Sorgenlos am See

Am anderen See. An den See, an dem ich 1987 oft lag und mir Gedanken über meine Zukunft machte, über das, was ich wollte, und das, was unerreichbar schien.



Rückblickend würde ich absteigen und dem jungen Manne sagen, dass er sich keine Sorgen machen braucht. Naja, was heisst Sorgen, würde er sagen, man denkt halt so nach. Sorgen, nein, warum, die Schule ist vorbei, es kommt kein Daccordi, aber ein anderes Leben. Manches, würde ich sagen, wird schon noch kommen, die Hohlheiten ohnehin, der volle Kleiderschrank, die Schuhe aus Italien, viel besser als Bally und was es damals sonst so gab, und die Sommer werden bleiben.



Es wird auch das Daccordi kommen; etwas spät vielleicht, aber nicht so spät, dass er gleich mal einen anderen Lenker braucht, und eine andere Übersetzung, um weiter zu kommen. Das wird sich alles finden.



Die Frauen, die mit ihren Freunden da sind und die gefallen könnten? Es kommen andere. Es kommen welche, die ihnen ähneln, und andere, die man sich in der Kleinstadt nicht hätte ausdenken können.



Es kommen lange Nächte in München und anderswo, es kommen genug Feiern, um ein, zwei Leben davon zu zehren, und den Gehörschaden wird er sich tapfer ertanzen, der Knabe. Er wird in den kommenden Jahren mehr erleben, als andere es heute vielleicht noch können. Weil das leben damals leichter war, wenn es um den Spass ging. Es gab kein Primat der Ökonomie und des Lebenslaufs.



Es wird nicht hart arbeiten und hart feiern sein, es wird weich sein, sanft, und die Untätigkeit wird in die Nächte hineinfliessen. Gedanken, da haf er recht, kann man sich machen. Aber Sorgen sind überflüssig.



Es wird kein Atomkrieg kommen und auch kein Frieden. Es wird keine Zukunft kommen, wie die Vergangenheit war, aber das ist nicht wirklich von Bedeutung. Dann halt anders. Aber das ist auch nicht schlecht. Nur das mit der FAZ, das ist undenkbar, aber die FAZ ist eine andere in diesen Tagen, wie vieles andere auch noch. Die Sträusse werden sterben und die Lenorpolitiker werden kommen, Wackersdorf wird nie Wirklichkeit und der Wehrdienst wird abgeschafft.



Die meisten anderen werden heiraten. Die meisten der meisten werden sich scheiden lassen. Die meisten der meisten der meisten sitzen dann irgendwann wieder bei dir und reden, was denn... und warum... aber das gehört dazu, das was wenn, und das, was wichtig ist, verschiebt sich eben, gestern war es die Liebe und dann war es die Sauberkeit im Bad.



Nicht alle kommen durch. Manche sterben, andere bringen sich um, es gibt grosse Tragödien in dieser kleinen, saturierten Irrelevanz. Manches ist nicht schön. Aber es gibt keinen Grund zur Sorge, und das Daccordi wird über das Laub rascheln.



Keine Sorge. Ich glaube, das ist das Privileg, das zählt, am See, 1987 und 2011 und viel später an anderen Seen.

Dienstag, 1. November 2011, 19:54, von donalphons | |comment

 
Andere werden durch Sorgen gezwungen, aus ihrer Begabung was zu machen.

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Ander werden keinen See haben und über die vielen Gedanken ihre Begabungen nicht erkennen.

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Jeder kann einen See haben. Auch ohne Grundstück.

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So richtig unangenehm wird es, wenn man dabei noch Begabungen entdeckt, für die man sich schämen sollte. Aber leider gibt es Menschen, die sich nach "non olet" richten müssen. Nicht daß ich mich beklage, das Schicksal ist selbst gewählt und, da schließe ich mich Don an, eins der angenehmeren.

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Also das mit dem Atom-Krieg ...
Ich kann sicherlich den meisten Erkenntnissen zustimmen - aber bei dem Atom-Krieg liegt meine Einschätzung etwas anders ...

Da kommt sicherlich noch was. Vielleicht lokal begrenzt in Absurdistan, irgendwo auf dem indischen Kontinent oder etwas rechts davon ... aber da kommt noch was 8-)

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