: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 26. Mai 2009

Der goldene Glanz der Gewöhnung

Manchmal geht man mit dem Vorsatz los, etwas ganz Bestimmtes zu finden. Auch diesmal brach ich mit einer klaren Vorstellung nach Pfaffenhofen auf, und nach einer halben Stunde hätte ich auch wieder packen und heimfahren können. Ein aussergewöhnlich schöner Imariteller, und dann noch das hier:



Kirchentrümmer scheinen nördlich der Alpen keine Konjunktur zu haben; in Italien sieht das ganz anders aus. Dort wird für solche Gitter der Tausender schneller verlangt, als man das Wort "Überziehungszinsen" aussprechen kann. In Italien gibt es offensichtlich Menschen, die mit den Spolien des Kirchenprunks etwas anzufangen wissen. In Deutschland dagegen, da könnte ich jetzt Geschichten erzählen.

In Deutschland geht Gold nur in der Variante Billig. Es findet sich Gold in Möbelhäusern, das nie edel wirken wird, es appelliert an niedrigste Triebe der Glotzengesellschaft, die dank Dauerbespassung die Farbe kennt und gern im Krokolederluuk auch erwirbt. Also meidet man ansonsten Gold, man möchte sich mit dem Puffigen nicht gemein machen - und das ist meines Erachtens ein Fehler.

Das geht bei mir alles an die Wände der Wohnung am Tegernsee, es ist zwar nicht gerade wenig, es trägt schon etwas auf, aber bitte: Es kann nicht jeder in Reinweiss wohnen. Ich mag das Unvollständige, die den Fehlstücken immanente Erkenntnis, dass es Spolien sind, Reste einer Religion auf dem Rückzug, die aber auch als Kunsthandwerk für sich selber stehen können. Schnitzer und Vergolder sassen an den beiden Paneelen schon ein paar Tage dran. Das könnte man heute kaum mehr bezahlen, also passt es schon mit den Preisen, die man in Italien verlangt.

Und ausserdem habe ich damit ja auch was zu feiern: 2000 Tage Rebellen ohne Markt. Es schreibt sich nicht schlecht, unter Gold und Prunk, die nächsten 2000 Tage.

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hortus conclusus

Ich ertappe mich selbst oft bei dem Gedanken, dass ich mir bei einem Ort sage: Hier wird dieser und jener nie hinkommen, dort werde ich nie einen von jenen sehen, und da drüben sind vermutlich nur angenehme Menschen. Das ist nicht zwangsweise freundlich, aber ich zwinge ja auch niemanden, sich auf dem Volksfest volllaufen zu lassen, am Gardasee Vergnügungsparks aufzusuchen oder mit am Hungertuch nagenden Bloggeschäftsversagern durch Berlin zu ziehen (man hört gerade lustige Geschichten über gewisse bekannte Blogs, die sich auf Teufel komm raus als Kooperationspartner der Politik anschleimen). Ich suche mir halt Orte, wo das alles möglichst weit im Staub der Gegenwart zurückfällt, wie den Giardino Giusti, den ich in der FAZ beschreibe.

Zu dumm, dass ich Heuschnupfen habe. Sonst könnte ich durchaus Gärtnern als Hobby entdecken.

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Montag, 25. Mai 2009

Empfehlung heute - Altes, sehr altes in Rom

Iich wurde und werde mit Rom nicht richtig warm, allein schon, weil es dort kein richtiges - und richtig günstiges - Antiquitätengeschäft gibt. Wo ma ohnehin nicht einkaufen könnte, weil schon der Rest sehr teuer ist.



Und ich frage mich, wie man in Rom überlebt, wenn man arm ist. Ich stelle mir das extrem schwer vor.

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Sonntag, 24. Mai 2009

Garten der Qualen

Prinzipiell bin ich ja gegen eine Rettung von Opel, weil es einen miserablen Autobehinderungshersteller erhält und echten Autobauern mit staatlicher Unterstützung das Leben schwer macht. Überkapazitäten müssen weg.



Umgekehrt ist es mir aber irgendwo lieber, der Staat rettet Opel, als dass er beispielsweise Grosskanzleien rettet. Bekommt kaum einer mit, aber die Law Firms dieses Landes oder auch die deutschen Töchter internationaler Rechtsbeugeinstitutionen haben kräftig abgebaut, auf allen Ebenen. Besonders aber bei den Jungs in den Finanzabteilungen. Man munkelt in München von bis zu 40%. Und von untervermietetem Büroraum. Ebenfalls übel soll es gerade im Bereich PR und Marketing zugehen. Kokserbranchen, die billiges Frischfleisch brauchen, reden natürlich nicht gern über solche Entwicklungen. Ausserdem würde denen der Staat ohnehin nicht helfen. Man mag es kaum glauben, aber manche Dinge sind noch weniger wert als ein Opel.



Jetzt beginnt wieder die Zeit der Lockangebote, der kostenlosen Arbeit für Kunden, die es noch werden sollen. Irgendwas muss man die Leute ja tun lassen. Die Erinnerung an die letzte Phase ist nich recht frisch; 2004 ging es noch ähnlich übel zu. Da wurden viele zurückgeworfen, die es jetzt gleich nochmal erwischt. Wenn das so weiter geht, wird das eine spassige Generation, mit ihrem Wackeltanz auf der Karriereleiter. Kein Wunder, wenn man gerne die Zeiten der alten Bundesrepublik wieder hätte. Langweilig, aber sicher. Blöderweise war man vorne mit dabei bei deren Abschaffung. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass die guten Zeiten bis, sagen wir mal 2011 wiederkommen.

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Freitag, 22. Mai 2009

Gewinnen ist langweilig.

Stehenbleiben - etwa im römischen Abendverkehr auf einer fünfspurigen Strasse - ist dagegen aufregend.



Überhaupt interessieren mich die Liegenbleibenden und ihr Kampf mehr als die Sieger, und das ohne Gaffertum, sondern einfach, weil man in einer perfekten Welt nur noch mit dem Zusammenbruch anders sein kann.

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Nachrichten vom Ende des Regenbogens

Alles fein, alles wieder trocken, Torte famos.



Ausserdem mehren sich die Anzeichen, dass der Sunbeam demnächst abholbereit in Frankfurt mit TÜV und eventuell sogar H-Zulassung sein könnte.

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Donnerstag, 21. Mai 2009

Fleckvieh

Gegenüber auf der Almwiese, wo es begierig darauf wartet, all die saftigen Blumen weiter unten zu fressen. Ist es nicht wunderbar?



Ich könnte mir das stundenlang anschauen. Es beruhigt, es lüftet den Geist durch, dazu Vogelgezwitscher und Landluft. Es ist schön in Italien, aber schlecht ist es hier auch nicht. Und wenn es sein muss - Schuhe machen lassen oder Kaffee kaufen - sind es ja nur zwei Stunden bis Brixen und vier Stunden nach Verona. Das alles ist kein Problem. Jetzt erst mal Kühe. Zum Entspannen nach der Arbeit.

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Mittwoch, 20. Mai 2009

Ich mag die toten Marken

Siata, Cisitalia, MG und Talbot. Da kann man sich sicher sein, dass kein PR-Gimpel hinter dem Steuer sitzt, und niemand an Bord ist, der das macht, um einen mit Werbebotschaften zuzuschwallen. Keiner schreibt dort Firmennamen übergross auf Flanken, um die Linien zu zerstören.



Um diese Haltung zu dokumentieren, achte ich peinlich genau darauf, keine Werbung abzubilden. Genau achte ich aber darauf, jenen Herrschaften, die meine Mille Miglia gestört haben, die Meinung in der FAZ zu sagen. Da kommt es hoffentlich auch an, und es kann den hohen Herren nicht schaden zu erfahren, wie man im Westviertel bei der Kundschaft über sie und ihr Betragen denkt.

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Dienstag, 19. Mai 2009

Maria über die Alpen tragen

Mille Miglia ist, wenn auf meinem Rechner 1500 Bilder von Autos und nur 300 Bilder von kulturellen Erlebnissen zu finden sind. Es ist eine wunderbare Landschaft, durch die man fährt, man erlebt durchaus das Land, aber man bekommt davon nicht viel mit. Und man wird photofaul, man hat alles nur durch die Windschutzscheibe und das Objektiv gesehen, man mag einfach nicht mehr in Belichtungszeiten denken. Was angesichts der Stadt Rom sehr schade ist.



Wir hatten ja noch einen Tag. Am liebsten wären wir sogar zwei Tage geblieben, aber das wäre zu teuer geworden angesichts der schon kassierten Strafzettel. Unsere Glückssträhne in Rom, die mit einer halben Stunde ohne Aufschreiben am Tibergewühl eine erste Fortsetzung fand, wurde am Samstag jäh unterbrochen, und so fuhren wir schon wieder im Auto, man kann es irgendwann nicht mehr ertragen, immer Áuto, nur Auto. Aber davor, während die Politesse uns aufschrieb, waren wir immerhin noch in San Ignacio, einer dieser barocken Glaubensfesten jesuitischer Bildermacht.



Und dort dachte ich mir, dass es nun genug sei mit den Brandopfern für das Automobil. Ich kann mich ja nicht beschweren, der Sunbeam ist in der jetzigen Form im Unterhalt bislang spottbillig, und verbraucht kein Benzin und auch kein Öl, auch kann der Mechaniker keine Rechnung stellen, aber es ist jetzt einfach genug. Anderes. Gerne stationär und unbedingt Kultur. Ich bin schliesslich Kulturhistoriker und kein Automechaniker. Ich verstehe mich auch Chiaroscuro besser denn auf Bremsschläuche. Chiaroscuro, wie es mir am Tag darauf nach zu viel Fahrerei und einer Autobahnsperrung bei Bologna auf dem Antikmarkt von Mantua begegnete.



Ich mag ja das Sujet der Maria Immaculata. Einerseits, weil es sehr jesuitisch ist. Andererseits aber, weil es ein vertraktes Motiv ist; Künstler müssen die hormonelle Verzückung der Maria bei der unbefleckten Empfängnis einfangen, und das kann manchmal entsetzlich andächtig sein, oder purer Sex. So wie auf jenem Gemälde, das in der Tradition von Caravaggio steht und sich alle Maniersmen herausnimmt, die man sich in so einem Fall noch leisten kann. Der in den Nacken geworfene Kopf, die verdrehten Augen, die feuchten und vollen Lippen, der Griff an die Brust - die menschliche Natur hat sich durch die Hand des Künstlers einen Weg ins Heilige gebahnt, und dieses Zusammentreffen von sich widersprechenden Intentionen finde ich immer ganz entzückend. Grandios an der andächtigen Aufgabe gescheitert. JesuitenPr0n. Es ist so gegen 1660 bis 1680 entstanden, wurde netterweise von den Händlern falsch auf 1750 datiert und damit, gemäss der italienischen Verachtung für das Rokoko, reichlich billig. Etwas teurer nur als die Kaffeemaschine. Die protestantische Begleiterin konnte mein barockes Entzücken nicht nachvollziehen, aber die ist ja auch nicht in einem Stadtpalast der Gesellschaft Jesu geboren worden.

Natürlich haben wir jetzt - neben dem üppigen Keramikfrüchtekorb aus Rom, der Terrine aus Mantua, den Schuhen, den vier Kleidern und der Macchina sowie dem, was sonst noch kommen wird zwischen Valeggio, Riva und Meran - ein Transportproblem. Aber so ist das nun mal, Gelegenheiten, die man verstreichen lässt, würde man länger und schmerzvoller bedauern als eine unbequeme Heimreise mit den Einkäufen im Fussraum und der Immaculata im Rücken. Die ich im Zweifelsfall auch tragen würde. Man sieht so etwas ja öfters in Auktionen und winselt ob des Limits im mittleren vierstelligen Bereich. Noch dazu, wenn es aus der Toskana stammt. Wenn sie dann an der Wand hängt, ist ihre Reise vorbei, aber mit jedem Blick auf das Bild geht die Reise für ihren Besitzer exakt an jenem heissen Maientag in Mantua weiter, da die Mille Miglia vorbei war, und das Leben wieder begann.

(Ich weiss, Barockmalerei ist nicht jedermanns Sache)

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Montag, 18. Mai 2009

Die grosse Espressomaschinenfrage

Ich konnte und kann dazu nichts beitragen, weil ich keinen Kaffee trinke. Allerdings habe ich nun an exakt dieser Stelle in Mantua



die Espressomaschine nun doch in Rot genommen, weil es besser zu Wasserkocher, Teedose und Kaffeemaschine passt. Was mich allerdings schockiert, sind die extren hohen Preise, die man in Deutschland für derlei Lifestylegerät verlangt. Da war meine Maschine relativ günstig, obwohl auch sie aus Edelstahl und Messing ist, und sich weitgehend des Kunststoffs enthält. Hier im originalen italienischen Küchenambiente:



Und hier - gerne - auch der Link zum entsprechenden Händler in Mantua: http://www.salomoni.net/. Ich trinke keinen Kaffee. Aber ich werde stets, wenn ich die Maschine sehe, an den glühend heissen Tag denken, da ich die eine Hälfte des während der Mille Miglia erschriebenen Geldes in dieses noch zu schleppende Schwermetall investierte, und die andere Hälfte, nun, das ist eine andere Geschichte.

Findet die Maschine Gnade vor den Augen der Leserschaft?

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Family Offices sind Mode gewesen.

Momentan jedoch sind sie die volkswirtschaftliche Hölle und ein feiges Versteck für all jene Firmenbesitzerclans, die sich aus der Verantwortung stehlen wollen, wenn sie sich mit ihren Spekulationen selbst aus dem Geschäft bugsiert haben. Nichts gegen Unternehmer, aber sehr wohl was gegen Clans, die sich auf Staatskosten sanieren wollen. Auch und gerade während der Mille Miglia.



Anbei mein neues Bildschirmbild. Zufällig gefunden beim Ausmisten. Ich habe in den letzten Tagen eindeutig zu viel Zeit hinter der Kameralinse verbracht.

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