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Sonntag, 27. November 2011
Dichter, Denker, Kurzeitung, Kanonen
Sie hatten - und haben immer noch - hübsche Bücher dort.
Ich mag es ja, wenn ich aus dem Auto heraus- und in das Antiquariat hineinfalle. Und Wiesbaden hat durchaus jene Kurstadt-Aura, die mir gefällt. Vielleicht ein wenig zu gross, zu hohe Häuser, ein wenig kleiner und ländlicher wie Meran wäre auch toll, aber warum nicht auch etwas Grandezza. Wobei: Das Vorbild ist sicher nicht Ischl oder gar Arco, sondern eher Spa, Nancy oder Besancon. Frankreich ist gleich gegenüber von der Wacht am Rhein, und es hat sich trotz des Teutschthums breit gemacht.
1911 sah alles bestens aus. Damals hatten sie den Gründerkrach überstanden, es wurde alles sehr viel liberaler und das Leben wirklich erfreulich, die Folgen der Industrialisierung waren nicht mehr so schlimm und es hätte immer so weiter gehen können. Man wurde reich, man hätte zufrieden sein können, alles war eigentlich so, dass man zwingend von einem schönen 20. Jahrhundert ausgehen musste. Naja. Drei Jahre später war das alles vorbei. Und danach hatte man kriegsbedingt so viele Fortschritte in der Medizin gemacht, dass man keine teuren Kuren mehr brauchte, die man sich nicht mehr hätte leisten können. Überall. Das erste Opfer dieses Krieges war die Welt der Kurstädte.
Wobei, dieser Wunsch nach dem Platz an der Sonne, etwas Besonderes sein zu wollen, es zu Glanz und Gloria zu bringen, der äussert sich hier und da auch. Die Architektur sagt, dass wir wer sind, dass wir ganz vorne mitmarschieren, und all die Eisengitter aus Gussproduktion an den Villen erzählen eben auch etwas von Leistungsfähigkeit, Industrie und Härte. Aber besser so als Kanonen, sollte man meinen. Die Geschichte zeigt leider, dass beides geht.
Nach einer Stunde weicht die anfängliche Begeisterung einer leichten Melancholie. Sicher, es ist eindrucksvoll und obendrein auch sauber und vor allem historisch geschlossen. Trotzdem kann man sich dunkler Gedanken nicht erwehren. In Meran geht mir das nicht so. Vielleicht, weil es nicht so gross ist, aber dafür menschlich.
(Müsste ich in Frankfurt arbeiten und wäre Aschaffenburg nicht auch nah, wäre Wiesbaden fraglos ein mehr als nur akzeptabler Wohnort)
Ich mag es ja, wenn ich aus dem Auto heraus- und in das Antiquariat hineinfalle. Und Wiesbaden hat durchaus jene Kurstadt-Aura, die mir gefällt. Vielleicht ein wenig zu gross, zu hohe Häuser, ein wenig kleiner und ländlicher wie Meran wäre auch toll, aber warum nicht auch etwas Grandezza. Wobei: Das Vorbild ist sicher nicht Ischl oder gar Arco, sondern eher Spa, Nancy oder Besancon. Frankreich ist gleich gegenüber von der Wacht am Rhein, und es hat sich trotz des Teutschthums breit gemacht.
1911 sah alles bestens aus. Damals hatten sie den Gründerkrach überstanden, es wurde alles sehr viel liberaler und das Leben wirklich erfreulich, die Folgen der Industrialisierung waren nicht mehr so schlimm und es hätte immer so weiter gehen können. Man wurde reich, man hätte zufrieden sein können, alles war eigentlich so, dass man zwingend von einem schönen 20. Jahrhundert ausgehen musste. Naja. Drei Jahre später war das alles vorbei. Und danach hatte man kriegsbedingt so viele Fortschritte in der Medizin gemacht, dass man keine teuren Kuren mehr brauchte, die man sich nicht mehr hätte leisten können. Überall. Das erste Opfer dieses Krieges war die Welt der Kurstädte.
Wobei, dieser Wunsch nach dem Platz an der Sonne, etwas Besonderes sein zu wollen, es zu Glanz und Gloria zu bringen, der äussert sich hier und da auch. Die Architektur sagt, dass wir wer sind, dass wir ganz vorne mitmarschieren, und all die Eisengitter aus Gussproduktion an den Villen erzählen eben auch etwas von Leistungsfähigkeit, Industrie und Härte. Aber besser so als Kanonen, sollte man meinen. Die Geschichte zeigt leider, dass beides geht.
Nach einer Stunde weicht die anfängliche Begeisterung einer leichten Melancholie. Sicher, es ist eindrucksvoll und obendrein auch sauber und vor allem historisch geschlossen. Trotzdem kann man sich dunkler Gedanken nicht erwehren. In Meran geht mir das nicht so. Vielleicht, weil es nicht so gross ist, aber dafür menschlich.
(Müsste ich in Frankfurt arbeiten und wäre Aschaffenburg nicht auch nah, wäre Wiesbaden fraglos ein mehr als nur akzeptabler Wohnort)
donalphons, 00:37h
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Das war fällig.
Das Elend der Werbung bringt es mit sich, dass man gewisse Phänomene miterlebt, ohne dass man sie schätzen würde. Die Versaublödung der Berge im Flachland ist so ein Thema: Die "Oktoberfeste" in allen Städten, der Glaube, der Bayer würde in Lederhosen auf Tischen tanzen, und Dirndl wären was mit raushängender Oberweite und Minirock in Polyester, und das alles müste man auch promoten. Das ist übrigens kein Grund, nur nach unten zu treten, in der Mittel- und Oberschicht gibt es das genauso, mit "aristokratischen Models" in den Prospekten und der Hüttenmieterei, am besten bei der Streif, und über all dem Gaudi, Gaudi, Gaudi, Vöff Klicko im Schnee, juchhee. Persönlich bin ich ja der Meinung, dass die Bergregion für ihren jahrelangen Ausverkauf und die Anbiederung eine Menge Strafe verdient hat - aber langsam reicht es auch wieder.
Besonders, wenn sich dann auch noch Pseudohoch und Extratief zusammenrotten. Ich habe ohnehin nie verstanden, wieso man niedriges Personal aus Küche und Friseurstudio ins Scheinwerferlicht zerrt, aber wenn sie dann auch noch mit der Nahrungsmittelgosse gemeinsame Sache machen - ist es schön, eine passende Abrechnung mit ihnen zu lesen.
Besonders, wenn sich dann auch noch Pseudohoch und Extratief zusammenrotten. Ich habe ohnehin nie verstanden, wieso man niedriges Personal aus Küche und Friseurstudio ins Scheinwerferlicht zerrt, aber wenn sie dann auch noch mit der Nahrungsmittelgosse gemeinsame Sache machen - ist es schön, eine passende Abrechnung mit ihnen zu lesen.
donalphons, 00:37h
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