Samstag, 24. Juni 2006
Sehr zu empfehlen - Dielenboden in der Küche
Will man bei einem Neubau oder einem Haus aus der zeit nach dem 2. Weltkrieg einen Dielenboden in der Küche, wird es aufwendig und teuer: Die Kücheneinrichtung muss abgebaut werden, das Linoleum muss raus, der Estrich muss mit den Dielen belegt werden, die muss man einlassen, neue Leisten müssen angebracht werden, und dann kommt die Küche wieder drauf. Wenn denn alle Anschlüsse noch passen, was bei einem Gasherd durchaus unerfreulicherweise nicht sein muss. Kurz, wer sich in ein neues Haus einen Dielenboden - und kein Laminat - legen will, braucht ganz schön viel Geld. Immerhin kann er sich hinstellen und sagen: Hey, immer noch billiger, als die Leute, die ein Vermögen in alte Häuser stecken. Das sind die Leute, für die ich nur ein mokantes Lächeln übrig habe. Dielenboden im echten Altbau geht so:
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Linoleum rausreissen, den darunterliegenden Dielenboden putzen und an einigen Stellen neu einlassen, fertig. Kostet 15,95 Euro für das Holzwachs, 2,50 Euro für den Pinsel und 1,25 Euro für das Teppichmesser zum Rausschneiden. Und ein Kopfschütteln für die Idioten, die vor 25 Jahren diesen "praktischen" Linoleumboden haben verlegen lassen, der sich beim Rausreissen ziemlich unhygienisch anfühlt.
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Linoleum rausreissen, den darunterliegenden Dielenboden putzen und an einigen Stellen neu einlassen, fertig. Kostet 15,95 Euro für das Holzwachs, 2,50 Euro für den Pinsel und 1,25 Euro für das Teppichmesser zum Rausschneiden. Und ein Kopfschütteln für die Idioten, die vor 25 Jahren diesen "praktischen" Linoleumboden haben verlegen lassen, der sich beim Rausreissen ziemlich unhygienisch anfühlt.
donalphons, 23:43h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 14. Juni 2006
Sehr zu empfehlen - Internet ausschalten
Internet kann beim Stuckatieren wirklich stören - kaum ist man runter von der Leiter, kommt man an der Kiste vorbei und muss schauen, ob was Neues da ist.
Dabei gibt es noch so viel zu tun. Die Kamera könnte man bei der Gelegenheit auch ausmachen. Zum Beispiel.
Dabei gibt es noch so viel zu tun. Die Kamera könnte man bei der Gelegenheit auch ausmachen. Zum Beispiel.
donalphons, 16:58h
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Montag, 12. Juni 2006
Sehr zu empfehlen - ein Barockschloss
Wenn bei einem normalen Haus das Türschluss fehlt, geht man in den Baumarkt und kauft ein Neues. Oder ruft den Schlosser an, damit der das einbaut. In der Regel ist das nicht weiter schwer, die Schlösser, Blenden und Griffe sind normiert und sollten eigentlich passen.
Bei einem alten Haus mit alten Türen sieht die Sache anders aus. Der Modernisierungswut nach 1890 sind in unserem Haus gerade mal 15 Türen zum Opfer gefallen, die anderen sind noch original, und auch manche "neue" Tür steht heute schon wieder unter Denkmalschutz. Da ist zum Beispiel eine Durchreichtür von 1890, deren oberes Teil ein aufklappbares Fenster ist. Sehr praktisch, wenn die - meist verschwitzte, stundenlang arbeitende - Köchin aus ihrem dampfenden, mit Feuer beheizten Reich etwas an die Hausdiener zum Servieren übergab. Heute ist das natürlich funktionslos, aber "damals", in der sog. guten alten Zeit, die man sich in ihren schauderhaften Details noch nicht mal als Nachfahre der Begünstigten vorstellen mag, waren solche Veränderungen die Regel.
Wenn diese Tür also noch als Zeugnis einer wenig ruhmvollen Geschichte durchgehen kann, gibt es mitunter echte Verbrechen. Eines dieser Verbrechen geschah gegen 1966, als ein Mieter eine alte Tür als zu schäbig befand und sie auf eigene Kosten gegen eine moderne, glatte Tür ersetzen liess. Und das, ohne überhaupt zu fragen. Mit der Folge, dass dieses Türblatt einfach auf einen Türstock der Zeit von 1846/7 aufgeschraubt wurde. Die handgeschmiedeten Angeln wurden damals rausgerissen, wie auch der Gegenhalter für das Türschloss, und weil der ausführende Schlosser grade dabei war, montierte er auch das Schloss und die Griffe ab. Die alte Tür landete dann im Hof, wodurch meine Grossmutter auf das Verbrechen aufmerksam wurde. Meine Grossmutter war eine sehr sanfte, sehr kinderliebe Frau mit einem grossen Herzen, und diesem grossen Herzen versetzte der Umgang mit der Tür einen Stich. Die Folgen waren so gravierend, dass jeder Mieterschutzanwalt Grund zu einem Dutzend Klagen hätte. Wenn er so dumm gewesen wäre, sich mit einem Clan anzulegen, deren Oberhäupter vor dem Krieg und bis in die 60er Jahre beim Sonntagsausflug im schönen Altmühltal leidenschaftlich gerne Viecher abknallten und in deren Wohnung die Schiessprügel und Geweihe rumhingen wie andernorts heute Ikeakunstdrucke. Ja, es dauerte eine Weile, bis das Recht des Hirschfängers in Bayern abgelöst wurde.
Wie auch immer, der Schaden war da, die Metallteile waren verschwunden, und so blieb meiner Grossmutter nur,den Mieter mit der 12er Schrotflinte zur Strecke zu die Tür in den Speicher zu tragen und auf den Tag zu warten, an dem man so eine Tür wieder braucht. 40 Jahre später ist die "neue" Tür immer noch hässlich und unpassend. Und kaputt. Das heisst, kaputt ging sie erst, als meine Frau Mama sie für nicht hässlich genug fand, um sie auszutauschen. Sowas passiert manchmal. Jedenfalls geht jetzt die alte Tür aus dem Speicher, frisch geschliffen und bald auch bemalt, wieder hinunter. Und das neue Glump, das nicht mal fünf Hammerschläge auf die Angeln aushält, fliegt raus.
Letzte Woche kam dann der Kostenvoranschlag für das benötigte Material: ein handgeschmiedeter Gegenhalter kosten - bitte festhalten - 120 Euro, und ein nachgebautes Schloss nach eher schlichtem Originalvorbild - bitte hinsetzen - 600 Euro. Und wir reden hier nicht von einem massiven Bronzegehäuse mit verziertem Innenleben, sondern nur über ein nach alter Art hergestelltes Eisenschloss mit Riegel. Ohne Handriegel, der würde noch mal 110 Euro kosten. Das sind dann doch Kosten, bei denen man versucht ist, sich wieder an die neue Tür zu gewöhnen - wer weiss denn, ob Mieter sowas nicht ohnehin schöner finden. Es ist normal, dass das Restaurieren einer Tür des 18. Jahrhunderts mehr kostet als ein Tür aus dem Baumarkt, das lohnt sich aber, weil eine gute Tür ohne jeden Nagel, nur aus Holz locker 600, 700 Jahre halten kann und sich nach den ersten 40 Jahren kaum mehr verzieht, aber 830 Euro für ein einziges Schloss - das sind so die Momente, wo man nachdenkt, ob der damalige Verbrecher noch einer irdischen Lynchgerechtigkeit zuzuführen ist. Ist er aber nicht mehr. Gestern nun zeigte sich, dass das Graben in alten Trödlerkisten mitunter sinnvoller sein kann als das Graben im Westfriedhof, um wenigstens nochmal die Knochen zu schänden:
Baujahr geschätzt zwischen 1700 und 1800, damals hatte man diese schrägen Flanken an den Schlössern. Der Korpus ist ein Stück gegossene, massive Bronze, geschliffen und poliert, die Schauben (bitte keine Hakenkreuzvergleiche) sind kleine Meisterwerke, und jedes Gelenk, jede Feder und jeder Riegel läuft, als ob es frisch aus der Schlosserei käme. Billig ist so ein Schloss auch auf dem Trödelmarkt nicht, aber es lohnt sich. Und es passt an die Tür. Denn schon damals (tm) einigte man sich unter Handwerker auf bestimmte Masse.
Man könnte es natürlich jetzt noch putzen und polieren. Aber wozu, ich mag diese Patina der Jahrhunderte, die man so nie künstlich erschaffen kann. Es wird sowieso zu viel perfekt gemacht, überlackiert und auf neu getrimmt. Man erfindet sich einen blitzenden Originalzustand, den es mutmasslich nie gegeben hat. Das einzige Problem: Es ist irgendwie schade, dieses Innenleben einfach so an eine Tür zu schrauben. Wo es hoffentlich noch lange verborgen bleibt und kein Idiot die nächsten paar hundert Jahre auf die Idee kommt, an die Stelle etwas Neues zu setzen.
Bei einem alten Haus mit alten Türen sieht die Sache anders aus. Der Modernisierungswut nach 1890 sind in unserem Haus gerade mal 15 Türen zum Opfer gefallen, die anderen sind noch original, und auch manche "neue" Tür steht heute schon wieder unter Denkmalschutz. Da ist zum Beispiel eine Durchreichtür von 1890, deren oberes Teil ein aufklappbares Fenster ist. Sehr praktisch, wenn die - meist verschwitzte, stundenlang arbeitende - Köchin aus ihrem dampfenden, mit Feuer beheizten Reich etwas an die Hausdiener zum Servieren übergab. Heute ist das natürlich funktionslos, aber "damals", in der sog. guten alten Zeit, die man sich in ihren schauderhaften Details noch nicht mal als Nachfahre der Begünstigten vorstellen mag, waren solche Veränderungen die Regel.
Wenn diese Tür also noch als Zeugnis einer wenig ruhmvollen Geschichte durchgehen kann, gibt es mitunter echte Verbrechen. Eines dieser Verbrechen geschah gegen 1966, als ein Mieter eine alte Tür als zu schäbig befand und sie auf eigene Kosten gegen eine moderne, glatte Tür ersetzen liess. Und das, ohne überhaupt zu fragen. Mit der Folge, dass dieses Türblatt einfach auf einen Türstock der Zeit von 1846/7 aufgeschraubt wurde. Die handgeschmiedeten Angeln wurden damals rausgerissen, wie auch der Gegenhalter für das Türschloss, und weil der ausführende Schlosser grade dabei war, montierte er auch das Schloss und die Griffe ab. Die alte Tür landete dann im Hof, wodurch meine Grossmutter auf das Verbrechen aufmerksam wurde. Meine Grossmutter war eine sehr sanfte, sehr kinderliebe Frau mit einem grossen Herzen, und diesem grossen Herzen versetzte der Umgang mit der Tür einen Stich. Die Folgen waren so gravierend, dass jeder Mieterschutzanwalt Grund zu einem Dutzend Klagen hätte. Wenn er so dumm gewesen wäre, sich mit einem Clan anzulegen, deren Oberhäupter vor dem Krieg und bis in die 60er Jahre beim Sonntagsausflug im schönen Altmühltal leidenschaftlich gerne Viecher abknallten und in deren Wohnung die Schiessprügel und Geweihe rumhingen wie andernorts heute Ikeakunstdrucke. Ja, es dauerte eine Weile, bis das Recht des Hirschfängers in Bayern abgelöst wurde.
Wie auch immer, der Schaden war da, die Metallteile waren verschwunden, und so blieb meiner Grossmutter nur,
Letzte Woche kam dann der Kostenvoranschlag für das benötigte Material: ein handgeschmiedeter Gegenhalter kosten - bitte festhalten - 120 Euro, und ein nachgebautes Schloss nach eher schlichtem Originalvorbild - bitte hinsetzen - 600 Euro. Und wir reden hier nicht von einem massiven Bronzegehäuse mit verziertem Innenleben, sondern nur über ein nach alter Art hergestelltes Eisenschloss mit Riegel. Ohne Handriegel, der würde noch mal 110 Euro kosten. Das sind dann doch Kosten, bei denen man versucht ist, sich wieder an die neue Tür zu gewöhnen - wer weiss denn, ob Mieter sowas nicht ohnehin schöner finden. Es ist normal, dass das Restaurieren einer Tür des 18. Jahrhunderts mehr kostet als ein Tür aus dem Baumarkt, das lohnt sich aber, weil eine gute Tür ohne jeden Nagel, nur aus Holz locker 600, 700 Jahre halten kann und sich nach den ersten 40 Jahren kaum mehr verzieht, aber 830 Euro für ein einziges Schloss - das sind so die Momente, wo man nachdenkt, ob der damalige Verbrecher noch einer irdischen Lynchgerechtigkeit zuzuführen ist. Ist er aber nicht mehr. Gestern nun zeigte sich, dass das Graben in alten Trödlerkisten mitunter sinnvoller sein kann als das Graben im Westfriedhof, um wenigstens nochmal die Knochen zu schänden:
Baujahr geschätzt zwischen 1700 und 1800, damals hatte man diese schrägen Flanken an den Schlössern. Der Korpus ist ein Stück gegossene, massive Bronze, geschliffen und poliert, die Schauben (bitte keine Hakenkreuzvergleiche) sind kleine Meisterwerke, und jedes Gelenk, jede Feder und jeder Riegel läuft, als ob es frisch aus der Schlosserei käme. Billig ist so ein Schloss auch auf dem Trödelmarkt nicht, aber es lohnt sich. Und es passt an die Tür. Denn schon damals (tm) einigte man sich unter Handwerker auf bestimmte Masse.
Man könnte es natürlich jetzt noch putzen und polieren. Aber wozu, ich mag diese Patina der Jahrhunderte, die man so nie künstlich erschaffen kann. Es wird sowieso zu viel perfekt gemacht, überlackiert und auf neu getrimmt. Man erfindet sich einen blitzenden Originalzustand, den es mutmasslich nie gegeben hat. Das einzige Problem: Es ist irgendwie schade, dieses Innenleben einfach so an eine Tür zu schrauben. Wo es hoffentlich noch lange verborgen bleibt und kein Idiot die nächsten paar hundert Jahre auf die Idee kommt, an die Stelle etwas Neues zu setzen.
donalphons, 17:50h
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Freitag, 9. Juni 2006
Sehr zu empfehlen - Keine Deckenfluter
Es gibt Räume - besonders moderne, kantige und verschachtelte Räume - die Deckenfluter vertragen. In Berlin hatte ich einen, der gar nicht schlecht war und aus einer insolventen Galerie in Mitte kam. Also kein Möbelmarktteil, sondern einen sehr eleganten Fluter mit schwerem Fuss aus Cararamarmor einer Firma, die keine Billiglinien hat. Es war eine Katastrophe, das Licht hat einfach nicht gepasst: Zu hoch oben, zu hart, zu wenig akzentuiert. Ein Lichtbrei, der an der Decke klebt und nach unten wabert. Das mag im Büro passen, wo man auf den Monitor starrt und keine Reflexe haben will, aber das ist am Abend, zumindest bei mir, eher selten.
Der Deckenfluter also hat jetzt ein anderes, besseres Zuhause gefunden, und hier geht es zurück zu den Zeiten, bevor der Deckenfluter die Wagenradlampe an der Decke ersetzte. Das ist übrigens auch noch so ein Phänomen: Offensichtlich kommt der Deckenfluter nicht nur einem bestimmten, durch einen Monitor oder eine Glotze definierten Lichtbedarf entgegen, sondern auch der Unlust vieler, sich eine normale Deckenlampe zu beschaffen. Hier jedenfalls ist das anders.
Ein paar Lampen fehlen mir noch, aber ich denke, am Ende wird es in der gesamten Wohnung eine mittelhohe, gedämpfte Lichtebene geben: Für den Übergang von Tag zu Nacht und den Übergang von der Nacht zum Bett oder Morgengrauen, was in meinem Fall ohnehin meist das gleiche ist.
Der Deckenfluter also hat jetzt ein anderes, besseres Zuhause gefunden, und hier geht es zurück zu den Zeiten, bevor der Deckenfluter die Wagenradlampe an der Decke ersetzte. Das ist übrigens auch noch so ein Phänomen: Offensichtlich kommt der Deckenfluter nicht nur einem bestimmten, durch einen Monitor oder eine Glotze definierten Lichtbedarf entgegen, sondern auch der Unlust vieler, sich eine normale Deckenlampe zu beschaffen. Hier jedenfalls ist das anders.
Ein paar Lampen fehlen mir noch, aber ich denke, am Ende wird es in der gesamten Wohnung eine mittelhohe, gedämpfte Lichtebene geben: Für den Übergang von Tag zu Nacht und den Übergang von der Nacht zum Bett oder Morgengrauen, was in meinem Fall ohnehin meist das gleiche ist.
donalphons, 15:14h
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Mittwoch, 7. Juni 2006
Sehr zu empfehlen: Trübe Funzeln
Was ist der Unterschied zwischen einem schwach glimmenden Hirn eines Neoconnards und einer Lampe, die die nicht richtig leuchtet?
Die Lampe kann man aufmachen und neu verdrahten. Und es lohnt sich. Spass beiseite, als ich sie gekauft hatte, sah sie ganz ordentlich aus. Bei Messinglüstern liegen die Drähte geschützt im Inneren, was eigentlich für eine längere Haltbarkeit sorgt. Und eigentlich ging sie zuerst auch. Bis ich dann nach auf die Leiter kletterte und nach dem ersten wenig erfreulichen Test beim Abschrauben ein Stück Idolierung wegbröselte. Egal, das Kabel war ohnehin zu lang, also ein Stück abgeschnitten - und wieder das gleiche Spiel. Gelbe, braune und schwarze Isolierung zerfielen schon bei der ersten Berührung in Krümel. Irgendwann war das Kabel dann zu kurz, und es bleibt nur eines: Aufmachen und eine neue Leitung ziehen. Dachte ich. Im Inneren zeigte sich dann, dass auch alle Kabel zu den Kerzen weggebröselt waren, die Drähte nur noch von der Stoffummantelung gehalten wurden, und das blanke Metall auf dem Messing auflag. Die neue Verkabelung sollte die nächsten 70, 100 Jahre halten. Vermutlich länger als aktuelle Neoconnards. Die ohnehin schon mitunter nach schimmligem Hecht riechen.
Die Lampe kann man aufmachen und neu verdrahten. Und es lohnt sich. Spass beiseite, als ich sie gekauft hatte, sah sie ganz ordentlich aus. Bei Messinglüstern liegen die Drähte geschützt im Inneren, was eigentlich für eine längere Haltbarkeit sorgt. Und eigentlich ging sie zuerst auch. Bis ich dann nach auf die Leiter kletterte und nach dem ersten wenig erfreulichen Test beim Abschrauben ein Stück Idolierung wegbröselte. Egal, das Kabel war ohnehin zu lang, also ein Stück abgeschnitten - und wieder das gleiche Spiel. Gelbe, braune und schwarze Isolierung zerfielen schon bei der ersten Berührung in Krümel. Irgendwann war das Kabel dann zu kurz, und es bleibt nur eines: Aufmachen und eine neue Leitung ziehen. Dachte ich. Im Inneren zeigte sich dann, dass auch alle Kabel zu den Kerzen weggebröselt waren, die Drähte nur noch von der Stoffummantelung gehalten wurden, und das blanke Metall auf dem Messing auflag. Die neue Verkabelung sollte die nächsten 70, 100 Jahre halten. Vermutlich länger als aktuelle Neoconnards. Die ohnehin schon mitunter nach schimmligem Hecht riechen.
donalphons, 10:49h
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Dienstag, 6. Juni 2006
Erzreaktionär oder vom Sterben der grossen Häuser
Sie nahen sich wieder, die schwankenden Gestalten zwischen Wirr und Neoliberal, aber die Feigheit hält sie davon ab, es direkt auszutragen. Na schön, reden wir über Silberlöffel, Sozialneid und den Stadtpalast. Über 53 Zimmer, 50 Meter Gänge, historische Bedeutung in Bestlage, reden wir über das Leben als Herr eines Stadtpalastes aus der Zeit um 1600.
Man könnte denken, der Don Alphonso führt ein prima Leben. Wenn der Tag zu Ende geht, begibt er sich noch einmal auf seine Dachterasse, erfreut sich auch bei diesem kühlen Wetter an einem grandiosen Sonnenuntergang, schiesst ein Bild
und geht dann zurück in seine museumsreif ausgestattete Wohnung, wo er mit Silberlöffeln eine Frau abfüttert, die ihm dann die Nacht unter vergoldetem Stuck versüsst. Man nennt sowas gesicherte soziale Verhältnisse, manche werden das unbeliebte Wort vom Reichtum verwenden, und gerade notorischen FDP-Wählern, die für die ungleiche Verteilung der irdischen Güter und Eliten antreten, steht schnittfester Schaum vor dem Mund. Wenn Menschen in die Ausbeutung hineingeboren werden, ist es ihnen egal, zugunsten des Profits, wenn aber andere in eine Position geboren werden, die sie auch mit Profit nicht erreichen werden, sind sie ungehalten und meinen, jemand in dieser Position habe kein Recht, andere scharf anzugehen, die sich des Profits wegen an dreckige Unterdrücker verkaufen und ihnen beim Image helfen. Sie sagen, ich sei konservativ. Es ist schlimmer. Ich bin erzreaktionär.
Besagte Gruppe, die jeden Monat ihre Miete mutmasslich mit erheblichem Ärger an den Landlord überweist, wird es nicht versöhnen zu erfahren, dass ich nun noch eine wirklich standesgemässe Zusatzwohnung beziehe, mit der ich jetzt 6 Zimmer, zwei Küchen, zwei Bäder und einen Abstellraum habe, oder eine grosse Wohnung und drüber eine Gästewohnung. Massenhaft Platz für abertausende Kristalle, neue Möbel, kubikmeterweise Preziosen aus edlem Metall, nur flüchtig eingestelltes vermittelt schon einen hübschen Eindruck.
Wer wäre ich, das zu bestreiten. Ich mag Möbel mit Geschichte aus Vollholz, ich habe wenig Sinn für Neues, Edelmetall ist dauerhaft und kann den Erben übergeben werden, was ich beim kaum billigeren Ikea Starterset bezweifle. Das also ist mein erzreaktionärer Lebensstil, der sich kaum unterscheidet von den Werten meines Ururgrossvaters, dessen massgefertigte Möbel sich noch heute ohne jedes Geräusch in den Angeln drehen, und durch massive Stahlkeile zerlegbar sind. Insofern ist der optische Eindruck des Hierseins schön: Viel Platz, beste Lage, man könnte sich auf den Perserteppich legen und Frauenhälse kraulen. Und nicht an das denken, was die Verantwortung über so ein Gebäude bedeutet.
Schon mal eine Wohnung restauriert, Ihr Neider? Zwei Zimmer? Drei? Ein ganzes Haus vielleicht mit 8 Zimmern? Und zwar Altbau, nicht irgendwas Neues, wo die Leitungen und Stecker an der richtigen Stelle sind, mit 5 Schichten Tapeten, 30 Malschichten und Putz, der nur manchmal hält? Stellt Euch das mal bei 53 Räumen vor. Mit diversen Vor- und Rücksprüngen sind das gschmackige 250 Wände. Und 70 Türen. Vor fliessend Wasser, Gas und Strom war das alles nicht so schwer, da gab es ein Abort und einen Kamin, das war alles. Damals gab es ein halbes Dutzend Köchinnen, Lehrbuben und Dienstboten, die den Laden in Schuss hielten. Für nicht mehr als einen Schlafplatz, Essen und ein freies Wochenende, was damals hier als Skandal galt und Untergang des Abendlandes, diese Leute so zu verwöhnen.
Heute bin ich nicht allein, aber meine Handwerker sind keine Schwarzen und nicht billig. Es geht nur, wenn ich mich um alles selbst kümmere. Selbst kümmern heisst in einem alten Haus selbst mitarbeiten, damit man die Probleme kennt. Das hier ist so ein aktuelles Problem, verursacht durch Mieter, die das Bad mit einem Pool verwechselt haben:
Der Balken am Rand ist 14 Meter lang und trägt einen Teil vom Dach. Nebenbei stehen auch noch zwei Mauerzüge darauf. Dieser Balken ist komplett verrottet und muss ausgetauscht werden. Zur Verfüllung wurde so um 1730 Bauschutt genommen. Und Müll. Und Dinge, bei denen man besser nicht genau hinschaut, und auch gar nicht hinschauen kann, wenn der Staub fliegt. Das muss alles raus, und dann muss eine Lösung für den Balken her. Vielleicht habe ich Glück und kann etwas einsetzen lassen. Vielleicht habe ich Pech und die Nässe ist unter den nächsten Raum gezogen. Dann muss ich an die Mauer. Und vorher zum Denkmalschutz. Wenn ich ganz viel Pech habe, ist die Schilfschicht zwischen unter dem Verputz der darunter liegenden Decke verschimmelt. Dann kann ich auch die Decke abnehmen. Das heisst, das könnte ich, wären da nicht sorgsam konservierte und gesicherte Fresken an der Decke. Wie es nun mal so ist ein einem ehemaligen Jesuitenzentrum. Die hatten Geschmack und keine Ahnung, dass da mal ein Bad drüber stehen würde.
Mag einer von den obigen Blödschwätzern hier vorbeikommen und das wunderbare Leben im Stadtpalastschutt beim Ausschaufeln mit mir teilen? Arbeitsbeginn so gegen neun, und wenn die Handwerker gegangen sind, geht es in der eigenen Wohnung weiter. Stuck geht ja nicht allein an die Decke, so ein Pech aber auch. Wir hätten aber auch noch 50 Meter Gang zum Spachteln und Streichen. Und 8 Fenster. Alte Fenster, die auch noch verkittet werden müssen. Und Abschleifen sowieso. Ach so, die Holzvertäfelung im Erdgeschoss, die braucht auch eine neue Fassung. So ist das, in den Stadtpalästen unter der Strahlenkranzmadonna.
Ich kann mir vorstellen, was die obigen neoliberalen Dreckspinscher da sagen würden: Verkaufen und auf die faule Haut legen, den Rest des Lebens. Oder entkernen und Arztpraxen rein, auch das sichert ein sorgenfreies Dasein. Das ist genau das Geschmeiss, das zurecht am Resopaltisch nagt, denn diese Denke ist es, die unsere Städte ruiniert. Die schon als Elitestudenten von Ihresgleichen in den WGs rausqutschen was geht. Und damit das Sozialgefüge schädigen. Eine Stadt ist ein lebendiger Organismus, keine verfickte Ansammlung von Profitcentern. Ein grosses Haus bedeutet zuallerest eine grosse Verantwortung vor der Geschichte, man ist nur ein weiterer Diener in einer langen Kette, wenn man es richtig macht. Es ist Verantwortung für einen Lebensraum, dem wichtigsten Lebensraum dieses Landes, denn ohne die Altstädte und ihre konservierten Bestände wäre Deutschland nochmal weitaus hässlicher und geschichtsloser, als es ohnehin schon ist. Ein grosses Haus muss leben, es braucht normale Menschen, die sich darin bewegen, und es darf in der Nacht keine Wüste sein, sondern muss in die Dunkelheit strahlen. Ein grosses Haus bedeutet völlige Hingabe, da gibt es kein Wenn und Aber und keinen Dienstschluss. Es ist verdammt viel harte Arbeit für das, was an Miete reinkommt, und man muss dafür geschaffen sein - die Blogweicheier, die Drehstuhlfurzer wissen nicht, was das ist, Arbeiten in einem grossen Haus.
Das Schlimme ist: Es gibt nur noch wenige grosse Häuser in Familienbesitz. Was hierzulande zu Recht bedauert wird, der Niedergang der britischen Houses, ist bei uns schon längst Realität. Die letzte Generation, die den Erhalt des grossen Hauses noch als Verpflichtung ansah, krepiert gerade einsam gegenüber im Altersheim, und deren Kinder, inzwischen auch so um die 60, verkaufen es dann Wohnung für Wohnung, getrennt mit Rigips und Verantwortungslosigkeit. In meiner Generation sind es dann nur noch ein paar Dutzend, die sich mit grösseren Häusern dagegen stemmen, und alle anderen Stadtpaläste dieses Ortes gehören schon entweder profitmaximierenden Investoren, der Stadt oder der Kirche. Die damit umgehen, dass es der Sau graust.
Ich will mich nicht beschweren. Es muss jetzt gemacht werden, ich wusste, dass Mitte dieses Jahrzehnts zwei Jahre dafür geopfert werden müssen, dass meine Karriere eine Auszeit bekommt und ich nicht nach Zürich gehen werde, und in 7 Jahren ist dann das dreistöckige Hinterhaus dran. Seit 406 Jahren steht diese Einheit, seit 160 Jahren gehört sie uns, und kein Millimeter wird davon hergegeben. In Italien sieht man das Sterben, das vom Zerstückeln ausgeht, besser als hinter den getünchten Leichenfassaden in Deutschland:
Denn dort hat die Stadtkultur viele Häuser geschaffen, die man als Palazzo bezeichnen kann, und auch hier können nur die wenigsten die Komplexe halten. Dann wird eben verkauft. Und die Besitzer können sich nicht auf die Erhaltung verständigen. In diesem Beispiel geht Seccomalerei der Spätgotik vor die Hunde. Man hat sie vor dem Verkauf freigelegt und restauriert, aber jetzt bröckelt sie weg. Oben hat jemand eine Klimaanlage rausgehängt, die alten Fensterstöcke herausgebrochen, und zerstört damit die feine, barocke Fassadengliederung.
Dagegen halten ist einer der Jobs, für den man geschaffen sein muss. Man muss dem Renditegefasel ein Beispiel entgegensetzen, man muss es wollen, und man muss bei der eigenen Biographie Kompromisse eingehen. Man muss nicht über Härte und Disziplin und Schmutz und Schwielen reden oder bloggen, das sind banale Grundlagen des Arbeitens in einem grossen Haus. Hier gibt es weiterhin die glänzende, lebensfrohe Oberfläche des Don Alphonso Porcamadonna, dem zum völligen Glück nur das Erlebnis fehlt, diese bloggenden Feiglinge, die nicht mal die Oberfläche verstehen, nur mal einen einzigen Tag Dreck des Jahres 1730 schaufeln zu lassen. Schimmel, Käfer und Rattenkadaver inclusive.
Man könnte denken, der Don Alphonso führt ein prima Leben. Wenn der Tag zu Ende geht, begibt er sich noch einmal auf seine Dachterasse, erfreut sich auch bei diesem kühlen Wetter an einem grandiosen Sonnenuntergang, schiesst ein Bild
und geht dann zurück in seine museumsreif ausgestattete Wohnung, wo er mit Silberlöffeln eine Frau abfüttert, die ihm dann die Nacht unter vergoldetem Stuck versüsst. Man nennt sowas gesicherte soziale Verhältnisse, manche werden das unbeliebte Wort vom Reichtum verwenden, und gerade notorischen FDP-Wählern, die für die ungleiche Verteilung der irdischen Güter und Eliten antreten, steht schnittfester Schaum vor dem Mund. Wenn Menschen in die Ausbeutung hineingeboren werden, ist es ihnen egal, zugunsten des Profits, wenn aber andere in eine Position geboren werden, die sie auch mit Profit nicht erreichen werden, sind sie ungehalten und meinen, jemand in dieser Position habe kein Recht, andere scharf anzugehen, die sich des Profits wegen an dreckige Unterdrücker verkaufen und ihnen beim Image helfen. Sie sagen, ich sei konservativ. Es ist schlimmer. Ich bin erzreaktionär.
Besagte Gruppe, die jeden Monat ihre Miete mutmasslich mit erheblichem Ärger an den Landlord überweist, wird es nicht versöhnen zu erfahren, dass ich nun noch eine wirklich standesgemässe Zusatzwohnung beziehe, mit der ich jetzt 6 Zimmer, zwei Küchen, zwei Bäder und einen Abstellraum habe, oder eine grosse Wohnung und drüber eine Gästewohnung. Massenhaft Platz für abertausende Kristalle, neue Möbel, kubikmeterweise Preziosen aus edlem Metall, nur flüchtig eingestelltes vermittelt schon einen hübschen Eindruck.
Wer wäre ich, das zu bestreiten. Ich mag Möbel mit Geschichte aus Vollholz, ich habe wenig Sinn für Neues, Edelmetall ist dauerhaft und kann den Erben übergeben werden, was ich beim kaum billigeren Ikea Starterset bezweifle. Das also ist mein erzreaktionärer Lebensstil, der sich kaum unterscheidet von den Werten meines Ururgrossvaters, dessen massgefertigte Möbel sich noch heute ohne jedes Geräusch in den Angeln drehen, und durch massive Stahlkeile zerlegbar sind. Insofern ist der optische Eindruck des Hierseins schön: Viel Platz, beste Lage, man könnte sich auf den Perserteppich legen und Frauenhälse kraulen. Und nicht an das denken, was die Verantwortung über so ein Gebäude bedeutet.
Schon mal eine Wohnung restauriert, Ihr Neider? Zwei Zimmer? Drei? Ein ganzes Haus vielleicht mit 8 Zimmern? Und zwar Altbau, nicht irgendwas Neues, wo die Leitungen und Stecker an der richtigen Stelle sind, mit 5 Schichten Tapeten, 30 Malschichten und Putz, der nur manchmal hält? Stellt Euch das mal bei 53 Räumen vor. Mit diversen Vor- und Rücksprüngen sind das gschmackige 250 Wände. Und 70 Türen. Vor fliessend Wasser, Gas und Strom war das alles nicht so schwer, da gab es ein Abort und einen Kamin, das war alles. Damals gab es ein halbes Dutzend Köchinnen, Lehrbuben und Dienstboten, die den Laden in Schuss hielten. Für nicht mehr als einen Schlafplatz, Essen und ein freies Wochenende, was damals hier als Skandal galt und Untergang des Abendlandes, diese Leute so zu verwöhnen.
Heute bin ich nicht allein, aber meine Handwerker sind keine Schwarzen und nicht billig. Es geht nur, wenn ich mich um alles selbst kümmere. Selbst kümmern heisst in einem alten Haus selbst mitarbeiten, damit man die Probleme kennt. Das hier ist so ein aktuelles Problem, verursacht durch Mieter, die das Bad mit einem Pool verwechselt haben:
Der Balken am Rand ist 14 Meter lang und trägt einen Teil vom Dach. Nebenbei stehen auch noch zwei Mauerzüge darauf. Dieser Balken ist komplett verrottet und muss ausgetauscht werden. Zur Verfüllung wurde so um 1730 Bauschutt genommen. Und Müll. Und Dinge, bei denen man besser nicht genau hinschaut, und auch gar nicht hinschauen kann, wenn der Staub fliegt. Das muss alles raus, und dann muss eine Lösung für den Balken her. Vielleicht habe ich Glück und kann etwas einsetzen lassen. Vielleicht habe ich Pech und die Nässe ist unter den nächsten Raum gezogen. Dann muss ich an die Mauer. Und vorher zum Denkmalschutz. Wenn ich ganz viel Pech habe, ist die Schilfschicht zwischen unter dem Verputz der darunter liegenden Decke verschimmelt. Dann kann ich auch die Decke abnehmen. Das heisst, das könnte ich, wären da nicht sorgsam konservierte und gesicherte Fresken an der Decke. Wie es nun mal so ist ein einem ehemaligen Jesuitenzentrum. Die hatten Geschmack und keine Ahnung, dass da mal ein Bad drüber stehen würde.
Mag einer von den obigen Blödschwätzern hier vorbeikommen und das wunderbare Leben im Stadtpalastschutt beim Ausschaufeln mit mir teilen? Arbeitsbeginn so gegen neun, und wenn die Handwerker gegangen sind, geht es in der eigenen Wohnung weiter. Stuck geht ja nicht allein an die Decke, so ein Pech aber auch. Wir hätten aber auch noch 50 Meter Gang zum Spachteln und Streichen. Und 8 Fenster. Alte Fenster, die auch noch verkittet werden müssen. Und Abschleifen sowieso. Ach so, die Holzvertäfelung im Erdgeschoss, die braucht auch eine neue Fassung. So ist das, in den Stadtpalästen unter der Strahlenkranzmadonna.
Ich kann mir vorstellen, was die obigen neoliberalen Dreckspinscher da sagen würden: Verkaufen und auf die faule Haut legen, den Rest des Lebens. Oder entkernen und Arztpraxen rein, auch das sichert ein sorgenfreies Dasein. Das ist genau das Geschmeiss, das zurecht am Resopaltisch nagt, denn diese Denke ist es, die unsere Städte ruiniert. Die schon als Elitestudenten von Ihresgleichen in den WGs rausqutschen was geht. Und damit das Sozialgefüge schädigen. Eine Stadt ist ein lebendiger Organismus, keine verfickte Ansammlung von Profitcentern. Ein grosses Haus bedeutet zuallerest eine grosse Verantwortung vor der Geschichte, man ist nur ein weiterer Diener in einer langen Kette, wenn man es richtig macht. Es ist Verantwortung für einen Lebensraum, dem wichtigsten Lebensraum dieses Landes, denn ohne die Altstädte und ihre konservierten Bestände wäre Deutschland nochmal weitaus hässlicher und geschichtsloser, als es ohnehin schon ist. Ein grosses Haus muss leben, es braucht normale Menschen, die sich darin bewegen, und es darf in der Nacht keine Wüste sein, sondern muss in die Dunkelheit strahlen. Ein grosses Haus bedeutet völlige Hingabe, da gibt es kein Wenn und Aber und keinen Dienstschluss. Es ist verdammt viel harte Arbeit für das, was an Miete reinkommt, und man muss dafür geschaffen sein - die Blogweicheier, die Drehstuhlfurzer wissen nicht, was das ist, Arbeiten in einem grossen Haus.
Das Schlimme ist: Es gibt nur noch wenige grosse Häuser in Familienbesitz. Was hierzulande zu Recht bedauert wird, der Niedergang der britischen Houses, ist bei uns schon längst Realität. Die letzte Generation, die den Erhalt des grossen Hauses noch als Verpflichtung ansah, krepiert gerade einsam gegenüber im Altersheim, und deren Kinder, inzwischen auch so um die 60, verkaufen es dann Wohnung für Wohnung, getrennt mit Rigips und Verantwortungslosigkeit. In meiner Generation sind es dann nur noch ein paar Dutzend, die sich mit grösseren Häusern dagegen stemmen, und alle anderen Stadtpaläste dieses Ortes gehören schon entweder profitmaximierenden Investoren, der Stadt oder der Kirche. Die damit umgehen, dass es der Sau graust.
Ich will mich nicht beschweren. Es muss jetzt gemacht werden, ich wusste, dass Mitte dieses Jahrzehnts zwei Jahre dafür geopfert werden müssen, dass meine Karriere eine Auszeit bekommt und ich nicht nach Zürich gehen werde, und in 7 Jahren ist dann das dreistöckige Hinterhaus dran. Seit 406 Jahren steht diese Einheit, seit 160 Jahren gehört sie uns, und kein Millimeter wird davon hergegeben. In Italien sieht man das Sterben, das vom Zerstückeln ausgeht, besser als hinter den getünchten Leichenfassaden in Deutschland:
Denn dort hat die Stadtkultur viele Häuser geschaffen, die man als Palazzo bezeichnen kann, und auch hier können nur die wenigsten die Komplexe halten. Dann wird eben verkauft. Und die Besitzer können sich nicht auf die Erhaltung verständigen. In diesem Beispiel geht Seccomalerei der Spätgotik vor die Hunde. Man hat sie vor dem Verkauf freigelegt und restauriert, aber jetzt bröckelt sie weg. Oben hat jemand eine Klimaanlage rausgehängt, die alten Fensterstöcke herausgebrochen, und zerstört damit die feine, barocke Fassadengliederung.
Dagegen halten ist einer der Jobs, für den man geschaffen sein muss. Man muss dem Renditegefasel ein Beispiel entgegensetzen, man muss es wollen, und man muss bei der eigenen Biographie Kompromisse eingehen. Man muss nicht über Härte und Disziplin und Schmutz und Schwielen reden oder bloggen, das sind banale Grundlagen des Arbeitens in einem grossen Haus. Hier gibt es weiterhin die glänzende, lebensfrohe Oberfläche des Don Alphonso Porcamadonna, dem zum völligen Glück nur das Erlebnis fehlt, diese bloggenden Feiglinge, die nicht mal die Oberfläche verstehen, nur mal einen einzigen Tag Dreck des Jahres 1730 schaufeln zu lassen. Schimmel, Käfer und Rattenkadaver inclusive.
donalphons, 14:10h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 5. Juni 2006
Raumfarben die wo von daheim kemman
Mancher fand besonders das kräftige Eidotter der italienischen Pasta zu krachig, zu intensiv. Nun, Pasta wird beim Kochen ebenso heller wie Farbe nach dem Streichen, da macht man die lustigsten Entdeckungen. Wie auch immer: So wie auf dem Pastabild wäre es mir für das Esszimmer auch etwas zu viel. Wahrscheinlich ist es in der Mitte zwischen der Pasta und dieser Rokokofassung:
Wände in Ocker, Fussleiste und Stuck in Grau, Decke weiss und der Stuck wird in Gold abgesetzt. Stammt, wie passend, aus einem gescheiterten Investment der Gesellschaft Jesu Anno 1755, der Wallfahrtskirche Bergen beiNationaldeppenburg Neuburg an der Donau. Bescheidenheit ist schliesslich eine Zier für Bettler, womöglich gar aus Bamberg. Gelb, grau und weiss sind auch im historischen Befund, als in meiner neuen Wohnung die Mauern eingezogen wurden. Das muss so gegen 1760-1780 gewesen sein. Aus der Zeit jedenfalls kommen die nur 1,85 Meter hohen Türen. Wie bereits erwähnt, es ist ein Jesuitencollegium, die standen auf Demut und fänden es gut, wenn sie wüssten, dass selbst ich den Kopf senken muss, wenn ich ihre Räume betrete.
Wände in Ocker, Fussleiste und Stuck in Grau, Decke weiss und der Stuck wird in Gold abgesetzt. Stammt, wie passend, aus einem gescheiterten Investment der Gesellschaft Jesu Anno 1755, der Wallfahrtskirche Bergen bei
donalphons, 13:06h
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Sonntag, 4. Juni 2006
Sehr zu empfehlen - Ein verdammt schwerer Fehler
So um die 70 Kilo schwer. So gegen 1830 wurden die Möbel wieder grösser, besonders in England, in Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs und neuer Herrenhäuser, die in den nächsten Jahrzehnten noch einmal eine Blütezeit erleben sollten, bevor die systemimmanenten Probleme der Ausbeutung und Unterdrückung dem Ganzen ein Ende bereiteten. Der Klappsekretär ist ein Zeuge dieser Epoche.
Und ich habe ihn nicht genommen. Einerseits zu teuer, andererseits das Transportproblem. Allerdings hätte ich jetzt, genauer, seit heute Mittag den Platz dafür. Und so ein Stück findet man selten, sehr sehr selten, zumal, wenn das gute Stück auch noch eine lange, anhand der Brandzeichen nachvollziehbare Geschichte hat. Allerdings, da wo er steht, steht er schon länger. Vielleicht...
Und ich habe ihn nicht genommen. Einerseits zu teuer, andererseits das Transportproblem. Allerdings hätte ich jetzt, genauer, seit heute Mittag den Platz dafür. Und so ein Stück findet man selten, sehr sehr selten, zumal, wenn das gute Stück auch noch eine lange, anhand der Brandzeichen nachvollziehbare Geschichte hat. Allerdings, da wo er steht, steht er schon länger. Vielleicht...
donalphons, 00:57h
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Mittwoch, 26. April 2006
Sehr zu empfehlen - Regale füllen
Ich habe sie nicht gezählt. Am Ende, so gegen 3 Uhr, war ich zu müde. Ich wollte nur noch kochen (Semmelknödel mit Austernpilzen in Rahmsosse), die selbigen essen und schlafen. Es sind geschätzt 1.300 auf ungefähr 15 Meter Regalen. Und ganz hinten, hinter dem Lesesessel, gibt es jetzt auch eine versteckte Ecke für Bücher, die ich nicht sehen will, weil sie abartig schlecht sind, aber ich kann sie nicht wegwerfen. Jedes erzählt zudem eine ganz eigene Geschichte des Hasses, die mich bei der Präsentation oder dem Lesen überkam, und das sind bekanntlich nicht die schlechtesten Geschichten.
Wie auch immer: Der Zeitplan, in dem bei "Bücher einräumen" 6 Stunden veranschlagt wurden, liess sich nicht halten. 2 Tage mit einer langen Nachtschicht hat es gedauert, und man hätte manches besser machen können. Vielleicht in den nächsten Tagen, wenn ich genig habe vom Lack und vom Besen, gehe ich hinüber und sortiere den Waugh in das richtige Regal und füge den Roth wieder zusammen. Den Dostojewski habe ich zerissen, und zu oft steht noch Photographie neben Architektur. Überhaupt, das Mittelalter ist zerstreut und grässlich von Malerei durchdrungen. Da geht also noch einiges. Immerhin ist die Ausleuchtung mit vier Lampen ausreichend - merke: Mit gelblichen Schirmen oder in Messinglampen sind auch Energiesparlampen mit freundlichem Licht gesegnet.
Wie auch immer: Der Zeitplan, in dem bei "Bücher einräumen" 6 Stunden veranschlagt wurden, liess sich nicht halten. 2 Tage mit einer langen Nachtschicht hat es gedauert, und man hätte manches besser machen können. Vielleicht in den nächsten Tagen, wenn ich genig habe vom Lack und vom Besen, gehe ich hinüber und sortiere den Waugh in das richtige Regal und füge den Roth wieder zusammen. Den Dostojewski habe ich zerissen, und zu oft steht noch Photographie neben Architektur. Überhaupt, das Mittelalter ist zerstreut und grässlich von Malerei durchdrungen. Da geht also noch einiges. Immerhin ist die Ausleuchtung mit vier Lampen ausreichend - merke: Mit gelblichen Schirmen oder in Messinglampen sind auch Energiesparlampen mit freundlichem Licht gesegnet.
donalphons, 14:08h
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Montag, 24. April 2006
Sehr zu empfehlen - Der Wintergarten
Reichtum, sagt ein altes Familienspruch dieses Clans, der nicht immer wohlhabend war, Reichtum ist die Kunst, aus Nichts etwas zu machen. Und aus wenig viel zu machen. Meine Vorfahren also stellten sich hin, kauften neben dem Stadtpalast und dem Dienstbotenhaus schräg dahinter auch noch einen Hof und bauten - schwarz natürlich, schliesslich befinden wir uns in Bayern - einen Anbau. Aus der Luft, wie es bei uns heisst, gewannen sie 45 Quadratmeter und eine ebenso grosse Terasse für das Piano Nobile, in dem sie wohnten. Ebenso schwarz errichteten sie dann in den 50er Jahren, stilecht aus massiven Trümmersteinen, einen Wintergarten, eine Erinnerung gewissermassen an die schlimme Zeit, die manche von ihnen im Heimatland der Wintergärten, in England, verbracht hatten. Damals war es ein Verbrechen am Stadtpalast, aber: Die Denkmalbehörden trugen ihn in den 70er Jahren ohne Murren ebenfalls als Denkmal ein. Wieder 8 Quadratmeter aus der Luft gewonnen.
Deutschland hat es nicht so mit Wintergärten. Dabei sind solche - heute würde man sagen Parasitenbauten - eigentlich hochmoderne Raumideen in den dicht verbauten Ballungszentren. Und gerade in einem Winter wie dem letzten und seinem elenden Ausklang wäre ein Wintergarten, der sich nach einer Stunde Licht sommerlich aufheizt, eine schöne Sache gewesen. Draussen genug, um die Dunkelheit zu vergessen, und soweit drinnen, um warm zu sein. Man kann ihn immer brauchen, ausgenommen Hochsommer. Morgen kommt das Glasdach drauf, und nächstenWinter Herbst Spätsommer (falls es den geben sollte) ist es dann soweit.
Deutschland hat es nicht so mit Wintergärten. Dabei sind solche - heute würde man sagen Parasitenbauten - eigentlich hochmoderne Raumideen in den dicht verbauten Ballungszentren. Und gerade in einem Winter wie dem letzten und seinem elenden Ausklang wäre ein Wintergarten, der sich nach einer Stunde Licht sommerlich aufheizt, eine schöne Sache gewesen. Draussen genug, um die Dunkelheit zu vergessen, und soweit drinnen, um warm zu sein. Man kann ihn immer brauchen, ausgenommen Hochsommer. Morgen kommt das Glasdach drauf, und nächsten
donalphons, 13:13h
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