Erleuchtung an trüben Tagen
Sobald der Regen kommt, und wenn man sich zudem noch den falschen Fleck heraussucht und obendrein auch noch bessere Alternativen kennt, wird auch diese Stadt hier, so hübsch sie auch mitunter sein mag, recht schwer erträglich. Träge fliesst das Wasser dahin, es ist nicht schön, sondern einfach nur ein Fluss, und alle Bestrebungen, ihn für die Stadt zu entdecken, schlagen fehl. Sicher, woanders ist man so am Ende, dass man sogar die Spree für hübsch hält, aber die Donau ist einfach ein braunes Elend (ja klar, dass die Wiener sie für schön und blau halten, wundert nicht, die wählen ja auch FPÖ und schämen sich nicht) und wenig reizvoll.
Was also kann man tun, wenn man hier bleiben muss, und alles nur so mittelgut ankommt? Man muss im Regen nicht die Pflanzen giessen. Und man sollte all jenen, die hier Häuser bauen und Wohnungen kaufen und sich ihr Leben einrichten und planen, hier zu bleiben, sei es in einem Dreispänner auf dem Dorf, einer Toskanavilla oder gar einer modernististischen Schiesssschartenanlage, man sollte ihnen also wünschen, dass sie nicht von der Müdigkeit befallen werden, der man sich manchmal nicht erwehren kann, wenn man seit 170 Jahren geblieben ist, und sich so wenig geändert hat. Manchmal ist Geschichtsbewusstsein ein Segen, aber mitunter ist es auch ein Fluch. An irgendwas muss man sich wohl ketten, an Kompromisse, Hoffnungen, Traditionen und Ziele, die Vergangenheit dagegen hat den Vorteil dass sie nicht enttäuschen, altern oder eine Trennung verlangen kann.
Man wächst da langsam hinein, man lernt dazu und fügt Stücke an. Zum Beispiel habe ich mich oft furchtbar aufgeregt, wenn Trauben am Haus abgerissen und einfach achtlos auf den Boden geworfen wurden. Das passiert immer wieder, und es ist so sinnlos: Die Trauben sind einfach noch nicht reif, das dauert hier sicher noch vier Wochen. Wer, fragte ich mich, macht so etwas, und warum? Nun, inzwischen weiss ich, wer das tut, denn so ein Tag ist bestens geeignet, nach Westen zu schauen, ob das nächste Gewitter kommt. Und was sieht man dann weiter unten auf dem Fensterbrett?
Den Übeltäter. Und mit was für einer Vehemenz er sich daran zu schaffen macht, immer wieder und ohne Unterlass. Da kann man wohl wenig dagegen tun, dieser Störenfried lässt sich nicht einschüchtern. Aber nach all den Jahren weiss ich jetzt, wer das macht, und warum ich manche Trauben wegkehren muss. Die Natur, die Arterhaltung, vermutlich sind auch Kinder im Spiel und das wird einfach noch lange, bis zum Ende der Zeit so weitergehen. So eine Taube ist vermutlich mit dem Weinstock zufrieden, und ich sollte es auch sein, denn so ist es dargestellt auf romanischen Portalen, und es ist doch nett, wenn das hier so leben möchte, an Tagen, die sich so tot und müde anfühlen, dass einem nicht mal das Wundern über Hochzeitsaufwendungen der Gegenwart bleibt.
Was also kann man tun, wenn man hier bleiben muss, und alles nur so mittelgut ankommt? Man muss im Regen nicht die Pflanzen giessen. Und man sollte all jenen, die hier Häuser bauen und Wohnungen kaufen und sich ihr Leben einrichten und planen, hier zu bleiben, sei es in einem Dreispänner auf dem Dorf, einer Toskanavilla oder gar einer modernististischen Schiesssschartenanlage, man sollte ihnen also wünschen, dass sie nicht von der Müdigkeit befallen werden, der man sich manchmal nicht erwehren kann, wenn man seit 170 Jahren geblieben ist, und sich so wenig geändert hat. Manchmal ist Geschichtsbewusstsein ein Segen, aber mitunter ist es auch ein Fluch. An irgendwas muss man sich wohl ketten, an Kompromisse, Hoffnungen, Traditionen und Ziele, die Vergangenheit dagegen hat den Vorteil dass sie nicht enttäuschen, altern oder eine Trennung verlangen kann.
Man wächst da langsam hinein, man lernt dazu und fügt Stücke an. Zum Beispiel habe ich mich oft furchtbar aufgeregt, wenn Trauben am Haus abgerissen und einfach achtlos auf den Boden geworfen wurden. Das passiert immer wieder, und es ist so sinnlos: Die Trauben sind einfach noch nicht reif, das dauert hier sicher noch vier Wochen. Wer, fragte ich mich, macht so etwas, und warum? Nun, inzwischen weiss ich, wer das tut, denn so ein Tag ist bestens geeignet, nach Westen zu schauen, ob das nächste Gewitter kommt. Und was sieht man dann weiter unten auf dem Fensterbrett?
Den Übeltäter. Und mit was für einer Vehemenz er sich daran zu schaffen macht, immer wieder und ohne Unterlass. Da kann man wohl wenig dagegen tun, dieser Störenfried lässt sich nicht einschüchtern. Aber nach all den Jahren weiss ich jetzt, wer das macht, und warum ich manche Trauben wegkehren muss. Die Natur, die Arterhaltung, vermutlich sind auch Kinder im Spiel und das wird einfach noch lange, bis zum Ende der Zeit so weitergehen. So eine Taube ist vermutlich mit dem Weinstock zufrieden, und ich sollte es auch sein, denn so ist es dargestellt auf romanischen Portalen, und es ist doch nett, wenn das hier so leben möchte, an Tagen, die sich so tot und müde anfühlen, dass einem nicht mal das Wundern über Hochzeitsaufwendungen der Gegenwart bleibt.
donalphons, 01:45h
Samstag, 25. August 2012, 01:45, von donalphons |
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pade,
Montag, 27. August 2012, 11:04
Ach, die Tauben
waren die Übeltäter. Und Sie haben geschimpft, wie ein Rohrspatz auf die jugendlichen Rüpel.
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arboretum,
Montag, 27. August 2012, 11:09
Ich habe vorige Woche beim Gießen des Weinstocks meines Schwagers Kaktus einen Siebenschläfer aufgeschreckt.
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emanuel-s,
Montag, 27. August 2012, 12:13
Als Wiener kenne ich allerdings nur wenige Wiener, die die Donau für blau und schön halten. Die meiste Zeit ist es auch für uns ein grauer, fader Strom (seine Natur), der an heißen Sonnentagen notgedrungen in der Stadt als das gelebte Ausflugsziel medial zelebriert wird und an grauen Herbst- und Wintertagen dafür wiederum als Ort der Depression und Kälte dient.
Ein großer Strom, von Blau oder Schönheit weit entfernt (es sei denn man begibt sich abseits in die Seitenarme und fernab der Menschenmassen. Aber auch da muss das Wetter auch wirklich schön sein, um den wohlwollenden Bruch zu schaffen.)
Ein großer Strom, von Blau oder Schönheit weit entfernt (es sei denn man begibt sich abseits in die Seitenarme und fernab der Menschenmassen. Aber auch da muss das Wetter auch wirklich schön sein, um den wohlwollenden Bruch zu schaffen.)
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don ferrando,
Montag, 27. August 2012, 12:20
@arboretum
ich führe seit Jahren einen kampf gegen Siebenschläfer.
Solange sie nur in der Remise im Dachstuhl wohnten, habe ich mich an den pussierlichen Tierchen gefréut.
Aber dann zogen sie über die Stromleitung unters Hausdach.
Bei meinem letzten Aufenthalt schienen sie nun endlich vertrieben!
speriamo bene.
ich führe seit Jahren einen kampf gegen Siebenschläfer.
Solange sie nur in der Remise im Dachstuhl wohnten, habe ich mich an den pussierlichen Tierchen gefréut.
Aber dann zogen sie über die Stromleitung unters Hausdach.
Bei meinem letzten Aufenthalt schienen sie nun endlich vertrieben!
speriamo bene.
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arboretum,
Montag, 27. August 2012, 12:46
Wir wohnten auch mal auf einem ehemaligen Bauernhof, da tobten die Siebenschläfer über den Zimmern von meiner kleiner Schwester und mir - es waren wohl früher Ställe - des Nachts auf dem Dachboden herum. Zumindest die Siebenschläfer hatten Spaß, deutlich hörbar. Zu sehen bekamen wir die aber nie.
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greenbowlerhat,
Montag, 27. August 2012, 22:41
Die Stadtratten und Kinder in einem Satz, in einem Atemzug vereint - da hat das Weter jemand aber wirklich misanthropisch gemacht...
Zu toppen ist das eigentlich nur, wenn die im Haus nisten oder mal genistet haben. Unser Pärchen, welches es sich im Knick der Regenrinne überm Balkon gemütlich machen wollte, sind wir endlich nach vier Jahren los.
Zu toppen ist das eigentlich nur, wenn die im Haus nisten oder mal genistet haben. Unser Pärchen, welches es sich im Knick der Regenrinne überm Balkon gemütlich machen wollte, sind wir endlich nach vier Jahren los.
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