zittoyens

Es ist eine geschlossene, hermetische Welt, diese junge Stadtzeitung mit ihren leicht quietschig lachenden Reporterinnen und Photoabteilungsmädchen, die die jpegs verschludern und es erst kurz vor Druck merken, um dann panisch nachzufragen. Sie sehen aus wie die Kids , Models und Filmhalbgrössen auf dem Cover, kaufen bei Ikea und tragen H&M und Mützen, die nicht gerade vorteilhaft aussehen.

Eher, in meiner Jugend hätte man in der Tempo gesagt, gut dass uns der Türsteher vor sowas bewahrt. Leute wie Hansi & Inge Grandl zum Beispiel. Aber die Grandls dürften inzwischen schon auf die 70 zugehen. Ausserdem sind solche Türsteher eine nach Dekaden des Siechtums aussterbende Gattung. Letzte Woche war ich mit meiner kleinen Schwester im Greenwich, einem Lokal mit eingebauter Fischquälerei und Glaseimern voller Cocktailmantsche für Winterschlussverkaufs-Preise, für die man in München allenfalls einen Tee mit Rum bekäme. Die können sich derartiges Personal wohl auch nicht mehr leisten. Was wohl der Grund war, warum die Mädchen auch in extremen Formen des Downdressens reinkommen.

Passt aber auch zur Stimmung dieser Leute. Alles sehr reduziert, bar jeder Erwartung, ausser vielleicht, dass es den Job in einer Woche schon nicht mehr gibt. Kein Glaube, dass irgendwas jemals besser wird. Grosses Thema ist das nächste Praktikum, nicht der nächste Karriereschritt. 6000 arbeitslose Journalisten soll es in Berlin geben, und ein paar Dutzend sind bereit, für den Gegenwert einer vollen H&M-Tüte Groschenromane zu schreiben.

Nur Illies will irgendwann sein Hochglanzteil publizieren. Für die Altersstufe, die die Tempo noch aus eigener Ansicht kennen. Für die, die den zittoyens die verbrannte Erde hinterlassen haben. Und denen es ziemlich egal ist, dass die drei Topthemen der jungen Leute so aussehen: 1. Die Krise, 2. der Selbstmord, 3. das Hoffen auf ein Wunder, vielleicht doch entdeckt zu werden und was im Film zu machen wie Jana Pallaske das doch auch geschafft hat und inzwischen sogar singt und sowas wie Mia werden sie doch auch noch hinbekommen.

Klar. Dafür braucht man auch nicht den Trever Horn, und von "if ya wonna come" zu singen, würde ihnen nicht einfallen.

Niemand kommt in der ersten generation post hype. Sie gehen. Ein.

Nachtrag - Es war wohl Gedankenübertragung: Jens Thiel von den Minusvisionen, den ich in einem anderen Leben, glaube ich, beim First Tuesday kennengelernt habe, war in meiner geliebten und gehassten Heimat München und hat quasi im Vorraus schon den Berliner Stab knackiger gebrochen, als ich hier mein Frühstück angesichts des Marzahner Vororts Berlin a.d. Spree breche.

Samstag, 21. Februar 2004, 04:06, von donalphons | |comment