Und alle werden sie reich

Also, es ist so: Ich bekomme durchaus Anfragen, etwas für Geld zu tun. Entweder klassisch, etwas für Geld zu schreiben. Ich liefere, sie zahlen. Das geht von perversen Ideen bis zu Vorschlägen, die letztlich auch nicht so gut wie die FAZ sind - und selbst wenn sie besser wären, so muss ich doch sagen: Ich bin ein Freund langfristiger, stabiler Beziehungen.

Oder unklassisch: Das hiesse, sich vorher zu verpflichten, etwas zu tun, das Geld zu nehmen und es dann tun. Oder auch nicht. Momentan hört man ja viel über Projekte, die so mit Anfragen bei den Nutzern finanziert werden, und oft mit überraschendem Erfolg. Auch da werde ich hin und wieder angestupst - aber nein. Wirklich nicht.



Denn organisatorisch bin ich eher eine Niete. Ich komme einigermassen mit meinem Leben klar, ich schaue noch in meine Post und meistens überweise ich noch am gleichen Tag. Meine Nebenkostenabrechnungen sind pünktlich und stimmen, und ich halte mich an Abmachungen. Ich habe den Eindruck, dass ich alles unter Kontrolle habe und nicht a la Lobo/Sobooks gezwungen bin, mein eigenes Versagen an den Zielen damit zu kaschieren, dass andere auch nicht wirklich toll sind. Was möglich ist, tue ich und zum Unmöglichen lasse ich gern noch einen grossen Sicherheitsabstand. Das ist gut für den Schlaf, und ich kann mit dem Besten rechnen, weil ich lebensfroh bin. Und nicht, weil alles ausser dem Besten alle Pläne ruinieren würde. Man wird so nicht reich, aber zufrieden.

Man's gotta know his limitations

sagt Dirty Harry einmal so treffend. Ich bin schon zufrieden, wenn ich auf dem Sofa liege und nicht aufstehen muss. Charmante Ideen, die man haben könnte - jemand finanziert Bilder und ich sage dann, was es damit auf sich hat - scheitern am Platz, an meiner mediokren Kenntnis von Kunst und dem Umstand, dass die Jagd, die Lust und die Verzweiflung beim Kauf dann weg wären. Nein, ich will da schon leiden und das Pochen des Blutes in den Zahnwurzeln fühlen - nie die Hand ohne Ibuprofen heben!

Vor allem aber will ich nicht müssen.



Mit Müssen kann ich ganz schlecht umgehen. Nicht, weil ich es dann nicht tue, sondern weil ich mich am Riemen reisse und am Ende mit den Resultaten unzufrieden bin. 2 Beiträge für die FAZ wandern jeden Monat in die Tonne, aus diesem Gefühl heraus. Ich kann mir das im Sinne eines Qualitätsmanagements leisten, aber der wahre Hintergrund ist einfach der Éindruck, dass es unter Zwang entstanden ist, und mir keine Freude macht. Das ist doof, denn ein paar Mal schon habe ich etwas aus der Mülltonne gezogen und doch gebracht - etwa, wenn ich krank, verliebt oder sonstwie unzurechnungsfähug bin, und das ging trotzdem immer gut.

Das sind so die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, wenn ich all das Fundraising sehe. Erst die Ware, und dann das Geld - das finde ich gut. Aber erst die Bezahlung - unter dem Druck, unter dieser Last würde es bei mir nicht gut laufen. Und selbst wenn, ich würde es nicht gut finden. Es wäre eine Verpflichtung. Und davon gibt es in meinem Leben eh schon zu viele. Manche wollen ihren Besitz reduzieren, alles digital speichern und nur noch ein Gerät haben: ich will nur noch die Verpflichtungen, die mir zusagen.

Das klingt viel besser als Faulheit, Lethargie und fehlender Ehrgeiz, nicht wahr?

Samstag, 19. April 2014, 00:12, von donalphons | |comment

 
Zumindest klingt es reflektierter. ;-)

Und eine Freundin sagte einmal (aus meiner Sicht sehr richtig): Ehrgeiz ist nicht so wichtig, Engagement ist wichtig.

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Schön gesagt.

Es ist im Moment halt Mode, so etwas zu machen und meine Befürchtung ist, dass solche Projekte bald zu Enttäuschungen führen werden. "Was machen" ist halt was anderes als "etwas um jeden Preis perfekt machen". Und nachdem ich ja selbst Erfahrung mit Büchern habe, finde ich viele Vorstellungen der Crowdfinanzierung, sagen wir mal, optimistisch. Ich möchte nicht Teil eines scheiternden Hypes sein.

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Dumpf erinnere ich mich an einen Artikel über 'Didi' Hallervorden der damit gut gefahren sein soll. Vielleicht ist Kraudfanding ein Modell das in bestimmten Kreisen oder Nischen (z.B. hier) besser funktioniert als bei den üblichen Verdächtigen. Andererseits würde es sich vermutlich seltsam anfühlen zu wissen dass man sozusagen auf Kredit der Kommentatoren schreibt von denen manche 0,50, andere 50,00 und wieder andere gar nichts in den Topf werfen.

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Crowdfunding gibt es auf dem Buchmarkt schon seit 300 Jahren, nur nannte man es früher Subskription. Diderots Enzyklopädie ist so entstanden.

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Ja, aber das war eteas anderes als die 5-Euro-Ecard-Fragerei.

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Ich muß sagen, daß ich mit Crowdfunding/Subskription nur die besten Erfahrungen gemacht habe. Ich halte es für ein sehr nützliches Instrument, weil man Geld nicht als anonyme Spende, sondern für ein konkretes Projekt gibt, das einem selbst wichtig ist. Es waren bei mir dabei Finanzierungen wie für den erzwungenen Umzug unseres hiesigen "Buchkinder"-Vereins oder die Subskription der Goncourt-Tagebücher. Aber auch unfertige Sachen wie die Filmdokumentation über die geniale Fotografin Vivian Maier. Alle Projekte sind zustande gekommen und haben mir viel Freude gemacht. Ob ein Autor mit dieser Form der Finanzierung glücklich wird ist eine andere Frage. Man muß als "Kreditor" oder "Debitor" eben entscheiden, ob es sich lohnt, ob man das will. Scheitern eingeschlossen. Ich würde allerdings für ein ungeschriebenes Buch nichts geben. An Lotterien beteilige ich mich nicht.

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Buch ist halt die gewöhnluche Variante: Scheinbar schnell zu machen, mit hohem Renommee versehen, und wenn es durchfinanziert ist, ist das auch mit dem Vertrieb mkein Problem mehr.

Erfahrenen Autoren würde ich so etwas durchaus zutrauen, das Problem sind mehr die Abzocker, die einfach eine Chance auf Geld und ein Jahr Party sehen.

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Ein gewissenhafter Journalist wie Jens Weinreich fährt doch mit dem Crowdfunding-Modell ganz gut und ist damit in der Lage, ein sauber recherchiertes Buch zu veröffentlichen, das es in dieser Deutlichkeit bei keinem Publikumsverlag in dieser Form gegeben hätte.

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Nein, das Buch, das September 2013 (!) erscheinen sollte, ist bis bis heute noch nicht da, es wurden unzählige Terminankündigungen gemacht und gerissen. Letztlich war der 9. April angekündigt, auch das wurde nix. Ich glaube auch nicht, dass es in absehbarer Zeit erscheinen wird, denn warum sollten die Probleme, die er mit seinem Buch seit mehr als einem halben Jahr nicht in den Griff kriegt, demnächst zu lösen sein? Ich für meinen Teil werde so schnell nicht wieder ein deutsches Buch crowdfunden. lession learned.

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Buch ist ein enormer Aufwand und der wird immer gern unterschätzt - gerade von Leuten, die nicht wissen, wie Verlage funktionieren. Da sitzen keine raffgierigen Idioten, sondern zumeist sehr fähige Leute, die genau wissen, was zu tun ist. Ein Blogger hat davon keinen blassen Schimmer. Das ist so, als könnte man gerade mal laufen und wollte dann sofort Düsenjet fliegen.

Ich lese gerade, dass jemand eine Übersetzung für 25k Zeichen sucht. Sowas kostet schnell mal 3 - 5ooo Euro. Und dann ist sonst noch nichts gemacht. Dafür sind rund 5000 Euro vorgesehen, und es soll gedruckt werden. Da ist das Scheitern absehbar.

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