Geld auf der Flucht
So, es soll also eine neue Internetblase geben... und man kann es ja auch nicht bestreiten, schliesslich scheint es, als sie die Zeit der Zurückhaltung während der Bankenkrise vorbei, und nun werde wieder sauber geholzt. Für StgudiVZ (ist da noch wer= ist es natürlich zu spät, aber Linkedin, Pandora, Bitcoins, Groupon, Twitter und Facebook soll es wieder toll aussehen. Melden die üblichen Hypeschwachköpfe, denen man leider noch immer kein lebenslanges Berufsgebot in den Steinbrüchen hat zukommen lassen.
Und natürlich sind da auch Warnsignale: Die Geschäftsmodelle sind genauso irre und krank wie in den Zeiten der New Economy. Entweder vertraut man auf Werbung, was sich schon früher als wenig sinnvoll erwiesen hat, schliesslich ist das ein anfälliges Geschäft. Oder man setzt auf Freunde von kostenlosen Angeboten oder Verramschungen. Facebook ist vielleicht noch eine Ausnahme, da denkt eventuell mancher, dass dort noch jede Menge anderer dreckiger Deals mit den Daten möglich sind. Aber insgesamt ist es bislang nichts, was wirklich werthaltig wäre, was man nicht kopieren und dazu in Konkurrenz setzen könnte, was dann regelmässig auch bei Marktführern übelst die Bilanz verhagelt. Kurz, mit dem Wissen der alten New Economy versteht man auch recht gut, was in der neuen Blase los ist.
Ich denke, ich ahne aber, dass der Hintergrund ein anderer ist - und das sieht man auch ein wenig an den zwischenzeitlich hochgeschriebenen Bitcoins, die durch eine begrenzte Menge und kommende Verknappung fast so etwas wie unvermeidliche Gewinne versprechen, selbst wenn eigentlich nichts und niemand den Wert garantieren kann: Das ist die Sehnsucht, vom Realgeld und der realen Wirtschaft und ihren Unwägbarkeiten wegzukommen. Auf der einen Seite ist die Finanzkrise immer noch voll da, die irren Papiere sind immer noch vorhanden, es wird immer noch Geld gedruckt, um das System nicht stürzen zu lassen, oder es passiert sowas wie Griechenland. Auf der anderen Seite sind wir bei allen auch nur halbwegs gut erscheinenenden Anlageklassen, die sich irgendwie als von der Normalwirtschaft abgekoppelt verkaufen, längst über dem Limit des Vernünftigen. Das geht von ökologischen Waldinvestments in der Dritten Welt über Edelmetalle bishin zu Preis- und Mietexplosionen in den verbliebenen, sicheren Boomregionen.
Der Schock sitzt noch tief bei jenen, die zwischenzeitlich grosse Teile ihres Papiervermögens verloren haben, und die Frage der Anleger ist dann heute auch: Was kann ich kaufen, das Zukunft hat, und keines der alten Probleme. Es ist der Wunsch, die alten Pleiten vergessen zu können, und zu neuen Ufern aufzubrechen. Dafür decken sich Banken und andere mit Aktien und Beteiligungen ein, dafür wird Johurnaille geschmiert, dafür findet man immer einen Käufer. Sicher, die Startups sind Dreck, Müll und voll mit Risiken menschlicher und finanzieller Natur, es ist nur ein neues Pyramidenspiel, aber eines, das nicht so offensichtlich wie griechische Staatsanleihen und amerikanische Immobilien ausgereizt ist. Dort geht es übrigens gerade voll in Richtung Double Dip, die Hauspreise fallen wieder und die Arbeitslosigkeit stagniert im Sommer.
Man muss an die Gesamtlage denken, wenn man von "Hype" spricht. Alle hätten jetzt gern eine Rettung, und dafür nimmt man eben alles in Kauf, auch windigste Geschichten und Geschäftsmodelle. Die nächste kleine Blase, die der Markt zur Abwechslung braucht, der nächste Schuss der Geldjunkies, ein, zwei Jahre wird das schon halten, oder wenigstens zwei Wochen. Ist das kurz? Nun, das kommt immer darauf an, wie lange vorher das Elend war.
Es gubt da diesen Witz, in dem Stalin in die Hölle kommt und der Teufel ihn fragt, wo er sein möchte. Er zeigt ihm ein russisches Arbeitslager und ein Becken mit Leuten, die bis zum Hals in der Scheisse stehen und Kaffe trinken. Na, sagt Stalin, ich nehme den Kaffee. Er geht in die Scheisse, lässt sich eine Tasse reichen, und dann sagt der Teufelswärter: OK, Leute, die Kaffeepause ist vorbei, stellt Euch wieder auf den Kopf!
Auf der Tasse häte das Logo von Facebook sein können.
Und natürlich sind da auch Warnsignale: Die Geschäftsmodelle sind genauso irre und krank wie in den Zeiten der New Economy. Entweder vertraut man auf Werbung, was sich schon früher als wenig sinnvoll erwiesen hat, schliesslich ist das ein anfälliges Geschäft. Oder man setzt auf Freunde von kostenlosen Angeboten oder Verramschungen. Facebook ist vielleicht noch eine Ausnahme, da denkt eventuell mancher, dass dort noch jede Menge anderer dreckiger Deals mit den Daten möglich sind. Aber insgesamt ist es bislang nichts, was wirklich werthaltig wäre, was man nicht kopieren und dazu in Konkurrenz setzen könnte, was dann regelmässig auch bei Marktführern übelst die Bilanz verhagelt. Kurz, mit dem Wissen der alten New Economy versteht man auch recht gut, was in der neuen Blase los ist.
Ich denke, ich ahne aber, dass der Hintergrund ein anderer ist - und das sieht man auch ein wenig an den zwischenzeitlich hochgeschriebenen Bitcoins, die durch eine begrenzte Menge und kommende Verknappung fast so etwas wie unvermeidliche Gewinne versprechen, selbst wenn eigentlich nichts und niemand den Wert garantieren kann: Das ist die Sehnsucht, vom Realgeld und der realen Wirtschaft und ihren Unwägbarkeiten wegzukommen. Auf der einen Seite ist die Finanzkrise immer noch voll da, die irren Papiere sind immer noch vorhanden, es wird immer noch Geld gedruckt, um das System nicht stürzen zu lassen, oder es passiert sowas wie Griechenland. Auf der anderen Seite sind wir bei allen auch nur halbwegs gut erscheinenenden Anlageklassen, die sich irgendwie als von der Normalwirtschaft abgekoppelt verkaufen, längst über dem Limit des Vernünftigen. Das geht von ökologischen Waldinvestments in der Dritten Welt über Edelmetalle bishin zu Preis- und Mietexplosionen in den verbliebenen, sicheren Boomregionen.
Der Schock sitzt noch tief bei jenen, die zwischenzeitlich grosse Teile ihres Papiervermögens verloren haben, und die Frage der Anleger ist dann heute auch: Was kann ich kaufen, das Zukunft hat, und keines der alten Probleme. Es ist der Wunsch, die alten Pleiten vergessen zu können, und zu neuen Ufern aufzubrechen. Dafür decken sich Banken und andere mit Aktien und Beteiligungen ein, dafür wird Johurnaille geschmiert, dafür findet man immer einen Käufer. Sicher, die Startups sind Dreck, Müll und voll mit Risiken menschlicher und finanzieller Natur, es ist nur ein neues Pyramidenspiel, aber eines, das nicht so offensichtlich wie griechische Staatsanleihen und amerikanische Immobilien ausgereizt ist. Dort geht es übrigens gerade voll in Richtung Double Dip, die Hauspreise fallen wieder und die Arbeitslosigkeit stagniert im Sommer.
Man muss an die Gesamtlage denken, wenn man von "Hype" spricht. Alle hätten jetzt gern eine Rettung, und dafür nimmt man eben alles in Kauf, auch windigste Geschichten und Geschäftsmodelle. Die nächste kleine Blase, die der Markt zur Abwechslung braucht, der nächste Schuss der Geldjunkies, ein, zwei Jahre wird das schon halten, oder wenigstens zwei Wochen. Ist das kurz? Nun, das kommt immer darauf an, wie lange vorher das Elend war.
Es gubt da diesen Witz, in dem Stalin in die Hölle kommt und der Teufel ihn fragt, wo er sein möchte. Er zeigt ihm ein russisches Arbeitslager und ein Becken mit Leuten, die bis zum Hals in der Scheisse stehen und Kaffe trinken. Na, sagt Stalin, ich nehme den Kaffee. Er geht in die Scheisse, lässt sich eine Tasse reichen, und dann sagt der Teufelswärter: OK, Leute, die Kaffeepause ist vorbei, stellt Euch wieder auf den Kopf!
Auf der Tasse häte das Logo von Facebook sein können.
donalphons, 01:42h
Sonntag, 19. Juni 2011, 01:42, von donalphons |
|comment
hajomitmajo,
Sonntag, 19. Juni 2011, 21:37
Ich gehe fast komplett d'accord...
für Startup-Dreck bashing bin ich immer zu haben.
Nur bei Facebook bin ich mir (leider) nicht so sicher: die überholen in USA bei den täglichen Zugriffen schon Google und sind glaube ich bei 25% der gesamten täglichen Internetnutzung. Es gibt eine nicht gerade unsignifikante Masse an Leuten, deren komplette Internetkommunikation über diese vermaledeite Seite läuft.
Das ist nicht mehr 1999, es sind nicht mehr nur ein paar durchgeknallte Gründer und seelenlose VCs. Dieselben Leute, die mich damals noch als Computerfreak verlacht haben, weil ich Informatik studierte, leben ihr (trauriges) Leben heute über Facebook.
Ich befürchte fast, das Ding werden wir so schnell nicht los :(
Nur bei Facebook bin ich mir (leider) nicht so sicher: die überholen in USA bei den täglichen Zugriffen schon Google und sind glaube ich bei 25% der gesamten täglichen Internetnutzung. Es gibt eine nicht gerade unsignifikante Masse an Leuten, deren komplette Internetkommunikation über diese vermaledeite Seite läuft.
Das ist nicht mehr 1999, es sind nicht mehr nur ein paar durchgeknallte Gründer und seelenlose VCs. Dieselben Leute, die mich damals noch als Computerfreak verlacht haben, weil ich Informatik studierte, leben ihr (trauriges) Leben heute über Facebook.
Ich befürchte fast, das Ding werden wir so schnell nicht los :(
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juppi,
Sonntag, 19. Juni 2011, 22:42
Zu den 25%, die da mal erwähnt wurden:
Zahlen kann man fälschen. Es gibt ein relativ humorvoll geschriebenes Buch mit dem Titel "How to lie with statistics" (ISBN-13: 978-0393310726), dessen Inhalt in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen unterschwellig vermittelt wird.
Wer der Wahrheit gerne näher kommen mag, darf gerne bei Alexa schauen, wer den meisten Traffic abbekommt. (-> http://www.alexa.com/topsites/countries).
Was ich mich immer wieder selbst frage:
Hätten wir früher - zu (Grund-) Schulzeiten - besseren Freunden oder schlechteren Bekannten Dinge in das Freundschaftsbuch geschrieben, die heute auf dem Gesichtsbuch veröffentlicht werden?
Zahlen kann man fälschen. Es gibt ein relativ humorvoll geschriebenes Buch mit dem Titel "How to lie with statistics" (ISBN-13: 978-0393310726), dessen Inhalt in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen unterschwellig vermittelt wird.
Wer der Wahrheit gerne näher kommen mag, darf gerne bei Alexa schauen, wer den meisten Traffic abbekommt. (-> http://www.alexa.com/topsites/countries).
Was ich mich immer wieder selbst frage:
Hätten wir früher - zu (Grund-) Schulzeiten - besseren Freunden oder schlechteren Bekannten Dinge in das Freundschaftsbuch geschrieben, die heute auf dem Gesichtsbuch veröffentlicht werden?
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rollproll,
Sonntag, 19. Juni 2011, 22:59
nuja im mutterland ist wohl auch das maximum des wachstums erreicht. da stagnieren die nutzerzahlen.
zu den 25% würde mich auch mal die messmethodik interessieren. dank multitabbrowsing hat ja nu heute fast jeder nen FB fenster irgendwie offen ohne tatsächlich dort aktiv zu sein.
und ja, leider scheint FB der neue Instant Messaging Standard zu werden und z.B ICQ völlig abzulösen. skype konnte sich auch nicht als Quasistandard in der hinsicht etablieren (alles natürlich serh subjektive beobachtungen)
zu den 25% würde mich auch mal die messmethodik interessieren. dank multitabbrowsing hat ja nu heute fast jeder nen FB fenster irgendwie offen ohne tatsächlich dort aktiv zu sein.
und ja, leider scheint FB der neue Instant Messaging Standard zu werden und z.B ICQ völlig abzulösen. skype konnte sich auch nicht als Quasistandard in der hinsicht etablieren (alles natürlich serh subjektive beobachtungen)
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ilnonno,
Sonntag, 19. Juni 2011, 23:04
juppi, damit waren doch nicht etwa diese Poesie-Alben aus der Grundschulzeit gemeint? Ich habe keine Ahnung, was die Leute in FB schreiben, aber diese Alben und das Drumherum waren grauenhaft. Damals hatte ich mich erfolgreich verweigert. Eigentlich wie heute. Erfolgreich im Sinne von "nicht mitgemacht, trotzdem weder sofort tot umgefallen noch verhungert".
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justafan,
Sonntag, 19. Juni 2011, 23:48
Die schweizer Dadaisten waren bisher für mich die einzelnen, die meine Zeit dort rechtfertigen (ok und Journalisten aus meiner Heimat und ein paar Kuratoren und die ausländische, vor allem französische Filmszene). Ob meine Präsenz für sie auch so lohnenswert ist, das bezweifle ich.
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egghat,
Montag, 20. Juni 2011, 00:12
Facebook hat in der Tat einen sehr hohen zeitlichen Anteil an der täglichen Internetnutzung in den USA. Ob es jetzt 15 oder 25% sind, ist eigentlich Wurscht. Entscheidend ist was anderes: Können sie das zu richtig viel Geld machen wie Google oder nicht. Denn Reichweite allein ist es nicht. Google, Microsoft und Yahoo sind in Bezug auf die Reichweite in den USA nämlich durchaus ähnlich. Google verdient einen dicken Batzen Geld, Yahoo etwas und Microsoft produziert fast so viel Miese wie Umsatz erzielt wird. IMHO ist schon klar, dass Facebook nicht so unprofitabel wird wie MS, aber ob Facebook eher Yahoo oder doch Google wird, ist die entscheidende Frage bei der Bewertung von Facebook. Schafft Facebook auch "nur" Margen von 10% wie Yahoo ist jede Bewertung von mehr als 100 Mrd. Dollar völlig "bubbelig". Kommt Facebook aber in den Bereich von 30% oder mehr Marge wie Google, sind dreistellige Mrd.-Summen durchaus drin.
Nur zur Klarstellung: Das sind Prognosen für den Fall, dass alles gut geht. Weil aber auf dem Weg einiges schiefgehen kann, würde ich die Aktie bei einer Marktkapitalisierung von 100 Mrd. Dollar nicht anfassen. Weil die Aktie dann vielleicht noch 50% Chance nach oben aber eben auch 50% Risiko nach unten hat.
Nur zur Klarstellung: Das sind Prognosen für den Fall, dass alles gut geht. Weil aber auf dem Weg einiges schiefgehen kann, würde ich die Aktie bei einer Marktkapitalisierung von 100 Mrd. Dollar nicht anfassen. Weil die Aktie dann vielleicht noch 50% Chance nach oben aber eben auch 50% Risiko nach unten hat.
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hockeystick,
Montag, 20. Juni 2011, 00:32
"50% Chance nach oben oder eben auch 50% Risiko nach unten"
Dachte gerade kurz, ich wäre versehentlich bei n-tv gelandet.
Dachte gerade kurz, ich wäre versehentlich bei n-tv gelandet.
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egghat,
Montag, 20. Juni 2011, 02:22
@hockeystick: Hier gibt's halt für jeden etwas ;-)
Und: Auf n-tv kommen doch gar keine Nachrichten oder Börse mehr. Wenn ich das mal hinzappe, laufen da Dokus in Endlosschleife.
Und: Auf n-tv kommen doch gar keine Nachrichten oder Börse mehr. Wenn ich das mal hinzappe, laufen da Dokus in Endlosschleife.
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finmike,
Montag, 20. Juni 2011, 17:06
Facebook?
Da tippe ich auf folgendes: noch ein paar von diesen faszinierenden Skandalen zum Thema Datenschutz, und der letzte Kontrollverlierer macht dort das Licht aus. Kann sich nur noch um Jahre handeln.
Wie nach einer der letzten "ausgelassenen Geburtstagsparties" einer der Gäste angeblich (laut Hamburger Morgenpost) sagte: Medienkompetenz ist ja heute nicht mehr so wichtig...
Wie nach einer der letzten "ausgelassenen Geburtstagsparties" einer der Gäste angeblich (laut Hamburger Morgenpost) sagte: Medienkompetenz ist ja heute nicht mehr so wichtig...
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itha,
Dienstag, 21. Juni 2011, 00:13
vielleicht habe ich was verpasst, aber: wo sind denn bitte die faszinierenden skandale bezüglich FB oder besser deren auswirkungen - in dollar gemessen? das "faszinierende" an FB ist doch gerade, dass es die wirkeffekte von google, yahoo etc. mitnimmt, ohne dafür zu bezahlen. daten-mafia at its best - zumal datenschutz im internet international (sogar schon auf EU-ebene) bislang völlig unzureichend geregelt ist (mal abgesehen von *national user groups* à la egypt oder china, wo dann einfach mal der gesamte datentransfer ins ausland abgeknipst wird...)
@egghat: 50% wären doch nachgerade ein argument fFÜR die anlage. nein. gegen ein invest in FB helfen nur moralische prinzipien.
@egghat: 50% wären doch nachgerade ein argument fFÜR die anlage. nein. gegen ein invest in FB helfen nur moralische prinzipien.
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sephor,
Montag, 20. Juni 2011, 12:34
Ich darf noch mal erinnern:
http://www.dctp.tv/#/kapitalismus/stalingrad_rettung-kann-man-fuer-geld-nicht-kaufen/
http://www.dctp.tv/#/kapitalismus/stalingrad_rettung-kann-man-fuer-geld-nicht-kaufen/
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