: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 24. Oktober 2013

In einer wirklich beschissenen Parallelwelt:

Firmen-Gründer Michael O. Schmutzer bahnt Büro-Vermietungen über XING an und überzeugt seine Kunden durch Arbeitsräume, die nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen gestaltet sind. Gute Büros stimulieren zu guter Arbeit. Jederzeit. "Bei uns checken sich Büro-Nutzer ein, denen wir durch Verlässlichkeit in unserem Service eine kreative und doch von Heimatgefühl geprägte Arbeitswelt bieten. Diese Routine kann entschleunigen und konzentrieren helfen“, so Schmutzer. Infratest-Zukunftsforscher Wolf pflichtet ihm bei: "Als Kernbedürfnis der Wissensarbeiter gilt ein stress- und sorgenfreies Arbeiten.“

Ich wäre ja lieber tot, als mit Michael O. (!!!!!) Schmutzer über meine Kernbedürfnisse zu reden, zumal seine Vorstellungen von Arbeit nicht meiner Neigung entsprechen, in meinem Bad, solange es noch nicht restauriert ist, nach Herzenslust an schmutzigen Rädern zu schrauben. Manchmal wüsste ich gerne, ob sich Leute erst mal mit dem Wesen ihrer Adressaten beschäftigen, bevor sie ihnen so etwas schicken. Ich rieche Resopal und Kirschimitat und Kostenrechnungen für möglichst billige Reinigungskräfte. Ich finde das alles so furchtbar und wenn ich mal in Büros bin, sind da auch nie Barockgemälde.

Also. Ich habe jetzt das Viner Nemo fertig. Noch so eine jahrelange Baustelle, dereinst den Rahmen gekauft und nie gewusst, was ich damit machen soll. Aber die Niederlagen und knappen Siegen in den Alpen haben mich dazu gebracht, noch ein radikales Bergrennrad mit XTR zu bauen



Ich werde eher kritisch und unsicher, wenn etwas zu gut läuft: Die letzten Projekte waren sicher so, wie Michael O. Schmutzer das in seiner Powerpoint zeigen würde. Da bin ich mit einem halben Werkzeugkasten losgefahren in der Erwartung, dass alles noch einmal justiert werden müsste. Aber alles hat gepasst. Nichts war zu machen, alles lief perfekt.

Diesmal jedoch war die ganze Kurbel verbogen. Ich habe keine Ahnung, wie so etwas passieren kann, jedenfalls war das daheim im Bad dann noch ein lautes Gefluche und Geschrei bei der Metallbearbeitung, wie es sich Sozialnetzwerker gar nicht vorstellen können. Natürlich habe ich die Kurbel vor Ewigkeiten gekauft, weil sie enorm billig war und man sie irgendwann mal braucht; da kann ich mich jetzt nicht mehr beschweren, sondern nur noch Rohr und Zange und Hammer - meine Lieblingswerkzeige, nehmt das, ihre Drehmimentfetischisten - bemühen. Am Ende ist es dann so lala gelaufen, aber da kann man immer noch was verbessern. Nicht nur an der einstmals 300-Euro teuren Kurbel, auch an den Pedalen mit Titanachsen und so leid es mir tut: Brooks-Sättel passen bei all der netten Werbung, die sich machen, einfach nicht zu meinem Hintern.

Die Welt ist nie so perfekt wie bei Michsel O. Schmutzer, und ich werde noch viel Dreck an den Händen haben, bevor diese Kiste die Pässe der Alpen erklimmt. Aber das wird sie tun. Und ich werde darauf sitzen und herabschauen auf dumm und zufrieden lachen über all das Wissensarbeitergesocks mit ihren Twitterakademien und Businessblogs und Stühlen gegen Haltungsschäden.

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Nach Friedrich, Uhl, Schindler und Pofalla

ist Angela Merkel die fünftletzte Person in diesem Land, bei der ich Bedauern empfinde, wenn sie von der NSA abgeschnorchelt, abgehört, ausg'fieslt und komplett durch die Analyseprogramme gejagt wurde.

Geschieht euch recht, ihr Handlanger der NSA und Verräter des eigenen Volkes, dessen verfassungsgemässe Rechte ihr zur Disposition stellt. Die USA meinen das nicht böse, sie jagen nur Verfassungsfeinde.

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Mittwoch, 23. Oktober 2013

Deutsche Einheit

Ich habe vermutlich mit den kürzesten Weg, und das hat den Vorteil, dass ich mit dem Rad nur 120 Sekunden bis zum Theater brauche. Gleichzeitig hat es den Nachteil, dass ich knapp kalkuliere und 120 Sekunden vor dem offiziellen Beginn zum Rad greife. Mitsamt dem Absperren und Hochlaufen ist das etwas knapp. Und weil dann doch noch ein paar Minuten bis zum Auftritt sind, gibt das zu Bemerkungen Anlass, dass derjenige mit dem kürzesten Weg als Letzter kommt.



Klavierquartett bedeutet, dass es im Gegensatz zu grossen Klangkörpern noch Karten gibt, gar nicht so wenige sogar, und vielleicht liegt das auch an der Auswahl der Stücke und einem Einstieg mit einem Tango eines Deutschen aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Jedenfalls ist es diesmal den Westfalen gelungen, sich eng zu ballen, schräg vor mir, neben mir und hinter mir. Manchmal sind sie über den ganzen Saal verstreut, diesmal sind ihre Reihen gut gefügt, sie plaudern nach hinten und vorne und schauen dann so ernst, wie nur Norddeutsche beim Konzert ernst schauen können. Schauen ja, mitwippen, was Bayern öfters mal passiert, nicht. Ich wippe ja erst ab Musik vor 1760, das wird diesmal nicht geboten, nur eben Strauss und Beethoven. Und modern.



In der Pause marschieren die Osnabrücker und Münsteraner dann geschlossen aus, suchen sich einen Platz ganz oben, wo man die Feinde gut sieht und nicht angegriffen werden kann, und zwar an einer Engstelle, die an die Termophylen erinnert. Sie sind im Ausland, das merkt man. Während sich der Bayer die Beine vertritt und umherläuft und schaut, wer da ist und wer nicht, bilden die Westfalen ein Klumpenrisiko der Abgeschlossenheit. Niemand kennt sie, sie kennen niemanden. Wahrscheinlich haben sie sich ihr Leben auch nicht so vorgestellt, dass einmal die wirklich guten Jobs hier im Süden sein werden, aber sie nehmen, was geht, und ansonsten sind ja genug von der Sorte da, um die nächsten Jahre zu überleben. Wie so oft in diesem eher jungen Alter sind es vor allem Frauen, die Männer, so es sie gibt, sind wohl daheim oder im Norden geblieben. Manchmal kommt es mir ohnehin so vor, als seien Frauen erheblich mobiler. Jetzt sind sie also hier und passen auf, dass der Genpool nicht über die Ränder schwappt.



Es passiert eigentlich nicht so oft, dass man zwei Stunden neben jemandem sitzt und kein Wort wechselt, normalerweise ist so ein Konzert in der Provinz ja auch immer Kontaktbörse, Gerüchteküche und Partnerseite im Offline. Aber diese Leute geben einem gar keine Möglichkeit, sie kommen erst ganz spät, wenn alle anderen schon sitzen, und schliessen dann die Reihen und starren wieder interessiert durch ihre randlosen Brillen. Ganz klein sind die Perlen der Ketten, was ich etwas erstaunlich finde; die Skelette sind auffallend robust und nicht gerade zierlich, da sollte dann schon mehr hin - aber vermutlich sind sie da oben protestantisch und so kommt das halt. Ich denke, sie fremdeln etwas mit dieser neuen Heimat, sie tun sich das an, weil es sein muss, wie sich Protestanten halt immer die Pflichten antun, ohne Operndrama und immer mit dem Gefühl, sich jetzt in der Freizeit eben amüsieren zu müssen.



Nachher gewinnen sie den Sprint die Treppen hinunter mit riesigem Abstand, die alten Leute hier haben keine Chance und die Trödler wie ich ohnehin nicht. Ich muss ja auch noch hier und da auf Wiedersehen sagen, und meine alte Lehrerin aus der Grundschule ist auch noch da. Heimat halt. Unten zerre ich dann mein Rad aus dem Busch, in den ich es geworfen haben, und da stehen sie dann wieder und reden, was man jetzt, an einem Dienstag in der Provinz, um 22 Uhr noch machen könnte.

Ohne intaktes Umfeld, in der Fremde wenig. Man muss halt reden mit den Leuten. Das machen sie dann vermutlich am nächsten Tag im Büro via Facebook in ihrer High-Potential-Community, und beklagen ihr Schicksal, dass die wirklich fetten Jobs nun mal nicht immer dort sind, wo man jeden Abend die Auswahl aus zwei Opern hat. Immerhin, das fauretquartett haben sie jetzt auch gesehen. Es geht schon, in dieser Stadt, auch wenn darüber hinaus nichts geht.

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Montag, 21. Oktober 2013

Das tut man einfach nicht

Manchmal dauern Geschichten etwas länger, aber jetzt passt das Klima und überhaupt, man sollte vielleicht darüber reden, bevor der Winter kommt und dann die Menschen wieder von Dächern springen. Ich weiss, wovon ich da rede, vor knapp 30 Jahren war das noch ein Drama und wir fanden, dass alle anderen Schuld sind, aber heute sehe ich die Sache ein klein wenig anders.



Generell leben wir in einer Gesellschaft, in der es immer irgendwie weiter geht. Es gibt viele Ungerechtigkeiten und nicht jeder kriegt alles, was er gern hätte, aber diverse Todesursachen der Vergangenheit sind nicht mehr existent. Niemand muss verhungern. Niemand muss erfrieren (ok, eventuell der Besoffene, der gestern Nacht auf der Treppe vor dem Rathaus schlief und als ich ihm Hilfe anbot, nach seinem Messer suchte und meinte, mich abstechen zu wollen, aber er hat es nicht gefunden und war auch etwas langsam). Die meisten Krankheiten haben, zumindest in dem Lebensalter, in dem man Spass haben kann, viel von ihrem Schrecken verloren; weder Schwangerschaft noch Schnittwunden bringen uns um. Statt dessen bringen wir uns selber um.

Unaktueller Anlass ist der Mann, der mit seinen Startups nicht mehr weiter wusste, und sich dann eben das Leben genommen hat. Weil er offensichtlich keine Möglichkeit mehr sah, etwas zu bewegen. Weil er auch recht sensibel war. Und nicht dumm, aber auch nicht klug genug um zu sehen, dass es hierzulande immer genug andere Möglichkeiten gibt. ja, noch nicht mal Privatinsolvenz und Hotel Mama sind schlimm, man kann das im Internet ja durchaus kaschieren, wenn man will. Und wieder neu anfangen. Deutschland ist gross. Ich habe selbst am Band gearbeitet, schlimmer als bei Springer ist das sicher nicht.



Und nicht umsonst gibt es ja auch Hilfen. Man kann nicht nur beim Amokllauf auf Unzurechnungshähigkeit plädieren, sondern auch bei allen anderen, kleineren Problemen. Und natürlich denkt man sich immer auch, was man denn hätte tun können, welche Möglichkeiten es gäbe, warum etwas aussichtslos erscheint, wenn es immer Auswege in Hülle und Fülle gibt, nur halt nicht immer da, wo man sie vielleicht gern hätte. Würde man das, was in Deutschland und in besonders in Berlin als deprimierende Zustände betrachtet, etwa auf Italien oder Spanien übertragen, könnte sich dort ein grosser Teil der Jugend mit gutem Recht umbringen.

Ich habe in Italien ein Rennrad von einem jungen Mann stehen, der es verkaufen musste, wie alles, was er sich bis Anfang 30 erarbeitet hat, weil er zurück zu Mama musste.In einen Ort, der nach italienischen Vorstellungen jetzt eher eine triste Arbeiterstadt ist. In sein altes Kinderzimmer. Immerhin, die Wohnung gehörte seiner Mutter und das war schon was, meinte er, und diese zwei, drei Jahre würde er auch durchstehen, dann käme etwas anderes. Dazu hat er sich halt mit Mama arrangiert, was jetzt vielleicht auch nicht cool ist, aber das Leben geht weiter.



Und das ist dann der Punkt, wo es wirklich bei mir aussetzt. Ich kann es bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen, dass Menschen sich lieber in den Suizid hineinreden, als über die Hürde zu klettern, anderen, erst mal Wildfremden ihre Situation zu erklären und um Hilfe zu bitten - weil es ihnen als die leichtere Lösung erscheint. Das Suchen nach wenig erbaulichen Auswegen ist in dieser Lage natürlich immer schwer und bedeutet sicher auch die Aufgabe einiger Freiheiten; was natürlich dann eher ungut erscheint, wenn man die gewährte Hilfe nutzt, um im alten Stil weiter zu machen. So kann man sich natürlich auch alle weiteren Wege verrammeln.

Aber meines Erachtens gibt es immer noch eien Pflicht bei der Sache und die lautet: Wartet mit dem Blödsinn gefälligst, bis die Reihe an Euch ist. Eltern haben natürlich keine Rechte an Kindern ausser einem, die Augen zu schliessen mit dem Gefühl, dass alles schon irgendwie werden wird. Wenn sich das danach als falsch herausstellt: Mei, sie kriegen das nicht mehr mit. Diese ultimative Selbstverwirklichung durch Selbstmord bzw. ein theatralischer Versuch ist so ziemlich das Assligste, was man machen kann und diese Ichfixiertheit, die dahinter steht, kein Ausdruck von Sensibilität, sondern von einem ziemlichen Paket Arschlochigkeit.



Tschuldigung. Ich höre jetzt schon das Gewinsel, dass solche Sager natürlich nochmal extra Rumtrampeln auf gefährdeten Menschen sind, die ohnehin schon nicht meht ein und aus wissen. Wie wäre es da, nur mal so ins Blaue besprochen, mit etwas nachdenken, ob es wirklich keinen anderen Weg mehr gibt, und dass diese Wege einen oft noch nicht mal auf das Niveau einer Kassenkraft drücken?

Auch dieser Winter geht vorbei. Und sollte es das Übliche berliner Debakel aus kein geld, keine Wohnung, kein Job und keine Perspektive sein: Hier haben wir gerade Übervollbeschäftigung. Und wer sich gern umbringt, wenn es sonst nicht mehr Berlin sein kann:

Darwin. Aber wartet gefälligst, denn es ist schon verdammt schwer, sich so fiese Eltern vorzustellen, die so etwas verdient hätten

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Sonntag, 20. Oktober 2013

Warum Sobooks kein Buchladen wird

Manche haben sich auf der Buchmesse gewundert, warum ich zu SoBooks noch keine Kritik geschrieben habe. Ja, also, was soll man an Kritiken über eine Firma schreiben, die noch "i.Gr." ist, ihre Website mit rudimentären Funktionen gerade erst freigeschaltet hat, und deren Buchbeschreibungen voller Fehler sind, was auf Hektik und zu wenig Zeit vor dem Start zur Buchmesse schliessen lässt? Vielleicht, dass halt mal wieder alle Startupfehler von den üblichen Leuten gemacht wurde: Am Anfang zu sehr das Maul aufgerissen, dann Ewigkeiten nicht in die Pötte gekommen, dann nahte die Buchmesse und man hat halt das herausgeschoben, was fertig war. Eine closed Beta. Gemeinhin würde man im wahren Leben ja eher keine Geschäfte eröffnen, in denen die Kisten herumstehen, die Ware noch nicht ausgepackt ist, nur wenige überhaupt rein dürfen und die Registrierkasse noch nicht arbeitet, nur um sehr spezielle Dinge wie Mitspracherechte zu verkaufen, für die dann aber auch genug andere da sein müssten, um mitzureden, was sie aber nicht sind, weil ja nicht jeder darf. So viel zum gesunden Menschenverstand.

Es stört hoffentlich niemanden, wenn ich ein derartig scheussliches Thema mit hübschen Bildern aus Bayreuth verziere? Danke.







Nun weiss man von Sascha Lobo allgemein, dass er nicht zum ersten Mal eine Firma gründet; andere Fälle verschwinden in einem Wust romanhafter Ausschmückung der üblichen, lahmen Klitschen ohne Sinn und Verstand, und ich bin jetzt zu faul, die geheimen DCT-Files herauszukramen und das alles noch einmal nachzuerzählen. Wie auch immer, das Scheitern des grossartigen Blogvermarkters "Adical" hat wohl jeder miterlebt und aus dem Claim "Ich mach Euch alle reich", den Sascha Lobo in die Bloglandschaft kotzte, blieb wenig mehr als ein nervenaufreibender Prozess und Seiten wie Bildblog und Leute wie Niggemeier, die mit solchen Versprechungen richtig gut rangefüttert wurden. Aber wenig bekamen.

Lobo zog sich in der Folge wieder auf das Projektgeschäft und Verfassen von eher weniger toll verkauften Büchern jenseits des Internets zurück, aber jetzt ist er also wieder da, mit Firma. Zu deren Gründung gibt es die öffentlich verbreitete Story dieses berufsmässigen Werbers, der behauptet, das wäre so beim Trinken auf einem Buchmesseempfang passiert; eine Story, mit der diese Figur ihr Image als leicht angetrunkenes Genie poliert, Die Wahrheit ist allerdings viel profaner: Lobo und seine Freunde wollten anfänglich nur einen Webshop für ihre EBooks haben, um selbst mehr an den Erlösen zu partizipieren, mussten sich dann aber von einem Spezialisten anhören, dass Aufwand und Ertrag in keinem sinnvollen Verhältnis stehen. So etwas muss grösser werden, damit die Kosten hereinkommen, denn die technische Plattform kostet mit 10 Büchern kaum mehr als mit 100.000. Und so kam es eben zur Überlegung, wie man so ein System gegen die anderen Konkurrenten positionieren könnte.

Lässt man weitere formschöne Erfindungen wie "Diskursmöglichkeiten, Debatten, Kommentare, Interaktion" einmal weg, kommt am Ende eine Art Dumpingsystem einer Paywall für Inhalte ohne DRM heraus. Daran ist nichts Schlechtes, nur sollte man sich eben bewusst sein: Sobooks vertreibt Daten gegen Bezahlung und möchte, dass die Käufer auch gleichzeitig durch Interaktion die Werbung machen. Im Verkauf der Daten lockerer als Amazon und beim Marketing, wenn es gut läuft, wie StudiVZ Second Life werkenntwen Facebook. Der Kundennutzen sind Bücher, die der Nutzer nicht mehr unter DRM hat, oder gar nur mietet, solange er zahlt, sondern halt auf seinem Gerät hat und behalten kann. Plus Zugang zu den Debattenmöglichkeiten bei Sobooks. Was natürlich ein fairerer Deal als das ist, was andere tun, solange es die Firma so gibt.







Ja, aber.

Das "Ja aber" ist eine simple Rechnung. Mit der Arbeit soll das Projekt in diesem halbfertigen Ruinenzustand schon mehr als eine Million gekostet haben. Firmen kosten nun mal Geld. Und ich habe überhaupt keine Zweifel, dass dieses Projekt noch erheblich mehr Geld kosten wird, bis es reibungslos läuft. Und angesichts eines Buchmarktes, bei dem die Backlist zunehmend bedeutungslos sind, und Bücher selten länger als 3 Monate laufen, wird auch ständiges Nacharbeiten nötig sein, selbst wenn die Plattform fertig ist. Sicher, vieles können die beteiligten Verlage vielleicht selbst über eine API liefern, und in Berlin sind genug Hungerleider, die sowas als Praktikum durchschauen. Und selbst, wenn der einzige Lohn, den ich bei Lobo für gerechtfertigt halten würde, den Wert von Spucke im Gesicht kaum überschreitet: Auch so einer muss Döner essen. Oder, um nicht mit dem H4-Schick anderer Berliner daherzukommen, auch mal selbst verkochte Nudeln in einer Kneipe unter Politikasozialen zahlen. Oder wird die FDP uinzwischen aus diesem Borschartds oder wie das heisst gepeitscht?

Nehmen wir also mal an, dass alle Kosten für das Projekt Ende 2014 eher bei 2-3 Millionen liegen, nach deren Selbsteinschätzung. Und nehmen wir an, dass sie die gern zurück hätten. Und vielleicht gern auch noch sowas wie Profit.

So eine Buchdatei kostet bei Sobooks deutlich unter 10 Euro. Und der Verlag wird da eher 50 oder 60% selbst einbehalten, aber gehen wir ruhig davon aus, dass Sobooks pro Buch 3 Euro vor allem verdient.

Um nur die angelaufenen Kosten bis Ende 2014 hereinzuholen, müsste Sobooks von diesen Datensätzen als gut eine Million verkaufen.







1 Million Bücher. Wer den Buchmarkt kennt, weiss, dass das nicht ganz einfach ist, wenn man gerade mal 1000 Follower bei Twitter hat, und auch von Lobos Followern mögen nur kleine Bruchteile seine Bücher lesen. Nur sehr wenige Menschen kaufen mehr als 50 Bücher pro Jahr und selbst wenn sie es tun, dann nicht bei den wenigen Verlagen, die bei Sobooks sind. Geghen wir aber mal davon aus, dass jeder Kunde durchschnittlich 10 Bücher dort ersteht.

Dann bräuchte Sobooks 100.000 Kunden. Nur um unter meinen Annahmen nicht in den roten Zahlen zu enden.

Das geht auch mit Spiegel online nicht, ausser man heisst Dick und schreibt über Rechtschreibfehler spiessige Zoten.

Das heisst, Sobooks muss entweder rasend schnell andere Verlage rumkriegen, ihre Bücher dort billiger zu verramschen und zwar ohne den ganzen DRM-Kram, damit die Kunden dort mehr Bücher kaufen und der Laden irgendwann profitabel wird. Meine Meinung ist, dass Sobooks schon eine viertel Million Kunden und ein sehr viel breiteres Sortiment und natürlich auch Angestellte für den Vertrieb bräuchte, vor allem aber Kunden, die wirklich vor allem dort einkaufen, um die alle reich zu machen.







Und dafür braucht man sicher auch vier, fünf Jahre, wenn es gut geht. Glaubt hier jemand ernsthaft, so einer wie Lobo würde sich ernsthaft ein halbes Jahrzehnt mit aller Kraft auf so etwas einlassen?

Meines Erachtens ist das Geschäftsmodell von Sobooks ein ganz anderes: Es ist der Versuch, eine akzeptierte Paywall unter vereinfachten Nutzerbedingungen einzuführen. Ich finde diese Idee nicht ganz schlcht, sie kommt halt nur von Leuten, die nicht eben als Heilsbringer in Erscheinung treten. Es sind Leute, die Profit wollen, und der, siehe oben, ist aus dem Büchern allein eher kaum zu erwarten.

Aber es gibt ja auch noch genug Verlage, Zeitungen und Medienkonzerne, die alle nicht wissen, wie sie eine Paywall machen sollen. Und wenn Sobooks eine gewisse, funktionierende Nutzerbasis auf der einen Seite und eine Paywall auf der anderen Seite haben sollte, ist das schon mal was, was andere erst mal schaffen müssten. Mitsamt Dikurs. und Marketingmöglichkeiten im sozialen Bereich. Und so etwas kostet in den kranken Strukturen herkömmlicher Verlage weitaus mehr als ein paar Millionen. Da ist Sobboks einfach die schlankere Lösung.

Das sind meines Erachtens die einzigen Kunden, auf die Lobo und Co, es wirklich abgesehen haben: Dass irgendein Verlag diesen vertriebskanal selbst haben und nebenbei noch an der Konkurrenz verdienen möchte. Amazon übernimmt solche Klitschen immer mal wieder, Holtzbrinck hat unter hohen Kosten Lovelybooks gemacht, der Reading Room bei der FAZ blieb leider Rudiment: Jetzt kommt Lobo und bietet die Alternative an.

Es geht gar nicht um das Verkaufen von Büchern. es geht um die Millionen der Verlage. Hochziehen, verticken an blöde Firmen, die das nicht selbst können, reich werden.

Ich weiss schon, warum ich denen sofort den Anwalt an den Hals hetzen würde, würde da auch nur eine Zeile von mir stehen. Über Texte kann man mit mir reden, über Nw Economy nicht.

Und, liebe Verlage; Schaut Euch die Performance an. Denkt nach. Wer einen Lobo zu brauchen meint, glaubt auch bei Krankheit an einen Wunderheiler.

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Samstag, 19. Oktober 2013

Die beste Werbung für den aufgeklärten Absolutismus

ist der Garten der Eremitage in Bayreuth. Eigentlich sollte man da jedes Jahr im Herbst hinfahren; allein, aus einigen Gründen war es die letzten beiden Jahre nicht möglich. Aber dieses Jahr ging es, und ich war wieder mit der Kamera zu Gast bei Wilhelmine.







Was ein wenig schade ist: Die Pflanzen werden immer schon am 5. Oktober weggeräumt, dann schliesst auch das Cafe am Brunnen, und die Figuren werden verhüllt; nie also sieht man den ganzen Garten in seiner Pracht und die prächtigen Farben der Jahreszeit im besten Moment zusammen.







Aber das macht wenig aus, denn es ist immer noch verschwenderisch. Ich mache hier Bilder, genug für 5 Beiträge, und sicher, eine Galerie könnte man auch machen, aber im Prinzip ist es ja auch nicht schlecht, so etwas für sich zu behalten. Es gehört ja nicht mir, ich tue es nur ins Internet, damit es schöner und ein klein wenig parkartig wird. Es gehört eigentlich keinem. Wer könnte schon sagen, dass ihm das Licht gehört?







Wenigstens gehört der Park jetzt allen, und all die Kommerzialisierer, die sich unten im Tal ins Bild drängeln, sind weit weg und werden es hier hoch nicht schaffen. Das ist eine andere Welt, sie ist nicht nur fremd wegen der Epoche, aus der sie stammt, sondern auch wegen der Nutzlosigkeit, für die sie Zeugnis ablegt. Es gibt keinen Grund, so etwas zu bauen. Und gerade deshalb ist es so anmutig.







Wir denken, wir sind jenen Erbauern in Puder und Brokat so überlegen, weil unsere Kleider billig zusammengenäht sind, und wir an die Rente denken und an Sonderangebote. Man kann so einen Tag natürlich auch in einem Outlet Center verbringen. Aber ich war halt in Bayreuth, und es hat mir sehr gut getan. Es hat mich, wie immer, verzaubert.

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Freitag, 18. Oktober 2013

Nicht mein Land und nicht mein Netz

Es gab gerade den Moment, da war ich richtig froh, dass die Piraten nicht im Bundestag sind. Anlass waren ein paar hingeschmierte Bemerkungen einer Person, von der ich eigentlich ein gutes Bild hatte, und von der ich mir gewünscht hätte, dass sie es schafft. Mir ist so eine Enttäuschung bei einer Gescheiterten lieber, als von einer, die dann die Geschicke des Landes mitbestimmen kann. Es könnte mir im Übrigen auch egal sein, hätte ich einmal nicht versucht, aufgrund des guten Eindrucks etwas tun. Dass es nichts wurde, lag einfach daran, dass die Welten zu verschieden waren, und nun ja: Jetzt kommt also die grosse Koalition mit all den Privilegien für mich. Und nebenbei erfahre ich, dass viele, die sich echte Hoffnungen gemacht haben, jetzt irgendwie fragen, was aus ihnen werden soll. Unangenehm. Also lieber gleich weitermachen mit den parteiinternen Grabenkämpfen.







Sie regen sich über alte, weisse Männer auf. Das kann ich vollumfänglich nachvollziehen, wenngleich es da auch solche und solche gibt. Und ich wäre auch angetan, wenn ich mal mehr Leistung von jungen, weissen oder was auch immer Frauen sähe, die mit so grossem Engagement andere auf 140 Zeichen anfiesen. Ich bin, weil ich aus dem alten, schlechten Bayern stamme, etwas voreingenommen gegen die sofortige Gesprächsverweigerung der Staatsparteiapparatschiks. Manchmal hat man das ja auf dem Blog, dass einer gleich mit dem ersten Beitrag alle Register der Trollerei zieht - die lösche ich dann, immer mit dem Gefühl der Verärgerung, auch ihr Spiel zu spielen. Hat denen eigentlich keiner gesagt, dass man wenigstens pro forma ein "Entschuldigung, aber" davor setzt, wenn man sich nicht kennt und den anderen kritisieren möchte?

Die Antwort ist vermutlich "Nein". Die Antwort auf die Frage, warum ausgerechnet Menschen mit schlechten Manieren dann bessere Politik machen sollen, weiss ich nicht, man hat doch am Berufskriegermenschen Niebel gesehen, wie so etwas ausgeht. Ich muss mich wenigstens darum nicht auch noch kümmern. Noch nicht mal bei der Europawahl, wo sie es, wenn der Linksdrall so weiter geht (und das wird es tun, für die Fahrkarten nach Bremen sorgen schon die Kader), mit Sicherheit auch nicht schaffen werden. Die jungen, weissen Frauen und ihre Freundinnen in den Medien, die jetzt dann doch lieber etwas anderes machen.







Mir ist natürlich schon klar, dass viele von denen, die sich nicht anders als in 140 möglichst lauten Zeichen artikulieren und hässlich sein können, in Wirklichkeit ganz anders sind. Oder sein können. Wenn sie nur wollen. So, dass auch gern zugehört wird, und so etwas wie ein Diskurs entstehen kann. Sind wir nicht alle ein wenig so, wenn der andere gegenüber sitzt? (Nein, es gibt auich welche, die real so krank wie auf Twitter sind, musste ich leder erleben, aber egal)

Manchmal denke ich mir bei all diesen Leuten: Sie hatten in den letzten drei Jahren so unendlich viele Chancen, so viele mehr als die vor ihnen und die nach ihnen noch einmal haben werden. Sie hatten Glück, genau den richtigen Hebel am System ansetzen zu können. Man hat sie eingeladen,. Man hat sie reden lassen. Man hat ihnen Blogs, Geld, Raum, Vorträge, Sendungen gegeben, sie waren auf den Titeln und wirklich begehrt. Man hat sie mit Buchverträgen beworfen und um Rat gefragt. Mitte 20 waren wir froh, wenn wir neben dem Zuhause unseren eigenen Freiraum hatten, in dem uns die restriktive Politik des Freistaates so halbwegs in Ruhe gelassen hat. Irgendwie hat das trotzdem etwas bewegt. Keiner, der heute in meinem damaligen Alter ist, wird je wieder in diesem Land über die Autobahn in letzter Sekunde zu einem der beiden Abtreibungsärzten rasen müssen, die noch etwas tun können für eine Person, die man fast nicht kennt, deren Eltern nichts wissen dürfen und die nur das Glück hat, eine Freundin zu haben, die einen kennt, von dem sie weiss: Der würde das tun. Vergessen sind all die Namen der Lesben und Schwulen, die Stück für Stück erst für ihr Wesen, ihre Normalität und dann leider auch für die Akzeptanz ihrer Erkrankung kämpfen mussten. Es waren viele. Sie waren auch nicht gut oder besser oder alte weisse Männer, sie haben in ihren kleinen Räumen begonnen, und am Ende ist es ein anderes Land geworden. Kein Focus hätte sie als Zukunft auf den Titel gebracht. da waren unsere Verfolger. Die Sheriffs. Die alten Braunen. Wir hatten keine echte Chance, nur viel Arbeit. Gut, meine schwulen Freunde mussten vier Jahre Westerwelle erdulden, man kann es sich halt nicht immer raussuchen.







Es gab eine Zeit, da wurden diese jungen Leute bei uns mit dem arabischen Frühling verglichen. Muss man sich mal vorstellen, saturierte, vergleichsweise reiche Kinder, HartzIV-Hochbegabte mit iPhone, bessere Töchter mit La Noia in Berlin, Borderliner mit Psychoknacks werden ohne jedes eigene Risiko zur Macht der Veränderung hochgeschrieben. Damals hiess es, sie hätten Chancen. Heute haben sie noch 2, 3 Jahre Ausharren mit anderen Abscheuilichkeiten in manchen Parlamenten vor sich, oder stellen fest, dass der hochheilige Lebenslauf eine Schramm-e hat. Was soll nur der Arbeitgeber, so er sich materialisiert, denken?

Ja, der Arbeitgeber. Denn nachdem es nichts ist mit dem Parlament, und auch nicht mit der Partei, muss man vielleicht doch mal äh - arbeiten, igitt, da schütze einen der heilige Marx. Wie ich gerade erfahre, ist da ein Nudelfreund in Berlin, der nach München möchte, aber kein Geld für Urlaub hat, sich also bei einer Veranstaltung einladen lässt, bei der aber keine Frauen auf dem Podium sitzen und dann öffentlich die Veranstalter anmosernd überlegt abzusagen, weil da nur Männer sind, aber andererseits kann er sonst nicht nach München, weil kein Geld, und das wäre doch ein toller Urlaub... die Nudel war ihr Schicksal. Hier verbrennen wir Holz für so viel Geld, da könnte so einer den ganzen Winter Döner essen, und das macht den Unterschied: Der eine schiebt es in den Ofen, der andere nicht in den Magen. Man hätte nur ein paar Dinge anders machen müssen, Kleinigkeiten, ein paar mal besser schweigen und nicht sofort auf jeden losgehen, weil man sich dazu berechtigt fühlt - aber es waren so viele Chancen, da kann man schon mal eine als Zeichen der moralischen Überlegenheiten niedermachen. Und nicht verstehen, dass die anderen Chancen auch bald aufhören, welche zu sein.







Der arabische Frühling hatte Islamisten, Diktatoren, Geheimdienste, amrikanische Unterstützer und erstarrte Gesellschaften gegen sich. Nichts davon hier. Hier hatten Grossmäuler alle Chancen, etwas zu erreichen, und man muss leider sagen: Gut, dass es nicht so gekommen ist. Dabei sind die gar nicht alle zwider. Nur auf Twitter sind sie gemeinschaftlich so dumm, dass ich alle Tore verriegeln möchte.

Beim Arbeiten haben sich meine Schuhe aufgelöst, ich habe Käfer und Spinnen sorgfältig evakuiert, und eine solide Mauer für den Winter gebaut. Hier wird alles gut, sage ich der Katz ins Ohr. Es ist die weniger nette Katz, aber sie ist immer noch ein Ausbund an Charakterstärke und gutem Benehmen, wenn man es vergleicht. Und sie bekommt auch Leckerlis.

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Freitag, 18. Oktober 2013

Ein verpfuschtes Jahr

Im Herbst fallen einem dann die Furchen und Schäden auf, die geblieben sind; manches ist so halbwegs gelaufen und anderes gring gründlich schief, und der Regen des Herbstes wäscht die frohe Tünche von den banalen Ziegelsteinen, die sich hinter allem verstecken. Es wird nicht besser dieses Jahr, obwohl das Schlimmste überstanden ist.





Und so ist es auch mit dem Wein wenig geworden. Wir sind schon Winzer zu einer Zeit, da waren die Vorfahren der prominenten Weingutsbesitzer, dieser Spätberufenen der Landlust, noch Sauhirten. Der Wein war immer am Haus, manche Jahre waren gut und manche schlecht und 2013 wuchs dann endlih auch eine Rebe zu mir hoch. Ich konnte also kosten, wie weit sie sind, indem ich einfach zum fenster hinaus griff. Und was soll ich sagen: 2, 3 Wochen zu spät. Und nicht so süss wie sonst.





Und auch nicht viel. Ich glaube, der wein wusste nach dem sog. Frühling, dass es nichts mehr wird, und hat dann seine Tätigkeit eingestellt, und viele Trauben nicht mehr entwickelt. Und über die süssen blauen Trauben sind die Amseln hergefallen. Manchmal sah ich sie, wie sie rupften und rissen, und auch jetzt sind ihre Spuren beim Ernten erkennbar. 6 Kilo blaue Trauben. Das ist nichts, das ist wirklich schlecht. Letztes Jahr waren es noch fut 25. Die gelben Trauben, die am Ende ihren rötlichen Schimmer bekommen, sind unter den Blättern noch grün. Das dauert noch 2, 3 Wochen - wenn es lang genug warm bleibt. Wenigstens die haben die Amseln nicht gewollt.





Es ist halt immer so eine Sache mit dem Wein, mal so und mal so und dieses jahr passte zum Rest. Aber die Schale wird die nächsten Wochen nie leer sein, und manch andere auch nicht, und wenn alles abgeerntet ist, beginnt das neue Jahr.

Zwangsweise. Die Natur kann nicht anders und der Mensch auch nicht.

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Ich bin ja so nett

und gebe nicht 1 zu 1 wieder, was das Berliner Senatsmitglied Christopher Lauer versucht hat, um meine Berichterstattung über ihn zu behindern, aber es wundert mich gar nicht, dass der Gründer von Popcornpiraten solche Erfahrungen gemacht hat:

Die Piraten in Berlin hatten fast gleichzeitig mit der CSU in München einen eigenen Fall von Vetternwirtschaft: Es stellte sich heraus, dass die Lebensgefährtin eines Abgeordneten Mitarbeiterin einer Praktionskollegin und Tochter der Pressesprecherin war. Nachdem ich begonnen hatte, diesen Fall zu recherchieren, versuchten mich mehrere bekannte Piraten zu erreichen. Der Tonfall war harsch.

Das konnte ich ignorieren. Ich hatte das Gefühl, einige überschätzten ihren Einflussbereich maßlos. Dieser mag innerhalb der Partei groß sein, endet dort aber auch. Ein Abgeordneter ließ mir jedoch ausrichten, ich solle aufhören mit der Recherche, sonst würden dunkle Geheimnisse aus meiner Vergangenheit an die Öffentlichkeit gelangen. Tage später kam auf meine Nachfrage in einem öffentlichen Chat dann nicht viel, außer einer wiederholten Drohung und der Feststellung, dass mein Leben „im Arsch“ sei.


Ja, so ist das. Da wird gleich mal versuchtm, eine Drohkulisse aufzubauen und wenn man dann anbietet, das Material, das man hat 1 zu 1 ins Internet zu stellen, dass sich jeder ein Bild davon machen kann, wie Volksvertreter arbeiten, dann wollen sie plözulich nicht mehr.

Immerhin, was man so aus Journalistenkreisen hört, brauchen manche Berliner Piraten gar nicht mehr zu kommen; diese Mischung aus CSU-artigen Anweisungsversuchen, CDU-BaWü-Klüngeleien und SED-Politbüto-Mentalität haben dafür gesorgr. dass Clows jetzt auch als Clowns behandelt werden. Dass mancher Buffetluderer dort mit einer gewissen Einladung in Frankfurt wedelt und so tut, als hätte er noch Einfluss bei den Medien, ist lächerlich. Wir wissen, wo Dein Auto steht, Freunderl.

Jedenfalls, danke, Popcornpiraten.

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Ich konnte nicht anders

und habe deshalb "dem Bauwurmb" der deutschen Kleriker einen Beitrag bei der FAZ und im Kommentarblog gewidmet. Und natürlich - ich sitze hier auf 400 Jahre alten, von der Kirche bezahlten Sumpfeichenbalken - sehe ich die Sache differenziert, solange es nicht um die Leibeigenen geht.

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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Glücklich ist, wer vergisst.

Die Lebenslüge des deutschen Journalismus klingt in etwa so: Das ist unser Markt, wir haben die Kunden und die Kontrolle, es wird lang dauern, bis Internet wirklich trägt und ein wenig schrumpfen macht uns nichts aus. Wir planen langfristig und werden das mit dem Netz schon irgendwie schaffen, 2015 oder 16 oder so, und die Menschen wollen ja informiert werden, dafür nehmen sie auch E-Paper oder was auch immer in Kauf. Wir schaffen das schon. Und wenn nicht, gibt es da in München, Berlin oder London eine grössenwahnsinnige Koksnase, die an einer Paywall arbeitet, die macht das dann für uns. Was sollte denn schon passieren? Neue Wettbewerber wird es nicht geben, wir sind und bleiben als Verlage unter uns.





Diese Haltung ist sagenhaft kurzsichtig und noch fragwürdiger als die Leute, die in den nächsten Tagen neue Artikel über das Leistungsschutzrecht schreiben werden, weil ihnen klar wird: Es kommen neue Mitspieler. Denn heute Abend hat sich alles geändert: Nach Amazon ist jetzt de facto auch Ebay mit im Medienspiel. Gut, sie haben noch keine deutsche Zeitung, und was Focus aus der Huffington Post macht, ist ein schlechter Witz des Verbandslobbyismus. Da ist die Ariana halt mit jemadem zusammen, der es nicht anders kann.

Aber Amazon, Ebay und mit Sicherheit Google haben vieles, was die deutschen Verlage nicht haben:

- Immer aktuelles Wissen über die Interessen, Einstellungen und Meinungen ihrer Kunden und Seitenbesucher, unendlich viel davon.

- Vertriebsplattformen

- Bezahlmodelle

- Mobilsysteme

- Wissen über Onlinewerbung. Und Positionierung im Internet

- Geld. Unendlich viel Geld.

- Cracks an den Rechnern. Wer etwas kann, geht doch nicht gerade zur Ausgburger Allgemeinen.

Sie können, kurz gesagt, alles, was deutsche Medien nicht können. Und sie können es sofort aus sich heraus, sie brauchen keinen teuren, kostenfressenden Overhead aus Fingernagelackierern in den Verlagen. Sie haben keine fest gefügten Verlagsstrukturen, in denen Leute sitzen, weil sie da schon immer sassen. Sie sind schlank, profitabel, erfahren, schnell und komplett traditionslos. Und deshalb haben sie auch keine Lebenslügen.





Was sie auch nicht haben, sind Nachrichten.

Aber mit einer viertel Milliarde gibt es vermutlich keine Nachricht und keinen Journalisten, den man nicht bekommen könnte - wenn man ihn denn haben möchte. Und ich gehe mal stark davon aus, dass solche Medienprojekte ganz sicher nicht alte Schwachköpfe um 9 Uhr die Welt erklären lassen, weil sie halt irgendwie online präsentiert werden möchten. Vermutlich wird man auch nicht gerade Leute nehmen, die seit Jahrzehnten ihre Stekenpferde reiten im Gefühl, dass sich noch kein Leser beschwert hat. Oh und diese Preniere in Aachen, die muss auch glich ganz gross gebracht werden. Und danach gleich die PR von diesem Mittelständler, die wir abgefragt haben.

Kurz, zwischen dem, was die grossen Internetfirmen und die deutschen Verlage machen, gibt es keinerlei Berührungspunkte. Die deutschen Verlage müssen umfassende Strukturen für das Internet und mobile Strategien entwickeln, die Internetfirmen müssen nur sagen: Baut unser System mal für Inhalte um. Kundengewinning wird bei denen eher nebenbei laufen. Wenn man sich mal die Besuchszahlen anschaut, sieht jedes deutsche Medium klein aus. Und sie wissen jetzt schon, für welche Bereiche es Leser und Werbung und Einnahmen gibt, und wie man intern mit ihnen Geld verdient. Das sind nicht nur Medienstrategien, sondern auch ein wenig Killing-the-Middleman-Ideen. Während die Männer in der Mitte glauben, dass diese Firmen auch weiterhin im Internet ihre Kunden sein werden.

Ja, aber das ist in Amerika und die fangen gerade erst an und wir haben noch vieeeeeel Zeit, bis das bei uns ist, werden sie sagen. Und nicht: Uh oh, ich habe noch 150k Schulden auf meiner Hütte und sollte jetzt schleunigst reduzieren, weil Ebay, Google und Amazon für die Komplettübernehme des deutschen Marktes keine 10 Jahre gebraucht haben; erinnert sich jmand an Ricardo, Buecher.de und wie hiess die SuMa von Burda nochmal? Und die damalige Konkurrenz war noch weitaus besser in Schuss als die deutsche Verlagslandschaft heute. Wer von den 149 Lesern, die ich heute noch habe, soll dann noch meine interessanten Betrachtungen zum Markt lesen? - sollten sie sich fragen. Aber sie tun es nicht.





Vor diesem Ausblick hat Springer mit dem Verkauf von nichtnetztauglichen Produkten eine Entscheidung getroffen, die ebenso falsch wie richtig war: Sie haben einen unrettbaren Teil aufgegeben, um sich in eine unrettbare Zukunft zu stürzen. Wobei es mich gar nicht wundern würde, wenn die Lebenslüge sich in Artikeln Bahn bricht, die nicht bei Springer erscheinen: Wenn die Amerikaner ihre Medienergänzung skalieren wollen, müssen sie auch hierher. Und Springer wird sich dann gut überlegen, ob sie kämpfen oder Vasallen werden wollen. Weil Springer mit seiner Netzkruschkiste, im direkten Vergleich, nicht mal ein drittklassiger Gegner ist.

Der Rest der Verlage wird einige unschöne Entdeckungen im Bereich "Kundenbindung" machen. Zumal die Amerikaner in der Lage sein werden, den Lesern individuelle Seitenangebote ohne Schmarrn und mit mehr Klickrate zu machen. Und Werbung besser steuern können.

Ich würde heute als Anfänger keine Bewerbung für eine Zeitung mehr schreiben, ohne mir Gedanken zu machen, wie ich Teil so eines Systems der anderen werden könnte. Als der, der ich bin, kann ich sagen: Es gibt eine Welt jenseits des Schreibens für mich.

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