: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 23. April 2013

Catania

Nachdem in Sizilien das Internet im Lauf der Zeit immer schlechter wurde, und ich regelmässig um 10 ins Bett gefallen bin - eine Nebenwirkung des Teeinentzugs, den ich mir durch Nichtmitnahme der üblichen Utensilien selbst zuzuschreiben habe - gibt es einiges nachzutragen.







Catania zum Beispiel. Wegen schlechteren Wetters an der Südküste war es vielleicht nicht die allerbeste Idee, an die Abhänge des Ätnas zu fahren, weil dort das war, was man bei uns als "Salzburger Schnürlregen" bezeichnet. Allerdings gibt es dort wie in Salzburg auch die bei mir beliebte barocke Baukunst, und ebenfalls wie in Salzburg, viele Cafes.







Jeder hat halt so seine Charakteraussetzen: Die einen mögen Fussball, die anderen miese Sexualpraktiken, wieder andere werden Gentechniker und ich kann mit diesem spanisch inspirierten Gemäuer im vollen Wissen um die historische Problematik etwas anfangen. Catania ist Chiaroscuro-Architektur, gebauter Caravaggio, viel Schwarz und viel Hell und da macht es auch nichts aus, wenn es regnet, regnet, regnet. Wie in Salzburg flieht man dann eben von Cafe zu Cafe.







Nachdem der Flughafen in Catania ist, ist dieser Ort für viele der Einstieg in Sizilien; meines Erachtens sollte man aber erst mal Agrigent oder eine andere schwer verfallene Stadt anschauen, danach wirkt Catania nicht nur sauber und aufgeräumt, sondern auch halbwegs gut erhalten. Vielleicht ist dann auch die von vielen gefühlte Düsternis der Stadt nicht mehr so schlimm: Catania ist bewusst dunkelo gehalten. Das muss man eben mögen. Mir gefällt es.







Zumal es dann im Regen auch nicht mehr besonders trist wirkt, wie all diese poppig bunten Städte im Norden. Mir hat Catania nass weitaus besser als Parma uberschwemmt gefallen. Selbst die Bilder sind einigermassen gut geworden. Natürlich möchte ich da noch einmal mit etwas mehr Zeit draussen hin, weil ich auch den Gegensatz zwischen flammendblauem Himmel und düsterer Architektur mag - aber ich komme sicher wieder hierher, im nächsten Jahr.







Und zwar noch früher, im März. Aber bis dahin dauert es noch eine Weile. Was in Catania elend ist: Es gäbe viel zu holen. Architektonisch ist es wie Salzburg, aber vom Standpunkt des Plünderns hat es viel von Berlin. Was da für Kronleuchter rumhängen! Unten am Hafen war ein Ramschladen, da war mehr drin als in einem dieser Münchner Geschäfte für hochwertige Altbeleuchtung. Und sie verstehen hier nichts davon: Überall Energiesparlampen der hässlichsten Formen in den schönsten Lüstern. Man müsste mit dem Auto kommen. Wie bekommt man einen 24-flammigen Bronzeleuchter als Handgepäck in einen Airbus? Eben.







So ist das also in Catania: Viele Cafes, was man zu schätzen weiss, wenn man mal in Agrigent den Berg hochgelaufen ist, erhaltene Architektur, wenig Neubauten und wohin man schaut: Details, Details, Details. Die haben sich hier richtig ausgetobt, im Barock. Nicht nur klein wie im Val di Noto, sondern gleich richtig üppig. Ich mag das. Sehr.

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Frühstück heute drinnen

Denn draussen ist es kühl und windig, ja sogar leicht regnerisch, und im grossen Saal werden die Reste einer sizilianischen Hochzeit, die zwei Tage gedauert hat, weggeräumt. Dazu italienisches Frühstücksfernsehen, aber auch Schmalzgebackenes wie daheim um Erdbeerkuchen. Vom eigenen Erdbeerfeld des Schlosses. Nicht schlecht.



Wegen des Wetters dann der Beschluss, nach Catania zu fahren: Da gibt es viele Cafes, aus denen heraus man Bilder von Denkmälern machen kann.

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Montag, 22. April 2013

Mohrenalarm. Ohne Lampe

Oder: Ein vertracktes Rätsel für Berufsbetroffene.

Es ist eine schöne Tradition geworden, dass ich aus Italien etwas aus Keramik mitbringe. Fruchtschalen aus Capodimonte zum Beispiel, Majolica aus der Toskana oder Fayoncen aus dem Grossraum Faenca. Ich habe gut proportionierte Obstständer aus Bisquitware, und eine riesige Terrine mit aufgesetzten Bändern und Rokokoschnörkeln, deren Transport nicht ganz einfach war. Kurz, es ist eine Tradition, und als ich die mit 9 Metern doch recht hohe Lobby des Hotels betrat, da wusste ich: Auch diesmal muss eine typische Keramik her. Denn auf der Wand hinauf zum Oberlicht waren auf Podesten 16 riesige Vasen abgestellt. Der Wissenschaftler sagt antropomorph, weil die Figuren in Pflanzenschmuck übergehen. Aber wie man es dreht und wendet, am Ende ist es doch ein Mohr. Und so heisst das auch, Testa di Moro, Mohrenkopf, und ganz sicher nicht POC-Kopf - zumal manche von denen auch weiss bleiben.



Ja, da kriegen die bleichen Studentinnen der maoistischen Selbstgenderkritik der critical Whiteness natürlich erst mal einen Schock: Ein Mohrenkopf als Blumenvase. Und niemand hat sie um Erlaubnis gefragt, und in Caltagirone, wo diese Mohren hergestellt werden, hält man das auch noch für Kultur. Und lädt auch nicht mit der heiligen Hernadlantsch ein zu einem Symposion, wo jeder Abweichler der keramischen Kunst abgerübt und zur Selbstkritik gezwungen wird, und dann 100 Jahre nur noch Vulvas aus Ton und kleine Statuen feministischer Popbands brennen darf (aber nur mit dem Holz weiblicher Bäume). Diese unfassbare Benachteiligung der Berufsbetroffenen muss so eine Gleichstellungsprojektgeldverdienerin erst mal verdauen, nehme ich an. Und dann auf der Basis ihrer mit einem lumpigen FAZ-Beitrag erdichteten journalistischen Kompetenz in einem Blogeintraqg niederschreiben. Welch Schande! Ein Mohr mit dicken Lippen als Blumentopf! Und der Blogger kauft das auch noch und bringt es nach Deutschland und stopft siene Grissini hinein!



Die Geschichte der Mohrenköpfe jedoch geht ein wenig anders, und zwar so: In der Zeit des Kalifats Sizilien, also zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert, lebte dort in Syracus eine sehr schöne, junge Frau, die all ihre Kunst und Hingabe in ihren Dachgarten steckte. Von der Schönheiut nun hörte ein junger Mohr, also ein Angehöriger der damals in Sizilien stationierten POCafrikanischen Hilfstruppen, und verfiel in Liebe zu ihr. Er umwarb sie, gestand ihr seine Gefühle, liebte zum ersten Mal wirklich eine Frau - er hatte schon Weib und Kind, aber das war eine Zwangsehe - und war so schön und so prunkvoll, dass sie den Widerstand aufgab und mit ihm im Garten alle Gründe der Lust erfuhr. Aber sie wusste, dass er irgendwann zu seiner Frau zurückkehren musste, und deshalb wartete sie, bis er eingeschlafen war.

Dann schnitt sie ihm den Kopf ab und stellte ihn als Blumenvase in ihren Garten, damit er immer bei ihr bleiben würde.

Puh.

Vor solchen Frauen muss man wirklich Angst haben. Das ist mal so richtig hart und obsessiv und so krank sind die in Berlin vielleicht nur, wenn genug Drogen da sind.



Wie auch immer, es sagt so einiges über das schöne Sizilien und seine vorwitzigen Menschen, dass man das zum Anlass nahm, in Zukunft solche Mohrenköpfe nicht mehr abzuschneiden, sondern lieber unblutig in Ton zu formen und damit unblutig den Balkon zu verschönern. Der Mohr jedenfalls wird in all seiner Pracht und den reichen Gewändern dargestellt, und er ist vielleicht ein wenig wild, aber auch schön. Man kennt das: Like a rich jewel in an ethiops ear, wobei Gendertröten wohl eher nicht Romeo und Julia lesen. Ich habe mir sagen lassen, dass junge Männer ihren Angebeteten so einen Topf schenken, als Zeichen ihrer bedingungslosen Hingabe und Treue. Ob das alles nun rassistisch ist, oder gewaltverherrlichend, oder emanzipatorisch oder ganz normal irre, das weiss ich nicht. Die Geschichte ist auch nur so mittelschön, aber sie passt zu diesem Land.

Und deshalb will ich so einen Mohrenkopf aus Caltagirone. Reich soll er sein, brutal und kräftig.

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Samstag, 20. April 2013

Hurra, ein neuer Präsident

Und der ist gleichzeitig der Alte.

Je länger ich in Sizilien bin, und die Misere sehe, desto mehr glaube ich, dass dieses Land wirklich einen Grilli braucht - und man im Übrigen froh sein kann, dass es nicht wie in Griechenland läuft, wo die Nazis profitieren. Oder in Deutschland mit den neuen Rechtspopulisten neben der Merkel-Junta. Ich sehe im Übrigen auch keine überbordende Begeisterung für Grilli. Nur das Gefühl, dass es so, mit dieser politischen Klasse des Gebens und des Nehmens, mit diesem Diebesgesindel nicht weitergehen kann. Und ich glaube auch, dass sich in dieser Frage die Grillini und die internationalen Bankster einig sein werden: Dieses Land ist so, wie es ist, ein unberechenbarer Risikofaktor. Solange s in Italien so weiter geht, wird auch die Eurokrise weitergehen. Italienische Politik ist so wie die Strasse, auf der ich heute eine Stunde verbrachte: Sie ist weitgehend weggespült. Macht man halt ein Schild hin, Strada Interrotta, das dann auch schon seit Jahren rostet.



Als Europäer sehe ich überhaupt keinen Grund, jetzt aufzuatmen: Solange Berlusconi da ist, solange die Linke so unfähig ist, wird sich nichts tun. Es ist absehbar, dass die Linke die nächsten Wahlen krachend verliert. Und dann wird sie sich gegenüber den Grillini so verhalten, wie die in BaWü auf Grund gesetzte SPD gegenüber den Grünen, die nicht kapiert, dass sie damals nicht nur mal was in die Fresse gekriegt hat, sondern das bekam, was sie verdiente. Es geht doch nicht um Politik für die Menschen, sondern um die Fleischtöpfe.











Detschland dagegen ist so reich und klug geworden, dass die organisierten Absahner das Land nur so weit ausbeuten, dass die meisten den Eindruck haben, es ginge ihnen gut. Und wenn sich dann einmal herausstellt, wie ungleich der Reichtum verteilt ist, muss auch beim letzten neokonservativbraunen Schmierfinken der Sozialstaat, den man ansonsten dauernd abschaffen will, als Volksvermögen herhalten. Die Deutschen sind nict so dumm wie die Mafia oder die Politiker in Rom, sie sind geschickter. Und an diesem System würde sich noch nicht mal was ändern, wenn die organisierten Möwenpicker und die Neuhaiderianer jeweils nur 4,9% erhalten und damit ausgerechnet den Steinbrück an die Macht schwemmen.











(Bilder folgen)

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Samstag, 20. April 2013

63 Kilometer schlechte Strassen

bis nach Camarina, einer der Öffentlichkeit weitgehend unbekannten Tochtersiedling von Syracus, deren Blüte im 6. bis 3. Jahrhundert vuZ lag. Schon damals galt bei Immobilien: Lage, Lage, Lage, und allein die Strände sind spektakulär.



Die moderne Bebauung ist wie Zenata Beach. Und jeden holprigen Kilometer wert.

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In zwei Bildern

Abbild von Sizilien, wie es gerade zu mir ist:



Abbild von mir, wie ich das dauernd angaffe:



Es ist der reinste Sextourismus für Kunstgeschichtler.

(Und für Orte wie Ragusa braucht man dann auch wirklich ein 200er Tele)

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Mittwoch, 17. April 2013

Nicht so gut

Hier hapert es mit dem Bilderhochladen, egal ob über Mail oder Blog - ich arbeite an einer Lösung, aber es kann dauern.





Edit: Problem gelöst!

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Mittwoch, 17. April 2013

Es kommt immer darauf an, wie man es sieht

Fr Agrigent sollte man neben der kunstgeschichtlichen Ausrichtung auch Erfahrung in Bodendenkmalpflege mitbringen, dann ist das alles gar nicht so schlimm. Es steht ja alles noch. Und wird sicher auch noch stehen. Ja, es wird sogar hin und wieder etwas gemacht. Zu wenig, um den Zerfll aufzuhalten, zu viel Neubau, um das Stadbild zu retten, aber Agrigent ist nicht tot. Nur todkrank.







So todkank dann allerdings wieder, dass der potenzielle Käufer, dem das Klima zusagt und den kein Heuschnupfen plagt, aber auch keinerlei "Habenwill-Gefühl" überkommt. Sowohl der Rokokopalast als auch der gotische Wohnturm sind zu verkaufen, aber es geht nun mal um Lage, Lage, Lage - und Agrigent ist mehr ehrlich denn touristisch. Man könnte auch sagen: Das ist kein Ort, der auf Dauer zumutbar wäre. Selbst mir zu echt.







Kunstgeschichtlich fair ist das natürlich nicht, denn das, was man an Capriccios bewundert, den Zerfall, die gelangweilten Leute, die Ruinen, das Pittoreske des Niedergangs, erlebt man hier in der Version des 21. Jahrhunderts. Vielleicht muss man sich in die Exotik des Ortes eindenken, und in das Leben, das ganz anders ist als in den Hochburgen des Tourismus: Hier gibt es eben keine Cafes und keine Guccihandtaschen an Schülerinnen. Hier ist der Süden. Armut sieht halt wie Armut aus. Man hat hier andere Sorgen als perfekt gestrichene Fensterläden. Man hat noch Plumpsklo auf dem Balkon.







Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit habe ich dann verstanden, wie ich Agrigent packen muss: Als grandiose Kulisse für einen 70er-Jahre Mafiafilm. Als Hintergrund für die Musik von Napoli Violenta. Ich bin da, ASP aus und Drehzahlmesser auf rot, durchgekurvt mit meinem Lancia, mit 70 die Rampen hoch und über Treppen gerannt: Hier passt alles. Jeder Blick eine Einstellung, eine klaustrophobische Kamerafahrt, und dafür reicht es schon, einfach zum geschlossenen Dom zu gehen. So betrachtet ist Agrigent gamz, ganz toll. Die Enge, der Schmutz, überhaupt ist Agrigent wie ein malerisches Berlin mit Sonne und Meerblick. OK, die Leute sind hübscher und freundlicher und es gibt dort keine organisierte Juntakriminaliät unter Donna Merkel. Aber gerade der Dreck könnte Berlinern helfen, sich an eine zivilisierte Gegend zu gewöhnen.







Schade ist es natürlich trotzdem. Manchmal wäre es ja nur eine Kleinigkeit, um eine Ecke wieder schön zu machen. Es gibt hier so eine ganz besondere Fähigkeit zur Verscheusslichung von Bauten; man müsste einfach nur anders damit umgehen. Aber vermutlich fehlt nicht nur das Geld, sondern auch das Verständnis. Und dann diese Allgegenwart des Billigsten: Sizilien hat es einfach mit dem Plastikstuhl, und der kann einem alles, jeden Ort und jedes Restaurant verleiden.







Also, Agrigent ist schon toll, und hinter jeder Ecke ist eine Überraschung, manchmal schön und oft schrecklich. Diese Stadt ist untot, und am Ende des Tages bin ich doch froh, zurück in meinem internationalen Komforthotel zu sein, das mit einem Normannenschloss sizilianisch tut, aber schweizerisch funktioniert. Ich bin gern mitten im normalen Leben, wenn ich in Italien bin, und vielleicht könnte ich mich auch an sizilianische Städte gewöhnen: Aber einen Tag über die Stufen springen und kein einziges Cafe finden reicht auch.

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Macht Euch um mich keine Sorgen

21 Grad am Morgen, keine Wolke, Schmalzgebäck mit Vainille zum Frühstück, der Tee ist auch gut und ich soll schön vom Meer grüssen. Sizilien ist übrigens gerade sehr grün.








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Mittwoch, 10. April 2013

Noch fünf Wochen

Dann ist wieder Mittwoch. Und ich bin an der Fiera in Brescia. Und in Brescia, und später die Tage dann auch etwas ausserhalb unterwegs. Um mal wieder den Gestank und die Geräusche von Technik ohne Elektronik zu feiern. Automobile, die nur schnell sein sollen und keine beweglichen Computer mit Fahrsimulator.



Komme ich dieses Jahr nach Rom? Man wird sehen. Vielleicht mache ich es auch so, wie schon lange geplant: Bis nach Umbrien, ab Assisi dann Kultur, hinüber nach Siena und dann einfach warten, bis sie kommen. Und danach noch einmal hinzterher nach Modena. Mehr Zeit für mich, und so schön Rom auch sein mag: Es ist zu viel.

Und falls sich jemand wundern sollte: Ja, es wird dieses Jahr alles später, aber ich bleibe auch länger.

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