Der Beginn der griechischen Krise

Heute war ein bemerkenswerter Tag: Etwas überraschend hat sich die europäische Zentralbank bereiterklärt, griechische Staatsanleihen unabhängig von der Bewertung von Ratingagenturen anzunehmen, und dafür gute Euro zu bezahlen. Ausgedeutscht bedeutet das, dass die EZB von einer weiteren und unverbrüchlichen Stützung Griechenlands durch die Länder der EU ausgeht. Und damit ist man nicht alleine, schliesslich macht das auf Bildniveau vollverblödende Handelsblatt unter seinem kampagnenerprobten Chefredakteur auch gleich mit.

Wenn wir das mit der Subprimekrise in den USA vergleichen, sind die Staaten quasi die kreditgebenden Banken, die Griechen der Scheldner schlechter Bonität, und die EZB ist in der Rolle von Fannie Mae und Freddie Mac, die derartige Kredite absicherten und in der Krise auch zu Preisen weit über dem Marktwert kauften. Und alle scheinen zu glauben, dass die Griechen bis 201 2 tatsächlich ihr Defizit auf 3% herunterfahren können und zum Musterschüler werden, selbst wenn die Folge der Einsparungen erst mal ein herber Konjunktureinbruch sein wird. Nun ja, ich glaube es nicht, und nicht nur wegen der Punkte, die Egghat bringt.

Ich glaube es nicht, weil Griechenland eine Demokratie ist. Die bisherigen Versprechen sind von einer Regierung abgegeben, die momentan im Parlament eine Mehrheit hat. Diese mehrheit braucht das Geld jetzt, hier und heute, um die nächsten paar Wochen zu überleben, mitsamt dem Staat. Und deshalb ist die Regierung jetzt so gefügig. Sie braucht das Geld. Aber wenn sie es erst mal hat, braucht sie zum Überleben auch die Mehrheit im eigenen Land. jeder Abgeordnete braucht eine Mehrheit. Ob man nun Staatsbankrott macht, oder abgewählt wird, macht keinen Unterschied. Also wird man den Wählern etwas anbieten müssen. Und wenn die EU schon bezahlt hat, kann sie es sich leisten, in einem halben Jahr, wenn die Regierung auseinander fliegt, weil alle Angst um ihre Posten haben, nicht mehr zu bezahlen?



Falls nein - hat die EZB ein Subprimeproblem in den Büchern, denn dann geht die Verschwendung weiter. Falls ja, hat die EZB auch ein Subprimeproblem, denn dann geht Griechenland pleite. So oder so wird es unschön. Schön wäre es nur, wenn die Griechen ein Einsehen hätten und wirklich ihre Staatsverschuldung zurückfahren könnten. So, wie das Irland gerade erfolglos verucht. So, wie das in Island gerade mit einem Referendum gekippt wurde.

Und dann wird irgendwas passieren, vielleicht auch konzertiert zusammen mit anderen Nationen, in einer Welt, in der es zu viele Schulden gibt. Ich tippe ja immer noch auf einen "weichen" Staatsbankrott mit Währungsschnitt. Man wird sehen. Und beim Zurückblicken merken, dass es im April 2010 erst richtig losgegangen ist.

Dienstag, 4. Mai 2010, 01:25, von donalphons | |comment

 
Mal sehen, wann Westerwelle fordert, dass die Parlamentswahlen in Griechenland in nächster Zeit erst einmal ausgesetzt werden, bis die ihr Defizit beseitigt und alle Kredite zurückbezahlt haben. ;-)

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Oder die spätrömisch-dekadenten Griechen zum Schneeschippen gereichsarbeitdienstet werden.

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Ich warte darauf, dass bei Griechenland die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU ausgesetzt wird. Denn wenn die Massnahmen wirken, dann wird es zu einem massenhaften Braindrain kommen. Wer als junge/r und/oder gut ausgebildete/r Grieche/Griechin klar denken kann, wird erkennen, dass die Zukunft nicht in Griechenland liegt. Und Arbeitsmigration ist den Griechen alles andere als fremd.

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Und wenn Schnee schippen und all das nichts bringt, bekommen die Steuerzahler hierzulande im Gegenzug - für Kredite gibt es doch für gewöhnlich Sicherheiten - ein paar griechische Inseln? Oder geben wir den Griechen zur Strafe Westerwelle, von dem sie sich dann regieren lassen müssen?

@ strappato: Das habe ich mir gestern auch überlegt, was ich eigentlich als gutausgebildete Griechin in der Situation machen würde: zusehen, dass ich Land gewinne.

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Wie auch immer, eine steile Lernkurve wird dabei sein.

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"Die Griechen sind ein auswanderungsfreudiges Volk: Es wird davon ausgegangen, daß rund 40 Prozent aller Griechen im Ausland leben."
[http://www.eu-info.de/europa/EU-Mitgliedstaaten/5317/]

Ist also ohnehin bereits ein Punkt. Das liegt auch daran, dass wurde mir zumindest von ein paar Griechen gesagt, dass selbst gut Ausgebildete hier ohne Klüngelei und Vitamin-B nicht weit kommen.
Die Auswanderungswilligkeit ist aber sicher auch historisch bedingt, wie Leute in GR in den letzten hundert Jahren vertrieben, verschoben, verschleppt und verfrotzelt wurden sucht eh seinesgleichen.

@arboretum: warum denn gehen, in jeder Krise schlummert doch die Chance, nicht?

Ich seh die BLÖD schon titeln: Kommen die Pleite-Griechen jetzt zu uns? *würg*

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Es gibt ja trotzdem noch eine Menge Griechen die im Heimatland leben, studieren und arbeiten. Griechenland soll eines der wenigen EU-Länder mit einem nennenswerten Anteil arbeitsloser Ärzte sein. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 30% und war in den letzten Jahren immer zusammen mit Spanien die höchste in der EU. Die Frage ist, ob die Leute eine Perspektive sehen. Die ist für die nächsten Jahre mehr als düster, schlimmer noch, der Lebensstandard wird fallen. Klassische Situation die den Auswanderungsdruck stärkt. Die historisch grosse Migration verstärkt den Effekt noch. Auswanderungswillige können sich auf ein informelles Netzwerk in anderen Ländern stützen.

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Warum muss ich da immer an die Filmkomödie "My big fat Greek wedding" denken...

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@ raucher: Weil zum einen diese Klüngelei und auf Vitamin B angewiesen zu sein, verflixt anstrengend und frustrierend sein kann, und zum anderen man anderswo unter Umständen sehr viel besser verdient. Die griechischen Gehälter sollen so pralle nicht sein, die Preise aber auch nicht gerade niedrig, hört man.

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@arboretum: 'Tschuldigung, ich dachte der ironische Ton wäre erkennbar.

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2 big 2 fail...
das klingt ja alles nicht unwahrscheinlich, außerdem fragt sich der eine oder andere Grieche gerade selbst warum überhaupt ein Kredit fließt - incl. Bürgschaft von westeuropäischen Staaten - an diesen Apparat.
Meine Überschrift ist ja eigentlich auch nur das letzte Argument der um Hilfe Flehenden um dieses real existierende Unrechtssystem am Leben zu halten, um das Vokabular der anderen Seite zu bemühen („unverbrüchlich“ hatten die aber auch schon ein paar Jahre nicht mehr:). Ich würde auch nicht darauf wetten dass „die Griechen“ (sehr daneben, btw) „ihr“ Defizit gemanaged kriegen, aus folgenden Gründen:

So wie ich das sehe, passiert gerade folgendes in Griechenland: die zerschießen ihre Binnenwirtschaft komplett bei gleichzeitigem Abbau aller Sozialsysteme, Kürzung der öffentlichen Gelder z.B. für Lehrer, Unis etc. (in einem System [EU] in dem der Arbeiter längst Geschichte und Bildung das einzige Distinktionsmerkmal zu Billigproduktionsländern ist) plus Privatisierung Staatlicher Betriebe.

Gerade den Punkt Bildung muss man hervor heben, denn er zeigt folgendes: wir haben ein Europa verschiedener Wertigkeiten, man kann es auch "Klassen" nennen (das ist auch durch unterschiedliche Zinsen für verschiedene Länder auf Kredite der ein-und-derselben Währung durch die selbe Bank belegbar), unterschieden durch Länder- und Klassengrenzen. Und ich denke dass die augenblickliche Euro-Krise genutzt wird um diese Grenzen deutlich nach zu ziehen, und zwar in ganz Europa: das Bildungssystem in Griechenland ist bereits teil-privatisiert, hier herrscht jetzt schon eine ganz klare Klassenteilung während man in entwickelten kapitalistischen Systemen gerne das Märchen vom Tellerwäscher am Leben hält. Diese Illusion teilt hier in Athen kaum jemand, entweder man ist dabei oder nicht. Das Dilemma in Griechenland ist, dass innerhalb von staatlichen Anstellungsverhältnissen die Korruption dermaßen ausufert, sodass jede Privatisierung als Erleichterung empfunden wird, Stichwort „alte Kruste“. Aber angefangen bei den Gewinnern des Wirtschaftswunders über die Yuppies der ‘80er, New-Economy, Hartz-Reformen in Deutschland – nein, eigentlich zum Zeitpunkt des Verrats der Kommunisten durch die SPD Anfang des letzten Jahrhunderts, unterbrochen von einem Diktator und einem enormen Wirtschaftsaufschwung, der alles menschliche Mit- und Füreinander vergessen gemacht hat -, über den Aufbau des irischen Tigers oder der nahezuhen Freihandelszone Island, geht es der neuen (teilweise neu-, teilweise altreichen) Elite nur darum ihr Territorium ab zu stecken. Ich würde da nicht zu sehr unterscheiden wie Du, DA, im faz.net. Es geht momentan um nichts weniger als einen Systemwechsel den manch ein Linker schon in der Bankenkrise gerochen hat: können wir die EWG in ein neues, gemeinsames Europaprojekt bringen oder bleibt es beim „live and let die“ der letzten 60 Jahre? Ich habe nur das sehr schlechte Gefühl das die nächste Generation Europäer eher beim „die“-part dabei sein werden. Verstehe mich bitte keiner falsch: es geht mir nicht um den Europäer als Rasse, sondern nur um die Ideen die wir einst hatten, vom freien und selbst bestimmten Menschen, von einem Miteinander, von einer Fürsorgepflicht gegenüber unseren Nächsten, ein Europa ohne Grenzen und eine Europa ohne Zeus. Eine Welt.
Ich kann deine, DA, Prognose voll und ganz unterschreiben. Nur deine Einstellung, so nehme ich es wahr, nicht. Ich bin nicht bereit schon auf zu geben, ich bin nicht bereit den Eliten klein bei zu geben. Ich will eine Welt ohne jegliche – materielle – Elite.

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und wenn wir schon dabei sind:
http://www.youtube.com/watch?v=CCPyylh2Ip4

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Das wird schwierig, weil aus materiellem Besitz halt auch eine Verantwortung kommt, ohne die es nicht geht. Da muss ich nur mal in gerade verlassene Mietwohnungen schauen. Und Bildung ist nun mal auch eine Folge von Vermögen, ob man es mag, oder nicht.

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Zum einen sehe ich aber keine Beispiele, wo die Besitzenden wirklich Verantwortung für ihre Umwelt übernehmen. Zweitens möchte ich niemanden "gleichschalten", Besitzunterschiede sind ok. Aber bis zu welchem Maß? Muss es eine Elite und ein Prekariat geben - auch unter den Nationen dieser Welt - oder können wir eine Gesellschaft gestalten die lebt und leben lässt und nachhaltig mit unserer Erde umgeht sodass auch unsere Nachkommen hier in ruhe leben können usw. usf.
Wenn ich sehe, was unsere Industrien an unserem Planeten verbrechen (Öl im Meer, Asse II, um nur zwei aktuelle Themen anzusprechen) nur aufgrund des Gewinnstrebens einiger Wenigen kommt mir das kotzen. Wir brauchen in meinen Augen eine vollkommen neue Perspektive wie wir als Gesellschaft weitermachen, da ist ein bisschen Finanzkrise genaugenommen Peanuts.

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Ich bin kein Volkswirt und kann nur ein paar Details aus meinem Bereich beisteuern: Mit Wirkung zu gestern hat die griechische Regierung hat die eh schon niedrigen Arzneimittelpreise um 25% gesenkt. Bluten müssen anders als in Deutschland nicht nur die Pharmaunternehmen. Apotheker, die Grosshändler und Hersteller sind davon betroffen. 10 Prozent der Arzneimittelausgaben soll gespart werden.

Die Apotheker müssen von heute auf morgen auf rund ein Viertel der Margen verzichten. Die Pharmaunternehmen erwägen Lieferstopps, da Griechenland schon vorher das Parallelexportland für Medikamente war. Um das zu dämpfen hat die Regierung die Grosshändler von der Distribution hochpreisiger Medikamente ausgeschlossen. So sollen die Phamaunternehmen wenigstens für besonders teure (in Griechenland vergleichweise preiswerte) und damit exportträchtige Medikante die Distribution kontrollieren können. Was den Grosshändlern einen zusätzlichen Verlust bringt. Und das in einem Land, in dem die Verteilung von Medikamenten durch die vielen Inseln relativ aufwändig ist.

Was die Regierung nicht geändert hat: Die Krankenkassen haben eine sehr laxe Zahlungsmoral. Die Pharma-Grosshändler müssen zum Teil die Lieferungen für 6 Monate vorfinanzieren. Dies bei der derzeit angespannten Lage auf den griechischen Kreditmarkt.

Der ermässigte MwSt.-Satz auf Medikamente wurde schon von 9 auf 10% angehoben, weitere Erhöhungen werden diskutiert, bis hin zum vollen Satz.

Alles zusätzlich zu der katastrophalen Situation im Gesundheitswesen, deren Aussichten auf Besserung wohl in weite Ferne gerückt sind. Griechenland hat mit den gleichen demograpischen Problemen und den Folgen für die Gesundheistausgaben wie Deutschland zu kämpfen. 2020 werden nach Prognosen des Nationalen Zentrums für Sozialforschung (EKKE) 28 % der Griechen über 65 Jahre alt sein.

In Deutschland könnte mit dieser Gesundheitspolitik sich keine Regierung halten.

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Danke für die Informationen. Ich denke, wenn es an die eigene Gesundheit geht, wird sich auch in Griechenland die Regierung nacht halten können. Die ganze Situation ist so verworren, dass man sich sicher sein kann: Da kommt noch was nach, das wird uns über Monatge begleiten. Und wenn da im Sommer die Strassen brennen, fällt auch der Tourismus aus, und dann...

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Ich habe champagnererprobter Chefredakteur gelesen.

Schönes Symbolbild. Dreiste Buben machen die Welt kaputt (und keiner hindert sie daran).

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"Dumme Blagen verrechnen sich" - eine Faience aus Neuburg a. d. Donau, um 1600.

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Anzumerken wäre noch, dass uns die Qualitätsmedien den Bankrun in Kriechenland mehr oder weniger vorenthalten haben.

Ansonsten sollten wir nicht so sehr mit dem Finger auf Kriechenland zeigen: Steuerhinterziehung, Korruption, die krebsartige Wucherung der Bürokratie, das gibt es auch bei uns. Nicht zu vergessen das hemmungslose Schuldenmachen.

Parteiinteressen vor Staatsinteressen zu stellen, ist auch in Deutschland völlig normal.

Es ist ja eine Verfassungsklage gegen die Kriechenlandhilfen angekündigt. Ich bin sehr gespannt, wie die ausgeht.

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Die Klage müsste meines Erachtens glatt durchgehen, die Hilfen sind ein klarer Rechtsbruch unter Ausnutzung einer Fehlinterpreation eines Paragraphen. Ich hoffe, das Ding fliegt denen um die Ohren. Oder ich schaue mich nach einer Wohnung in der Schweiz um. St. Gallen ist nicht schlecht, aber Lugano fand ich sehr viel besser.

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St. Gallen ist nicht schlecht
Oho, solche Worte aus Deinem Mund?
Ne, ne - wohnen willst Du hier nicht (nach draußen schau: wieder Regen... seit Tagen schon). Und leider ist gerade der Immo-Markt extrem leer, was nette kleine Häuschen in der Umgebung angeht. Außerdem sind die Preise exorbitant, für das, was man dafür bekommt (liegt aber auch am Schweizer Hypotheken-System, in der Form (die erste lassen wir mal ewig stehen, ist steuerlich besser) einmalig).
Aber wenn Du mal in der Nähe bist, kannst Du gerne auf einen Kaffee Tee vorbei kommen.

Grüße aus dem St. Galler "Westviertel" a.k.a. St. Georgen

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Gerne, wenn ich mal wieder da bin! Den Regen habe ich noch selbst in ganzer Pracht mitbekommen.

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So eine Staatspleite ist ja auch nicht schön ...
Die werden die Griechen auch nicht so einfach riskieren ... Der Kollateralschaden ist groß.

Die Griechen bekommen nach so einer Pleite erst recht kein Geld mehr. Aber sie brauchen es. Rein mathematisch macht die Pleite ja erst dann Sinn, wenn das Defizit kleiner als die Zinszahlungen sind. Denn dann würden bei einem Bankrott die Zinszahlungen wegfallen und Schwupps wäre der Haushalt im Plus und die Griechen könnten sich alleine finanzieren. So ganz ausgeschlossen ist das nicht, denn die Zinszahlungen liegen bei etwa 6% des BIP, die Neuverschuldung dieses Jahr angeblich bei 8 bis 9%. Noch ein Sparjahr und dann könnten die Griechen wirklich den Hebel umlegen ...

Das große Problem ist wirklich die Demokratie. Die ist für solch harte Sparprogramme nicht gemacht. Da wird immer populistischer Gegenwind kommen. Die Ungarn (haben bereits gespart und IWF-Geld bekommen) haben schon ihren rechtspopulistischen Alleinherrscher (2/3 Mehrheit) gewählt ...

Man muss allerdings auch sehen, dass der IWF bei solchen Sachen durchaus Erfahrung hat. Er schafft es, den Druck hoch zu halten. Die Kredite gibt's immer nur nach und nach. In Island wurde vor ein paar Wochen die Zahlung einfach ausgesetzt, weil noch keine Einigung mit den Island-Banken-Gläubigern erzielt wurde.

Und das griechische Volk scheint die Sanierungsmaßnahmen durchaus für vertretbar zu halten (etwa 2/3 nennen sie unvermeidlich). Auch die Presseschauen, die ich gestern gesehen habe, waren überraschend moderat.

Ich glaube das schlimmere Problem an Griechenland ist nicht, dass die Sparmaßnahmen des Staats nicht durchgezogen werden können. Das geht - trotz Demokratie - nämlich IMHO schon, auch wenn es nicht leicht ist. Das größere Problem ist dass 2014 bei (einer angenommenen) Erreichung des Ziels die internationale Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands immer noch nicht stimmt. Die werden weiterhin Handelsbilanzdefizite produzieren und damit folgen die anderen Defizite auf dem Fuße ... Das ist das Problem, das durch alle im Moment angedachten und umgesetzten Programme nicht gelöst wird. Und dafür bleibt eigentlich nur der Euro-Austritt als Lösung ...

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Puh, also ich denke ja, dass 100% der Deutschen auch denken, dass der Staat sparen sollte - überall, nur nicht bei ihnen. Insofern sehe ich bei den Griechen negative Verteilungskämpfe kommen, wie es nun mal in patriarchalisch geprägten Systemen nicht selten ist. ich sehe aber auch nicht, wie das funktionieren soll. Und nehmen wir mal an, sie bekämen wirklich kein Geld mehr, weil sie sich nicht an die Zusagen halten - dann würde Deutschland wieder kotzen, und die anderen jeden Rauswurf blockieren. Man hat ihnen den kleinen Finger gegeben, und sie wären doof, wenn sie jetzt nicht an der Hand toben würden.

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Sieht so aus, als ob das Vernuenftigste waere, den Euro aufzuloesen und die uebermaessig verschuldeten Laender zu ihren Ursprungsrisiken zurueckkehren zu lassen. Sie haben sich ja sowieso von Anfang an nicht an die EU-Richtlinien gehalten.
Die solventen EU-Laender haben nicht genug Geld, um die Schulden der insolventen zu bezahlen.
Das Einzige, was Griechenland retten wuerde, waere ein griechisches Wirtschaftswunder - und natuerlich strikte Sparsamkeit. Nur dass das passiert ist hoechst unwahrscheinlich.
Jetzt gibt es Proteste gegen das Sparen in Griechenland. Aber selbst wenn die Griechen zahlen wollten, koennten sie es nicht.
Es ist nicht genug Geld da, um die ganzen Schulden zu bezahlen. Also nimmt die EZB was jetzt da ist, um Griechenland rauszuhauen. Und danach, weil die paar Milliarden nie im Leben reichen, wird die Notenpresse in Bewegung gesetzt, denn die anderen ueberschuldeten Laender wollen ja auch alle gerettet werden. Also: Portugal, Spanien, Irland, Italien.
Also kann es sein, dass es erst Deflation und dann Inflation gibt. Und dass es eine Weltwirtschaftskrise nie gekannten Ausmasses gibt. (Im Moment sind die einzigen einigermassen sicheren Waehrungen der kanadische und der neuseelaendische Dollar. Hab ich gehoert.)
Als ich 2004 dem Immigrationsanwalt in Toronto die Email mit meinem Antrag geschickt habe, von London aus, hatte ich es schon geahnt. Hatte aber gedacht, dass es nur die Englaender seien, die lebten als gaebe es kein Morgen, und die genauso verschuldet sind, wie die Griechen, wenn nicht noch mehr.
Und als ich 2004 in Florida im Urlaub war, und die Amerikaner hatte feiern und Geld ausgeben sehen, auf Deibel komm raus, hatte ich mich hier auch noch einmal gewundert, wie die das denn machen. Denn nicht alle Amerikaner bekommen Wall Street Boni.
Und jetzt kommt die Rechnung. Aber damals hat ja keiner zugehoert. Und mir schon gar nicht.

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"...so foul and fair a day I have not seen..."
Geht es Euch auch so?

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Phasenweise, gelegentlich
Ich habe solche gelegentlichen Panikattacken. Innerlich. Auesserlich nicht zu sehen.
Beispiel: 21. Dezember 2007 habe ich mein Offshore Konto auf Jersey, Channel Islands, aufgeloest. Damals hatte ich schon die Panik, dass ich den guenstigen Kurs GBP/CAD nicht mehr bekommen wuerde. Ich sehe mich noch am Wohnzimmertisch sitzen und mit Jersey telefonieren.
Dann meine innere Panik, als ich meinen letzten Londoner Job bei der japanischen Bank hatte, im August 2006, bevor ich Anfang September nach Canada auswanderte. Die Wolken hingen am Augustsommerhorizont. Und als ich einen letzten Tagestrip nach Calais machte, war mir irgendwo klar, dass es so nicht bleiben wuerde, wie 2006 in London. Die Schrift war an der Wand. Es hat nur keiner sehen wollen. Was haben sie ueber mich gelacht, als ich ging. Bei der japanischen Bank haben sie im Uebrigen jeden 4. entlassen, nach Lehman Brothers.
Dann letzte Woche, als der DAX abschmierte, wegen Griechenland, waren meine Nerven auch gespannt bis zum geht nicht mehr.
Im Moment keine Panik. Mehr die Ruhe vor dem Sturm. Nicht vergessen:
Zwischen 2012 und 2014 werden die Firmenschuldverschreibungen, also die Unternehmensbonds faellig. Und dann wird sich zeigen, wer von den Firmen ueberlebt.

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pythia, Nun ja, Panikattacken habe ich keine. Es geht mir eher um den erneut aufkommenden moral hazard, der absolutes (naives) Unverständnis bei mir auslöst.
Und ich habe nun mal für mich beschlossen, dass ich da nicht mehr mitmachen möchte. Eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
(Sie arbeiten doch hoffentlich nicht mehr bei einer Bank?)

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sephor, doch, in gewissem Sinne. Aber nicht mehr M&A, nicht mehr Fonds, oder Investment im weitesten Sinne. Ich habe einen Job in Toronto bei den Shareholder Services der franzoesischen Bank, fuer die ich zeitweise in London gearbeitet habe und arbeite ansonsten daran, wieder voll und ganz in die Immobilienfinanzierung zu gehen. Was in Canada recht gut ist, im Gegensatz zu vielen anderen Staaten im Moment. Die Finanzen haben mich nunmal mein Leben lang nie richtig losgelassen.

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danke
werter Don Alphonso,
da ich seit monaten mitlese hiermit zumindest mein Dank an Sie - food for thought und dies auch noch charmant und fundiert.
welch seltene gabe.

duerfte ich auszuege dieses ihren beitrages fuer mich privat verwenden ?

ich wuensche ihnen weiterhin "buon viaggio"
auguri meinerseits

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Ich bin halt ein unverbesserlicher Optimist
Die Realität sieht dann meistens anders aus:


Baken in Flammen - Mehrere Tote in Athen

http://bit.ly/aJMj3v

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