: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 20. März 2014

Berni Mayer, Der grosse Mandel

Also ich hab dem Berni ja immer gesagt: Deine Protagonisten ned woahr die kummen von do und deshalb sollten sie auch mal wieder herkommen. Es ist ja eh so mit denen, dass sie zwar in Berlin sind, aber wann immer ich das lese, höre ich den bayerischen Dialekt heraus, und vielleicht sind die beiden - oder wenigstens der Erzähler - auch nur deshalb manchmal so Zwidawurzn, weil man den Bayern aus seinem Land, nicht aber das Land aus dem Bayern nehmen kann. Vielleicht sind sie einfach heimwehkrank und lügen sich im Deichgraf darüber hinweg. So generell finde ich es ja sympathisch, dass die beiden Helden immer ein wenig schlecht gelaunt und nur so mittelzufrieden sind, und ich kann diese bayerische Form der anarschischen Opposition schon unterscheiden vom Krisengekreisch in Berlin - und was soll ich sagen: Das hat er diesmal auch schön herausgearbeitet, als die Helden zurück nach Bayern kommen. Dorthin, wo sonst nie die Heimatkrimis spielen, in der Oberpfalz nämlich.



Als Mittelbayer ist man ja immer wieder schockiert, was da Richtung Osten noch alles an Bayern bis Passau kommt. Notfalls kann man sich sagen, dass wir früher einfach diesen antiösterreichischen Donausumpfstreifen gebraucht haben, aber das Verhältnis eines Normalbayern zur Oberpfalz - ich sage es einmal so, ich kenne viele Regensburger, die steif und fest behaupten, sie seien gar keine Oberpfälzer. Und tatsächlich ist Regensburg wirklich eine schöne und lebenswerte Stadt, und der Roman macht daraus auch keinen Hehl. Es ist - ich habe die beiden Vorläufer ja auch gelesen - zum ersten Mal überhaupt, dass eine Stadt als schön dargestellt wird. So schön, dass es den Helden richtig reisst und zwickt, ob das nicht doch eine Option wäre. Weil ja eigentlich alles da wäre, mehr als in Berlin. Und hämisch funkelt immer wieder durch, dass sogar einer wie der Dieter sein Auskommen im Netz findet. Der Dieter, das ist mir schon beim ersten Teil positiv aufgefallen, erzählt eigentlich, was die anderen Möglichkeiten so wären. Und zwischen denen und dem, was ihn in Berlin erwartet, da hängt der Erzähler und verwurschtelt sich drin.

Insofern sind das eigentlich zwei Bücher: Das eine geht über Unterschichten, die sich in Geldnot viel, wenn nicht gar alles antun, und das andere über Heimat und Lebenswege. Ich sage es ganz ehrlich, ich habe es nicht mit Catchen und war daher ein wenig reserviert, aber der Teil passt schon. Der andere Teil jedoch ist das genaue Gegenteil all der träge hingestöpselten "Junger Mensch kommt nach Berlin und erlebt was"-Romane, und das fand ich in allen Details sehr lebensecht und treffgenau. Weil es halt genau so war und ist, wie es beschrieben ist. Komischerweise war ich lang in Regensburg, als der Berni auch dort war, wir sind uns aber nie begegnet - und trotzdem kenne ich die ganze Stadt, so wie er sie beschreibt. Ich weiss, wie das mit falschen Freunden ist und das mit dem Zurückkommen in eine Welt, die anders gelaufen ist, und da sind groteske Einfälle wie ein Österreicher, der sich ausgerechnet an der bayerischen Kopfsammlung der Walhalla den Schädel deformiert, lustige Zugaben - aber es würde auch so tragen. Sehr gut sogar. Weil es die grossen Wahrheiten ganz langsam erzählt und die billigen Klischees meidet - und dann passt auch wieder die Unterschicht mit hinein. Die Provinz hat natürlich auch ihre hässlichen Seiten.



Mir hat das Buch Lust gemacht, mal wieder an der Donau entlang nach Regensburg zu radeln. Ein Bett wäre da für mich, man könnte das leicht an zwei Tagen machen und ein wenig auf den Spuren von Sigi Singer wandeln -was ja immer ein gutes Zeichen bei einem Buch ist. Handwerklich ist es schön durchkomponiert, und dass am Ende immer die pessimistische Note bleibt, ist ja auch schon eine Tradition in dieser schwarzen, sehr bayerischen Serie. Dass eine Modebloggerin, bei der man sofort an eine ganz bestimmte welche, in der Geschlossenen landet, dass es mit dem Volksfeststreit schon die Hoffnung für den nächsten Bayernkrimi in Niederbayern gibt, der dann richtig aufs Pedal von CSU und Vetternwirtschaft haut - das mag ich sehr.

Mehr Infos zum Buch hier.

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