: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 30. Juni 2011

Nach der Hitze

geht es auf die ersten Jurananhöhen, vorbei an Burgen, Klöstern und Feldern.



















An dieser Stelle muss die Sonne gerade untergehen, damit ich vor der Nacht, aber in der ersten Nachtkühle wieder daheim bin.

(Mehr als 50 Kilometer. Damit schon fast eine kleine Reise)

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Ölfoodpr0n

Wie auch Alabasterfrüvchte haben Gemälde den grossen Vorteil, dass sie kaum zu schimmeln anfangen, nicht matschig werden und auch sonst recht gut haltbar sind. Ausserdem ist es immer gut, etwas in der Küche zu haben, das einem Gast Lust auf Essen macht.



Ausserdem finde ich ja, dass die Küche auch so eine Art Wohnraum ist, der ein wenig Aufmerksamkeit im Sinne der Gehaglichkeit verdient. Dafür hängen bei mir keine Kalender - irgendwo muss man eben Abstriche machen.

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Dienstag, 28. Juni 2011

1,19

Wäre die griechische Krise beherrschbar, stünde der Euro nicht gerade wieder unter 1,20 Franken.

Nebenbei halte ich es für dumm, von einer Griechenlandkrise zu sprechen. Es ist immer noch eine PIIGS-Krise, mit einer Lunte zu den maroden Banken in Belgien. Geht Griechenland über die Wupper, wird man sich mal die Lage in Irland genauer anschauen, denn da laufen auch ganz schön verzweifelte Geschichten im Bereich der leidenden Banken.. Und da war noch diese kleine Meldung aus Italien. Dass Spanien und Portugal bei der Schuldenaufnahme auf dem Zahnfleich ankommen, ist schon länger bekannt. Wenn sich bei Griechenland die Banken die Finger verbrennen, warum sollten sie zu den anderen Ländern netter sein?

Ich plädiere in dem Fall ja für eine grosse Lösung, die den ganzen PIIGS und anderen schwachbrüstigen Ländern einen zweitklassigen Euro anbietet, der dann je nach Erholung wieder angleichen kann. Aber vermutlich wird man erst Griechenland irgendwie stützen, die Griechen werden, wenn sie es nicht schon getan haben, alles abräumen., was noch auf den Konten ist. Und dann werden die anderen Pleitekandidaten absaufen, man wird sich mit ihnen verketten, und dann wird das alles horizontal über das ganze Deck langsam untergehen. Und weil in Zeiten der Globalisierung einen kein Schiff mehr irgendwohin in Sicherheit bringen kann, explodieren die Presie in den Regionen, die es überleben werden.

Ich habe, manche werden sich erinnern, zu Beginn der Krise auf Immobilien gesetzt. Eine vergleichbare Wohnung in Grösse und Ausstattung kostet inzwischen 50.000 Euro mehr - auf der anderen Seite von München, in einem Kaff namens Pfaffenhofen ohne Berg und See, nur ein Flecken in einer drittklassigen Einöde. Dabei werden die Wohnungen nicht teurer. Das Geld verliert nur seinen Wert. Gold. silberne Teekannen, sichere Lagen, Schweizer Franken... das bleibt lediglich das, was es ist.

Vielleicht sollte man anfangen, Euro-Kohl und Waigel zu verklagen, solange sie noch da sind. Bei der BayernLB erwischt es jetzt ja auch das Management.

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Wem das nicht passt

- gekaufter Himbeerkuchen zum Frühstück etwa -



der soll halt rübergehen zur FAZ, wo es neben vielen richtigen Problemen auch selbstgebackenen Erdbeerkuchen gibt.

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Dienstag, 28. Juni 2011

Nach der Hitze

Das Votec ist schwarz und korrumpiert.



Es ist so leicht, steif und schnell, dass einem der Freilauf dauernd zuflüstert: 5 Kilometer gehen schon noch. Ein Hügel, eine Steigung, eine Abfahrt.



Komm, lass uns mit der Sonne um die Wette laufen. Nassenfels, Attenfeld, Unterstall, Bergen, Neuburg, das alles geht schon noch.



Ich muss mich dann immer selbst bremsen und sagen: Für eine Abendrunde reichen 55 Kilometer völlig aus. Morgen, gut, morgen vielleicht mehr.



Am Wegesrand blühen dann die Themen für die FAZ, was ganz praktisch ist, wenn diese Arbeit nebenbei läuft, ja sogar auf Halde produziert werden muss (diese Woche = Dauerstress)



Und weil das Votec dann wirklich schneller war, weil es wirklich vier Minuten Vorsprung vor der letzten Tour herausgefahren hat, bleibt Zeit für etwas Ruhe und Besinnung.



Und für ein Nachtgebet an der Grenze zum Tag: Wahlvater jener, die in dunklem Bosen Gottvater aus dem Paradies verstoßen... Ich bin schneller, ich trete härter, aber all der schwarze, heisse Hass, ich kann ihn nicht aus mir heraustreten. Vielleicht sollte ich bald mal nicht nur Pedale treten.

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Wolken putzen

Eigentlich müsste und wollte ich ja etwas ganz anderes putzen, und zwar runter, und das gscheid. Eine Lust hätte ich, da hin zu gehen und denen zu sagen, was ich von ihnen so halte... aber Dreckschwein darf man ja nicht sagen, weil man weiss ja nicht, ob die wirklich dreckig sind. Jedenfalls, ein gscheider Saustall ist das, und überhaupt ist es ja so, dass, wenn man bei einem behördengeichen Unternehmen die Hälfte der Leute vor die Tür setzt, alles gleich viel besser laufen würde. Abstellgleisen oder abstellgegleist werden, das ist bei diesem Laden und seinen hinterfotzig grabenden Maulwürfen die Frage, und zum Glück bin ich nicht davon abhängig, ich kann mein Auto hinsteuern, wohin ich will. Etwa nach Pfaffenhofen.



Das letzte Mal war ich an dem Termin noch in Italien und davor auch, und davor war das Wetter schlecht, und diesmal war es auch nicht gut. Ein Blick auf das Konto zeigte, dass ich in Italien wegen der Miete tatsächlich mehr Geld zum Leben brauche, aber alles in allem - keine Antiquitäten und ein paar andere Dinge, die ich nur in Deutschland zu tun pflege - in Kombination mit den günstigeren Preisen Geld gespart habe (Schuhkäufe einmal herausgerechnet, was weise ist). Diesmal war es wie immer, ein archaischer Statuettenabguss für die Bibliothek, ein geschnitzter Kirchenleuchter für den Tegernsee, ein Stillleben für die Küche - und dann noch ein Capriccio für jene Wand, an der schon die anderen Landschaften aus Italien hängen.



Es war übrigens gar nicht teuer, eigentlich sogar billig. Und grau, als wäre es das Ruhrgebiet in den 60er Jahren. Verschmutzt und verstaubt. Man sollte das eigentlich nicht machen, aber ich lecke dann an meinem Finger und reibe ein wenig herum, wenn es keiner sieht - und die Händler waren ohnehin gerade am Einpacken. Wie man in der rechten Bildhälfte sieht, wurde das Blau sofort blauer, das Grün grüner und die Details sehr viel feiner. Man muss in der Lage sein, unter all dem Dreck und den Rissen zu ahnen, was es sonst sein könnte. In dem Fall - nun, nicht wirklich das, was ich suche. Alle anderen Gemälde an der Wand zeigen Italien, das hier ziemlich deutlich Bayern, und gut 100 Jahre ist es mindestens jünger: Münchner Schule. Wobei die durchaus in der Tradition der italienischen Landschaftsmalerei steht, da gab es viele, die ihre Inspirationen über die Alpen mitnahmen und dann in Gedanken, mit dem Pinsel, Italien nach Bayern verlängerten. Entsprechend schlecht wird die Münchner Schule dann auch in der Kunstgeschichte bewertet: Woanders wurde bereits heftig impressionistet. In Bayern griff man zurück auf frühere Epochen. Kein Zweifel möglich: Hinten auf der Leinwand steht "Richard Wurm, München". Wie so oft bei der Münchner Schule. Wurm war sowas wie der Hoflieferant der Schwabinger Malerfürsten. Damit ist das Bild auch schön auf die vorletzte Jahrhundertwende datiert, zwischen 1880 und 1914 liest man das oft, auch beim Blauen Reiter. Der ja in den Farben sehr viel von der Münchner Schule... ungerecht, aber ein Macke wäre auf dem Flohmarkt kaum zu erwarten gewesen. Jedenfalls, daheim putzte ich die Wolken weiter.



Und aus dem bedrohlichen Grau wurde blendendes Weiss. Ich mag es, wenn Zentimeter für Zetimeter das herauskommt, was ich ahne und andere nicht sehen können, wenn der Himmel wieder italienisch wird, und das Licht auf dem Wasser und den Bäumen spielt, wenn klar wird: Das war kein Schlechter, der das gemalt hat, das war auf jeden Fall sein Geld wert. Man fängt oben an und geht dann nach unten, die Berge im Hintergrund werden heller und das Wasser wird lebendig, man freut sich am gekonnt hingeworfenen Schatten der Ziegen, und findet keine Signatur, trotz allem. Aber es mag gefallen. Gut, es ist nicht im besten Zustand, jemand wird einmal die Risse schliessen müssen (die in Wirklichkeit nicht so drastisch wie auf dem Foto ausfallen), aber es ist die passende Fortsetzung Italiens an meiner Wand. Es könnte auch südlicher sein, aber



hinten steht auch klar drauf, was es ist "Bach bei Hofstetten". Und daneben: E. Böhm. Was nett ist, weil der Verdacht damit bestätigt wird. Tausende gingen vorbei, keiner hat etwas gemerkt, es hat nicht nur auf mich gewartet, nein, es passt auch genau in die Lücke, an der noch das eine Bild fehlte. Alles fügt sich, zumindest an meiner Wand.

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Samstag, 25. Juni 2011

Stresstest

Wenn ich mir die Deutsche Bahn so anschaue, kommen mir etliche Dreckskonzerne aus den Sektoren organisierter Bankenbetrug, Staatsterrorismus und Petrolmafia gar nicht mehr so schlimm vor.

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Zurück in die schlechte Zukunft anderer Leute

Ich habe übrigens noch ein paar kleine Anmerkungen zu Restbeständen der kreativen Eliten, die nach 10 Jahren des Nichtweiterkommens unerfreut merken, dass der von ihnen einmal selbst gepredigte Neoliberalismus auf Dauer auch keine Rentenversicherung und kein Urlaubsgeld ist. Will damit nicht sagen, dass Festangstellte nicht auch hinterhältig und dreifachmoralisch-scheinheilig sein können, aber es wird ein jeder bedient, in der FAZ.

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Samstag, 25. Juni 2011

Goldblau

Ich bin nicht schreibfaul. Nur gerade anderweitig verpflichtet. Ich mag es auch nicht, wenn ich noch schnell um 23 Uhr einen Platzhalter abschicke im Wissen, dass ich erst ein, zwei Tage später dazu komme, mich um das Bloggen zu kümmern. So ist das eben, in diesem meist verregneten Sommer. Ich habe schmale Zeitfenster, in denen ich auch noch etwas anderes tun kann (und um das gleich dazu zu sagen: Nein, ich arbeite nicht für Wired Deutschland), und in diesen Zeitfenstern ist es entweder Nacht oder regnerisch. Normalerweise starte ich dann im Regen und komme in der Finsternis auf dem Rad wieder heim. Heute (also eigentlich gestern zum Zeitpunkt des Schreibens) war es zum Glück anders.



Es war sehr spät, und es war sehr schön. Fast italienisches Licht. Und erst in solchen Momenten versteht man, warum Italiener Rennräder so farbenfroh und optisch laut lackieren, wie sie es tun, oder früher mal getan haben, als die Räder noch nicht aus Plastik waren.



Man macht sich da so seine Gedanken, etwa, wenn man das gleiche Rad bei Ebay, 8 Jahre nach seiner Entstehung, schon als "vintage" und "Klassiker" findet. Aber eigentlich geht es um ganz andere Gedanken. Es sieht anders aus, wenn man so einen Radler sieht, aber für mich ist das wie das Kochen: Zeit, mir Gedanken zu machen. Man wird nicht von Konkurrenten oder Zielankünften abgelenkt, man strampelt durch die Landschaft in einer Art, die sich richtig anfühlt, auch an Tagen, da irgendwie so gar nichts richtig gelaufen ist.



Zum ersten Mal hat man dann den Eindruck, dass sich wieder alles so zusammenfügt, wie es sich gehört. Ich muss beispielsweise Emails schreiben, die ich lieber nicht schreiben will, und die für mich - gerade, weil es um Dinge geht, die so ganz anders sind als ich selbst - belastend sind. Da spielt bei mir schnell der Umstand hinein, dass ich manches dieser Probleme durchaus vermeiden könnte; mein Dasein ist zum Glück nur begrenzt durch Zwänge definiert, und gemeinhin kann ich es mir heraussuchen, wie ich mein persönliches Umfeld gestalte. Warum, frage ich mich dann, tun sie das, warum soll ich mir das antun, was hat das in meinem Leben eigentlich verloren?



Normalerweise öffnet das Radfahren sie Seele, gerade in einem Land wie diesem, von dem ich mir manchmal denke, dass es wirklich ein Traum, wirklich gesegnet ist. Es wird alles sehr viel leichter, der Geist hüpft dann beschwingt über Formulierungshürden und Konzeptsperren, das Angenehme hilft dem Angenehmen, aber so, wie es ist, verharrt alles nur in einer Balance streitender Gewalten, man müht sich ab, bis der Gegenwind einen einbremst, das System scheint stabil, aber nur ein Schlenker, und die Kräfte, die auf das System wirken, würden es zerreissen. So ein Rennrad ist genau auf Belastungen hin berechnet, sonst könnte es nicht so leicht und so flink sein, und ich bin auch ein wenig so: Ich mache eine Menge mit, wenn es das ist, was meinen Einstellungen entspricht. Ich mache vielleicht auch noch mehr mit, wenn ich etwas dazu lerne. Nur, und die Frage stellt sich dann im späten Tageslicht, wäre ich dann noch das, was ich selbst für wünschenswert halte?



Und - würde sich dann alles wieder selbst stabilisieren? Vermutlich schon. Ob es dann eine schöne, geschlossene und laufruhige Sache wäre - wer weiss. Andere schaffen es, ihr ganzes Dasein auf solche Umstände einzurichten. Ich bin privat in einer Art und Weise von Journalisten auch in wichtigen Fragen angelogen worden, dass ich lieber nichts mehr von denen lesen will. Ich kannte mal einen, der dann als Serienfälscher aufflog: Der kam jahrelang damit durch, dass er alle und jeden hintergangen hat. Was waren dessen Leitartikel wert? Und was war seine Existenz, nach aussen hin rund laufend und ehrbar, für ihn selbst? Vermutlich stimmig, so stimmig, wie für mich dieser Abend unstimmig ist.



In diesen Mittsommerabenden geht die Sonne sehr flach unter, man kann Kilometer em Kilometer abspulen, und es ist immer noch genug Helligkeit da. Genug, um weit hinaus zu fahren, immer noch genug, um mit dem Rückenwind zurück zu fliegen. Der Tag will nicht enden, er macht nur widerwillig einer kurzen Nacht Platz, die eine prima Ausrede ist, noch nicht zu schreiben, zu warten, zu kochen und dann ins Bett zu gehen. Morgen ist auch noch ein Tag, dann ist immer noch Zeit genug, und in dieser Welt der Auflösung muss man auch keine Bürozeiten einhalten. Langsam setzt sich alles zum Grund, die aufgeschüttelteten Gedanken und Zweifel, die bösen Erinnerungen und die fragwürdigen Perspektiven, vielleicht geht es gut, warum daran denken, wenn man auf einem italienischen Traum in Gold und Blau durch die Sommerlüfte fliegt.



Und ich summe leicht falsch im Abendwind über dem Baasso Continuo der Reifen: Viva Sarastro, Sarastro lebe, Sarastro war ein braver Mann.

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Freitag, 24. Juni 2011

AAA-Lage

Gut, da kam dieses Gewitter. Ich drehte um und fuhr heim, und als es schnell näher kam, wurde es richtig sportlich. Eigentlich war ich schon trockenen Fusses daheim, aber da war der alte Mann mit seiner Frau im Rollstuhl auf der Strasse, als es gerade richtig losbrach - also rannte ich noch einmal hinaus und bat ihnen einen Platz im Hausgang an, denn das, was folgte, war schon nicht gerade wenig Wasser. Solange zeigte ich ihnen triefend die Stiche, die hier hängen, und als es nachgelassen hatte, lieh ich ihnen einen Schirm - sie hatten es nicht mehr weit. Dann ging ich nach oben, machte eine Tee, arbeitete ein wenig, der Regen hörte auf, draussen lärmten ein paar Betrunkene, und dann kam noch ein Gewitter, aber da schlief ich schon.

Am Morgen ging ich hinunter und musste einen Ast vom Weinstock wieder hochhängen. Ich frühstückte, kochte Pilze ein, arbeitete noch ein wenig, und dann rief meine Mutter an und fragte nach den Schäden. Welche Schäden? Hier war alles normal. Ach so, der Regen gestern. Nein, kein Problem. Sowas ist bei der dichten Stadtbebauung nie sonderlich schlimm, auch der Wind wird vom Nachbarhaus gut abgeschirmt. Bäume sollen umgestürzt sein? Hier ist nur ein Ast vom Weinstock lose. Und dann ging ich radfahren.



Oha.



Das hier ist mein Lieblingsklauapfelbaum. Die Ernte wird wohl weniger gut.



Und so weiter, immer weiter, Bäume, Äste, Blätter, umgedrückte Felder. Im nächsten Dorf erzählte mir dann einer in der Kapelle, in die ich mich vor dem nächsten Gewitter geflüchtet hatte, dass man am Morgen mit dem Auto nicht durchgekommen ist. Ich mag das Land gerne, ich fahre gerne hinaus.



Aber ich weiss auch, warum ich lieber in der Stadt wohnen bleibe, mit vielen Nachbarn in hohen Häusern gen Westen. Gerade in Zeiten des Klimawandels.

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Donnerstag, 23. Juni 2011

Danke, Frau Doktor Nichmehrin

Danke.

Ich fand es im ersten Moment natürlich auch unter aller Sau, dass da jemand seinen Titel so zusammengeklaut hat wie Koch-Mehrin, und dann noch nicht mal mit virtuellen Knüppeln und Peitschen aus dem Parlament getrieben wird. Aber dann ging ich Radlfahren.



Und was soll ich sagen? Ich dachte nach. Die Lösung, so, wie sie ist, ist perferkt.

1. Die Frau bleibt im Parlament und bekommt dort das Geld, das ansonsten ein anderer, eventuell nicht weniger unehrlicher Zeitgenosse bekäme. Wer sagt uns denn, dass der besser wäre? So sitzt da jetzt eine, der die Medien im Nacken hängen. Die traut sich so schnell nichts allzu Grobes mehr.

2. Wenn sie draussen wäre, wäre sie einen Tag später vielleicht bei einer schmierenden und korrupten Lobbyorganisation, die versuchen würde, ihre Vorhaben durchzudrücken. Mit den Kontakten, die sie hat, würde sie vermutlich sogar einen passablen Job machen, zur Abwechslung. Dann würden wir sie nicht mehr direkt bezahlen, aber indirekt über ihre Auftraggeber. Wollen wir das? Zusätzlich zu dem, dem sie Platz macht?

3. Ich denke, man sieht an ihr sehr gut, was an den Sprüchen der FDP zu Leistung und Belohnung zu halten ist. Diese Frau steht wirklich für diese Partei und ihre Mitglieder: Nicht Mehrleister, sondern Besserverdiener, Nicht Belohner, sondern Mitnehmer. Nicht die anständigen Leute, sondern angebende Vortäuscher. Keine Elite, sondern Absahner. Nemand könnte die Partei besser als diese Frau verkörpern.

4. Die anderen, die oft auch nicht besser sind, sollen anhand dieser wandelnden Politikleiche ab und zu sehen, dass nicht jeder immer ohne Prügel davonkommt. Das ist gut für die Politik.



Wenn das alles so kommt, dann ist es dirchaus in Ordnung, wenn diese Person weiterhin das Volk in Europa vertritt. Seien wir ehrlich und nett zu ihr: Sie ist nicht der Abschaum ihrer Klasse, sie ist das, was ihre Klasse ausmacht.

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Mittwoch, 22. Juni 2011

Jetzt mal im Max Ernst

Und gerade in den letzten Minuten des längsten Tages des Jahres, flog an der Grenze zur kürzesten Nacht der Vogel Loplop über den mittelbayerisch-surrealistischen Himmel.



(Grossbild)

Als ich in Vicenza war, an der Autobahnmautstelle Ovest, sah ich auch einen mir durchaus bekannten, aber nicht übermässig geschätzten Herrn in der Kassiererstelle. Er war es nicht, denn er war damals nachweislich noch woanders, und er war es doch, und da ahnte ich: Es würde nicht gut für ihn ausgehen. Das Surreale hatte ihn schon vorverpflanzt, die Realität würde nachziehen müssen. Wie ich dann vor kurzem erfahren habe, war es auch so.

Betet, dass ich so schnell nicht mehr italienische Autobahnen befahre, sonst sehe ich Euch, und dann holt Euch der Vogel Loplop.

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8 Verlage, die es nicht können. Ausser juristisch

Es gibt so Tage, da hält mich nichts vor dem Rechner. Heute war so ein Tag, denn einerseits war das Wetter entgegen aller Erwartungen sehr schön. Dazu hatte ich auch noch Verpflichtungen, und die drei Stunden, die ich andererseits frei hatte, nutzte ich zum Radtourismus. Ich überlege ernsthaft, im Herbst wieder die l'Eroica zu bestreiten, habe mich so halbwegs mit einer Bekannten auch schon auf 2/3 des Weges in Mantua verabredet, und muss in einem Monat zur Vorbereitung schon die erste 75-Kilometerrunde in den Bergen absolvieren, Da kommt so eine verschärfte 65-Kilometer-Strecke mit viel Gegenwind gerade recht. Dazu nahm ich auch jeden Hügel, der auf dem Weg lag, doppelt. Radfahren ist eine prima Sache, wenn man eine Stinkwut im Bauch hat. Besichtigungen lenken vorzüglich ab.



(Grossbild)

Ärger also, diverser Natur. Eine Ursache ist die heute in die Öffentlichkeit getrötete Entscheidung von 8 grossen deutschen Verlagen, in Köln gegen die ARD und namentlich die App der Tagesschau zu klagen. Ich muss offen sagen, dass ich noch nicht mal beim Rennradeln ein Handy dabei habe, und nach dessen Entstromung nun auch schon eine Woche zu faul bin, das Ladekabel herzusuchen. Ein iPhone oder iPad habe ich wie jeden anderen Apfelmüll auch noch nicht. Es könnte mir also wurscht sein, was ein paar Verlage wegen so einer App mit einem öffentlich-rechtlichen Sender mache, den ich auch nicht nutze - ich habe TV und Radio abgeschafft.

Ungeachtet dessen weiss ich, dass die Tagesschau-App sowas wie ein Marktführer ist. Und während sich die Verlage hinstellen und darin eine Bedrohung des freien Wettbewerbs durch Gebührengelder sehen, geht ein anderer Wettbewerb bei der Geschichte vor die Hunde: Der Wettbewerb um das beste Produkt. Bei dem schaut es für die Verlage grottig aus, weil das ganze Sinnen und Streben die Apps als virtuellen Kiosk begreift, über den die Zeitung digital und idealerweise auch noch mit grösseren Margen verkauft werden soll. Die ARD tat einfach etwas für die Nutzer. Und ich wage zu behaupten, dass, wenn die Verlage auch erst mal was für die Nutzer tun würden, und dann fragen, ob sie dafür vielleicht zahlen würden, mehr Erfolg hätten. Wenn die Apps gegenüber der Zeitung einen Mehrwert böten, jenseits des Umstandes, dass es nicht mehr so umständliche Blätterei ist.

Aber genau hier bringen die besagten Verlage nur Krimskrams. Ob Springer einem erzählen will, dass sie eine Kompetenz für Luxusprodukte haben, ob da ein paar Bildergalerien mehr sind oder Artikel sogar abspeicherbar - nein wirklich? - das alles zieht nicht, weil es in den gleichen vernagelten Hirnkästen entstand, die jetzt keine andere Antwort auf den Überflieger als die Klage kennen. Die Idee: Wenn sie die App gerichtlich verbieten lassen, werden die Nutzer schon angekrochen kommen. Aber wieso sollten sie? Ausgerechnet zu den Prozesshanseln, die ihre ganze Kraft in Juristerei stecken, und gar nicht bereit sind, den Kampf um die Nutzer über dessen Wünsche und Begierden zu führen? Was denken die eigentlich? Dass sie Barone des Mittelalters und die Leser ihre Leibeigenen sind?

Wir sind Dienstleister. Wir verkaufen Texte für Geld, für Aufmerksamkeit, für Leserbindung und Werbeschaltung. Das Abo ist nicht mehr das Modell der Leserbindung im Internet, man muss andere Mittel und Wege finden. Der für Journalisten ekligste Weg ist der, den ich gehe, Aufbau einer Marke, eines Merkmals, etwas, das gezielt gesucht und gewollt wird. Jemand, den man lesen möchte. Weg von den Ränkespielen der Redaktionen und dem devoten Kriechen vor Professoren, Unternehmen und Politikern, hin zu den Lesern, die es schätzen, wenn man auf sie eingeht. Das erreiche ich durch einen gewissen Stil und viel Arbeit, aber nicht, indem ich Nachts mit dem Baseballschläger andere Kolumnisten zusammenknüpple in der Hoffnung, dass deren Leser dann zu mir kommen.

Was die Verlage konkret versuchen, ist die Zerstörung von gelungener Nutzerbindung, um sie durch Nutzerankettung zu ersetzen. Und ich frage mich wirklich, wie blind man sein muss, wie wenig man vom Internet verstanden haben muss, wenn man nach all den Niederlagen und dem weitgehenden Bedeutungsverlust gerade bei den besseren Angeboten immer noch glauben kann, man könnte im Netz irgendwem irgendwas befehlen und dann eine Mauer darum ziehen. Es ist mir dabei vollkommen egal, ob das Treiben der ARD legal ist: Wenn Medien nicht in der Lage sind, dagegen selbst zu bestehen, wird das auch ohne Tagesschau-App nicht anders. Dann kommt eben die Huffington Post. Oder Springer mit irgendwas besonders Obszönen. Irgendwas wird schon auf die Geräte geladen. Aber dazu braucht es Ideen. Nach meiner Erfahrung ist es ohnehin so, dass der grosse Schwung, die Zeit der grossen Euphorie mit schlechten Ideen verplempert wurde. Und das wird auch nicht besser, wenn sich nach einem Ende der Tagesschau-App die gleichen teuren Prozessmanagementleute Gedanken machen, mit welchen minimalen Kosten man nun den von Qualität bereinigten Markt erobern kann: Was momentan da ist, ist das, was sie können. Irgend sowas wird es bleiben. Hier ein Gimmick, da ein Speicherordner, und überall ein Bezahlknopf.

Und nirgendwo einer, der draufdrückt.

Disclosure: Einer der acht Verlage gibt die Zeitung heraus, bei deren Onlineableger meistens meine bezahlten Texte zu finden sind.

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