Dienstag, 20. Februar 2007
Sehr zu empfehlen - Die vorderasiatische Krankheit
Mein Urgrossvater grossmütterlicherseits war ein sehr moderner, dem Neuen aufgeschlossener Mensch, der so manche Mode mitmachte. So zum Beispiel die Elektrifizierung des Stadtpalastes, die zu seiner Zeit mit 4 Steckdosen pro Raum als ausserordentliche Verschwendung angesehen wurde, oder der frühe Einbau von Bädern in jede Wohnung. Damit auch jeder diesen unerhörten modischen Luxus sehen konnte, wurden die Steckdosen auf Augenhöhe in die Mitte der Wände eingelassen, wo sie sich teilweise noch heute befinden und so auch unter meinem persönlichen Denkmalschutz stehen.
Waren vier Steckdosen pron Raum früher nicht weniger als visionär, würde man manch anderes heute als exotische Marotte abtun. So trug er beim Rauchen neben dem Hausmantel daheim bei Rauchen einen Fez, dieses rote türkische Hütchen, das man heute allenfalls als Spleen begreifen würde - damals dagegen war es eine modische Erscheinung im Rahmen einer gewissen europäischen Vorliebe für den Nahen Osten und Nordafrika. Die Franzosen hatten Algerien, die Engländer Ägypten, die Deutschen hatten allerbeste Beziehungen zur hohen Pforte, die schon Mitte des 19. Jahrhunderts in die erste Gründung eines muslimischen Friedhofs in Berlin mündeten, und exotische Reiselitaratur tat ein übriges, um den Okzident mal wieder für den Orient zu begeistern.
Nun kann man das damit begründen, dass es zu dieser Zeit weder Fernsehen noch Internet gab - das Grauen der Kolonialisierung und Annektion war den Menschen damals meist ebensowenig bewusst wie das reale Elend in diesen Ländern. Mein Urgrossvater erfuhr davon nur indirekt durch den Wunsch seiner jüngsten Tochter, sich dem Zionismus anzuschliessen, was er ihr mit Hinweis auf die tatsächlich weniger angenehmen Lebensumstände im britischen Mandatsgebiet erst mal untersagte. Er bezog gern Teppiche, Kolonial- und Rauchwaren von dort, beabsichtigte aber bis zum Erscheinen eines Herrn aus Österreichs nicht, seinen Nachwuchs dorthin zu exportieren. Es war also lediglich die Vision des Orients, der er anhing, und die tatsächlich einen Reiz hat, dem man sich schwer entziehen kann.
Mir jedenfalls ist das Bild mit dem Fez tragenden Urgrosvater in seinem Salon sofort wieder eingefallen, als ich durch Jaffa ging. Ich hätte durchaus alle Berechtigung, mir auch so einen orientalisch angehauchten Salon einzurichten, nur habe ich dummerweise kein leeres Zimmer mehr, dachte ich, als ich durch die Märkte zog und mir überlegte, wo eigentlich noch so eine Hamsa oder ein paar blauen Fliessen passen könnte. Es ist mir einfach nichts eingefallen. Also kaufte ich einen französischen Empireleuchter, der beim Zoll für einiges Aufsehen sorgte, eine englische Kanne und liess es dabei bewenden.
Um dann im Flugzeug auf die Lösung zu kommen: ich habe noch einen Raum, der nicht fertig ist, und wo das alles ganz wunderbar passen würde. Im Speicher nämlich. Auch dort sind die Decken niedrig, die Wände krumm und der Putz bröckelig, im Sommer ist es glühend heiss und überhaupt, das wäre eine gute Sache. Am Flughafen kaufte ich dann gleich die aktuelle Byzance, die wohl immer noch dem Spleen meines Urgrossvaters anhängt und unter anderem Weingut aus dem libanesischen Bekaa Tal vorstellt - eine Region, mit der unsereins eher Begriffe wie Hisbollah, Terror und Drogenhandel verbindet. Wobei man auch fragen könnte, ob ich in dieser Hinsicht nicht den Knick in der politischen Optik habe, denn Libanon war bislang für mich etwas, das gar nicht ging. Aber ansonsten hatten sie in Byzance wirklich hübsche Ideen, was man mit den Dingen tun kann, die man in Jaffa so findet.
Ich glaube, ich muss da bald wieder hin. 50 Dollar, meinte ein Händler, würde in Israel das Verschicken eines 50 Kilo schweren Teppichs nach Deutschland kosten, desto mehr, desto billiger. Und nur der Umstand, dass der Herr am Shabbat geschlossen hatte, war dafür verantwortlich, dass ich es nicht ausprobieren konnte. Aber das lässt sich nachholen.
Bleibt nur eine Frage: Wo kriege ich einen Fez her? Mit einem Fez in einem orientalischen Zimmer gegen die deutschen Neoconnards anschreiben, das wäre genau das Richtige.
Waren vier Steckdosen pron Raum früher nicht weniger als visionär, würde man manch anderes heute als exotische Marotte abtun. So trug er beim Rauchen neben dem Hausmantel daheim bei Rauchen einen Fez, dieses rote türkische Hütchen, das man heute allenfalls als Spleen begreifen würde - damals dagegen war es eine modische Erscheinung im Rahmen einer gewissen europäischen Vorliebe für den Nahen Osten und Nordafrika. Die Franzosen hatten Algerien, die Engländer Ägypten, die Deutschen hatten allerbeste Beziehungen zur hohen Pforte, die schon Mitte des 19. Jahrhunderts in die erste Gründung eines muslimischen Friedhofs in Berlin mündeten, und exotische Reiselitaratur tat ein übriges, um den Okzident mal wieder für den Orient zu begeistern.
Nun kann man das damit begründen, dass es zu dieser Zeit weder Fernsehen noch Internet gab - das Grauen der Kolonialisierung und Annektion war den Menschen damals meist ebensowenig bewusst wie das reale Elend in diesen Ländern. Mein Urgrossvater erfuhr davon nur indirekt durch den Wunsch seiner jüngsten Tochter, sich dem Zionismus anzuschliessen, was er ihr mit Hinweis auf die tatsächlich weniger angenehmen Lebensumstände im britischen Mandatsgebiet erst mal untersagte. Er bezog gern Teppiche, Kolonial- und Rauchwaren von dort, beabsichtigte aber bis zum Erscheinen eines Herrn aus Österreichs nicht, seinen Nachwuchs dorthin zu exportieren. Es war also lediglich die Vision des Orients, der er anhing, und die tatsächlich einen Reiz hat, dem man sich schwer entziehen kann.
Mir jedenfalls ist das Bild mit dem Fez tragenden Urgrosvater in seinem Salon sofort wieder eingefallen, als ich durch Jaffa ging. Ich hätte durchaus alle Berechtigung, mir auch so einen orientalisch angehauchten Salon einzurichten, nur habe ich dummerweise kein leeres Zimmer mehr, dachte ich, als ich durch die Märkte zog und mir überlegte, wo eigentlich noch so eine Hamsa oder ein paar blauen Fliessen passen könnte. Es ist mir einfach nichts eingefallen. Also kaufte ich einen französischen Empireleuchter, der beim Zoll für einiges Aufsehen sorgte, eine englische Kanne und liess es dabei bewenden.
Um dann im Flugzeug auf die Lösung zu kommen: ich habe noch einen Raum, der nicht fertig ist, und wo das alles ganz wunderbar passen würde. Im Speicher nämlich. Auch dort sind die Decken niedrig, die Wände krumm und der Putz bröckelig, im Sommer ist es glühend heiss und überhaupt, das wäre eine gute Sache. Am Flughafen kaufte ich dann gleich die aktuelle Byzance, die wohl immer noch dem Spleen meines Urgrossvaters anhängt und unter anderem Weingut aus dem libanesischen Bekaa Tal vorstellt - eine Region, mit der unsereins eher Begriffe wie Hisbollah, Terror und Drogenhandel verbindet. Wobei man auch fragen könnte, ob ich in dieser Hinsicht nicht den Knick in der politischen Optik habe, denn Libanon war bislang für mich etwas, das gar nicht ging. Aber ansonsten hatten sie in Byzance wirklich hübsche Ideen, was man mit den Dingen tun kann, die man in Jaffa so findet.
Ich glaube, ich muss da bald wieder hin. 50 Dollar, meinte ein Händler, würde in Israel das Verschicken eines 50 Kilo schweren Teppichs nach Deutschland kosten, desto mehr, desto billiger. Und nur der Umstand, dass der Herr am Shabbat geschlossen hatte, war dafür verantwortlich, dass ich es nicht ausprobieren konnte. Aber das lässt sich nachholen.
Bleibt nur eine Frage: Wo kriege ich einen Fez her? Mit einem Fez in einem orientalischen Zimmer gegen die deutschen Neoconnards anschreiben, das wäre genau das Richtige.
donalphons, 19:40h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 3. Februar 2007
Sehr zu empfehlen - Das Stundenhotel
Dass das Internet for Porn ist, habe ich begriffen, als ich mal in einem Kommentar nebenbei ein Stundenhotel in berlin, genauer in Schöneberg erwähnt habe. Es ist so, dass dieser Kenntniss ein Beitrag zugrunde liegt, auf den ich nicht wirklich stolz bin; es ging um unter anderem um Berlin, Internet und Sex, und es kam, wie es kommen musste: Die Bildredakteurin fragte, ob ich nicht ein Bild beschaffen könnte, das dazu passt. Nun ist es in Berlin kein Problem, ein Bordell von aussen zu photographieren; der Lustbetrieb ist hier allgegenwärtig, und bei mir um die Ecke gab es ein Sex-Kino, das hübsch verrucht aussah. Ich fand mich dort vor der Dämmerung ein, machte ein paar Bilder und schickte sie an die Zeitschrift. Ein paar Tage später kam ein Anruf, die Bilder wären nicht verrucht genug, wenn möglich, sollte ich doch was aus so einem Etablissement bringen. Nun verkehre ich journalistisch nicht in den Branchen, die Johurnaille in Bordelle schleift, und so beschränkt sich mein Zutritt zu Lustgrotten auf das BaBaLu, ein zur Luxusdisco umgebautes Kellerbordell an der Leopoldstrasse in München. Und das war auch schon Mitte der 90er Jahre.
Ich berichtete einer Kollegin von meinem Problem, und die hatte eine einfache Antwort parat: Es gäbe nämlich an der Ecke der Eisenacher Strasse eine Pension, die man als Stundenhotel mieten könnte und drinnen auch hübsch verrucht aussah: Bunte Wände, Spiegel, Stuck und Betten so gross wie der Ozean, der das Verlangen eines alten Sackes von dem Wollen einer jungen Frau trennt. Aber auch so ein Ozean kann überwunden werden, so etwa an der dortigen Stelle mit finanziellen Mitteln. Und ausserdem, sagte sie, sollen da drin schon einige Drehs stattgefunden haben, die nicht zwingend pornographischen Inhalts waren. Also fuhren wir hin, mieteten für eine halbe Stunde ein Zimmer mit tiefblauem Bett und hellblauen Wänden, ich machte später mit dem Text "Blues im Sperrbezirk: Das Internet verändert Sexualgewohnheiten" versehenen Aufnahmen, und gut war es.
Bis zu diesem Kommentar. Freundinnen und Freunde der Blasmusik: Nicht nur, dass hier laufend blue Googletraffic einschlägt, auch die direkten Nachfragen sprechen eine deutliche Sprache. Nachdem ichfür meine Leser jedes Opfer auf mich nehme heute nacht Iris zufällig in Berlin war ohnehin grad in der mit Antiquitätengeschäften wohlbestückten Ecke war, hier also ein Bild des fraglichen Gebäudes:
Da rechts an der Seite, wo das Schild am ersten Stock ist, da ist die Pension, deren Namen mit Stock beginnt und mit Holm endet. So. Jetzt wisst Ihr es. Was Ihr aus dem Wissen macht, ist Euer Ding, ich weiss weder, wie die Betten in Aktion sind noch um die Schalldichtigkeit der Wände. Wenngleich das ziemlich massiv aussieht.
Ich berichtete einer Kollegin von meinem Problem, und die hatte eine einfache Antwort parat: Es gäbe nämlich an der Ecke der Eisenacher Strasse eine Pension, die man als Stundenhotel mieten könnte und drinnen auch hübsch verrucht aussah: Bunte Wände, Spiegel, Stuck und Betten so gross wie der Ozean, der das Verlangen eines alten Sackes von dem Wollen einer jungen Frau trennt. Aber auch so ein Ozean kann überwunden werden, so etwa an der dortigen Stelle mit finanziellen Mitteln. Und ausserdem, sagte sie, sollen da drin schon einige Drehs stattgefunden haben, die nicht zwingend pornographischen Inhalts waren. Also fuhren wir hin, mieteten für eine halbe Stunde ein Zimmer mit tiefblauem Bett und hellblauen Wänden, ich machte später mit dem Text "Blues im Sperrbezirk: Das Internet verändert Sexualgewohnheiten" versehenen Aufnahmen, und gut war es.
Bis zu diesem Kommentar. Freundinnen und Freunde der Blasmusik: Nicht nur, dass hier laufend blue Googletraffic einschlägt, auch die direkten Nachfragen sprechen eine deutliche Sprache. Nachdem ich
Da rechts an der Seite, wo das Schild am ersten Stock ist, da ist die Pension, deren Namen mit Stock beginnt und mit Holm endet. So. Jetzt wisst Ihr es. Was Ihr aus dem Wissen macht, ist Euer Ding, ich weiss weder, wie die Betten in Aktion sind noch um die Schalldichtigkeit der Wände. Wenngleich das ziemlich massiv aussieht.
donalphons, 17:41h
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Montag, 29. Januar 2007
Sehr zu empfehlen - Stuck und Torte
bei der Luzie:
Links unten, das ist die Ozeantorte, mit Zitronen-Vanille-Creme. Erleichtert das Dasein in Berlin ungemein, ohne es über Gebühr körperlich zu beschweren. Sehr fein. Vielleicht ein paar Kronleuchter mehr und ein paar Kindeltern weniger, und ich würde mich dort an der Kuchentheke anketten lassen.
Links unten, das ist die Ozeantorte, mit Zitronen-Vanille-Creme. Erleichtert das Dasein in Berlin ungemein, ohne es über Gebühr körperlich zu beschweren. Sehr fein. Vielleicht ein paar Kronleuchter mehr und ein paar Kindeltern weniger, und ich würde mich dort an der Kuchentheke anketten lassen.
donalphons, 12:57h
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Sonntag, 31. Dezember 2006
Sehr zu empfehlen - Gipsköpfe oder kauft beim Italiener
Wer in Italien oder Griechenland Museen besucht, kennt vermutlich die langen Reihen von Gipsnachbildungen der Exponate, die in den angegliederten Shops verkauft werden. Oder auch die unvermeidlichen Stände davor, an denen das Gleiche in erheblich schlechterer Qualität kaum billiger angeboten wird. Solche Mitbringsel haben eigentlich allerbeste europäische Tradition, denn die jungen Briten, die man im vorletzten Jahrhundert auf die Grand Tour schickte, kauften diese Figuren in grossen Mengen, um sie dann zu Hause als Beweis ihrer Bildung auf den Kamin zu stellen. Und weil die wissenschaftliche Beschäftigung mit antiker Plastik gut 150 Jahre älter ist als die Photographie, und Figuren am besten immer noch in drei Dimensionen wirken, schickten sich auch Sammlungen nördlich der Alpen an, das Wichtigste, was man nicht mehr zusammenrauben konnte, als Gipsabguss zu erhalten.
Was da also von Verona an Richtung Süden angeboten wird und vielen als Kitsch erscheint, ist ein mehr oder weniger gesunkenes Kulturgut. So eine mediceische Venus sieht neben einer Lavalampe auf der Glotze natürlich bei weitem nicht so elitär aus, wie als singuläres Exponat in der Bibliothek. Aber angesichts der von den Römern praktizierten Art, jedes griechische Original von Sklaven nachbohren und an jeder unmögliche Stelle aufstellen zu lassen, kann man auch dafür noch Verständnis haben. Ich allerdings bin dieses Jahr ohne einen Blick auf die Figürchen an den Ständen vorbeigelaufen, denn, so dachte ich, was ich brauche, beschaffe ich mir im Museumsshop in München. Da weiss man, was man bekommt. Nicht angeblich echtes Alabaster, sondern hochwertige, ehrliche Gipsabgüsse.
Ich habe solche Figuren früher auch schon ein paar mal gekauft. Wenn ich nichts anderes gefunden habe, wenn es bei einem Deal dabei war. Und ich dachte mir, es lohnt sich nicht wirklich, denn besonders alt und wertvoll sind die Abgüsse nicht. Was die Freude des Wissenschaftlers angeht, sind sie nicht fein genug, da greift man wirklich besser zu den Produkten aus München. Dachte ich. Und ging vorgestern frohgemut zur Glyptothek. Um dort festzustellen, dass mein Etat für den billigsten Gipskopf gerade mal bis zur Unterlippe reichen würde: 495 Euro sagte das Preisschild an einem Köpfchen minderer Grösse, von dessen Sorte ich ein halbes Dutzend brauche. Zwei poplige Repliken von Tanagrafigürchen hätte ich mir kaufen können. Dabei sind Tanagrafiguren antiker Brutalkitsch, vergleichbar mit Meckiigeln und Heidiluftballons.
Und ich habe in Italien nichts gekauft... und so fuhr ich nach Hause, ging nach oben, wo die von mir gering geachteten alten Gipsabgüsse stehen, entschuldigte mich bei Zeus, Herkules, Venus und dem beim Hebräer Verfolgen ersaufenden Pharao für mein Verhalten, und brachte sie nach unten, wo schon die Konsolen auf sie warteten. Wenn ich daran denke, wie oft ich so etwas liegen gelassen habe, vergeht mir der Hunger. Denn vermutlich werde ich jetzt Woche um Woche vergeblich nach dem suchen, was ich so abschätzig betrachtet habe. Oder ich muss bis zum nächsten Italienurlaub warten.
Ich Rindvieh.
Was da also von Verona an Richtung Süden angeboten wird und vielen als Kitsch erscheint, ist ein mehr oder weniger gesunkenes Kulturgut. So eine mediceische Venus sieht neben einer Lavalampe auf der Glotze natürlich bei weitem nicht so elitär aus, wie als singuläres Exponat in der Bibliothek. Aber angesichts der von den Römern praktizierten Art, jedes griechische Original von Sklaven nachbohren und an jeder unmögliche Stelle aufstellen zu lassen, kann man auch dafür noch Verständnis haben. Ich allerdings bin dieses Jahr ohne einen Blick auf die Figürchen an den Ständen vorbeigelaufen, denn, so dachte ich, was ich brauche, beschaffe ich mir im Museumsshop in München. Da weiss man, was man bekommt. Nicht angeblich echtes Alabaster, sondern hochwertige, ehrliche Gipsabgüsse.
Ich habe solche Figuren früher auch schon ein paar mal gekauft. Wenn ich nichts anderes gefunden habe, wenn es bei einem Deal dabei war. Und ich dachte mir, es lohnt sich nicht wirklich, denn besonders alt und wertvoll sind die Abgüsse nicht. Was die Freude des Wissenschaftlers angeht, sind sie nicht fein genug, da greift man wirklich besser zu den Produkten aus München. Dachte ich. Und ging vorgestern frohgemut zur Glyptothek. Um dort festzustellen, dass mein Etat für den billigsten Gipskopf gerade mal bis zur Unterlippe reichen würde: 495 Euro sagte das Preisschild an einem Köpfchen minderer Grösse, von dessen Sorte ich ein halbes Dutzend brauche. Zwei poplige Repliken von Tanagrafigürchen hätte ich mir kaufen können. Dabei sind Tanagrafiguren antiker Brutalkitsch, vergleichbar mit Meckiigeln und Heidiluftballons.
Und ich habe in Italien nichts gekauft... und so fuhr ich nach Hause, ging nach oben, wo die von mir gering geachteten alten Gipsabgüsse stehen, entschuldigte mich bei Zeus, Herkules, Venus und dem beim Hebräer Verfolgen ersaufenden Pharao für mein Verhalten, und brachte sie nach unten, wo schon die Konsolen auf sie warteten. Wenn ich daran denke, wie oft ich so etwas liegen gelassen habe, vergeht mir der Hunger. Denn vermutlich werde ich jetzt Woche um Woche vergeblich nach dem suchen, was ich so abschätzig betrachtet habe. Oder ich muss bis zum nächsten Italienurlaub warten.
Ich Rindvieh.
donalphons, 00:30h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 11. Dezember 2006
Sehr zu empfehlen - Duevel Planets
Wenn man täglich an einem High End Geschäft vorbeikommt, gewöhnt man sich an exorbitante Preise wie 700 Euro für eine Steckerleiste, 6000 Euro für einen CD-Player und 3800 für einen Plattenspieler. Und man gewöhnt sich an die seltensten, exklusivsten Tonmöbel, die dort im Schaufenster stehen. Ich bin also nicht mehr besonders zu beeindrucken. Gerissen hat es mich allerdings, als dort zum ersten Mal ein Paar Duevel Planets ausgestellt waren, die genauso in die Kunstgalerie nebenan gepasst hätten: Hohe, breite Säulen, bei denen die Lautsprecher nach oben geöffnet sind, und der Schall über zwei glänzende Silberkugeln im Raum verteilt wird. Es sind sogenannte omnidirektionale Lautsprecher, die den Ton gleichmässig im Raum verteilen.
Nun ist bei Boxen der Ton alles, der Preis viel und das Aussehen nichts. Allerdings stand da ein sensationelles Preisschild dran, 500 Euro das Paar. Also rein in den Laden und anhören, denn Boxen brauchte ich sowieso. Was soll ich sagen: Grandios.
Das Irre an diesen Tonmöbeln ist nicht nur der Klang, der selbstverständlich überzeugt. Fein aufgelöste Höhen, satte Bässe, allein das geräusch, wenn eine Viola da Gamba allein gestrichen wird, oder ein Dudelsackbläser ansetzt - alles kommt wunderbar natürlich und akzentuiert beim Hörer an. Solange auf der CD kein Klangbrei drauf ist, kommt da kein Klangbrei raus. Selbst normalerweise schwierige, komplexe Passagen wie etwa die Quarenta Horas, spanische Musik des frühen 18. Jahrhunderts für Chir, Solisten, Orchester, Flamenco und Kastagnetten werden mühelos wiedergegeben, keine Schwächen beim Verlauf oder der Akzentuierung. Mit einem wirklich guten Verstärker ist die Komplexität manchmal so hoch, dass man nichts nebenbei tun kann. Auch ein Klangorkan wie "One" von Lamb oder "Push the Tempo" von Fat Boy Slim bringt die Boxen nicht ans Limit.
Den eigentlichen Höhepunkt erlebt man, wenn man die Boxen an die Wand stellt, aufdreht und im raum herumgeht. Bei normalen High End Boxen ist es wichtig, genau im Schnittpunkt zwischen den auf den Hörer ausgerichteten Boxen zu sitzen, sonst verändert sich das Frequenzspektrum, und der Raumeindruck leidet. Um das zu verstehen, muss man einfach mal hinter eine Box gehen: Sofort klingt es schlecht. Die Duevels reflektieren den Schall an die Kugel und dann auch an die Wände; der Ton kommt also von einer Quelle, die vom Prinzip her einem Instrument entspricht. Das Klangerlebnis ist entsprechend: Keine Probleme mehr mit abfallenden Bässen, wenn man sich im Raum herumbewegt, alle, die da sitzen und lauschen, haben eine ähnlich gute Klangqualität. Durch den Hall entsteht eine grandiose Räumlichkeit, der Schall geht nicht nur durch den Raum, er steht im Raum, man muss das gehört haben, um es zu verstehen, aber es ist irre. Schlichtweg irre. Meine Nachbarn können ein Lied davon singen. Und das unterschiedslos bei kleinen Ensemblen oder grossen Orchestern. Besonders delikat: Frauenstimmen, die in grossen Räumen aufgenommen wurden. Die ablimitierte Scheisse der aktuellen Chart-Popmusik zeigen sie leider gnadenlos auf, aber alles andere, Jazz, Klassik, was immer lebt und atmet, erfährt durch die Duevel Planets eine - für diesen Preis - ideale Wiedergabe, besonders in Räumen mit einer kahlen Wand, an der man sie aufstellen kann.
Dass sie in der Form den Ständern entsprechen, die man in früheren Jahrhunderten an der Wand postierte, dass sie den extravaganten Hauptraum mit ihrer Form perfekt ergänzen und die Schauseite auch furniert werden kann, ist obendrein ganz wunderbar. Deutsche Qualitätsarbeit eines Kleinstherstellers sowieso. Gibt es nicht bei "Geiz ist für Idioten"-Händlern, sondern nur bei ausgewählten Spezialisten.
Disclaimer: Ich habe lang überlegt, ob ich diesen Beitrag schreiben soll, ist er doch eine Empfehlung für ein Produkt, das - im Gegensatz zu den hier sonst empfohlenen Gegenständen - aktuell und frei käuflich ist, und zudem mit 500 Euro nicht ganz billig. Nachdem aber Weihnachten naht und ich weiss, dass mancher auf der Suche nach guten Tonmöbeln ist, habe ich mich dazu durchgerungen. nein, ich werde nicht dafür bezahlt oder sonstwie bevorteilt, ich kenne zwar den lokalen Händler, aber für den sind das Kleinigkeiten, normalerweise sind da Boxen unter 1000 Euro nicht erhältlich. Und ich habe den vollen Preis bezahlt.
Nun ist bei Boxen der Ton alles, der Preis viel und das Aussehen nichts. Allerdings stand da ein sensationelles Preisschild dran, 500 Euro das Paar. Also rein in den Laden und anhören, denn Boxen brauchte ich sowieso. Was soll ich sagen: Grandios.
Das Irre an diesen Tonmöbeln ist nicht nur der Klang, der selbstverständlich überzeugt. Fein aufgelöste Höhen, satte Bässe, allein das geräusch, wenn eine Viola da Gamba allein gestrichen wird, oder ein Dudelsackbläser ansetzt - alles kommt wunderbar natürlich und akzentuiert beim Hörer an. Solange auf der CD kein Klangbrei drauf ist, kommt da kein Klangbrei raus. Selbst normalerweise schwierige, komplexe Passagen wie etwa die Quarenta Horas, spanische Musik des frühen 18. Jahrhunderts für Chir, Solisten, Orchester, Flamenco und Kastagnetten werden mühelos wiedergegeben, keine Schwächen beim Verlauf oder der Akzentuierung. Mit einem wirklich guten Verstärker ist die Komplexität manchmal so hoch, dass man nichts nebenbei tun kann. Auch ein Klangorkan wie "One" von Lamb oder "Push the Tempo" von Fat Boy Slim bringt die Boxen nicht ans Limit.
Den eigentlichen Höhepunkt erlebt man, wenn man die Boxen an die Wand stellt, aufdreht und im raum herumgeht. Bei normalen High End Boxen ist es wichtig, genau im Schnittpunkt zwischen den auf den Hörer ausgerichteten Boxen zu sitzen, sonst verändert sich das Frequenzspektrum, und der Raumeindruck leidet. Um das zu verstehen, muss man einfach mal hinter eine Box gehen: Sofort klingt es schlecht. Die Duevels reflektieren den Schall an die Kugel und dann auch an die Wände; der Ton kommt also von einer Quelle, die vom Prinzip her einem Instrument entspricht. Das Klangerlebnis ist entsprechend: Keine Probleme mehr mit abfallenden Bässen, wenn man sich im Raum herumbewegt, alle, die da sitzen und lauschen, haben eine ähnlich gute Klangqualität. Durch den Hall entsteht eine grandiose Räumlichkeit, der Schall geht nicht nur durch den Raum, er steht im Raum, man muss das gehört haben, um es zu verstehen, aber es ist irre. Schlichtweg irre. Meine Nachbarn können ein Lied davon singen. Und das unterschiedslos bei kleinen Ensemblen oder grossen Orchestern. Besonders delikat: Frauenstimmen, die in grossen Räumen aufgenommen wurden. Die ablimitierte Scheisse der aktuellen Chart-Popmusik zeigen sie leider gnadenlos auf, aber alles andere, Jazz, Klassik, was immer lebt und atmet, erfährt durch die Duevel Planets eine - für diesen Preis - ideale Wiedergabe, besonders in Räumen mit einer kahlen Wand, an der man sie aufstellen kann.
Dass sie in der Form den Ständern entsprechen, die man in früheren Jahrhunderten an der Wand postierte, dass sie den extravaganten Hauptraum mit ihrer Form perfekt ergänzen und die Schauseite auch furniert werden kann, ist obendrein ganz wunderbar. Deutsche Qualitätsarbeit eines Kleinstherstellers sowieso. Gibt es nicht bei "Geiz ist für Idioten"-Händlern, sondern nur bei ausgewählten Spezialisten.
Disclaimer: Ich habe lang überlegt, ob ich diesen Beitrag schreiben soll, ist er doch eine Empfehlung für ein Produkt, das - im Gegensatz zu den hier sonst empfohlenen Gegenständen - aktuell und frei käuflich ist, und zudem mit 500 Euro nicht ganz billig. Nachdem aber Weihnachten naht und ich weiss, dass mancher auf der Suche nach guten Tonmöbeln ist, habe ich mich dazu durchgerungen. nein, ich werde nicht dafür bezahlt oder sonstwie bevorteilt, ich kenne zwar den lokalen Händler, aber für den sind das Kleinigkeiten, normalerweise sind da Boxen unter 1000 Euro nicht erhältlich. Und ich habe den vollen Preis bezahlt.
donalphons, 17:08h
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Sonntag, 10. Dezember 2006
Sehr zu empfehlen - Heidenspass am x. Advent
Bei den Heiden, erzählt man den Kindern in diesen Breitengraden, gibt es keine solchen schönen nadelnden Kränze, mit deren Abfallgrün man so schön zündeln kann - LASS DAS DU DUMMES BALG! Also, bei den armen Heidenkindern gibt es keinen Kranz mit so dicken roten Kerzen, zu denen kommt das Christkind ebensowenig wie zu Dir, wenn Du schnüffelst, die singen keine Lieder an diesen Sonntagen, und warten nicht geduldig, indem sie Woche für Woche eine einzige Kerze anzünden und sind eben arme Heiden, bei denen ist das ganz, ganz anders.
Genau.
Eigentlich wollte ich nur sagen, dass ich endlich Appliken gefunden habe, bei denen es zusammen mit dem Prunkspiegel der enthaltsam gläubigen Bekanntschaft meiner Eltern beim Auffallen des Hostienaufnahmeorgans die Kiefergelenke knarzen liess.
Genau.
Eigentlich wollte ich nur sagen, dass ich endlich Appliken gefunden habe, bei denen es zusammen mit dem Prunkspiegel der enthaltsam gläubigen Bekanntschaft meiner Eltern beim Auffallen des Hostienaufnahmeorgans die Kiefergelenke knarzen liess.
donalphons, 23:30h
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Freitag, 8. Dezember 2006
Alchemist Products Kraken APD6A late MkI
Love it or hate it.
Jetzt gehört er mir. Genau das richtige, bösartige Ding für den Stadtpalast eines bösartigen Ordens.
Jetzt gehört er mir. Genau das richtige, bösartige Ding für den Stadtpalast eines bösartigen Ordens.
donalphons, 22:29h
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Sonntag, 12. November 2006
Sehr zu empfehlen - Ratschlag für dunkle Tage
Es war in Berlin, Anfang letzten Jahres. Auf dem Antikmarkt an der Strasse des 17. Juni, den die Eingeborenen und runtergekommenen Zuwanderer als teuer und die Münchner mit Schweizer Arbeitgeber als sehr billig empfinden. Kurz, man kann dort mit 70 Euro jede Menge Spass haben und tütenweise Zeug heimschleppen, wenn man sie denn hat. Mit 70 Euro kommt man bei mir daheim oft noch nicht mal halb zum ersten Silberhändler.
Ich stand an einem Tisch hinter einem Paar und schaute zu. Es ist wie im Alptraum, man steht da und die anderen nehmen das Teil in die Hand, das man als nächstes gesehen hätte, die Augen folgen und sehen sofort: Kerzenhalter, massiv Silber, 1910-1930. keine Delle, angelaufen aber prima erhalten, der stand sicher die ganze Zeit im Schrank und wurde nie verwendet, denn es ist ja ein gutes Stück. Das jetzt dieses Berliner Paar in der Hand hielt, betatschte, rumreichte, die Silbermarke entdeckte und beschloss, das Teil eventuell zu kaufen. Wieviel?
40 Euro sagte der Händler, es traf mich wie ein Faustschlag, denn 40 Euro bedeuten letztendlich maximal 25, das ist ein völlig klarer Kauf, schon das Material ist mehr wert. Die Schmerzen koste ich in solchen Momenten aus bis zur Neige, damit ich mir angewöhne, das nächste Mal früher aufzukreuzen. Worauf die Frau sagte: e, zu teuer, 10 Euro. 10 Euro ist natürlich eine gnadenlose Unverschämtheit, da stimmte ich innerlich dem Händler zu, der zwar schnell mit dem Preis herunterging, aber bei 25 Euro erwartungsgemäss die Lust verlor. Worauf sie ihn recht unhöflich darauf hinwies, dass an dem Leuchter ja die Tropfschalen fehlten. Tatsächlich hatte der Leuchter rund um die Kerzenaufnahmen lediglich eine Verjüngung, aber keinerlei Schalen. Das würde, so die Frau, ihr tropfendes Wachs beschehren, so sei das Ding eben nur 10 wert, ok, sie sei nicht so, 12, aber dann ist Schluss.
Der Händler blieb stur, sie auch, stellte den Leuchter zurück und ging mit ihrem Kerl weiter, um wahrscheinlich später nochmal vorbeizukommen und das Ding für 15 Euro zu ergeiern. Ich nahm das Ding, warf einen Blick auf die Punze - 830er - bedauerte den Händler wegen dieser Kundschaft, er jammerte ebenso über diese Mentalität, solche Tropfschalen brächte man doch nicht wirklich, ich pflichtete bei - und nahm ihn für 25.
Liebe Leser, sollte Euch jemals so ein Leuchter ohne Tropfschalen, aber mit Verjüngung um die Kerzenhalterung unterkommen: Da fehlt nichts. Die müssen so sein. Als man sie hergestellt hat, waren in den besseren Häusern Kronleuchter üblich. Auch Kronleuchter haben Tropfschalen - aus Glas. Um einen einheitlichen Eindruck im Raum zu schaffen, lieferte man die Kerzenleuchter ohne Tropfschalen, die man nach dem Kauf dann in Glas, passend zu den Exemplaren am Kronleuchter ergänzte. Die Dinger gibt es für ein paar Euro auf den Antikmärkten, sie sehen prima aus, sind absolut tropfsicher und kinderleicht zu reinigen, zu ersetzen,mit Kristallen auszugestalten - kurz, es ist eine wunderbare Lösung. Die wussten damals, was sie taten. Man muss es nur kennen und verstehen. Gerade jetzt in dieser Jahreszeit, wann der Kerzenverbrauch wieder ansteigt.
Und seit nett zu den Händlern, die 7 Stunden in der Kälte frieren. Auch und gerade in Berlin.
Ich stand an einem Tisch hinter einem Paar und schaute zu. Es ist wie im Alptraum, man steht da und die anderen nehmen das Teil in die Hand, das man als nächstes gesehen hätte, die Augen folgen und sehen sofort: Kerzenhalter, massiv Silber, 1910-1930. keine Delle, angelaufen aber prima erhalten, der stand sicher die ganze Zeit im Schrank und wurde nie verwendet, denn es ist ja ein gutes Stück. Das jetzt dieses Berliner Paar in der Hand hielt, betatschte, rumreichte, die Silbermarke entdeckte und beschloss, das Teil eventuell zu kaufen. Wieviel?
40 Euro sagte der Händler, es traf mich wie ein Faustschlag, denn 40 Euro bedeuten letztendlich maximal 25, das ist ein völlig klarer Kauf, schon das Material ist mehr wert. Die Schmerzen koste ich in solchen Momenten aus bis zur Neige, damit ich mir angewöhne, das nächste Mal früher aufzukreuzen. Worauf die Frau sagte: e, zu teuer, 10 Euro. 10 Euro ist natürlich eine gnadenlose Unverschämtheit, da stimmte ich innerlich dem Händler zu, der zwar schnell mit dem Preis herunterging, aber bei 25 Euro erwartungsgemäss die Lust verlor. Worauf sie ihn recht unhöflich darauf hinwies, dass an dem Leuchter ja die Tropfschalen fehlten. Tatsächlich hatte der Leuchter rund um die Kerzenaufnahmen lediglich eine Verjüngung, aber keinerlei Schalen. Das würde, so die Frau, ihr tropfendes Wachs beschehren, so sei das Ding eben nur 10 wert, ok, sie sei nicht so, 12, aber dann ist Schluss.
Der Händler blieb stur, sie auch, stellte den Leuchter zurück und ging mit ihrem Kerl weiter, um wahrscheinlich später nochmal vorbeizukommen und das Ding für 15 Euro zu ergeiern. Ich nahm das Ding, warf einen Blick auf die Punze - 830er - bedauerte den Händler wegen dieser Kundschaft, er jammerte ebenso über diese Mentalität, solche Tropfschalen brächte man doch nicht wirklich, ich pflichtete bei - und nahm ihn für 25.
Liebe Leser, sollte Euch jemals so ein Leuchter ohne Tropfschalen, aber mit Verjüngung um die Kerzenhalterung unterkommen: Da fehlt nichts. Die müssen so sein. Als man sie hergestellt hat, waren in den besseren Häusern Kronleuchter üblich. Auch Kronleuchter haben Tropfschalen - aus Glas. Um einen einheitlichen Eindruck im Raum zu schaffen, lieferte man die Kerzenleuchter ohne Tropfschalen, die man nach dem Kauf dann in Glas, passend zu den Exemplaren am Kronleuchter ergänzte. Die Dinger gibt es für ein paar Euro auf den Antikmärkten, sie sehen prima aus, sind absolut tropfsicher und kinderleicht zu reinigen, zu ersetzen,mit Kristallen auszugestalten - kurz, es ist eine wunderbare Lösung. Die wussten damals, was sie taten. Man muss es nur kennen und verstehen. Gerade jetzt in dieser Jahreszeit, wann der Kerzenverbrauch wieder ansteigt.
Und seit nett zu den Händlern, die 7 Stunden in der Kälte frieren. Auch und gerade in Berlin.
donalphons, 19:20h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 15. Oktober 2006
Sehr zu empfehlen - Urlaub abarbeiten
Das Schlimme, aber auch Schöne an Reisen ist, dass man so vieles sieht, was man auch gern hätte. Oder hätte machen können. Oberitalienische Innenstädte mit ihren Stadtpalästen sind eine unerschöpfliche Inspirationsquelle, in einer Strasse gibt es in den Hausdurchgängen mehr Malerei und Stuck als in den kläglichen historischen Resten, die bei uns die Stadtzentren ausmachen. Und während bei uns munter entkernt wird, wird in Italien in aller Regel restauriert.
Und wenn man durch die Fenster schaut und sieht, wie die dort mit Farben und Formen umgehen, begreift man schlagartig, was man daheim eigentlich noch alles hätte machen können, an den Decken etwa, die viel zu weiss und nüchtern sind - ausser vielleicht im versehentlich kirschjogurthfarben geratenen Gang, der es natürlich in sich hat; wie bei einem schwulen Pariser Modedesigner, sagte eine Besucherin, aus Erfahrung wohl wissend um meine banal heterosexuelle Einstellung.
Das bekomme ich im Bad so nicht hin, aber ein wenig, zumindest. Nachdem ich Duschfanatiker bin und Wannen wie in der neuen Wohnung hasse, wird es ohnehin nur ein Schaubad ohne Regelbetrieb, unterbrochen von einzelnen Gastspielen mit Schaum und weiblicher Hauptrollenbesetzung, während ich dann hoffentlich auf einem passend bezogenen Hocker verweile - mehr oder weniger lang. Denn, sagen wir es so: Am besten kann man so eine Decke doch in trauter Zweisamkeit von unten betrachten - selbst wenn man dafür in eine Wanne muss.
den kleinen cousin dieses leuchters habe ich übrigens in der küche - pah!
Und wenn man durch die Fenster schaut und sieht, wie die dort mit Farben und Formen umgehen, begreift man schlagartig, was man daheim eigentlich noch alles hätte machen können, an den Decken etwa, die viel zu weiss und nüchtern sind - ausser vielleicht im versehentlich kirschjogurthfarben geratenen Gang, der es natürlich in sich hat; wie bei einem schwulen Pariser Modedesigner, sagte eine Besucherin, aus Erfahrung wohl wissend um meine banal heterosexuelle Einstellung.
Das bekomme ich im Bad so nicht hin, aber ein wenig, zumindest. Nachdem ich Duschfanatiker bin und Wannen wie in der neuen Wohnung hasse, wird es ohnehin nur ein Schaubad ohne Regelbetrieb, unterbrochen von einzelnen Gastspielen mit Schaum und weiblicher Hauptrollenbesetzung, während ich dann hoffentlich auf einem passend bezogenen Hocker verweile - mehr oder weniger lang. Denn, sagen wir es so: Am besten kann man so eine Decke doch in trauter Zweisamkeit von unten betrachten - selbst wenn man dafür in eine Wanne muss.
den kleinen cousin dieses leuchters habe ich übrigens in der küche - pah!
donalphons, 01:51h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 3. Oktober 2006
Sehr zu empfehlen - Puzzle für Innendekoration
Berlin sollte nur 3 Monate dauern - es dauerte anderthalb Jahre, bis das Projekt wieder auf stabil und sauber lief, und ich die Stadt endlich verlassen konnte. Bilder habe ich kaum mitgebracht, zu unstetig und vorübergehend war der Aufenthalt. In München waren die Wände weitgehend voll mit Moderne, und in der Provinz über der Stadt war an den Wänden mit ihren Schrägen nicht viel Platz. Aber irgendwann, das wusste ich, würde ich genug Wände haben. Bilder gehören zu den Gegenständen, die man bedenkenlos auf Vorrat kaufen kann, solange sie nicht gerahmt sind, bis zum Moment der Hängung reicht ihnen eine weitgehend staubdichte, leicht durchlüftete Kiste aus schädlingsresistenten Holz als Ort der Aufbewahrung. Stiche zumal machen alles klaglos mit, denn ihr Papier, so es vor 1850 geschöpft wurde, kann Jahrtausende überdauern, und selbst die fein schwellenden Linien meines 400 Jahre alten Goltzius haben der Zeit problemlos widerstanden.
Hinweggefegt aber hat die Zeit zumeist die Rahmen, und die nun gilt es nachzukaufen, auszuprobieren und einzufügen. Was im ersten Moment nach einer leichten Aufgabe klingt, erweist sich schnell als nie enden wollende Plage. Denn DIN-Normen kannten die Alten nicht, und neue Rahmen ohne Patina und Macken lassen den ehrwürdigsten Triumpf von Alexis Loir grauenvoll kitschig aussehen. Was bleibt, ist die beschwerliche Suche nach alten Rahmen, und die sind mitunter alles andere als billig. Denn im Wissen um das Problem haben sich Händler gefunden, die Abhilfe schaffen - und zwar in der Form, dass sie am frühen Morgen die Flohmärkte abgrasen und das Erworbene danach mit hohem Gewinn weiterverkaufen. Unsereins muss dagegen lange suchen, bis sich Entsprechendes findet, das einen nicht gleich ruiniert.
Idealerweise hat so ein alter Rahmen ein Glas, ein Passepartout, und eine Rückseite aus stabilem Karton. Perfekt wäre es, wenn der die richtige Grösse hätte, doch da beginnt das Übel: Nachdem man kaum mit Butzenden von Bildmassen die Märkte absuchen kann, kauft man, was man kriegen kann, und versucht dann, die passenden Stiche zu finden. Mitunter fällt der Denker nach Giovanni Barbieri geradezu in den Rahmen, das dunkle Braun der Druckfarbe ergänzt sich fein mit dem hellbraunen Deckblatt - andererseits gibt es da diese römische Statue um 1680, die sich seit nunmehr 8 Jahren jedem Rahmen verweigert. Oder das fränkische Rokokoportal. Oder der Kostümumzug in Amsterdam.
Was zur Folge hat, dass sich zu den unpassenden Stichen irgendwann auch nicht passende Rahmen gesellen. Gesehen, gehofft, gekauft, zu gross, zu klein, zu schmal, nicht harmonisch oder einfach die falsche Farbe, es gibt immer wieder Kombinationen, die einen kapitulieren lassen. Und die Folge? Das nächste Mal sieht man einen Stich und denkt - da hätte ich den passenden Rahmen dafür. Vielleicht gibt es irgendwann eine Grenzmenge an Rahmen und Stichen, bei der man statistisch nichts mehr falsch machen kann, wo so viele Vorräte da sind, dass es keinen Fehlkauf mehr geben kann. Aber bis dahin ist noch ein weiter Weg.
Egal. Ein paar Wände habe ich noch.
Hinweggefegt aber hat die Zeit zumeist die Rahmen, und die nun gilt es nachzukaufen, auszuprobieren und einzufügen. Was im ersten Moment nach einer leichten Aufgabe klingt, erweist sich schnell als nie enden wollende Plage. Denn DIN-Normen kannten die Alten nicht, und neue Rahmen ohne Patina und Macken lassen den ehrwürdigsten Triumpf von Alexis Loir grauenvoll kitschig aussehen. Was bleibt, ist die beschwerliche Suche nach alten Rahmen, und die sind mitunter alles andere als billig. Denn im Wissen um das Problem haben sich Händler gefunden, die Abhilfe schaffen - und zwar in der Form, dass sie am frühen Morgen die Flohmärkte abgrasen und das Erworbene danach mit hohem Gewinn weiterverkaufen. Unsereins muss dagegen lange suchen, bis sich Entsprechendes findet, das einen nicht gleich ruiniert.
Idealerweise hat so ein alter Rahmen ein Glas, ein Passepartout, und eine Rückseite aus stabilem Karton. Perfekt wäre es, wenn der die richtige Grösse hätte, doch da beginnt das Übel: Nachdem man kaum mit Butzenden von Bildmassen die Märkte absuchen kann, kauft man, was man kriegen kann, und versucht dann, die passenden Stiche zu finden. Mitunter fällt der Denker nach Giovanni Barbieri geradezu in den Rahmen, das dunkle Braun der Druckfarbe ergänzt sich fein mit dem hellbraunen Deckblatt - andererseits gibt es da diese römische Statue um 1680, die sich seit nunmehr 8 Jahren jedem Rahmen verweigert. Oder das fränkische Rokokoportal. Oder der Kostümumzug in Amsterdam.
Was zur Folge hat, dass sich zu den unpassenden Stichen irgendwann auch nicht passende Rahmen gesellen. Gesehen, gehofft, gekauft, zu gross, zu klein, zu schmal, nicht harmonisch oder einfach die falsche Farbe, es gibt immer wieder Kombinationen, die einen kapitulieren lassen. Und die Folge? Das nächste Mal sieht man einen Stich und denkt - da hätte ich den passenden Rahmen dafür. Vielleicht gibt es irgendwann eine Grenzmenge an Rahmen und Stichen, bei der man statistisch nichts mehr falsch machen kann, wo so viele Vorräte da sind, dass es keinen Fehlkauf mehr geben kann. Aber bis dahin ist noch ein weiter Weg.
Egal. Ein paar Wände habe ich noch.
donalphons, 00:18h
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