Donnerstag, 15. Dezember 2005
Demarkationslinie

Man muss schon lange hier feststecken, um diesen Blick als schön zu bezeichnen. Man darf keine Brücke in Rom, Lonon, Florenz oder München kennen, und selbst Frankfurt kommt da weitaus besser. Relativ, angesichts des Ortes, ist es ok, mehr aber auch nicht. Es ist scheisskalt an dieser Stelle, der Wind pfeift ungehindert durch, und so richtig blaugefroren vergehen schnell die Gedanken an all die Gescheiterten, die eigentlich was anderes verdient hätten als das hier, wenn sie überhaupt so weit kommen im Moloch, und nicht nur die ganzen Tage in triste Hinterhöfe schauen, wie ein Gutteil der hiesigen Millionen, und unachtsam sind wie die Leute, die zum Bedröhnen ins Maria eilen und nicht mal dafür einen Blick haben.
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Dirt Picture Contest- Ostprodukt

Seitdem wurden die Rolläden noch nicht hochgezogen; vermutlich steht die Wohnung im an sich restaurierten Haus leer. Die Flasche ist ein Beispiel, das Schule macht: Gestern Nacht war ein paar Fenster weiter dann ein alter Scanner deponiert worden. Sage keiner, dass das Slum Berlin nicht aus der Vergangenheit zu lernen in der Lage ist.
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Macht endlich die FTD platt!
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 13. Dezember 2005
Abgeschaltete Neoconnards
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Noch ein Tag
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Wunsch abschlagen

"He justs at scars thar never felt a wound", sagt einmal einer, der die Endgültigkeit begriff und wusste, als er sie zum ersten Mal erblickte, denn manchen ist es gegeben, tiefer zu sehen in die Natur der Dinge und ihre Schwärze, die schon immer da war und so oft auf jede Verstellung, jede Zurückhaltung verzichtete, zugunsten der nackten Brutalität derer, die den Dolch ihr Eigen nennen und ihn wie geschliffene Worte einzusetzen wissen, und dabei doch nie aufhören, den Zeugen ihrer Verbrechen mit dem immer gleichen, behutsamen, durch das Fehlen jeder Moral unschuldigen Blick anzusehen, und ihnen das Gift ihrer kranken Seelen aus der Dunkelheit der frühen Stunden, wenn alles gesagt und nichts getan ist, in die Herzen träufeln.
Denn der Tod ist meist so dumm und banal in unserer Zeit, wenn er denn kommt durch einen Virus, einen idiotischen sächsischen BMW-Proll oder schlichtes Verdämmern in Alzheimer, und vielleicht ist es doch besser so, als Trophäe am Haupthaar fest ergriffen von denen mitgenommen zu werden, die in einer Nacht das zu geben wissen, was andere in all ihren Tagen nie verspüren werden, selbst wenn sie in den Keller mit den Gemälden eintreten dürften und dort diesen Blick, das Extreme und die Erfüllung für ein paar tausend Euro kaufen könnten, das seit drei Jahrhunderten immer gleich von der Leinwand starrt, mit dem Versprechen, dass der Betrachter, wer vermag es schon zu sagen, der Nächste sein könnte, heute, in zwei Wochen, nächstes Jahr.
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Businesstumor

Als ich vor 2 gottverdammten Jahren nach Berlin kam, um geplante drei Monate einen Job zu übernehmen, aus dem am Ende 18 Monate wurden, da fielen mir die Türme ins Auge, ein Stück Munich Area inmitten Zerfall und lautem Niedergang. Zwischen Tower und Spree ratterte die Strassenbahn entlang, aber darüber ragte der Komplex makellos und lindgrün, genauso gefärbt wie dieses Blog, in den immer etwas grauen Berliner Himmel. Jetzt haben sie auch die rote Schrift genommen, wie dieses Blog. Und eine Nummer aufgeschrieben. Viele werden sie lesen, aber, steht zu vermuten, kaum jemand wird anrufen. Wer will schon in einer Stadt sein, in der es sogar der Deutschen Bahn zu lausig ist.
Und so werden auch weiter in Richtung Mitte die Fassaden verschmiert werden mit obszönen Angeboten, die Business Women der amerikanischen Investoren werden sich in Superlativen überschlagen, auch wenn die Neubauten an der Leipziger Strasse immer noch von Leere gebläht ihr Scheitern mit bunten Neonröhren in die Nacht schreien, wo sie niemand hört, denn wer vorbei geht, hat in der Regel seine eigenen Probleme.
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 12. Dezember 2005
Sonntag, 11.00 Uhr, Kastanienallee

In solchen Momenten ist die Kastanienallee nicht mehr die allseits gelobte Castingallee, sondern nur eine müde, runtergekommene Passage im strahlenförmigen Strassennetz, an der noch immer viel an die hier Ende April 45 langmarschierenden russischen Stosstrupps erinnert. Irgendwo dahinten kommt Polen, Russland und Sibiren, wo das Kontinentaltief entsteht, das die Stadt für die nächsten Monate umklammert halten wird.
Die Stadt hat dem nicht viel entgegen zu setzen. Irgendwas hat sich im letzten Jahr verändert, es sind weniger Leute da, die Lokale werden an diesem Tag nicht voll, und schon um 2.34 Uhr wirft man uns als Letzte aus dem 103, nachdem es schon gegen ein Uhr gähnend leer war und sich niemand daran störte, dass der hagere Kellner im Kleindealerlook ein Beethovenkonzert auflegte. Im Greenwich sind die Lederpolster erkennbar zerschlissen, und die weissen Kuben am Rand der langen Bank müssten mal frisch lackiert werden. Und alle Frauen, die sich zitternd an die Heizkörper drängen, reden von ihren Wünschen nach Pelzmänteln in dieser verkommenden Stadt, die an der Kippe zur Aufgabe steht, in der die Fenster dunkel bleiben und die Jüngeren noch, dumm wie sie sind, in bauchfreien und ärmellosen Winterpullis die Grundlage für spätere chronische Bronchitis legen.
Das hier ist kein Platz, an dem man die nächsten 5 Monate sein sollte.
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Dirt Picture Contest- Do and Don´t
Da haben wir also links im Vordergrund, vor der Fensterfront eines aufgelassenen Lokals, das ohne Provision zu vermieten ist für jeden, der die verschmierten Scheiben putzen und das Innere entrümpeln will:

Ein Kasten San Pelegrino. Die Marke verrät einen gewissen 80ies-Habitus, als die Flaschen mit dem roten Stern bei den Anhängern des Russenschick erfolgreich die deutschen Überkingers (klingt der Name nicht schon per se faschistoid?) ablösten. Der Kasten ist fast ganz gefüllt, sogar die Verschlüsse sind wieder auf den Flaschen, und er wurde raumsparend in den Rücksprung vor der Ladenfront geschoben. Vorbildlicher kann man als asoziales Dreckschwein eigentlich gar nicht sein, denn irgendwann kommt sicher ein Mensch mit Finanzproblemen, der den Kasten mitnimmt und das Pfand kassiert. Wir haben es hier eindeutig mit einem Fall von Luxusverwahllosung zu tun.
Inferior in jeder Hinsicht dagegen ein paar Meter weiter: Direkt an der Ausfahrt steht eine leere Flasche billigster Doppelkorn. Ein Vollrausch wird kaum billiger zu bekommen sein, die Flasche jedenfalls ist geleert und hier dann deponiert worden. Es wird nicht lange dauern, bis die nächste asoziale Radausau die Flasche einfach zu zum Spass in die Einfahrt tritt, wo sie an der Tür zerschellt und die Scherben die Reifen der ahnungslos rausradelnden Studentin zerstechen werden, die dann fluchend das Rad in den Hof pfeffert, wo es ohne Funktion die nächsten drei, vier oder mehr Jahre vor sich hin rosten wird, um so zum typischen Charme Berliner Hinterhöfe beizutragen.
Man sieht: Ein gewisses soziales Niveau findet immer seinen Ausdruck, und sei es auch nur in der Art, wie der Lebensraum Berlin und der inneren Verfasstheit seiner Bewohner angepasst wird.
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Sonntag, 11. Dezember 2005
Pelz
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GO to hell YA Goya
Sehen wollte sie es schon mal, meine kleine Schwester. Vielleicht auch mal reinschauen, aber erst mal vorbeifahren. Was wir auch so gegen 22 Uhr taten. Auf den Türmen des Goya-Gebäudes fummelten zwei Lichtfinger in den weichen Nebel hinein, als ginge es um das Aufspüren britischer Bomber.
Kurz, das Goya wirbt mit den billigen Tricks einer Autobahnsico im Bayerischen Wald. Keine Nobeldisco hat sowas nötig. Und kaum ein Gast, der für einen Abend regelmässig 10 Euro auf den Tisch legt, wird von solchen plumpen Methoden angezogen.
Anziehend wirkt das eher auf die Prolls, und die verscheuchen eher die guten Leute. Die Flakscheinwerfer sind sowas wie das letzte Aufgebot im Kampf um die Gunst eines Publikums, das gehoben sein und 1400 Köpfe zählen sollte. So geht das nicht. So wird das eine Riesenpleite, denn wenn die Poser und Prolls erst mal begreifen, dass sie für 10 Euro Eintritt unter sich sind, werden sie auch ausbleiben. So wie wir, heute Abend und für immer. Und so beginnt das Ende vom Goya, bevor es überhaupt einen Anfang gab.
Gute Clubs erkennt man an der guten Türe, und nicht an den Scheinwerfern.
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Samstag, 10. Dezember 2005
Dirt Picture Contest- ein alter Bekannter

Doch niemand scheint sich in dieser Strasse daran zu stören; käme die Stadtrerinigung, gäbe es vielleicht einen Aufstand der Anwohner, wie man es wagen könne, ihr geliebtes Strassenmöbel zu entfernen und als Müll zu betrachten, schliesslich gehöre sich das so, das Ding sei schon immer da und hätte Gewohnheitsrechte, wenn das so weitergehe, würde das Abendslum untergehen und vielleicht sogar noch die Berlionförderung ein gestellt.
Und das wäre doch schlimm, dann könnten irgendwelche grossen Blondinen mit weissen Cowboystiefeln nicht mehr um 3 Uhr nachts in einem Wartehäuschen ein kleines Besäufnis mit ihren Bierflaschen machen, sondern müssten sich vielleicht überlegen, was anderes zu machen, das kann doch keiner wollen, und darum bleibt hier alles wie es ist, mit Cowboystiefeln und Kühlschränken.
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Freitag, 9. Dezember 2005
Bayerische Beharrlichkeit
*und sollte ich auf dem Weg ein hässliches Nuttenflitscherl Typ "Prollassischaukel" von der Art und der Farbe sehe, mit dem so eine dreckige Puppe angibt, dann...
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Noch 5 Tage
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Ein Ring sie zu einen

Später dann, als ich mit Vollgas die falsche Abzweigung in meinem Leben nahm, als ich die Gedanken nicht abschalten konnte und der Schlaf auch nach der zweiten durchgearbeiteten Nacht nicht kam, bin ich oft hier rausgefahren, auf die lange, immer leicht gebogene Strasse ohne Kreuzungen, nicht um zu rasen, sondern einfach nur um zu fahren, Musik zu hören und den Kopf frei zu bekommen.
Meistens hat es geholfen. Es war vielleicht nicht umweltfreundlich, andere haben einfach die passenden Pillen eingeworfen, eine für den Schlaf und dann am Morgen eine für das Lächeln, aber zum Glück war ich nie so drauf. Manchmal hatte ich auch ein paar gute Ideen auf dem Asphaltband, auf dem die Lastwägenzu ihren Zielen donnerten, Italien vielleicht, ein Grossmarkt oder auch eines der Bordelle, die sich hier wie rote Granate an einer Silberkette entlang zogen.
Weil der Mittlere Ring nicht das Ende der besseren Viertel, sondern eher der Anfang des Speckgürtels ist, ist die Aussicht angenehm; es geht entlang an Friedhöfen, dem Wald des englischen Gartens hinauf zu den Metasthasen der Büroarchitektur, die man 99 für Menschen wie mich geplant und gebaut hat, ohne zu ahnen, dass es diese Menschen nicht mehr gab, wenn noch nicht mal das Fundament fertig sein würden. Es ist der seltene Fall einer Stadtautobahn, die die Stadt mehr eint als zerschneidet, an ihr ist alles, was die Stadt ausmacht, und trotz allem ist sie irgendwie bei aller technischen Kälte schön, was man vom Berliner Ring nicht sagen kann, den ich noch heute Nacht unter die Räder nehmen werde.
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Donnerstag, 8. Dezember 2005
Hell freezes over
Peter Turi. Der New Economy Net Business Turi. Anders vielleicht, als ich geahnt hatte. Allerdings ist auch schon das Wort "Journalismus 2.0" gefallen.
Fuck Luzifer, was soll der Scheiss?
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Schwäbische Sparsamkeit

Nach dem allem und noch viel mehr, was nicht blogtauglich ist, gingen wir dann nach oben zu der schon vorher nicht wirklich interessierten Käuferin. Die Idee war, sofort und auch gern bar zu zahlen oder zu überweisen, kein Blabla, kein Gerede oder Aufwand, aber dafür ein Rabatt, wie er in solchen Fällen nun mal üblich ist. Zwichen 3 und 8%.
Geboten wurden 90 Euro Rabatt. 90, nicht 900 oder 9000. Und dabei blieb es. Ich hatte ja schon öfters Probleme mit Leuten aus dieser Region und der lokalen Sparsamkeit, aber die 90 Euro waren, vorsichtig gesagt, überraschend. Und so fuhren wir dann zurück in die Munich Area, wo man Geschäfte zu machen versteht. Und vielleicht auch noch was anderes angeboten bekommt als einen selbstgezapften Plastikbecher Wasser, beim Kauf eines Wagens, der mehr als 40.000 Euro kostet. Ich war nicht entsetzt, eher bestätigt, aber wenn alle Mercedes-Niederlassungen so sind wie der Verkauf in Stuttgart, dann sollte ich schleunigst
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Vorsprung durch Esstechnik
Consulter sind nicht mehr das, was sie früher waren.
Businesslunch ist auch nicht mehr das, was es mal war.

Daran ändert auch die Firmenkarre mit den vier Ringen nichts mehr.
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Mittwoch, 7. Dezember 2005
Mit der kleinen Schwester nach Schwaben
Und ich glaube nicht, dass jemand Lust auf die "Ton Ein"-Version hat. Ich eigentlich auch nicht wirklich.
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Real Life 03.12.05 - Teacanned
o.6 Meter langen und mit Beleuchtungsmittel 0.7 Meter hohem silbernem Tischkerzenhalter in Form eines röhrenden Hirsches
rechtfertigt. Im Geschäft war der Hirsch mit Goldflitterkerzen ausgestellt und sah in dem ohnehin üppigen Ambiente nicht allzu brutal aus; als Präsent gerade mal so daneben, dass es nicht bösartiger sein würde als drei Tage Wellnessurlaub in Bad Gögging für Senioren. Daheim in ihrer neuen Wohnung, inmitten von relativ modernen Möbeln, entfaltete das Vieh dann seine ganze Hässlichkeit, und sofort war klar: Das unter den Weihnachtsbaum der Ex-Schwiegermutter, und zwei Clans der kleinen Provinzstadt hätten Anlass zu einer mittelpächtigen Vendetta. Und das, nachdem sich zumindest die Eltern des geschiedenen Bräutigams dazu durchgerungen haben, die Trennung zu akzeptieren - schlimmer wäre es ja gewesen, Iris wäre bei ihm geblieben und wäre dann trotzdem dauernd mit - kleines, scharfes Luftholgeräusch - "dem" unterwegs. Der da mit seinen Büchern und seinen frechen Bemerkungen im Konzertverein. Der da, der du bist.
Zumindest diese Woche sind sie von dir befreit, denn du bist in München. Und am Samstag Abend ist Iris in der Stadt, später geht es mit ihren Eltern ins Gärtnerplatztheater, Gräfin Mariza, und davor geht sie Suche weiter nach dem passenden Geschenk für die unpassende Gelegenheit. Durch die Kälte der späten Nachmittags geht ihr durch Schwabing, die Belgradstrasse hinauf Richtung Norden, vor den Schaufenstern verweilend und nachdenkend, was denn nun angemessen wäre. Eine silberne Teekanne zum Beispiel hätte den Vorteil der Wertbeständigkeit, denn die gewesenen Schwiegereltern trinken nur Kaffee, da würde der Kanne nie etwas zustossen, alles wäre, bliebe fein und ohne Dellen bis in alle Ewigkeit.

Oder ein Tablett mit der Gravur "Zum Abservieren - von Eurer Ex-Schwiegertochter Iris", schlägst du vor, und noch ein paar andere Gemeinheiten. Eine Zuckerdose voll mit Süssstoff etwa, als dezenter Hinweis und Gesundheitsvorsorge. Oder Austernngabeln, um dann später in der Konzertvereinspause zu hören, dass diese Leute damit den Kuchen in sich reinstopfen. Oder Krebsmesser. Und dann, wenn die Frage kommt, was das ist lächelnd sagen, dass es Toilettbesteck ist, mit den Zinken säubert man die Fingernägel und mit den Schäufelchen kratzt mn die Ohren aus.
So schlimm, meint Iris, bevor Du die Sach mit den Schneckenzangen als Mösenöffner bringen kannst, seien sie dann doch nicht. Im Prinzip sei ja alles glatt gelaufen, das Problem sei eher er und seine unerträgliche Schwester, die Anrufe, die ab und zu mal kommen und die Selbstverständlichkeit, mit der da weiterhin Ansprüche geltend gemacht werden. Sie werde schon noch sehen, wohin sie das bringt, aber er wäre bereit, ihr zu vergeben.
Das sind sie ja immer, der grosse Traum von der zurückkriechenden Frau, die draussen die Hölle mitgemacht hat, Maria Magdalena in der Kleinstadtversion, die dann Kinder kriegt und mit diesen konservativen Namen versieht, Antonia, Mechthild oder Gerlinde, und sie dann später bewusst in die Schulen mit den durchgeknallten Lehrern und dem üblen Ruf stecken, damit aus denen mal was wird, oder zumindest einen ordentliche Ehefrau und Reproduktionsmaschine. Unconditional Surrender hiess das unter anderen Bedingungen, und gerade der Winter, wenn es kalt und einsam ist, ist die grosse Zeit der Rückfälle. Vielleicht solltest du sie mit jemandem verkuppeln, der ältere Sohn der G.s zum Beispiel ist gerade wieder zu haben, der ist nett, ein bisschen dumm, sicher gut im Bett, hiess es zumindest früher, und jederzeit wieder absägbar.
Dann geht ihr zurück durch die Strassen des Viertels, vorbei am Vorstadtcafe und am La Boheme, und bei einem Kleiderladen, da bleibt sie stehen und will kurz rein, da, wegen dem blauen Kleid, ein mittellänges, halbdurchsichtiges Nichts mit meerjungfrauschillernden Pailetten. Sie probiert es an, und es bricht dir fast das Herz zu sagen, dass es eher was für Blondinen ist, es ist zu hell für ihren dunklen Typ, und als sie eingeschnappt zurück in die Kabine geht, da betrachtest du ihre Schultern, ihre Bewegungen, und beschliesst, ihr nachher, vielleicht, zu sagen
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