Vermögen und Währungsstabilität.
Es ist schwer, etwas Konkretes über das Bruttoinlandsprodukt zu sagen, weil die Nationen nicht vergleichbar sind. Die UdSSA zum Beispiel haben eine wachsende Bevölkerung, für die ein Wachstum von 2% das gleiche wie eine Stagnation für Deutschland ist. Ich wage aber zu sagen, dass 2009 für Amerika jenseits aller Bilanztricks katastrophal werden wird, wie auch für Grossbritannien und andere deindustrialisierte, parasitär wirtschaftende Regionen. Nicht nur, weil die Lage schlecht ist, sondern auch, weil erst jetzt langsam klar wird, wie wenig Realvermögen dem gegenübersteht, was man einst für Reichtum hielt. Wären diese Nationen Firmen, wären sie lachhaft überbewertet, und das wird sich rächen. Acht bis zehn Prozent Wirtschaftskontraktion halte ich für diese beiden Länder durchaus für möglich, mit einem Sicherheitspolster bei minus 15 Prozent, je nachdem, welche Minen noch in den Kellern der Banken liegen.
Deutschland... zwischen 4 und 7 Prozent minus, irgendwas zwischen 500.000 und 800.000 verlorene Arbeitsplätze, politisch eine krude Mischung aus Sparen, Schulden machenund eine knallharte Steueranhebung nach den Wahlen, und zwar dort, wo noch was zu holen ist: Auf den hohen Kanten der Bürger. Nicht, weil jemand den Reichen zu nahe treten möchte, sondern weil es keine Alternativen gibt, und eine Art Strafsteuer für Vermögenseinbunkerung und Spekulation konsumsteigernd ist. Abgesehen davon leuchtet das inzwischen auch mehr und mehr den Reiche ein, die bislang die einzige Gruppe neben den Opelianern sind, die von der Krise voll erwischt wurden. Eine Rolex für 10.000 Euro ist nach dem Kauf mehr wert als ein Lehman-Zertifikat von 2008, oder die Aktien der Deutschen Bank von 2007, oder das Hypo Real Estate "Schnäppchen" vom letzten Sommer. Dieses Sparpolster und dessen Anschlitzung, nehme ich an, kann helfen: Es geht um 8 Billionen Euro, das 30fache des Bundeshaushaltes. Im Prinzip liegt es also an den Bürgern, wie schlimm es wird.
Das Mittelgute: Da wird es je nach Region und Wirtschaftszweig massive Unterschiede geben. Einsparungen werden zuerst mal die Bereiche treffen, die nicht gefestigt, verlegbar, Luxus oder einfach zu streichen sind: So ziemlich alles, was mit Medien von den Journalisten über die PR bis zur Werbung zu tun hat. Diese ganze Blase wird unschönste Verstärkungseffekte in Regionen haben, die sonst wenig zu bieten haben. Wer glaubt, dass Steinkohle ohne Zukunft ist, hat sich noch nicht mit Mediennutzungsverhalten und Kostensenkung beschäftigt. Was mit Arbeitsagentur wird das neue Was mit Medien. Ähnlich überflüssiger Luxus wird - überflüssiger Luxus sein. All die Hotelneubauten der letzten Jahre, die Galerien, die Nobelclubs und Edelgastronimie, die Chichi-Geschäfte und Wellnessangebote werden einen erbitterten Überlebenskampf führen - und nicht jeder dort kann auf prima Kuchen wie bei Muttern umsatteln. Wo es brummt, wird es nicht so schlimm, aber wo die Krise auf ungefestigte Strukturen trifft, würde ich 2009 nicht leben wollen.
Ich will hier keine spezielle Region ansprechen, aber es kann nicht ganz doof sein, über Weihnachten im fetten Teil des Landes, wie es manche Leser hier tun, zu überlegen, ob das dort wirklich so grässlich ist, wie man auf en Spielplätzen für Berufsjugendlichen so erzählt. Neben Kunst und Web2.0 sind nämlich auch Transferzahlungen ganz sicher mit dabei, wenn es um Einsparpotenziale geht. Was nur kostet, wird abgestossen. Regionen, die defizitär sind, werden dem Staat zur Last gelegt - siehe Qimoda - oder agewickelt - siehe Qimoda in der zweiten Jahreshälfte 2009. Mir persönlich ist das durchaus recht so, denn es wäre schlimm, wenn in der Bundesrepublik nicht intakte Zonen erhalten bleiben, die nachher helfen können, den Rest wieder aufzupäppeln. Niemand hat etwas davon, wenn der Staat durch unsinnige Garantien für unsinnige Opels und andere Geldvernichtungsprogramme wie bei der IKB die Basis zur transferorientierten Verberlinerung des Landes legt.
Und das Gute: Ich habe bei all dem die Hoffnung, dass sich die Verantwortlichen durchaus überlegen müssen, welche Schritte volkswirtschaftlich klug und welche nur Effekthascherei sind. Ein Programm zur Auslastung chinesischer Zwangsarbeit und deutschen Monopolisten wie eine flächendeckende Versorgung mit WLAN für ein paar hungerleidende Furztwitterer ist jenseits jeder Wertschöpfung und gehört ganz sicher in die zweite Kategorie. Statt dessen könnte man Zukunftsfragen wie Mobilität, Infrastruktur, Energieeffizienz, Bildung und Umwelt angehen. In der Krise das tun, was nach der Krise wichtig werden wird. Wenn in der Folge ein paar Flaschen Wodka weniger bei Klingeltonabzockerparties gesoffen werden, wenn der eng werdende Markt ein paar Arschlöcher hinauskatapultiert - prima.
Ich gehöre nicht zu den Marktoptimisten, die glauben, dass man gestärkt aus so einer Krise hervorgeht. 2010 wird auch nicht schön, und vieles wird hässlicher als alles, was ich und ein paar Leser während der New Economy erlebt haben. Ich glaube aber, dass es global ähnlich sein wird, wie innerhalb Deutschlands - manche werden schneller wieder auf die Füsse kommen, als andere. Die individuelle Frage also ist, was kann man zu diesen Regionen beitragen. Gut, man kann natürlich auch woanders sitzen bleiben und warten, dass etwas passiert, und da vorne hoffentlich der Versorgungslaster und nicht die Abrissbirne kommt. So oder so kein schöner Ausblick, würde ich meinen.
donalphons, 22:30h
... link (22 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 18. Dezember 2008
Wie die Gemeinde Kreuth die Schlittenvampire ausrottete
Vor gar nicht so langer Zeit lebte in Kreuth eine ganz besondere Blutsaugergattung: 1945 im Trek mit Altnazis und Deutschtumsverbreitern waren auch ein paar rumänische Vampire, die keine Lust hatten, ihren luxuriösen Lebensstil von den einmarschierenden Stalinisten als bürgerlich-verweichlicht abstempeln und verbieten zu lassen. Also kaperten sie einen Lastwagen voller Raubkunst, warfen die Bilder weg und gelangten dadurch in die Alpenfestung, wo sie in den letzten Apriltagen des Jahres 1945 übereinkamen, dass auch braunes Faschistenblut frisch aus dem Hals besser als sein Ruf ist. Auch fanden sie bald Gefallen an der Region: Die Berge sorgten für frühe Sonnenuntergänge und lange Nächte, das schlichte Gemüt der Menschen und die Nähe Österreichs erinnerten an die balkanische Heimat, und bei der derben Sexualität der Einheimischen konnte ohnehin keiner sagen, woher die paar kleinen Löcher im Hals kamen.
Also blieben sie, quartierten sich im Keller von Wildbad Kreuth ein, wo alsbald die CSU einzog und damit alles auftafelte, was fett, alkoholgeschwängert und bayerisch war, weinseliges Frankenblut und bierdimpfligen Oberpfläzersaft, und ab und an auch ein preussischer Magenbitter, selbst wenn das in der Ära Merkel etwas zu viel wurde. Aber in der Wintersaison gab es auch genug andere Freuden und Abwechslung, denn auf den Hütten waren die Touristen, die Winternächte waren lang, und dann machten sich bei Sonnenuntergang die Vampire auf den Weg in die Berge.
Und das natürlich mit dem Rodel. Einerseits wollten sie nicht auffallen, sondern wie ganz normale, degenerierte und blutverpanschte Einheimische wirken, wie sie in diesen Dörfern nicht selten sind und gerne rodeln. Andererseits sind die Hütten hoch oben im Berg, und wenn sie viel gesoffen hatten, wurde der Abstieg lang, eisig und auch für sie brandgefährlich - wie schnell rutschte man aus und rammte sich einen Holzplock ins Herz. Da oben wartete das heisse Blut der Ostasiatinnen auf Bergurlaub, nach dem sie immer albern kichern mussten, der blumige Saft aus den Hälsen der Italienerinnen, bei denen der Bergurlaub modern wurde, bessere und schlechtere Lagen aus deutschen Landen und auch dickflüssige Fettsosse amerikanischer Rezeptur. Wie es nun mal so ist: Man sollte eigentlich Mass halten und nichts durcheinander trinken und eine gute Unterlage im Bauch haben.
So aber knallten in den späten Nachtstunden besoffene Schlittenvampire von den Bergücken hinunter nach Kreuth, kotzten in den Schnee und stolperten in Wildbad über die Parteisoldaten, die es in ihrem Urin liegend nicht mehr in die Betten geschafft hatten, ohne diese jedoch anzurühren. Es waren gute Zeiten. Bis zu dem Tag, als sich die Gemeinde Kreuth zusammensetzte und einer sagte, dass er Schulschwänzer am Morgen auf dem Hirschberg beim Rodeln erwischt hätte. Und der Pfarrer fügte hinzu, dass seine Gemeinde gefälligst am Sonntag morgen in der Kirche zu sein hätte, und nicht mit dem Schlitten auf den Berg gehen sollte, um dort zuerst auf die Zenzi drüber und nachher die Piste hinunter zu ruschten, Herrgottsakra. Und der Wirt sagte, dass es ja auch unmöglich sei, wenn die Touristen da hoch steigen, sie sollten sich bitt´schön schon am Vormittag einen Fetzenrausch ansaufen, dann bekommt auch die CSU wieder 5o+x - und der Rest war nur noch Formsache.
Achtung Rodler! Laut Beschluss ist das Rodeln von 0-12 Uhr strengstens verboten. Gemeinde Kreuth
steht da allen Ernstes auf dem Schild im Tonfall der 30ies, als weiter unten am See noch der Röhm den SAler - naja. Und das bedeutete das Ende der Rodelvampire, die nicht ahnten, was da beschlossen wurde, und in einer klaren Winternacht, kurz vor der Dämmerung besoffen und entsetzt vor diesem Schild standen. Die einen versuchten, noch schnell hinunter zu laufen, die anderen versteckten sich im Wald des Hirschberges, aber alle raffte sie an jedem Morgen die Sonne dahin, es blieben nur ein paar Aschehaufen, und von da an wurden die CSUler in Kreuth noch fetter und freuten sich, dass sie so absolut keine Bisse mehr fühlten, die auch das Gewissen hätte sein können...
So also sind die Schlittenvampire in der Gemeinde Kreuth ausgestorben, und wer weiss, ob sie nicht auch bald den Erzähler verbieten werden, der bereits um 11 Uhr und 53 Minuten talwärts schoss. Oder ihn gleich verbrennen, wie man das so als Brauchtumspflege macht, im schönen, freien Kreuth im Tegernseer Tal am Fusse der majestätischen Bergwelt, zwischen dem Wildbad der CSU und den Gräbern der Nazigeneräle in Rottach.
Also blieben sie, quartierten sich im Keller von Wildbad Kreuth ein, wo alsbald die CSU einzog und damit alles auftafelte, was fett, alkoholgeschwängert und bayerisch war, weinseliges Frankenblut und bierdimpfligen Oberpfläzersaft, und ab und an auch ein preussischer Magenbitter, selbst wenn das in der Ära Merkel etwas zu viel wurde. Aber in der Wintersaison gab es auch genug andere Freuden und Abwechslung, denn auf den Hütten waren die Touristen, die Winternächte waren lang, und dann machten sich bei Sonnenuntergang die Vampire auf den Weg in die Berge.
Und das natürlich mit dem Rodel. Einerseits wollten sie nicht auffallen, sondern wie ganz normale, degenerierte und blutverpanschte Einheimische wirken, wie sie in diesen Dörfern nicht selten sind und gerne rodeln. Andererseits sind die Hütten hoch oben im Berg, und wenn sie viel gesoffen hatten, wurde der Abstieg lang, eisig und auch für sie brandgefährlich - wie schnell rutschte man aus und rammte sich einen Holzplock ins Herz. Da oben wartete das heisse Blut der Ostasiatinnen auf Bergurlaub, nach dem sie immer albern kichern mussten, der blumige Saft aus den Hälsen der Italienerinnen, bei denen der Bergurlaub modern wurde, bessere und schlechtere Lagen aus deutschen Landen und auch dickflüssige Fettsosse amerikanischer Rezeptur. Wie es nun mal so ist: Man sollte eigentlich Mass halten und nichts durcheinander trinken und eine gute Unterlage im Bauch haben.
So aber knallten in den späten Nachtstunden besoffene Schlittenvampire von den Bergücken hinunter nach Kreuth, kotzten in den Schnee und stolperten in Wildbad über die Parteisoldaten, die es in ihrem Urin liegend nicht mehr in die Betten geschafft hatten, ohne diese jedoch anzurühren. Es waren gute Zeiten. Bis zu dem Tag, als sich die Gemeinde Kreuth zusammensetzte und einer sagte, dass er Schulschwänzer am Morgen auf dem Hirschberg beim Rodeln erwischt hätte. Und der Pfarrer fügte hinzu, dass seine Gemeinde gefälligst am Sonntag morgen in der Kirche zu sein hätte, und nicht mit dem Schlitten auf den Berg gehen sollte, um dort zuerst auf die Zenzi drüber und nachher die Piste hinunter zu ruschten, Herrgottsakra. Und der Wirt sagte, dass es ja auch unmöglich sei, wenn die Touristen da hoch steigen, sie sollten sich bitt´schön schon am Vormittag einen Fetzenrausch ansaufen, dann bekommt auch die CSU wieder 5o+x - und der Rest war nur noch Formsache.
Achtung Rodler! Laut Beschluss ist das Rodeln von 0-12 Uhr strengstens verboten. Gemeinde Kreuth
steht da allen Ernstes auf dem Schild im Tonfall der 30ies, als weiter unten am See noch der Röhm den SAler - naja. Und das bedeutete das Ende der Rodelvampire, die nicht ahnten, was da beschlossen wurde, und in einer klaren Winternacht, kurz vor der Dämmerung besoffen und entsetzt vor diesem Schild standen. Die einen versuchten, noch schnell hinunter zu laufen, die anderen versteckten sich im Wald des Hirschberges, aber alle raffte sie an jedem Morgen die Sonne dahin, es blieben nur ein paar Aschehaufen, und von da an wurden die CSUler in Kreuth noch fetter und freuten sich, dass sie so absolut keine Bisse mehr fühlten, die auch das Gewissen hätte sein können...
So also sind die Schlittenvampire in der Gemeinde Kreuth ausgestorben, und wer weiss, ob sie nicht auch bald den Erzähler verbieten werden, der bereits um 11 Uhr und 53 Minuten talwärts schoss. Oder ihn gleich verbrennen, wie man das so als Brauchtumspflege macht, im schönen, freien Kreuth im Tegernseer Tal am Fusse der majestätischen Bergwelt, zwischen dem Wildbad der CSU und den Gräbern der Nazigeneräle in Rottach.
donalphons, 23:52h
... link (18 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 9. Dezember 2008
Kleine Retrofreuden im Winter
zwischen Tegernsee und Innsbruck, in chronologischer Reihenfolge:
Vielleicht sollte ich anstelle der Berliner Dirt Picture Contests einen alpinen Kitsch Picture Contest machen. Solche Bilder jedenfalls gibt es haufenweise in den Alben meiner Grosstanten.
Das Licht da oben ist so intensiv, dass es die Kamera überfordert. Was nicht schlecht ist.
Eine Stunde rauf, 15 Minuten runter.
Der Achensee. Es gibt Bilder, die man nur im Winter so hinbekommt - obwohl sie aussehen wie Sommer.
Der Süsswarenladen von Dorothea Daler ist ein lebendes Fossil aus den 50er Jahren und absolut unterstützenswert, etwa durch den Kauf von Zimtsternen und Schokolade.
Manche Bilder in den Galerien sind vollkommen unrestauriert und konservativ bepreist. Doch, doch.
Ah ja, die deflationäre Gegenwart hat uns wieder, mit Preisen wie vor ein paar Jahren. Nun könnte man trefflich fragen, wer zuerst einen Bailout haben will: Die Kriminellen der Ölkartelle oder die Meinungstrusts? Bet your bottom dollar you'll lose the blues in Chicago, sang Sinatra, haha. Heute Chicago, morgen Berlin. Bitte, lasst sie krepieren.
Vielleicht sollte ich anstelle der Berliner Dirt Picture Contests einen alpinen Kitsch Picture Contest machen. Solche Bilder jedenfalls gibt es haufenweise in den Alben meiner Grosstanten.
Das Licht da oben ist so intensiv, dass es die Kamera überfordert. Was nicht schlecht ist.
Eine Stunde rauf, 15 Minuten runter.
Der Achensee. Es gibt Bilder, die man nur im Winter so hinbekommt - obwohl sie aussehen wie Sommer.
Der Süsswarenladen von Dorothea Daler ist ein lebendes Fossil aus den 50er Jahren und absolut unterstützenswert, etwa durch den Kauf von Zimtsternen und Schokolade.
Manche Bilder in den Galerien sind vollkommen unrestauriert und konservativ bepreist. Doch, doch.
Ah ja, die deflationäre Gegenwart hat uns wieder, mit Preisen wie vor ein paar Jahren. Nun könnte man trefflich fragen, wer zuerst einen Bailout haben will: Die Kriminellen der Ölkartelle oder die Meinungstrusts? Bet your bottom dollar you'll lose the blues in Chicago, sang Sinatra, haha. Heute Chicago, morgen Berlin. Bitte, lasst sie krepieren.
donalphons, 00:45h
... link (10 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 5. Dezember 2008
Alteisen
jenseits der 40 sollte man das schicksal in dieser beziehung nicht herausfordern.
Jenseits der 40... das klingt ja fast schon wie Krückstock oder Rollator... ich sage es mal so. Gestern war ich auf dem Berg, und bis ungefähr 1100 Höhenmeter kam ich mir dumm vor. Da stand ich im grünen, frühlingshaften Wald, mit einem schweren Davoser am Arm. Einen Schlitten hochziehen mag gehen, aber mit so einem schweren Trumm diretissima hochkraxeln ist eine andere Sache: Hart, schweisstreibend und angesichts der Umgebung blöd. Dummheit, denkt man sich, ist kein Privileg der Jugend.
Die Jugend traf ich dann beim letzten Aufstieg, als alles schon vereist war: Ein Waldbauer, der einen Baum zuschnitt, an seinen Traktor hängte und mir damit die Rodelstrecke ruinierte. Selten habe ich jemand so missmutig mit der Kettensäge hantieren sehen, und ich dachte mir: Junger Mann, früher wäre das anders gewesen. Früher hättest du diesen Baum mit einem grossen Hörnerschlitten ins Tal bringen müssen, und eine Fehlbremsung, ein Steinbrocken, der eine Kurve verursacht, und der Baum könnte es sich nochmal aussuchen, ob er seinen Schlächter von Hinten kommend den Schädel platzen lassen möchte, oder ihn beim Überschlag in das Eis rubbelt. Mein lieber junger Mann, du bist so missmutig, weil das hier langweilige Arbeit ist. Mit so einem Hornschlitten hättest du jetzt Angst und unten würdest du die Wirtstochter schwängern, das Leben will nachher sein Recht, weil das alles nachher raus muss, diese Gratwanderung zwischen Geschwindigkeit und Tod, die uns so viele hübsche schmiedeeiserne Kreuzerl unten in Gmund beschert hat, mit Bildern von Männern im besten Alter.
Weiter oben war dann Schnee. Und wie es so ist: Man rauscht hinab, das Panorama vor Augen, und schwupps rast man an der richtigen Kehre vorbei und muss wieder hoch. Runter kommen sie bekanntlich alle, aber nach Gasse gibt es, nachdem der andere Weg vom Waldbauer ruiniert war, nur einen Steilweg, und der ist in Zeiten wie diesen eher eisig und ungeeignet für Rodel. Ich würde da nicht mit Skiern runterfahren, und auf ein paar Meter Schlittenschleppen kam es mir auch nicht mehr an. Nur war ich zwischen einem älteren Ehepaar, er vornedran marschierend und sie ängstlich zurückbleibend. Der Weg ist sehr schmal, manchmal nur ein Meter zwischen Baum und Abgrund, und als ich an ihm vorbeikam, machten wir ein kleines Berglerschwätzchen, wie man es halt so macht.
Der alte Mann, 70plus auf alle Fälle, meinte, es sei währscheinlich trotz des Abgrunds sicherer, die Strecke zu rodeln, und wenn er einen Rodel dabei hätte, dann, ja dann, und so kam eines zum anderen, und ein mittelalter und ein sehr alter Depp probierten es aus, ob es wirklich ungefährlicher ist. Nun, ich war dabei und kann sagen: Nein, es ist nicht ungefährlicher, besonders bei der Links-Rechts-Kombination oberhalb des Wurzelfeldes, wo es hineingeht, wenn man die zweite Kurve nicht kriegt. Was man mit 180 Kilo Gesamtgewicht auf Stahlkufen und Eis gegen die Schwerkraft erst mal schaffen muss. Seine Frau jedenfalls war not amused. Ich schon. Er auch.
Ich halte absolut nichts von der Vorstellung, die restlichen 50, 60 Jahre meines Erdendaseins der Risikovorsorge zu widmen. Ich würde keine explizite Dunmheit machen, wie etwa im Bananenröckchen solche Strecken fahren. Oder mit falscher Ausrüstung auf Berge steigen. Aber ich glaube fest daran, dass ein wenig Risiko und ein paar schlecht platzierte Bäume gut sind für den Organismus, weil der Mensch bauartbedingt nicht für das gemacht ist, was viele tun: In einem Büro sitzen und irgendwas rumtippen, während 90% des Körpers nur Ballast sind, der in einem möglichst ergonomischen Stuhl vor Schäden durch Rumsitzen geschützt wird. Bis vor drei Generationen war der Bürostuhl die Ausnahme und der eisige Wald normal, und so schnell schaltet die Evolution unsere Spezies nicht auf Wellness-Workout-Ausgleichssport um.
Was für den Körper gilt, gilt auch für den Geist: Die Angst, wenn der Rodel zu schnell für die Kurve wird und hinten ausbricht, wenn die Kufen sich in das Eis knirschen und man hofft, sie scharf genug geschliffen zu haben, ist eine ganz andere Angst als, sagen wir mal, einen Betrag falsch zu buchen oder eine Deadline nicht zu packen. Es ist eine existenzielle Angst, die den ganzen Körper und das Gehirn fordert, man lernt etwas über Schwerkraft und Geschwindigkeit, das ist keine Übung, und wenn man es schafft und sich wieder in die Horizontale legt, und es wird schneller und schneller, wenn dann wieder in den Kurven die Eisbrocken fliegen, ist es...
notwendig. Ab und zu einfach notwendig, um sich zu erinnern, dass man Fleisch und Blut ist, Angst und Schmerzen, dumm und mutig, und nicht nur so ein Depp aus´m Internet, Computersklaven und Festplattenwichser, für den das grösste Drama ein Schnitt im Finger ist, weil er dann nicht mehr tippen kann, oder gar eine Risikobegrenzungsüberlegung, sondern - so lange wie irgend möglich - ein Geschoss voller Leben und Gier.
Die Reformhausbesitzerstochter schaut übrigens toll aus.
Jenseits der 40... das klingt ja fast schon wie Krückstock oder Rollator... ich sage es mal so. Gestern war ich auf dem Berg, und bis ungefähr 1100 Höhenmeter kam ich mir dumm vor. Da stand ich im grünen, frühlingshaften Wald, mit einem schweren Davoser am Arm. Einen Schlitten hochziehen mag gehen, aber mit so einem schweren Trumm diretissima hochkraxeln ist eine andere Sache: Hart, schweisstreibend und angesichts der Umgebung blöd. Dummheit, denkt man sich, ist kein Privileg der Jugend.
Die Jugend traf ich dann beim letzten Aufstieg, als alles schon vereist war: Ein Waldbauer, der einen Baum zuschnitt, an seinen Traktor hängte und mir damit die Rodelstrecke ruinierte. Selten habe ich jemand so missmutig mit der Kettensäge hantieren sehen, und ich dachte mir: Junger Mann, früher wäre das anders gewesen. Früher hättest du diesen Baum mit einem grossen Hörnerschlitten ins Tal bringen müssen, und eine Fehlbremsung, ein Steinbrocken, der eine Kurve verursacht, und der Baum könnte es sich nochmal aussuchen, ob er seinen Schlächter von Hinten kommend den Schädel platzen lassen möchte, oder ihn beim Überschlag in das Eis rubbelt. Mein lieber junger Mann, du bist so missmutig, weil das hier langweilige Arbeit ist. Mit so einem Hornschlitten hättest du jetzt Angst und unten würdest du die Wirtstochter schwängern, das Leben will nachher sein Recht, weil das alles nachher raus muss, diese Gratwanderung zwischen Geschwindigkeit und Tod, die uns so viele hübsche schmiedeeiserne Kreuzerl unten in Gmund beschert hat, mit Bildern von Männern im besten Alter.
Weiter oben war dann Schnee. Und wie es so ist: Man rauscht hinab, das Panorama vor Augen, und schwupps rast man an der richtigen Kehre vorbei und muss wieder hoch. Runter kommen sie bekanntlich alle, aber nach Gasse gibt es, nachdem der andere Weg vom Waldbauer ruiniert war, nur einen Steilweg, und der ist in Zeiten wie diesen eher eisig und ungeeignet für Rodel. Ich würde da nicht mit Skiern runterfahren, und auf ein paar Meter Schlittenschleppen kam es mir auch nicht mehr an. Nur war ich zwischen einem älteren Ehepaar, er vornedran marschierend und sie ängstlich zurückbleibend. Der Weg ist sehr schmal, manchmal nur ein Meter zwischen Baum und Abgrund, und als ich an ihm vorbeikam, machten wir ein kleines Berglerschwätzchen, wie man es halt so macht.
Der alte Mann, 70plus auf alle Fälle, meinte, es sei währscheinlich trotz des Abgrunds sicherer, die Strecke zu rodeln, und wenn er einen Rodel dabei hätte, dann, ja dann, und so kam eines zum anderen, und ein mittelalter und ein sehr alter Depp probierten es aus, ob es wirklich ungefährlicher ist. Nun, ich war dabei und kann sagen: Nein, es ist nicht ungefährlicher, besonders bei der Links-Rechts-Kombination oberhalb des Wurzelfeldes, wo es hineingeht, wenn man die zweite Kurve nicht kriegt. Was man mit 180 Kilo Gesamtgewicht auf Stahlkufen und Eis gegen die Schwerkraft erst mal schaffen muss. Seine Frau jedenfalls war not amused. Ich schon. Er auch.
Ich halte absolut nichts von der Vorstellung, die restlichen 50, 60 Jahre meines Erdendaseins der Risikovorsorge zu widmen. Ich würde keine explizite Dunmheit machen, wie etwa im Bananenröckchen solche Strecken fahren. Oder mit falscher Ausrüstung auf Berge steigen. Aber ich glaube fest daran, dass ein wenig Risiko und ein paar schlecht platzierte Bäume gut sind für den Organismus, weil der Mensch bauartbedingt nicht für das gemacht ist, was viele tun: In einem Büro sitzen und irgendwas rumtippen, während 90% des Körpers nur Ballast sind, der in einem möglichst ergonomischen Stuhl vor Schäden durch Rumsitzen geschützt wird. Bis vor drei Generationen war der Bürostuhl die Ausnahme und der eisige Wald normal, und so schnell schaltet die Evolution unsere Spezies nicht auf Wellness-Workout-Ausgleichssport um.
Was für den Körper gilt, gilt auch für den Geist: Die Angst, wenn der Rodel zu schnell für die Kurve wird und hinten ausbricht, wenn die Kufen sich in das Eis knirschen und man hofft, sie scharf genug geschliffen zu haben, ist eine ganz andere Angst als, sagen wir mal, einen Betrag falsch zu buchen oder eine Deadline nicht zu packen. Es ist eine existenzielle Angst, die den ganzen Körper und das Gehirn fordert, man lernt etwas über Schwerkraft und Geschwindigkeit, das ist keine Übung, und wenn man es schafft und sich wieder in die Horizontale legt, und es wird schneller und schneller, wenn dann wieder in den Kurven die Eisbrocken fliegen, ist es...
notwendig. Ab und zu einfach notwendig, um sich zu erinnern, dass man Fleisch und Blut ist, Angst und Schmerzen, dumm und mutig, und nicht nur so ein Depp aus´m Internet, Computersklaven und Festplattenwichser, für den das grösste Drama ein Schnitt im Finger ist, weil er dann nicht mehr tippen kann, oder gar eine Risikobegrenzungsüberlegung, sondern - so lange wie irgend möglich - ein Geschoss voller Leben und Gier.
Die Reformhausbesitzerstochter schaut übrigens toll aus.
donalphons, 13:49h
... link (38 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 25. November 2008
British Spleens & Speed on a Budget
(oder auch: Dem Tod ins Auge fahren - Und nein, regardless this text wäre ich ganz sicher kein guter Vater)
Sehen wir den Fakten ins Auge - die wenigsten von uns werden so schnell wieder die Gelegenheit haben, sich vor dem Herrenhaus in einen alten, offenen britischen Zweisitzer zu setzen, in die Berge zu fahren und dabei auf eisigen Bergstrecken ihr Leben zu riskieren, wie das noch während der Grand Tour üblich war, um dann doch zu überleben und nach all der Kälte im Chalet den Tee zu nehmen. Einerseits, weil die Idioten und Psychos in den UdSSA, London, Paris und Berlin mit ihrer Verschwendungslust für alle emsigen Sparer mit ihren 20.0000 auf der hohen Kante ein Desaster anrichten werden, wenn diese die Rechnung zahlen müssen, mit Inflation und Steuern. Andererseits, weil wir dann sicher andere Sorgen haben werden, als die nicht ganz billige Erfüllung von life´s little luxuries.
Es sei denn, man passt die Marotten den Gegebenheiten an, besitzt eine schier unerschöpfliche Holzlege, und weiss, dass da oben noch irgendwo der alte, Moment, da hinten, ah ja:
der alte Tourenrodel meines Onkels sein muss. Zwei Sitze, Kufen und keine Lenkung. Seitdem lungenkranke Briten sich in davos damit die Knochen brachen, dürfte hinlänglich bekannt sein, dass dies kein Kinderspielzeug ist. Mein typischer Abendspaziergang am See führt auf einen gaachen Berg, genauer, den nächsten Berg vor der Haustür, und der Forstweg hinauf wird mit seinen Kurven und Geraden im Winter eine überregional beliebte Rodelstrecke von der Art, wie sie die Briten schätzten - mit viel Wald, um den Abflug spannend und unterhaltsam zu machen, breit genug für wilde Überholmanöver, und auch ansonsten, weiss ich noch aus der Zeit, als wir mit meinem Onkel wie die Wildschweine heizten, kann man auf so einer Strecke auf alle Regeln pfeifen, an die man sich ansonsten als Autofahrer zu halten hat. Kurven schneiden. Abkürzungen nehmen. Auf jede Traktion verzichten. Und das alles 30 Zentimeter über der vereisten Strasse, und - legal - ohne Bremse und Geschwindigkeitslimit. Bremsen tun wir nur am Baum, sagte mein Onkel immer, und er hatte natürlich, wie meine Grossmutter auch, immer recht. Ungesund vielleicht, aber keinesfalls jedoch so durchgeknallt wie der Kurs, den Bernanke, Brown und Sarkozy zu nehmen gedenken. Da ist keine Kontrolle mehr, dann beschleunigt man eben etwas und hofft, dass man sich in der nächstne Kurve bei höherer Geschwindigkeit wieder fängt.
Beim Tee dann, die Beine behaglich auf dem in den Berliner Nordkolonien erjagten Perserteppich ausgestreckt, Überlegungen, ob man in den Lauf der Weltwirtschaft für solche Deppen nicht ein paar ordentliche Weidegatter einbauen sollte. In uneinsehbaren Kurven, und dann zum Kochen übergehen, während es draussen über dem Schnee blaudunkel wird.
Sehen wir den Fakten ins Auge - die wenigsten von uns werden so schnell wieder die Gelegenheit haben, sich vor dem Herrenhaus in einen alten, offenen britischen Zweisitzer zu setzen, in die Berge zu fahren und dabei auf eisigen Bergstrecken ihr Leben zu riskieren, wie das noch während der Grand Tour üblich war, um dann doch zu überleben und nach all der Kälte im Chalet den Tee zu nehmen. Einerseits, weil die Idioten und Psychos in den UdSSA, London, Paris und Berlin mit ihrer Verschwendungslust für alle emsigen Sparer mit ihren 20.0000 auf der hohen Kante ein Desaster anrichten werden, wenn diese die Rechnung zahlen müssen, mit Inflation und Steuern. Andererseits, weil wir dann sicher andere Sorgen haben werden, als die nicht ganz billige Erfüllung von life´s little luxuries.
Es sei denn, man passt die Marotten den Gegebenheiten an, besitzt eine schier unerschöpfliche Holzlege, und weiss, dass da oben noch irgendwo der alte, Moment, da hinten, ah ja:
der alte Tourenrodel meines Onkels sein muss. Zwei Sitze, Kufen und keine Lenkung. Seitdem lungenkranke Briten sich in davos damit die Knochen brachen, dürfte hinlänglich bekannt sein, dass dies kein Kinderspielzeug ist. Mein typischer Abendspaziergang am See führt auf einen gaachen Berg, genauer, den nächsten Berg vor der Haustür, und der Forstweg hinauf wird mit seinen Kurven und Geraden im Winter eine überregional beliebte Rodelstrecke von der Art, wie sie die Briten schätzten - mit viel Wald, um den Abflug spannend und unterhaltsam zu machen, breit genug für wilde Überholmanöver, und auch ansonsten, weiss ich noch aus der Zeit, als wir mit meinem Onkel wie die Wildschweine heizten, kann man auf so einer Strecke auf alle Regeln pfeifen, an die man sich ansonsten als Autofahrer zu halten hat. Kurven schneiden. Abkürzungen nehmen. Auf jede Traktion verzichten. Und das alles 30 Zentimeter über der vereisten Strasse, und - legal - ohne Bremse und Geschwindigkeitslimit. Bremsen tun wir nur am Baum, sagte mein Onkel immer, und er hatte natürlich, wie meine Grossmutter auch, immer recht. Ungesund vielleicht, aber keinesfalls jedoch so durchgeknallt wie der Kurs, den Bernanke, Brown und Sarkozy zu nehmen gedenken. Da ist keine Kontrolle mehr, dann beschleunigt man eben etwas und hofft, dass man sich in der nächstne Kurve bei höherer Geschwindigkeit wieder fängt.
Beim Tee dann, die Beine behaglich auf dem in den Berliner Nordkolonien erjagten Perserteppich ausgestreckt, Überlegungen, ob man in den Lauf der Weltwirtschaft für solche Deppen nicht ein paar ordentliche Weidegatter einbauen sollte. In uneinsehbaren Kurven, und dann zum Kochen übergehen, während es draussen über dem Schnee blaudunkel wird.
donalphons, 18:52h
... link (5 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 6. Oktober 2008
Unter AAAsgeiern über BBB-erlin
(Don´t try this at home, kids)
Ich würde gerade jetzt NIE eine Wohnung in Berlin kaufen, selbst wenn ich sie für die Hälfte des Verkehrswert bekäme und Denkmalschutz für meine Steuern bräuchte. In Berlin ist der Immobilienmarkt in den letzten Jahren von vielen Anlegern aus den USA und nordeuropäischen Ländern leergefegt worden, die dachten, aus der Stadt wird was, und Qualität und Lage erkennt man mit Google Maps. Diese Geschäfte waren grösstenteils fremdfinanziert, mit billigen Krediten und sauberen Hebeln bei kleinen Sicherheiten. Kleinere Player gehen gerade reihenweise pleite, weil sie auf grossen Beständen sitzen und - da hätten sie einfach mich fragen können - in Bakschischrode und Schnorrweide keinen Käufer mehr finden. Und auch den ausländischen Kapitalanlegern gibt keiner mehr Kredit. Wer kaufen kann, kauft ganz sicher nicht dort, wo es extrem unsicher ist.
Berlin hat mittelfristig mal wieder keine Zukunft. Nur massenhaft Folgepersonal des ökonomischen Komplexes, dem gerade die Liquidität ausgeht. Da werden auch Law Firms abbauen, Berater eingespart und Lobbyvereine eingedampft. Der digitale Asoziale wird noch weniger Chancen haben und sich überlegen, ob er nun nach Hellersdorf oder gleich heim nach Bruchsal oder Reutlingen zieht. Eine schlechte Zeit, um die Dispohauptstadt des Landes zu sein. Und sicher auch nicht allzu gut, in diesen Markt hinein mit einer vermieteten Wohnung Geschäfte machen zu wollen. Die besagten Leute denken an dieses Berlin:
Aber dieses Berlin der obersten Springeretage unter verbeulten Sektkühlern und abgetretenen Webteppichen ist genauso runtergekommen wie die Stadt. Ja, es ist billig geworden, die Preise fallen wieder. Sie werden aber noch länger fallen und lange unten bleiben. Wie immer in solchen Zyklen. Bis 2012 ist es ein Verlustgeschäft. Aber mich fragt ja keiner. Mich fragen sie, ob ich mir mal die entsprechenden Insolvenzversteigerungen anschauen kann, Mitte und Charlottenburg, weil sie glauben, dass es momentan ohne Kredite kaum Käufer gibt, sie aber haben Cash.
Wieso bekomme ich nie Aufträge wie "Such uns die schönste Wohnung am Gardasee" - die wüsste ich sofort. oder "Beschaffe uns einen netten Rolls Royce Open Tourer" - absolut kein Problem. Oder "Begleite uns in die Silver Vaults nach London" - sofort! Statt dessen: Los, los, jetzt noch schnell eine sichere Berlinimmobilie, die sind wieder billg, such, fahr hin und sag, was du davon hältst. Ich. Im Oktober. Nach Berlin. Und bevor ich das tue, frage ich lieber meine Leserschaft im Netz:
Wie ist denn die Metzer Strasse so, zwischen Prenzlauer und Schöneberger Allee und südlich des Wasserturms?
Ich würde gerade jetzt NIE eine Wohnung in Berlin kaufen, selbst wenn ich sie für die Hälfte des Verkehrswert bekäme und Denkmalschutz für meine Steuern bräuchte. In Berlin ist der Immobilienmarkt in den letzten Jahren von vielen Anlegern aus den USA und nordeuropäischen Ländern leergefegt worden, die dachten, aus der Stadt wird was, und Qualität und Lage erkennt man mit Google Maps. Diese Geschäfte waren grösstenteils fremdfinanziert, mit billigen Krediten und sauberen Hebeln bei kleinen Sicherheiten. Kleinere Player gehen gerade reihenweise pleite, weil sie auf grossen Beständen sitzen und - da hätten sie einfach mich fragen können - in Bakschischrode und Schnorrweide keinen Käufer mehr finden. Und auch den ausländischen Kapitalanlegern gibt keiner mehr Kredit. Wer kaufen kann, kauft ganz sicher nicht dort, wo es extrem unsicher ist.
Berlin hat mittelfristig mal wieder keine Zukunft. Nur massenhaft Folgepersonal des ökonomischen Komplexes, dem gerade die Liquidität ausgeht. Da werden auch Law Firms abbauen, Berater eingespart und Lobbyvereine eingedampft. Der digitale Asoziale wird noch weniger Chancen haben und sich überlegen, ob er nun nach Hellersdorf oder gleich heim nach Bruchsal oder Reutlingen zieht. Eine schlechte Zeit, um die Dispohauptstadt des Landes zu sein. Und sicher auch nicht allzu gut, in diesen Markt hinein mit einer vermieteten Wohnung Geschäfte machen zu wollen. Die besagten Leute denken an dieses Berlin:
Aber dieses Berlin der obersten Springeretage unter verbeulten Sektkühlern und abgetretenen Webteppichen ist genauso runtergekommen wie die Stadt. Ja, es ist billig geworden, die Preise fallen wieder. Sie werden aber noch länger fallen und lange unten bleiben. Wie immer in solchen Zyklen. Bis 2012 ist es ein Verlustgeschäft. Aber mich fragt ja keiner. Mich fragen sie, ob ich mir mal die entsprechenden Insolvenzversteigerungen anschauen kann, Mitte und Charlottenburg, weil sie glauben, dass es momentan ohne Kredite kaum Käufer gibt, sie aber haben Cash.
Wieso bekomme ich nie Aufträge wie "Such uns die schönste Wohnung am Gardasee" - die wüsste ich sofort. oder "Beschaffe uns einen netten Rolls Royce Open Tourer" - absolut kein Problem. Oder "Begleite uns in die Silver Vaults nach London" - sofort! Statt dessen: Los, los, jetzt noch schnell eine sichere Berlinimmobilie, die sind wieder billg, such, fahr hin und sag, was du davon hältst. Ich. Im Oktober. Nach Berlin. Und bevor ich das tue, frage ich lieber meine Leserschaft im Netz:
Wie ist denn die Metzer Strasse so, zwischen Prenzlauer und Schöneberger Allee und südlich des Wasserturms?
donalphons, 17:09h
... link (36 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 8. September 2008
Vielleicht hoffen Müntefering und Steinmeier,
dass sich Lafontaine angesichts der Neuverfilmung von "Grumpy old men" einfach totlacht, heute Nacht. Das wäre eine Erklärung. Nicht gut, aber eine Erklärung.
donalphons, 01:50h
... link (16 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 10. August 2008
Vom Aussterben
Man kann es natürlich auch ignorieren. Wie die Kuh im Viehtransport, die nichts begreift, wie der Dinosaurier, der den Kometeneinschlag unter "weit weg in Mexiko" abheftete, oder wie der Hummer, der wohl eine Weile im Kochtopf gar nicht merkt, dass es zu warm wird. Es sind auch weniger die 22 Millionen Dollar grossen Dinge, die andernorts vom Ende einer Ära künden, sondern das Verschwinden ganz banaler Dinge, an denen doch so viel hängt. Man kann es übersehen. Aber wenn man es sich vergegenwärtigt, ist es ein Schock und eine sehr traurige Erkenntnis über diese meine Welt.
Dabei fing alles genauso gut an, wie diese Zeit des Zwetschgendatschis immer angeht: Mein Lieferant hatte an seinem Südhang gezielt die besten Exemplare gepflückt und aufgehoben, bis ich mal wieder zu spät eintrudelte. Der Teig ging langsam wie ein CSU-Politiker nach der Anklage wegen Kinderpornographie, das Fleisch der Zwetschgen löste sich akzeptabel von den Kernen, und bald war die Küche erfüllt von diesem ganz spezifischen Geruch der Süsse, die aufgeschnittene Früchte in der Wärme eines vorheizenden Ofens verbreiten. Jetzt nur noch den Teig auf dem Backpapier auswoigeln -
welches Backpapier. Da ist keines. Wenn die Mitbewohner gern Tarte essen und die Gäste auch und die Eltern genauso, dann geht sowas schnell zur Neige. Zu schnell. Wie jetzt. Aber es war erst sechs Uhr, der Supermarkt um die Ecke hatte noch bis acht offen, also ging ich schnell Backpapier besorgen. Dachte ich. Da war nach längerem Suchen auch so eine Ecke mit Mülltüten, Alufolie und Gefrierbeuteln. Sonst nichts. Kein Backpapier. Nicht aufs Maul gefallen, fragte ich nach. Und musste mir sagen lassen, dass sie es mangels Nachfrage vor ein paar Wochen aus dem Programm genommen haben. Vielleicht wieder im Winter. Ich suchte einen Drogeriemarkt auf, der Backpapier vorrätig hatte, aber da dachte ich mir -
in diesem Supermarkt decken rund 3000 Altstadtbewohner ihren täglichen Bedarf vor allem an Lebensmitteln. Sie haben Zilliarden Versionen Chips und Trillionen Dosen und Kühlregale kulinarisch frigider Art so lang wie von den Franziskanerinnen bis zu meinem Jesuitenhochbunker. Und in dieser Altstadt ist die Gentrifizierung abgeschlossen, die Preise liegen auf dem Niveau normaler Münchner Wohnviertel. Hier wohnen diejenigen, die angeblich die Zielgruppe für besseres Essen, Kochkurse und gehobenen Lebensstil sind. An diesen Leute orientiert sich das Weinangebot, die nagelneue Brottheke und die Bioeier - was da halt so Bio ist. Und diese grosse Menge kaufkräftiger Leute braucht kein Backpapier.
Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie auch nicht backen. Dass sie lieber 1,95 Euro für ein Stück Zwetschgendatschi bezahlen, das in zwanzigfacher Ausführung in weitaus besserer Qualität auf meinem Backblech entsteht. Dass sie ihren Ofen vermutlich nicht nutzen, weil sie eine Microwelle haben.
Nun ist Backpapier per se schon eine eher fragwürdige Angelegenheit für Faulpelze, denen das Einbuttern und Putzen von Formen zu viel Aufwand ist.Ich kann von mir nicht behaupten, auch nur ansatzweise an die Koch- und EssKünste der Familie anknüpfen zu können; die alte Clanküche Anno 1860 ist inzwischen meine Bibliothek, die Speisekammer dagegen die Küche. Ich esse zu spät mit zu wenigen Gängen und ziemlich durcheinander. Es sieht vielleicht nicht so aus, aber weil ich Single bin, stellt mein Haushalt einen klaren Niedergang im Vergleich zur organisierten Küchentätigkeit für Mehrpersonenhaushalte dar, die ich theoretisch beherrschen würde, aber nicht praktiziere. Ich verkörpere die höchst flexible Auslegung der Tradition -
aber wie es mir nun erscheint, in einem Umfeld, das diese Traditionen zu teilen aufgehört hat, und zwar derartig konsequent, dass es sich nicht mehr lohnt, dafür die nötigsten Utensilien zu verkaufen. Das ist hart. Vielleicht sollte ich mich jetzt einfach am Zwetschgendatschi totfressen, denn was will ich in so einer Welt.
Dabei fing alles genauso gut an, wie diese Zeit des Zwetschgendatschis immer angeht: Mein Lieferant hatte an seinem Südhang gezielt die besten Exemplare gepflückt und aufgehoben, bis ich mal wieder zu spät eintrudelte. Der Teig ging langsam wie ein CSU-Politiker nach der Anklage wegen Kinderpornographie, das Fleisch der Zwetschgen löste sich akzeptabel von den Kernen, und bald war die Küche erfüllt von diesem ganz spezifischen Geruch der Süsse, die aufgeschnittene Früchte in der Wärme eines vorheizenden Ofens verbreiten. Jetzt nur noch den Teig auf dem Backpapier auswoigeln -
welches Backpapier. Da ist keines. Wenn die Mitbewohner gern Tarte essen und die Gäste auch und die Eltern genauso, dann geht sowas schnell zur Neige. Zu schnell. Wie jetzt. Aber es war erst sechs Uhr, der Supermarkt um die Ecke hatte noch bis acht offen, also ging ich schnell Backpapier besorgen. Dachte ich. Da war nach längerem Suchen auch so eine Ecke mit Mülltüten, Alufolie und Gefrierbeuteln. Sonst nichts. Kein Backpapier. Nicht aufs Maul gefallen, fragte ich nach. Und musste mir sagen lassen, dass sie es mangels Nachfrage vor ein paar Wochen aus dem Programm genommen haben. Vielleicht wieder im Winter. Ich suchte einen Drogeriemarkt auf, der Backpapier vorrätig hatte, aber da dachte ich mir -
in diesem Supermarkt decken rund 3000 Altstadtbewohner ihren täglichen Bedarf vor allem an Lebensmitteln. Sie haben Zilliarden Versionen Chips und Trillionen Dosen und Kühlregale kulinarisch frigider Art so lang wie von den Franziskanerinnen bis zu meinem Jesuitenhochbunker. Und in dieser Altstadt ist die Gentrifizierung abgeschlossen, die Preise liegen auf dem Niveau normaler Münchner Wohnviertel. Hier wohnen diejenigen, die angeblich die Zielgruppe für besseres Essen, Kochkurse und gehobenen Lebensstil sind. An diesen Leute orientiert sich das Weinangebot, die nagelneue Brottheke und die Bioeier - was da halt so Bio ist. Und diese grosse Menge kaufkräftiger Leute braucht kein Backpapier.
Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie auch nicht backen. Dass sie lieber 1,95 Euro für ein Stück Zwetschgendatschi bezahlen, das in zwanzigfacher Ausführung in weitaus besserer Qualität auf meinem Backblech entsteht. Dass sie ihren Ofen vermutlich nicht nutzen, weil sie eine Microwelle haben.
Nun ist Backpapier per se schon eine eher fragwürdige Angelegenheit für Faulpelze, denen das Einbuttern und Putzen von Formen zu viel Aufwand ist.Ich kann von mir nicht behaupten, auch nur ansatzweise an die Koch- und EssKünste der Familie anknüpfen zu können; die alte Clanküche Anno 1860 ist inzwischen meine Bibliothek, die Speisekammer dagegen die Küche. Ich esse zu spät mit zu wenigen Gängen und ziemlich durcheinander. Es sieht vielleicht nicht so aus, aber weil ich Single bin, stellt mein Haushalt einen klaren Niedergang im Vergleich zur organisierten Küchentätigkeit für Mehrpersonenhaushalte dar, die ich theoretisch beherrschen würde, aber nicht praktiziere. Ich verkörpere die höchst flexible Auslegung der Tradition -
aber wie es mir nun erscheint, in einem Umfeld, das diese Traditionen zu teilen aufgehört hat, und zwar derartig konsequent, dass es sich nicht mehr lohnt, dafür die nötigsten Utensilien zu verkaufen. Das ist hart. Vielleicht sollte ich mich jetzt einfach am Zwetschgendatschi totfressen, denn was will ich in so einer Welt.
donalphons, 01:46h
... link (33 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 29. Juli 2008
Sturmwarnung
Jetzt schon seit drei Tagen jeden Abend. Und diesmal sogar Wolken.
Und natürlich kein Sturm. Statt dessen wieder Badewetter. Man mag gar nicht mehr an Stürme glauben. Bis sie dann tatsächlich kommen, so brutal und unerbittlich, wie sie nur in den Bergen sind. Wie beispielsweise heute Nacht am Idiot´s Trail über dem Merrill Lynch Abyss, wo es dem Staatsfonds von Singapur und den Kuwaitis und ganz vielen abschreibungsbetroffenen Banken nass reingeht.
Und natürlich kein Sturm. Statt dessen wieder Badewetter. Man mag gar nicht mehr an Stürme glauben. Bis sie dann tatsächlich kommen, so brutal und unerbittlich, wie sie nur in den Bergen sind. Wie beispielsweise heute Nacht am Idiot´s Trail über dem Merrill Lynch Abyss, wo es dem Staatsfonds von Singapur und den Kuwaitis und ganz vielen abschreibungsbetroffenen Banken nass reingeht.
donalphons, 04:21h
... link (14 Kommentare) ... comment
: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 21. Juli 2008
Zugesagt.
Obwohl ich jetzt schon weiss, dass es ein Fehler ist.
Beschlossen, den schlimmsten Fall - sie nimmt den Termin auch wahr auch und ist schwanger/bekindet/mit Freund/wieder solo/in weniger als 20 Meter Entfernung/wegen mir absagend - als Inspiration für ein wenig Literatur zu nehmen: Komödie ist schliesslich Tragödie + Zeit.
Hoffend, dass sieben Jahre dafür reichen.
Beschlossen, den schlimmsten Fall - sie nimmt den Termin auch wahr auch und ist schwanger/bekindet/mit Freund/wieder solo/in weniger als 20 Meter Entfernung/wegen mir absagend - als Inspiration für ein wenig Literatur zu nehmen: Komödie ist schliesslich Tragödie + Zeit.
Hoffend, dass sieben Jahre dafür reichen.
donalphons, 01:07h
... link (2 Kommentare) ... comment
... nächste Seite