Klaviersonate h-moll
Am Mittwoch ist dem Bernie sein Buch angekommen, es geht endlich in die bayerische Provinz und dorthin, wo diese Provinz wirklich noch Provinz ist. Die Provinzstadt, in der ich lebe, ist ja längst dieser Provinz entwachsen, in der sie diese Bezeichnung bekam - das war sie um 1880 herum, heute wäre sie mit ihrer Einwohnerzahl die neuntgrösste Stadt des damaligen Deutschen Reiches. Und mit den umliegenden Landkreisen auf Platz 4. So hat sich das alles geändert, so hat es sich vermehrt, aber in der Familienerinnerung ist es halt immer noch so wie damals und auch andere Familien kennen sich und uns noch aus dieser Zeit.
Diese alte Stadt kommt, ergänzt durch all die Zugewanderten, einmal im Monat zusammen und hört zu. Die Regeln sind festgelegt und tradiert, so war es schon in meiner Kindheit , mit der Applausordnung, der Stille und dem Verkauf des Programms plus kostenlose Hustenbonbons im Winter. Angeblich wurden früher, ganz ganz früher, Kinder mit genau diesen Bonbons gelockt, aber das kann auch nur eine Legende sein. Früher konnte man sich eigentlich kaum zu solchen Terminen entziehen, schliesslich erfuhr man dort alles, was wirklich wichtig war im Leben und nicht in der Zeitung stehen durfte.
Heute ist das alles ja nicht mehr so wichtig, es gibt nicht mehr diese alte Form von öffentlichem Leben in klar definierten Zirkeln, in der der Besuch eines Lokals oder einer Brauerei über die politischen Ansichten bestimmte. Es gibt nicht mehr die drei, vier wöchentlichen Pflichttermine, bei denen das Leben ausgemacht und geplant wurde, im Kreise von Freunden und Bekannten, die einen das ganze Leben lang begleiteten. Es gibt nur noch die kulturellen Höhepunkte, zu denen alle kommen und die Tiefgarage zuverlässig verstopfen, und dennoch, dafür wird gekauft, geschenkt, betrachtet und auch sehr genau geschaut, ob beim Partner alles passt. Würde Fernsehen und Internet abgeschafft werden: Das Rüstzeug für die Rückkehr zum Status quo Ante wäre immer noch vorhanden.
Es ist nur weitgehend unsichtbar geworden. Es ist eine Kulturerscheinung, die sich unbemerkt unter der neuen Realität einen Platz gesucht und gefunden hat, mit ihren Regeln und ungeschriebenen Gesetzen. Aber sie hat kein Umfeld mehr, aus dem es sich speisen könnte im Sinne, da schaut man hin und da möchte man dabei sein. Vor 130 Jahren war so ein Konzertbesuch ja noch weitaus mehr, das Versprechen von Bildung, Vermögen und der Sicherheit, dass daheim die Speisekammer voll ist. Das alles gehörte zusammen. Heute bekommt jeder, was er braucht und wir obendrein, als Gratifikation fürs Dasein, die junge Virtuosin, die die Brücken über die Epochen schlägt, wenn das Licht schwindet.
Die einen wollen es verstehen und den anderen ist es egal, weil sie anderes verstehen. Die alte Stadt ist gross geworden, aber in Wirklichkeit sind andere Städte und andere Menschen dazu gekommen, haben sich selbst Räume und Regeln geschaffen und dämmern vor dem Blau der Geräte vor sich hin, froh, zu liegen und etwas Bequemes zu tragen. Ich weiss danach gar nicht, wie ich mich so fühle, ich höre zu und als sie dann sagt, dass es keinen Sinn macht, nach Liszt noch etwas anderes zu spielen, hat sie recht. Die Spannung war da und hat sich gelöst, und alles ist gut, wie es ist.
In zwei Wochen geht es weiter. Wenn es keinen Krieg gibt, denn das Orchester kommt aus Moskau, wenn es kommt.
Diese alte Stadt kommt, ergänzt durch all die Zugewanderten, einmal im Monat zusammen und hört zu. Die Regeln sind festgelegt und tradiert, so war es schon in meiner Kindheit , mit der Applausordnung, der Stille und dem Verkauf des Programms plus kostenlose Hustenbonbons im Winter. Angeblich wurden früher, ganz ganz früher, Kinder mit genau diesen Bonbons gelockt, aber das kann auch nur eine Legende sein. Früher konnte man sich eigentlich kaum zu solchen Terminen entziehen, schliesslich erfuhr man dort alles, was wirklich wichtig war im Leben und nicht in der Zeitung stehen durfte.
Heute ist das alles ja nicht mehr so wichtig, es gibt nicht mehr diese alte Form von öffentlichem Leben in klar definierten Zirkeln, in der der Besuch eines Lokals oder einer Brauerei über die politischen Ansichten bestimmte. Es gibt nicht mehr die drei, vier wöchentlichen Pflichttermine, bei denen das Leben ausgemacht und geplant wurde, im Kreise von Freunden und Bekannten, die einen das ganze Leben lang begleiteten. Es gibt nur noch die kulturellen Höhepunkte, zu denen alle kommen und die Tiefgarage zuverlässig verstopfen, und dennoch, dafür wird gekauft, geschenkt, betrachtet und auch sehr genau geschaut, ob beim Partner alles passt. Würde Fernsehen und Internet abgeschafft werden: Das Rüstzeug für die Rückkehr zum Status quo Ante wäre immer noch vorhanden.
Es ist nur weitgehend unsichtbar geworden. Es ist eine Kulturerscheinung, die sich unbemerkt unter der neuen Realität einen Platz gesucht und gefunden hat, mit ihren Regeln und ungeschriebenen Gesetzen. Aber sie hat kein Umfeld mehr, aus dem es sich speisen könnte im Sinne, da schaut man hin und da möchte man dabei sein. Vor 130 Jahren war so ein Konzertbesuch ja noch weitaus mehr, das Versprechen von Bildung, Vermögen und der Sicherheit, dass daheim die Speisekammer voll ist. Das alles gehörte zusammen. Heute bekommt jeder, was er braucht und wir obendrein, als Gratifikation fürs Dasein, die junge Virtuosin, die die Brücken über die Epochen schlägt, wenn das Licht schwindet.
Die einen wollen es verstehen und den anderen ist es egal, weil sie anderes verstehen. Die alte Stadt ist gross geworden, aber in Wirklichkeit sind andere Städte und andere Menschen dazu gekommen, haben sich selbst Räume und Regeln geschaffen und dämmern vor dem Blau der Geräte vor sich hin, froh, zu liegen und etwas Bequemes zu tragen. Ich weiss danach gar nicht, wie ich mich so fühle, ich höre zu und als sie dann sagt, dass es keinen Sinn macht, nach Liszt noch etwas anderes zu spielen, hat sie recht. Die Spannung war da und hat sich gelöst, und alles ist gut, wie es ist.
In zwei Wochen geht es weiter. Wenn es keinen Krieg gibt, denn das Orchester kommt aus Moskau, wenn es kommt.
donalphons, 00:37h
Samstag, 8. März 2014, 00:37, von donalphons |
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jeeves,
Samstag, 8. März 2014, 11:56
nur mit Leder
Das Ledersohlen-Foto erinnert mich an das interessante Knacken des vom Winter übrig gebliebenen Streu-Granulats beim Frühlings-Spaziergang; bei den heute üblichen Plastik- oder Gummisohlen hört man nix.
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donalphons,
Samstag, 8. März 2014, 14:44
Das Problem ist in unserem Theater seit Jahren das Parkett und der Teppich - auf dem Teppich rutschen Ledersohlen und im Parkett sind viele Risse, gestern etwa wäre die Virtuosin beinahe gestolpert, und ich bin einmal die Freitreppe in ganzer Breite hinunter. Hat also Vorteile, wenn man Gummi wählt.
Aber jeder muss einmal sterben.
Aber jeder muss einmal sterben.
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