Anlanden

Heute endet der Schiffsverkehr auf dem See. Anders gesagt, heute beginnt hier offiziell die Vorwinterpause, auch wenn sich jetzt wieder tout München an den See staut. Erst vor Weihnachten läuft wieer alles auf vollen Touren, mit Weihnachtsmarkt und Galadiner auf dem See. Solange machen hier viele Urlaub, die Geschäfte sind nur noch leicht besetzt, und unter der Woche hat man wirklich mal den See für sich.









Ich frage mich immer, wie Segler das im November so sehen, wenn sie ihre Schiffe abholen. Die meisten liegen hier nur rum, das Verhältnis von Aufwand zu Nutzen dürfte spektakulär klein sein, und ganze Container wertloser Appleprodukte in den Schatten stellen: Liegeplatz, Unterhalt, Verein, Gebühren, TÜV für den Trailer und Winterplatz, Antifouling und neue Segel: Und am Ende wird es aus dem Wasser gehoben, und man kann sich überlegen, wie viele Stunden man wirklich damit auf dem Wasser war. Davor hätte ich Angst. So eine Bilanz über einen Sommer, ein Jahr oder ein Leben ziehen müssen, mit so viel Mühe und so wenig Ergebnis. All die Erwartungem, die nicht erfüllt wurden, und die Ahnung, dass es auch das nächste Mal nicht anders sein wird. Boote an Land bringen ist eine Tätigkeit für Menschen, die freudlos aussehen.









Und das Zuschauen bedeutet, sich einen Ausweg aus der Misere offen zu halten, um jeden Preis. Es gibt so vieles, das Freiheit und Ungebundenheit verheisst, und genau das Gegenteil bewirkt; man bepinselt Ketten rosa und hält immer ein Glas mit Verdrängung bereit, um das schlechte Gefühl hinunterzuschwemmen. Vielleicht ist es doch ein gnädiges Schicksal, die Fesseln zu kennen, zu wissen, dass vieles einfach nicht möglich ist, und sich dann zu überlegen, was besser werden kann. 2012 war, da brauche ich mir keine Illusionen machen, teilweise wie so ein ungenutztes Boot, an dessen Unterschiff sich der Morast sammelt.

Nächstes Jahr wird anders. Ab jetzt.

Sonntag, 4. November 2012, 16:05, von donalphons | |comment

 
wir gehen alle in ketten.

dieses jahr hätte ein gutes werden sollen, was sich leider ab sommer so nicht zeigte.
man spürt, wie man nur noch die zeit absitzt in diesem jahr; die kälte nervt jetzt schon und ist noch nicht einmal da. es ist töricht, in kalendern zu denken, auch dieses denken ist eine der ketten, in denen man geht.

das ganze als gute basis nehmen, angelegenheiten winter- und sturmfest vertäuen, an der sonne freuen, fotographieren, schreiben, trampelpfade hinnehmen und integrieren, kurz, das meiste stimmig machen. sich entfesseln.

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aber ich muss jetzt was für die FAZ machen...

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mein trampelpfad führt mich heute abend ins theater...

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Die Segler, die ich kennengelernt habe, hatten stets viel Spaß an Ihrem Sport. Ich denke auch, daß es sich beim Segeln zum Großteil um Leute handelt, die nicht so sehr auf die Koste-Nutzen-Rechnung schauen müssen. Viele solcher Leute denken manchmal generell nicht so viel.

@Donna Laura: Leider scheint es im Leben so, daß mit verrinnender Zeit das Gefühl des Absitzens zunimmt.

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liebe/r chiton, das schwinden der optionen. typisch. muss die beginnende mid life crisis sein.

anstatt zu segeln könnte man in voller montur unter einer eiskalten, voll aufgedrehten dusche stehen und fünfhunderteurobündel zerreissen.

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Schwindende Optionen? Ne, glaube ich nicht. Eher das Gefühl, daß nicht alles endlos ist.

Das mit der eiskalten Dusche habe ich schon jeden Morgen. Das mit den den 500-Euro-Bündeln lasse ich lieber. Wenn ich sie hätte, dann hätte ich sicherlich eine bessere Verwendung dafür.

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Durch Betrachtung zur Überwindung?
Lieber Don,

mit dem eigenen Abstand zu Verhalten und Dingen, welche man nicht für sich wählt, nimmt, so glaube ich, die Zeit zu, die man sich nimmt, um sich darüber seine Gedanken zu machen. Unbequem wird es einem manchmal, weil der Mensch sich im Raum-Zeit-Kontinuum in der Rolle des Handelnden, egal wie und womit, meistens wohler fühlt. Das ist vielleicht der Preis, den man für die Reflexion bezahlen muss.
Denn wie auch immer: Das Leben ist kein Geschenk, was man einfach behalten kann, es ist eine Art Kredit von einer Bank mit extrem undurchsichtigen Geschäftsmethoden. "Vernünftige" Menschen versuchen jeden Tag die kleinst mögliche Rate mit längster Laufzeit zu wählen, aber diese Bank gibt keine Auskunft über die Höhe des Darlehens und fordert oft genug die Zahlung der Restschuld innerhalb von Sekunden. Wenn es also juckt, nutzen Sie ihr unbenutztes Unterschiff und setzten sie die Segel für das Spiel mit den Winden.

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Apropos (Falt-)Boot, von dem haben wir dieses Jahr auch nicht viel gesehen.

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Nun als Segler und Bootsbesitzer seit mehr als 10 Jahren möchte ich die Antwort gerne geben.
Ich habe selbst erst vor 1 Woche ausgekrant und ja es ist ein trauriger Moment bedeutet es doch das der Winter kommt und die Saison vorbei ist. Beim Einkranen kurz vor Ostern sieht das Gesicht völlig anders aus :-)
Applezeugs habe ich nicht, nicht mal ein Handy. Mir genügt es an den Wochenenden auf dem Wasser zu sein, keinen Krach um mich zu haben und die Seele baumeln zu lassen. Den meisten meiner Segelkameraden geht es im übrigen genauso. Segler sind eine ziemlich komische Spezies :-)
Es ist eine Frage der Zeiteinteilung wie oft man sein Boot nützt. Für mich gilt: jedes schöne Wochenende von Freitag nach Feierabend bis zum Sonntagnachmittag. Den Rest der Wochenendarbeit verschiebt man eben auf Regentage oder den Winter.
Zu den Kosten:
Ein Stegliegeplatz auf dem Altrehein als Clubmitglied liegt bei 540 Euro jährlich. Strom und Wasser eingeschlossen.
Antifouling für ein 22 Fuß Boot bei etwa 60 Euro ansonsten benötigt man etwas Farbe, ein bisschen Lack für die Holzteile und bei gutem Umgamg alle 10 bis 15 Jahre neue Segel.
Arbeiten am Boot verschiebt man auf die Wintermonate aber es wird nicht als Last sondern Lust empfunden. Man kann etwas verbessern oder ändern und hat somit auch in den kalten Monaten etwas vom Hobby.
Unterm Strich würde ich sagen ein Dauercampingplatz mit Wohnwagen ist vergleichbar.
Der Erholungswert ist sensationell hoch denn nach dem durchfahren der Schranke auf das Clubgelände ist man sofort in einer anderen Welt ohne Lärm, Stress oder sonstigen Alltäglichkeiten und ein Wochenende ersetzt glatt einen Kurzurlaub.
Ich liebe mein kleines Boot und es wäre das letzte was ich aufgeben oder hergeben würde sollte es mal eng werden.

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