: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 15. Dezember 2005

Demarkationslinie

An dieser Stelle, wo sich die Pulverrückstände der Labels und der Webagenturen und das "Gekotze der Maria am Ufer" schon im Wasser befinden, hat der Fluss auf seinem Weg durch den Slum noch das Schlimmste vor sich: Berlin Mitte. Er kann es nicht ändern, zu gering ist sein Wassrstand, als dass er substanzielle Teile des Übels wegschwemmen könnte.



Man muss schon lange hier feststecken, um diesen Blick als schön zu bezeichnen. Man darf keine Brücke in Rom, Lonon, Florenz oder München kennen, und selbst Frankfurt kommt da weitaus besser. Relativ, angesichts des Ortes, ist es ok, mehr aber auch nicht. Es ist scheisskalt an dieser Stelle, der Wind pfeift ungehindert durch, und so richtig blaugefroren vergehen schnell die Gedanken an all die Gescheiterten, die eigentlich was anderes verdient hätten als das hier, wenn sie überhaupt so weit kommen im Moloch, und nicht nur die ganzen Tage in triste Hinterhöfe schauen, wie ein Gutteil der hiesigen Millionen, und unachtsam sind wie die Leute, die zum Bedröhnen ins Maria eilen und nicht mal dafür einen Blick haben.

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Dirt Picture Contest- Ostprodukt

Seit Samstag steht diese Flasche gleich nebenan im Fenster, gekauft für 1,60 Euro beim Spätverkauf und auch gleich im Weg nach Hause, zur nächsten Party oder sonstwohin gesoffen. So ein Piccolo, als wäre es ein gealtertes Freudenmädchen oder eine Oma, hier aber offensichtlich auch bei der Jugend des Szenebezirks beliebt.



Seitdem wurden die Rolläden noch nicht hochgezogen; vermutlich steht die Wohnung im an sich restaurierten Haus leer. Die Flasche ist ein Beispiel, das Schule macht: Gestern Nacht war ein paar Fenster weiter dann ein alter Scanner deponiert worden. Sage keiner, dass das Slum Berlin nicht aus der Vergangenheit zu lernen in der Lage ist.

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Macht endlich die FTD platt!

Diese erbärmlichen, Fakten verdrehenden, ahnungslosen, dummdreisten Schwätzer und Panikmacher.

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Dienstag, 13. Dezember 2005

Abgeschaltete Neoconnards

Während eine von den Steuerzahlern finanzierte Puppe und ihre braunliberle Gefolgschaft noch die Androhung von Folter ganz ok finden - wie wäre es mit den Claim "Verfassung light" oder "Diet-Grundrechte" - werden woanders Nägel mit Köpfen gemacht: Twoday.net hat mit den bei ihnen - jetzt nicht mehr - gehosteten Blogs thule (NPD-nah) und iblis (rassistisch wie gewisse US-Vorbilder) gleich zweimal mit dem Pack aufgeräumt. Prima.

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Noch ein Tag

bis zum Einsendeschluss der DADA und DALI-Awards. Wer mit dabei sein will, soll sich sputen - 16 Anmeldungen sind schon da.

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Wunsch abschlagen

Unter all dem Entertainmentmüll unserer angeblichen Kultur, unter den kommerziellen Mythen und den auf Massengeschmack ausgerichteten Horrorfiktionen zwischen Abknallen im Tatort und der Adaption der Videospiele, begraben im Schutt der abseitigen Moden und perversen Trends einer Welt, die sich stets übersteigern muss auf der Suche nach neuen Reizen, liegen immer noch inatkt und unberührt die alten Strukturen des Grauens, in denen sich Sex, Gewalt, Gier und Tod in einem Blick vereinen, in der Wollust der Lippen, der Befriedigung und der Behutsamkeit der Trennung, die eine Spur dicken Blutes nach sich zieht, auch wenn alles Leben mit der Gewalt eines Bisses, einer Schwertstreichs oder eines Stichs in die offene Brust gelöscht wurde.

Manche Ahnungslose stehen unberührt vor diesen Bildern, die Teil der eigentlichen biblischen Geschichte sind und im Original, im apokryphen Buch Judit, im entscheidenden Moment von trauriger Detaillosigkeit sind; kein Blutschwall ergiesst sich auf demn Damast, die Schneide des Schwertes funkelt nicht im Licht der letzten Kerze, und kein letzter Laut erfüllt voller Grauen die stickige Luft im Zelt. Oder vielleicht ist es auch Absicht, vielleicht ist der niedergeschriebene Text nur die Rahmenhandlung, die es dem Erzähler überlasst, die lustvollen Einzelheiten für sich selbst zu erfinden. Vielleicht ist es aber auch eine Betriebsanleitung für all die Nachfolgerinnen, die ihre eigene Umformung mit dem Blut der anderen schreiben, die den Schmerz wollen und das Entsetzen im Auge, wenn das Verlangen umkippt in Gewalt und das vermutete zarte Wesen seinen innersten Kern offenbahrt, schreiend nach Endgültigkeit und dem Geschmack des frischen Körpersaftes, der fliessen muss aus neu geschlagenen Wunden.

"He justs at scars thar never felt a wound", sagt einmal einer, der die Endgültigkeit begriff und wusste, als er sie zum ersten Mal erblickte, denn manchen ist es gegeben, tiefer zu sehen in die Natur der Dinge und ihre Schwärze, die schon immer da war und so oft auf jede Verstellung, jede Zurückhaltung verzichtete, zugunsten der nackten Brutalität derer, die den Dolch ihr Eigen nennen und ihn wie geschliffene Worte einzusetzen wissen, und dabei doch nie aufhören, den Zeugen ihrer Verbrechen mit dem immer gleichen, behutsamen, durch das Fehlen jeder Moral unschuldigen Blick anzusehen, und ihnen das Gift ihrer kranken Seelen aus der Dunkelheit der frühen Stunden, wenn alles gesagt und nichts getan ist, in die Herzen träufeln.

Denn der Tod ist meist so dumm und banal in unserer Zeit, wenn er denn kommt durch einen Virus, einen idiotischen sächsischen BMW-Proll oder schlichtes Verdämmern in Alzheimer, und vielleicht ist es doch besser so, als Trophäe am Haupthaar fest ergriffen von denen mitgenommen zu werden, die in einer Nacht das zu geben wissen, was andere in all ihren Tagen nie verspüren werden, selbst wenn sie in den Keller mit den Gemälden eintreten dürften und dort diesen Blick, das Extreme und die Erfüllung für ein paar tausend Euro kaufen könnten, das seit drei Jahrhunderten immer gleich von der Leinwand starrt, mit dem Versprechen, dass der Betrachter, wer vermag es schon zu sagen, der Nächste sein könnte, heute, in zwei Wochen, nächstes Jahr.

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Businesstumor

Es frisst sich unaufhaltsam weiter in das Zentrum der Gedärme, wuchtert in riesigen Plakaten aus und zersprengt architektonische Linien. Die schwarze Not der Fonds quillt in allen Farben aus dem Ritzen der Gebäude, schreiend bunt und geschmacklos, nach Awareness heischend und der Angst der Investoren stinkend.



Als ich vor 2 gottverdammten Jahren nach Berlin kam, um geplante drei Monate einen Job zu übernehmen, aus dem am Ende 18 Monate wurden, da fielen mir die Türme ins Auge, ein Stück Munich Area inmitten Zerfall und lautem Niedergang. Zwischen Tower und Spree ratterte die Strassenbahn entlang, aber darüber ragte der Komplex makellos und lindgrün, genauso gefärbt wie dieses Blog, in den immer etwas grauen Berliner Himmel. Jetzt haben sie auch die rote Schrift genommen, wie dieses Blog. Und eine Nummer aufgeschrieben. Viele werden sie lesen, aber, steht zu vermuten, kaum jemand wird anrufen. Wer will schon in einer Stadt sein, in der es sogar der Deutschen Bahn zu lausig ist.

Und so werden auch weiter in Richtung Mitte die Fassaden verschmiert werden mit obszönen Angeboten, die Business Women der amerikanischen Investoren werden sich in Superlativen überschlagen, auch wenn die Neubauten an der Leipziger Strasse immer noch von Leere gebläht ihr Scheitern mit bunten Neonröhren in die Nacht schreien, wo sie niemand hört, denn wer vorbei geht, hat in der Regel seine eigenen Probleme.

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Montag, 12. Dezember 2005

Sonntag, 11.00 Uhr, Kastanienallee

Man merkt die 500 Kilometer nördlicher Länge. Die geben der Stadt zumindest Mitte Dezember dieses gewisse Polarkreis-Gefühl, wenn die Kamera um diese Zeit noch automatisch den Blitz zuschaltet und die dunkelgraue Feuchtigkeit in alle Ritzen kriecht.



In solchen Momenten ist die Kastanienallee nicht mehr die allseits gelobte Castingallee, sondern nur eine müde, runtergekommene Passage im strahlenförmigen Strassennetz, an der noch immer viel an die hier Ende April 45 langmarschierenden russischen Stosstrupps erinnert. Irgendwo dahinten kommt Polen, Russland und Sibiren, wo das Kontinentaltief entsteht, das die Stadt für die nächsten Monate umklammert halten wird.

Die Stadt hat dem nicht viel entgegen zu setzen. Irgendwas hat sich im letzten Jahr verändert, es sind weniger Leute da, die Lokale werden an diesem Tag nicht voll, und schon um 2.34 Uhr wirft man uns als Letzte aus dem 103, nachdem es schon gegen ein Uhr gähnend leer war und sich niemand daran störte, dass der hagere Kellner im Kleindealerlook ein Beethovenkonzert auflegte. Im Greenwich sind die Lederpolster erkennbar zerschlissen, und die weissen Kuben am Rand der langen Bank müssten mal frisch lackiert werden. Und alle Frauen, die sich zitternd an die Heizkörper drängen, reden von ihren Wünschen nach Pelzmänteln in dieser verkommenden Stadt, die an der Kippe zur Aufgabe steht, in der die Fenster dunkel bleiben und die Jüngeren noch, dumm wie sie sind, in bauchfreien und ärmellosen Winterpullis die Grundlage für spätere chronische Bronchitis legen.

Das hier ist kein Platz, an dem man die nächsten 5 Monate sein sollte.

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Dirt Picture Contest- Do and Don´t

Sage bitte keiner, es sei irrelevant, wie man die Stadt verdreckt. Oh nein, auch hier gibt es solche, es gibt ordentliche Dreckscheine und unordentliche Dreckschweine, sprich, es gibt eine Hierarchie der Verwahllosung, die sich natürlich auch in der Natur des Drecks des ordinären Berliners im angesagtesten Stadtviertel, dem LSD-Viertel im Prenzlauer Berg offenbahrt.

Da haben wir also links im Vordergrund, vor der Fensterfront eines aufgelassenen Lokals, das ohne Provision zu vermieten ist für jeden, der die verschmierten Scheiben putzen und das Innere entrümpeln will:



Ein Kasten San Pelegrino. Die Marke verrät einen gewissen 80ies-Habitus, als die Flaschen mit dem roten Stern bei den Anhängern des Russenschick erfolgreich die deutschen Überkingers (klingt der Name nicht schon per se faschistoid?) ablösten. Der Kasten ist fast ganz gefüllt, sogar die Verschlüsse sind wieder auf den Flaschen, und er wurde raumsparend in den Rücksprung vor der Ladenfront geschoben. Vorbildlicher kann man als asoziales Dreckschwein eigentlich gar nicht sein, denn irgendwann kommt sicher ein Mensch mit Finanzproblemen, der den Kasten mitnimmt und das Pfand kassiert. Wir haben es hier eindeutig mit einem Fall von Luxusverwahllosung zu tun.

Inferior in jeder Hinsicht dagegen ein paar Meter weiter: Direkt an der Ausfahrt steht eine leere Flasche billigster Doppelkorn. Ein Vollrausch wird kaum billiger zu bekommen sein, die Flasche jedenfalls ist geleert und hier dann deponiert worden. Es wird nicht lange dauern, bis die nächste asoziale Radausau die Flasche einfach zu zum Spass in die Einfahrt tritt, wo sie an der Tür zerschellt und die Scherben die Reifen der ahnungslos rausradelnden Studentin zerstechen werden, die dann fluchend das Rad in den Hof pfeffert, wo es ohne Funktion die nächsten drei, vier oder mehr Jahre vor sich hin rosten wird, um so zum typischen Charme Berliner Hinterhöfe beizutragen.

Man sieht: Ein gewisses soziales Niveau findet immer seinen Ausdruck, und sei es auch nur in der Art, wie der Lebensraum Berlin und der inneren Verfasstheit seiner Bewohner angepasst wird.

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Sonntag, 11. Dezember 2005

Pelz

Und dann war da noch die verschrumpelte Alte, die sich über ihrem Rollator gebeugt, die Strasse in Schöneberg entlang schleppte. Die Haut weisslich gepudert mit quietschrot bemalten Backen und Lippen, viel Schmuck an den Händen und ein mondäner Pelzmantel, der vor 10 Jahren bodenlang gewesen sein dürfte. So gekrümmt, wie ihr Körper gestern war, schliffen die vorderen Kanten des Mantels auf dem schmutzigen Berliner Gehsteig. Sie drohte bei jedem Schritt darüber zu stolpern und zu fallen, ein hilfloses, goldbeschwertes Bündel in einem teuren Nerz, und der Rollator würde dann, beim Fallen noch ein, zwei Meter weitergeschubst, zum Stehen kommen. Vielleicht würde ihr jemand dann helfen. Oder auch nicht, allein schon aus politisch-moralischen Gründen. Viel besser als Pelze besprayen, wäre das für manche.

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GO to hell YA Goya

oder warum die sog. "Nobeldisco" in der sog. "Hauptstadt", auch bekannt als der Slum a.d. Spree bei Marzahn nicht laufen wird.

Sehen wollte sie es schon mal, meine kleine Schwester. Vielleicht auch mal reinschauen, aber erst mal vorbeifahren. Was wir auch so gegen 22 Uhr taten. Auf den Türmen des Goya-Gebäudes fummelten zwei Lichtfinger in den weichen Nebel hinein, als ginge es um das Aufspüren britischer Bomber.

Kurz, das Goya wirbt mit den billigen Tricks einer Autobahnsico im Bayerischen Wald. Keine Nobeldisco hat sowas nötig. Und kaum ein Gast, der für einen Abend regelmässig 10 Euro auf den Tisch legt, wird von solchen plumpen Methoden angezogen.

Anziehend wirkt das eher auf die Prolls, und die verscheuchen eher die guten Leute. Die Flakscheinwerfer sind sowas wie das letzte Aufgebot im Kampf um die Gunst eines Publikums, das gehoben sein und 1400 Köpfe zählen sollte. So geht das nicht. So wird das eine Riesenpleite, denn wenn die Poser und Prolls erst mal begreifen, dass sie für 10 Euro Eintritt unter sich sind, werden sie auch ausbleiben. So wie wir, heute Abend und für immer. Und so beginnt das Ende vom Goya, bevor es überhaupt einen Anfang gab.

Gute Clubs erkennt man an der guten Türe, und nicht an den Scheinwerfern.

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Samstag, 10. Dezember 2005

Dirt Picture Contest- ein alter Bekannter

Vielleicht war er schon vor mir hier. Aufgefallen ist er mir aber sicher vor etwas mehr als einem Jahr, so im Oktober 2004. Von damals habe ich auch schon ein Photo, nur war er da wniger verschmiert. Wann immer ich in diese Strasse gekommen bin, die ein Brenpunkt des Nachtlebens im Slum ist, bin ich quasi über ihn gestolpert. Er stand, er steht. Inzwischen ist er ziemlich verschmiert, jemand hat ihn auch als Sockel entdeckt, auf dem er seinen Abfall dem schmutzigen, zerborstenen Gehweg entheben und der Öffentlichkeit zu besseren Kentnissnahme entgegen bringen kann, einer modernen Tumba der Verwesung gleich in ein er Zeit, die den Schrecken der menschlichen Verwesung nur noch als Delectatio im Horrorfim kennt.



Doch niemand scheint sich in dieser Strasse daran zu stören; käme die Stadtrerinigung, gäbe es vielleicht einen Aufstand der Anwohner, wie man es wagen könne, ihr geliebtes Strassenmöbel zu entfernen und als Müll zu betrachten, schliesslich gehöre sich das so, das Ding sei schon immer da und hätte Gewohnheitsrechte, wenn das so weitergehe, würde das Abendslum untergehen und vielleicht sogar noch die Berlionförderung ein gestellt.

Und das wäre doch schlimm, dann könnten irgendwelche grossen Blondinen mit weissen Cowboystiefeln nicht mehr um 3 Uhr nachts in einem Wartehäuschen ein kleines Besäufnis mit ihren Bierflaschen machen, sondern müssten sich vielleicht überlegen, was anderes zu machen, das kann doch keiner wollen, und darum bleibt hier alles wie es ist, mit Cowboystiefeln und Kühlschränken.

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Freitag, 9. Dezember 2005

Bayerische Beharrlichkeit

Mutmasslich abschliessend werde ich nächste Woche einen etwas aufgebohrten obsidianschwarzen 350er SLK* von Stuttgart nach München überführen. Und deshalb etwas später heute nach Berlin kommen. Jaja, der Fluch der Konsumwelt.

*und sollte ich auf dem Weg ein hässliches Nuttenflitscherl Typ "Prollassischaukel" von der Art und der Farbe sehe, mit dem so eine dreckige Puppe angibt, dann...

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Noch 5 Tage

Inzwischen sind für die Awards 12 Geschichten eingetrudelt - sollte das alles gewesen sein? Am 14. um Mitternacht ist jedenfalls Schluss mit dem Einreichen, also, wer noch Lust hat, mache hin und schreibe. Bitte dann eine mail an donalphonso | äd | gmail / punkt / com, in den nächsten Tagen bin ich eher sporadisch im Netz.

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Ein Ring sie zu einen

Von meiner kleinen Schwester hoch über dem Fluss und der Stadt - seltsamerweise wohnen wir beide hoch droben, vielleicht Zufall, vielleicht auch nur der Wunsch, drüber zu sein - führt der Weg in die Provinz entlang der Isar nach Norden zum Mittleren Ring. Für mich war diese dreispurige Stadtautobahn eines der ersten Erlebnisse einer Grossstadt. Manchmal packte uns mein Vater in den Firmenwagen, knallte über die Autobahn rauf zu einem Termin in einem der dortigen Bürokomplexe und schickte uns so lange in eine Ausstellung oder zum Bücher kaufen. Im Winter, wenn es dan später wurde, holte er uns in einem Cafe ab, und dann ging es zurück über den im warmen Gelb hell erleuchteten Ring nach Hause.



Später dann, als ich mit Vollgas die falsche Abzweigung in meinem Leben nahm, als ich die Gedanken nicht abschalten konnte und der Schlaf auch nach der zweiten durchgearbeiteten Nacht nicht kam, bin ich oft hier rausgefahren, auf die lange, immer leicht gebogene Strasse ohne Kreuzungen, nicht um zu rasen, sondern einfach nur um zu fahren, Musik zu hören und den Kopf frei zu bekommen.

Meistens hat es geholfen. Es war vielleicht nicht umweltfreundlich, andere haben einfach die passenden Pillen eingeworfen, eine für den Schlaf und dann am Morgen eine für das Lächeln, aber zum Glück war ich nie so drauf. Manchmal hatte ich auch ein paar gute Ideen auf dem Asphaltband, auf dem die Lastwägenzu ihren Zielen donnerten, Italien vielleicht, ein Grossmarkt oder auch eines der Bordelle, die sich hier wie rote Granate an einer Silberkette entlang zogen.

Weil der Mittlere Ring nicht das Ende der besseren Viertel, sondern eher der Anfang des Speckgürtels ist, ist die Aussicht angenehm; es geht entlang an Friedhöfen, dem Wald des englischen Gartens hinauf zu den Metasthasen der Büroarchitektur, die man 99 für Menschen wie mich geplant und gebaut hat, ohne zu ahnen, dass es diese Menschen nicht mehr gab, wenn noch nicht mal das Fundament fertig sein würden. Es ist der seltene Fall einer Stadtautobahn, die die Stadt mehr eint als zerschneidet, an ihr ist alles, was die Stadt ausmacht, und trotz allem ist sie irgendwie bei aller technischen Kälte schön, was man vom Berliner Ring nicht sagen kann, den ich noch heute Nacht unter die Räder nehmen werde.

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Donnerstag, 8. Dezember 2005

Hell freezes over

und aus dem vereisten Höllenschlund kommt ein alter Bekannter geschliddert, mit Blog und Herdfeuer. Liebe alte DCT-Freunde, wir haben ja schon erlebt, dass Pit Kabel einen Job bekam und Alex Falk nicht mehr in U-Haft ist - und hier ist nun auch wieder:

Peter Turi. Der New Economy Net Business Turi. Anders vielleicht, als ich geahnt hatte. Allerdings ist auch schon das Wort "Journalismus 2.0" gefallen.

Fuck Luzifer, was soll der Scheiss?

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Schwäbische Sparsamkeit

Und als wir dann endlich die richtige Ecke der Stadt und das richtige Gebäude gefunden hatten, ein wenig warten mussten und dann nicht wirklich perfekt beraten wurden, den Wagen selbst gefunden haben und uns von einem zufällig anwesenden Werksangehörigen die Funktion erklären liessen und sie dann schnell entschlossen, in das hellbraune Leder gebettet über dem schnurrenden Motor sagte: Den kauf ich jetzt...



Nach dem allem und noch viel mehr, was nicht blogtauglich ist, gingen wir dann nach oben zu der schon vorher nicht wirklich interessierten Käuferin. Die Idee war, sofort und auch gern bar zu zahlen oder zu überweisen, kein Blabla, kein Gerede oder Aufwand, aber dafür ein Rabatt, wie er in solchen Fällen nun mal üblich ist. Zwichen 3 und 8%.

Geboten wurden 90 Euro Rabatt. 90, nicht 900 oder 9000. Und dabei blieb es. Ich hatte ja schon öfters Probleme mit Leuten aus dieser Region und der lokalen Sparsamkeit, aber die 90 Euro waren, vorsichtig gesagt, überraschend. Und so fuhren wir dann zurück in die Munich Area, wo man Geschäfte zu machen versteht. Und vielleicht auch noch was anderes angeboten bekommt als einen selbstgezapften Plastikbecher Wasser, beim Kauf eines Wagens, der mehr als 40.000 Euro kostet. Ich war nicht entsetzt, eher bestätigt, aber wenn alle Mercedes-Niederlassungen so sind wie der Verkauf in Stuttgart, dann sollte ich schleunigst mein Depot das Depot meines Old-Eco-Dads räumen lassen.

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Vorsprung durch Esstechnik

Restaurants sind nicht mehr das, was sie mal waren
Consulter sind nicht mehr das, was sie früher waren.
Businesslunch ist auch nicht mehr das, was es mal war.



Daran ändert auch die Firmenkarre mit den vier Ringen nichts mehr.

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Mittwoch, 7. Dezember 2005

Mit der kleinen Schwester nach Schwaben

Es verspricht ein Tag wie aus einer der besseren-Familien-Soaps zu werden: Mit dem grossen Geschoss nach München, die Sonne strahlt, Schwester an der Isar abholen, nach Schwaben fahren, einen SLK raussuchen und kaufen, oder vielleicht doch rüber zu Porsche und da einen nehmen, zurückfahren. Das ist gewissermassen die "Ton Aus"-Version dieses Tages.

Und ich glaube nicht, dass jemand Lust auf die "Ton Ein"-Version hat. Ich eigentlich auch nicht wirklich.

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Real Life 03.12.05 - Teacanned

Da war diese Sache mit dem Hirsch. Der Hirsch ist eine eigene Geschichte, die sicher noch so ihre Folgen und Irrungen haben wird; ein Spontankauf, der nur bedingt für sich in Anspruch nehmen kann, die Träume einer gewissen Schicht zum Jahresende zu erfüllen. Iris hat ihn gekauft, bekam ihre Zweifel, ob ein derartig degoutantes Geschenk nicht doch von der Ex-Schweigermama abgelehnt wird, wollte ihn dann aber auch nicht umtauschen, schliesslich kennt ihre Mutter doch die Ladenbesitzerin, und jetzt steht der silberne Hirsch bei ihr daheim, in der Hoffnung, dass zu Weihnachten irgendjemand eine Geschmacklosigkeit schenkt, der die Rache mit einem

o.6 Meter langen und mit Beleuchtungsmittel 0.7 Meter hohem silbernem Tischkerzenhalter in Form eines röhrenden Hirsches

rechtfertigt. Im Geschäft war der Hirsch mit Goldflitterkerzen ausgestellt und sah in dem ohnehin üppigen Ambiente nicht allzu brutal aus; als Präsent gerade mal so daneben, dass es nicht bösartiger sein würde als drei Tage Wellnessurlaub in Bad Gögging für Senioren. Daheim in ihrer neuen Wohnung, inmitten von relativ modernen Möbeln, entfaltete das Vieh dann seine ganze Hässlichkeit, und sofort war klar: Das unter den Weihnachtsbaum der Ex-Schwiegermutter, und zwei Clans der kleinen Provinzstadt hätten Anlass zu einer mittelpächtigen Vendetta. Und das, nachdem sich zumindest die Eltern des geschiedenen Bräutigams dazu durchgerungen haben, die Trennung zu akzeptieren - schlimmer wäre es ja gewesen, Iris wäre bei ihm geblieben und wäre dann trotzdem dauernd mit - kleines, scharfes Luftholgeräusch - "dem" unterwegs. Der da mit seinen Büchern und seinen frechen Bemerkungen im Konzertverein. Der da, der du bist.

Zumindest diese Woche sind sie von dir befreit, denn du bist in München. Und am Samstag Abend ist Iris in der Stadt, später geht es mit ihren Eltern ins Gärtnerplatztheater, Gräfin Mariza, und davor geht sie Suche weiter nach dem passenden Geschenk für die unpassende Gelegenheit. Durch die Kälte der späten Nachmittags geht ihr durch Schwabing, die Belgradstrasse hinauf Richtung Norden, vor den Schaufenstern verweilend und nachdenkend, was denn nun angemessen wäre. Eine silberne Teekanne zum Beispiel hätte den Vorteil der Wertbeständigkeit, denn die gewesenen Schwiegereltern trinken nur Kaffee, da würde der Kanne nie etwas zustossen, alles wäre, bliebe fein und ohne Dellen bis in alle Ewigkeit.



Oder ein Tablett mit der Gravur "Zum Abservieren - von Eurer Ex-Schwiegertochter Iris", schlägst du vor, und noch ein paar andere Gemeinheiten. Eine Zuckerdose voll mit Süssstoff etwa, als dezenter Hinweis und Gesundheitsvorsorge. Oder Austernngabeln, um dann später in der Konzertvereinspause zu hören, dass diese Leute damit den Kuchen in sich reinstopfen. Oder Krebsmesser. Und dann, wenn die Frage kommt, was das ist lächelnd sagen, dass es Toilettbesteck ist, mit den Zinken säubert man die Fingernägel und mit den Schäufelchen kratzt mn die Ohren aus.

So schlimm, meint Iris, bevor Du die Sach mit den Schneckenzangen als Mösenöffner bringen kannst, seien sie dann doch nicht. Im Prinzip sei ja alles glatt gelaufen, das Problem sei eher er und seine unerträgliche Schwester, die Anrufe, die ab und zu mal kommen und die Selbstverständlichkeit, mit der da weiterhin Ansprüche geltend gemacht werden. Sie werde schon noch sehen, wohin sie das bringt, aber er wäre bereit, ihr zu vergeben.

Das sind sie ja immer, der grosse Traum von der zurückkriechenden Frau, die draussen die Hölle mitgemacht hat, Maria Magdalena in der Kleinstadtversion, die dann Kinder kriegt und mit diesen konservativen Namen versieht, Antonia, Mechthild oder Gerlinde, und sie dann später bewusst in die Schulen mit den durchgeknallten Lehrern und dem üblen Ruf stecken, damit aus denen mal was wird, oder zumindest einen ordentliche Ehefrau und Reproduktionsmaschine. Unconditional Surrender hiess das unter anderen Bedingungen, und gerade der Winter, wenn es kalt und einsam ist, ist die grosse Zeit der Rückfälle. Vielleicht solltest du sie mit jemandem verkuppeln, der ältere Sohn der G.s zum Beispiel ist gerade wieder zu haben, der ist nett, ein bisschen dumm, sicher gut im Bett, hiess es zumindest früher, und jederzeit wieder absägbar.

Dann geht ihr zurück durch die Strassen des Viertels, vorbei am Vorstadtcafe und am La Boheme, und bei einem Kleiderladen, da bleibt sie stehen und will kurz rein, da, wegen dem blauen Kleid, ein mittellänges, halbdurchsichtiges Nichts mit meerjungfrauschillernden Pailetten. Sie probiert es an, und es bricht dir fast das Herz zu sagen, dass es eher was für Blondinen ist, es ist zu hell für ihren dunklen Typ, und als sie eingeschnappt zurück in die Kabine geht, da betrachtest du ihre Schultern, ihre Bewegungen, und beschliesst, ihr nachher, vielleicht, zu sagen

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