: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 25. Februar 2017

Kulturelle Aneignung: Die Erben des völkischen Trachtenrassismus

Die meisten werden schon der Hasskampagne gehört haben, mit der Teile des linken, feministischen und muslimischen, meist staatlich finanzierten Establishments Narren diskreditieren wollen. Die konzertierte Aktion wird unter anderem von der Stiftung der ehemaligen STASI-IM Anetta Kahane und der der Fraktion der SED-Nachfolgepartei Die Linke im Bundestag getragen. Denn die Zeiten, da Fasching das Recht darstellte, sich ein paar Tage auch mal ohne Rücksicht auf sonst geltende Vorschriften austoben zu können, sind definitiv vorbei: Die Berufsbetroffenen sind gerade dabei, die Konzepte von Identitätspolitik und sog. „kultureller Aneignung“ aus dem antideutschen Linksextremismus und amerikanischer Kulturrrevolution an den Universitäten in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Man darf sich ihnen zufolge als Privilegierter nicht mehr einer Verkleidung erfreuen, die weniger privilegierte Gruppen möglicherweise scherzhaft darstellt oder ihre Attribute übernimmt, und durch die Übernahme entwerten soll.



Eigentlich ist es nicht meine Sache, ich halte von Karneval nichts. Aber um mal ein Beispiel zu verlinken: Das ist der Text einer Radikalfeministin, die inzwischen bei der taz schreibt und bei der Missy über das bei Linken beliebte Fest “Fusion“ lästerte, weil dort weisse Europäer ausländische Gerichte kochen oder jamaikanische Dreadlocks tragen - sie bezeichnet das wörtlich als "white supremacy". Das war damals auch vielen Anhängern linker Vorstellungen zu viel, die darin einen Kulturalismus von Links sehen und auch sonst nicht immer bereit sind, sich von “postkolonialen“ oder „critical whiteness“ Schuldzuweisungen den Mund verbieten zu lassen. Wie gesagt, vor ein paar Jahren waren das noch ideologische Kämpfe innerhalb winziger Sektierergruppen, inzwischen spielen da auch Parlamentarier und staatsfinanzierte Schein-NGOs mit. Das allerdings ist nicht neu, das hat eine üble deutsche Tradition, und darum geht es jetzt in diesem Beitrag. Nämlich um Tracht.



Ich muss hier etwas zugeben. Ich habe, obwohl in Oberbayern gebürtig, für Tracht nichts übrig gehabt. Ich entstamme der städtischen Oberschicht an der Donau, da gab es keine Schuhplattler und Lederhosen, da trug man/frau natürlich Anzug und aufgerüschte Kleider. Umgedacht habe ich erst vor 9 Jahren, als ich in die Berge zog und hier am Tegernsee meinen ersten Winter erlebte, mit schattigen -15 Grad Höchsttemperatur am Tag und Schneestürmen, die vier Tage lang alles eindecken. Und zwar an Ostern, wenn woanders schon längst Frühling ist. Man kann hier mit dem Wetter Glück haben, aber wenn man Pech hat, erfriert man mit Kleidung aus den Tiefebenen - gehen Sie auf den Hirschberg, auf 1000 Meter steht ein Kreuz für so einen Unvorsichtigen. Ich wäre nach so einem Schneesturm beinahe an Grippe gestorben und habe mir dann von einem Nachbarn einen Trachtenmantel aus Loden einreden lassen.



Der hat hier funktioniert. Wer auf einem Gipfel auf blankem Stein sitzt, erkennt bald den Vorteil einer Hirschlederhose, und wer beim sich beim Abstieg unfreiwillig setzt, hat damit nur selten einen Durchschlag des Gerölls bis auf die Muskeln. Ich weiss, wovon ist rede, wäre ich mit der Sämischen vom Wimmer aus Linz in den Stacheldraht geradelt, sähe mein Oberschenkel jetzt weniger, wie soll ich sagen, rustikal aus.



Berge tun weh, Berge sind lebensfeindlich, Berge kennen keine Gnade, und man lernt durch Schmerzen und Krankheiten, warum Tracht so ist, wie sie ist. Man geht hier einmal ohne Hut durch den Schneesturm, dann kauft man sich einen. Und einen für das Auto und einen Strohut für den Sommer und Mützen und Hauben für das Rodeln, und man lernt dabei, dass die Form der Tracht dabei stets das Optimum liefert. Natürlich kann man Bergkleidung auch in modernen Textilien kaufen, aber dann sieht man aus wie ein Schadmünchner. Wer hier lebt, der rutscht in diese Trachtensache einfach so rein. Ich hätte mir das auch nie vorstellen können, aber es passt und es funktioniert. Und es steht mir.



Natürlich ist das an meinem städtischen Körper eine Aneignung, und so wurde das auch gesehen. Früher. Vor den zweiten Weltkrieg. So ab 1820, als der Bergtourismus am Tegernsee begann und die Städter begannen, die Kleidung der Bergbauern zu übernehmen und für ihre Zwecke zu modifizieren. Wenn man heute ein Gemälde von Biedermeier-“Bäuerinnen“ findet, sind das zumeist keine Landbewohner, sondern Städterinnen in Urlaubskleidung, in der jede echte Arbeit unmöglich wäre. Man findet später auch mal frivole Gemälde von sich aufhübschender Scheinlandbevölkerung - man darf sich nicht täuschen lassen, das sind Städterinnen, die so eine Art Schäferspiel wie im Rokoko inszenieren, und dabei auch auffällige Seidenschleifen tragen, die mit der Arbeitswelt der Landbevölkerung nichts zu tun haben.



Das führte im 19. Jahrhundert angesichts sozialer Verwerfungen zu Konflikten. Besonders verhasst war jene Gruppe, die flexibel vom Aufstieg der Städte in der Industrialisierung und der Verarmung der Landbevölkerung nach gängiger Meinung profitierte: Die Juden. Es gibt ein antisemitisches Stereotyp des jüdischen Stadtmenschen, der sich ohne Bindung und Moral anpassen und nach oben arbeiten kann, während der biedere Handwerker oder Bauer von den Entwicklungen überrollt wird. Freiheit von dieser verhassten Gruppe meinten Deutsche und Österreicher noch in der romantischen Natur zu finden, doch auch dort trafen sie bald auf jüdische Sommerfrischler. Die sich, wie es allgemein üblich war, die Urlaubstracht kauften und anzogen. Das war für viele ein Skandal, weil hier eine privilegierte und als moralisch fragwürdig geltende Gruppe Kleidung und Stil jener Menschen übernahm, die einerseits das Ideal des gesunden, ländlichen Volkes darstellten, das sein Blut auf die Scholle trug, und die andererseits von den Nutzniessern der wuchernden Städte nun auch noch ihrer Kultur beraubt wurden.



So sah es der typische Wiener Antisemit in der k.u.k. Monarchie: Man wollte die Assimilierung oder Akkulturation der Juden auf keinen Fall haben und die eigene Kultur rein erhalten, ohne die fremdartigen Unterdrückung. Der Tiroler Volkskundler Tobi Reiser drückte das so aus: “Heimatbrauchtum ist die beste Waffe gegen das jüdische Gift."



Es ist kein Zufall, dass der Aufstieg der Volkskunde mit der Industrialisierung kommt: Die Menschen auf dem Land verstanden, dass ihre Kultur massiv bedroht war, und Nationalisten nutzten das aus. In den harmlosen Fällen wurden lange vergessene Lederhosen wieder eingeführt und neue Jacken mit floralem Motiv erfunden, und das “Dirndl“ machte Karriere als fesches, unkompliziertes Kleid in den schlechten Tagen nach dem 1. Weltkrieg. In den schlechten Fällen war Volkskunde die Pseudowissenschaft, die eine wahre, reine Kultur der Bauern und Handwerker scharf gegen Industrie, Sozialismus, Migration und Einfluss der Moderne abgrenzte. Man kann sich das bei mir am Tegernsee anschauen, 5 Minuten von mir entfernt steht das private Wohnhaus, das sich Heinrich Himmler in den 20er Jahren bauen liess: Im Alpenstil in handwerklich erstklassiger Qualität. Ein totaler Gegenentwurf zum neuen Bauen in Dessau. Es sieht nett aus, ist aber gebaute und gelebte Abgrenzung.



Diese Abgrenzung wurde auch bei der Tracht betrieben. Das Bild des schmerbäuchigen, degenerierten Juden mit seiner dicken Frau und der ungschamigen Tochter, die in der Alpenkulisse ein peinliches Bild liefern, war ein beliebter Topos in den deutschnationalen Zeitungen. Man konnte solche antisemitischen Witzmotive als Postkarten kaufen, Man wollte Juden zurückdrängen und verbieten, sich an den anderen Volkskörper mittels Verkleidung anzupassen. Das war insofern etwas schwierig, als bedeutende Teile der damals auch schon maschinell gefertigten Städterkostümierungen von jüdischen Firmeninhabern produziert wurden.



Karl Valentin war Kunde bei Stark, das bayerische Königshaus ernannte Heinrich Cohen zum Hoflieferanten für Stoffe, das Münchner Bürgertum kaufte bei Bamberger&Hertz Die Entscheidung im Kampf des “kerndeutschen Volkstums“ gegen das “grossjüdische Festspielpublikum“ kam 1938 nach dem sog. Anschluss Österreichs. In Salzburg wurde Juden das Tragen von “echter oder unechter“ Tracht, Wadlstrümpfen und Tirolerhüten bei bis zu zwei Wochen Haft verboten. Bald darauf wurde das Verbot auch auf andere Nichtdeutsche ausgeweitet. Und das alles mit sehr sozialer Komponente: Wer seine Tracht nicht mehr tragen durfte, musste sie auch hergeben, woraufhin sie an notleidende Volksgenossen auf deutscher Scholle verteilt wurden.



Jemand einen Judenstern anheften ist erst der zweite Schritt. Davor muss man erst mal dafür sorgen, dass er nicht mehr in der Lage ist, sich anderen in irgendeiner Form anzugleichen. Man hat die kulturelle Aneignung der Juden, die in der Tracht anderer Leute eine schöne Zeit in den Bergen haben wollte. mit einer Veröffentlichung im Völkischen Beobachter 1938 rückgängig gemacht. Die Nazis setzten das radikal um, was abgrenzungswütende Heimatverbände in ihren kulturell geschlossenen Filterbubbles jahrzehntelang gefordert hatten. Der “Volkstums- und Klassenkampf“ der sich vom jüdischen Kapital und Machtstreben verfolgt und unterdrückt fühlenden Berufsbeleidigten hatte Erfolg. Die völkischen Trachtler wurden vom austrofaschismus und den deutschen Nazis gefördert, die "kulturelle Aneignung " der Juden war zu Ende.



Ich habe diese Geschichte lange Zeit für eine Art “urban legend“ des Antisemitsmus gehalten, weil sie eigentlich aberwitzig ist. Seitdem ich leider weiss, dass sie wahr ist, trage ich Tracht richtig gerne und stolziere aus Gründen auch so an Himmlers Haus vorbei. Himmler hätte diese kulturelle Aneignung nämlich gehasst. Es ist eine Gaudi, es ist natürlich auch etwas Verkleidung, ich mag das, mir steht das, und niemand hat das Recht mir zu sagen, ich dürfte das nicht, weil ich nicht von hier gebürtig bin, genauso wenig wie ich einem Tegernseer das Recht absprechen würde, bei mir in der Stadt einen Anzug zu tragen. Es gibt Trachten der Landbevölkerung, die durch Übernahme von Details adliger Kleidung im 19, Jahrhundert entstanden, ohne Rücksicht auf soziale Gefälle zwischen Baron und Leibeigenen. Und es gab Adlige, die auf dem Land dann wieder die Kleidung der Bauern übernahmen. Nichts davon ist böse. Böse, definitiv böse wurde es erst, als man begann, bestimmten Leuten, denen man sich unterlegen fühlte, beim Tragen anderer Kleidung niedere Motive und einen schädlichen Einfluss zu unterstellen.



Also genau das, was der Antidiskriminierungsverband in Zusammenarbeit mit der Bundestagsfraktion der Linken und der Stiftung von Anetta Kahane jetzt auch wieder macht. Mit Hashtag #Ichbinkeinkostüm vielen Bildern im Netz von bedrückt dreinschauenden Diskriminierten, deren Dasein man nicht als Kostüm verwenden sollte. Man tut demzufolge den anderen mit so einer Verkleidung in ihrer Identität weh. Bitte keine Aneignung von Drag, Schleier, schwarzer Hautfarbe zu Zwecken der Gaudi, fordern sie, und schalten dazu auch Anzeigen. Man muss wirklich lesen, Wort für Wort, was die Koordinatoren der Aktion wollen. Wie sie denken. Und die Natur eines linken Kulturkampfs sehen, der am rechten Rand mit dem Hass auf kulturell Flexible schon einmal ausgetragen wurde. In aller jeweils möglichen Konsequenz.



Man kann schon gegen kulturelle Aneignung kämpfen, also gegen ein absolutes Grundprinzip der kulturellen Entwicklung von den Feuersteinabschlägen des Paläolithikums über die Bronzelegierung, das in Korea von den Japanern übernommene Imariporzellan, die phrygische Mütze auf dem Kopf der Marianne und die S-Klasse deutscher Bandarbeiter für den Wüstenscheich. Wie das geht, zeigten die Kerndeutschen 1938ff.. Es ist schon erstaunlich, welche SED-und Stasibeslasteten Kreise in der Bundesrepublik Deutschland nun mitbestimmen wollen, wer heute wieder etwas tragen soll und wer nicht. Wir hatten das schon. Es war falsch und totalitär. Und es wird auch nicht weniger verblendet. Freiheit bedeutet auch die Freiheit, etwas zu tun, was anderen nicht gefällt, egal was für ein Gschau der dann macht. Es gibt eine klare Grenze: Volksverhetzung. Diese Grenze definiert in Deutschland das Gericht. Und nicht sie Social Media Stasi. Alles andere ist zu akzeptieren.



Ich bin schon gespannt, ob ich nach Erdogans Machtübernahme hier auf Einladung seiner Menschenrechtspartnerin Merkel meine islamischen Gebetsteppiche ausliefern muss, oder sie verbrannt werden, weil sie schiitischen Ursprungs sind.

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