Es ist ganz leicht

Man muss nur an der Isar eingeparkt sein von einem Lieferwagen, der einem Espressomaschinenreparaturdienst gehört, einem Porsche von hinten und neben einem auf der zweiten Spur von einem BMW SUV. Die unheimlich dünne Frau im Minicooper müsste nicht mal schreien, damit man weiss, worüber sie gerade mit dem Menschen an der anderen Seite der Leitung spricht: Ja, heute Abend, nach all dem Stress, klar war sie im Büro und nächste Woche macht sie den da fertig. So viele können über Ostern gar nicht heim, dass davon nicht riesige Bestände immer noch in der Stadt wären. Frauenzeitschriftenjohurnaille, Möchtegernregisseure, die Frauen aus dem Umland in Cafes anquatschen, und dazu noch die Neoconpäärchen in der Theatinerstrasse. Jedes Paradies hat sein Ungeziefer, und München zieht diesen Menschenschlag in all seinen Variationen magisch an, so wie jeder, der Kreativität mit Verantwortungslosigkeit verwechselt, irgendwann Spreewasser säuft.



Schnell, zu schnell hat sich München von der Demütigung des Untergangs der New Economy erholt. Und während anderswo längst wieder gegründet wird, schaut man hier noch bedächtig zu, weil man den neuen Geschichten noch nicht ganz traut. Überhaupt, desto besser das Wetter und desto schöner die Landschaft, desto weniger ist man bereit, ins Netz zu gehen. Biergärten, Cafes, Isarauen, alles ist schon wieder restlos voll mit sorgenfreien Menschen. Eine Ausnahme ist das Luxusweibchen am Gärtnerplatz, das ihrem Gegenüber ihr Steuerproblem erklärt: 70.000 hat sie noch flüssig, aber 50.000 will der Fiskus für das letzte Jahr, die nehmen einem alles, und wovon soll sie dann noch leben? Existenzangst in der Isarversion.

Und dennoch ist die Stadt immer wieder atemberaubend schön. Siemensskandal, Stadionschmierung, Vollversager im Kulturreferat und eine irrwitzige Verschwendung beim Stadtportal München.de, was soll´s, das leistet man sich eben mitsamt den Pickeln der Staatspartei, es gibt ja genug Spiele und Torte, im Hofgarten etwa, oder wo auch immer, und nächste Woche ist sowieso jeder irgendwie in Italien, dann treffen wir uns alle wieder. Nur die Mutter vom Marquis, die kommt nicht mehr, die hat er wegen Demenz ins Alterheim bringen müssen, 2,5 Zinmmer hat sie da immer noch, mehr als manche draussen in Sendling, aber von da kennt man eh keinen, denn München geht nur von Schwabing bis zur Isarvorstadt, und wer da nicht wohnt, kommt wenigstens vorbei, wir sind ja nicht so, ned wahr.

Montag, 9. April 2007, 01:58, von donalphons | |comment

 
Mit Verlaub. Offenbar kennen Sie München nur aus der Zeitung, vom Durchfahren oder aus Erzählungen von Bekannten. Weil: So einfach – gehts nicht.
Freundschaft

ps Photo ist natürlich schon große Kunst

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Mit Verlaub, ich bin laut Einwohnermeldeamt Münchner. Und ich habe dort 16 Jahre meines Lebens verbracht, und über die übelste Zeit dort ein Buch geschrieben. Ich bin Maxvorstädter, und doch, ich kenne die Stadt.

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Von Schwabing bis zur Isarvorstadt;-) Richtig so: Alles andere ist Umland. Die Villenvororte wie Nymphenburg/Gern und Thalkirchen/solln sind aber auch nett...

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@ DonA: Ich will da auch gar nicht meckern. Nur: Das waren halt ein bisserl sehr viel einschlägige Impressionen auf ganz engem Raum – für meinen Geschmack. Gerade über mein Viertel. Und ich muss das fast sagen, denn ich leb halt jetzt auch schon wieder über sieben Jahre mitten da drin, (nach einem Jahr Giesing und 15 Jahren Schwabing-Nord im Übrigen), und möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, zwischen ViMa und Isar lungerte nur das bekannte Handybussi-Gesindel herum. Das gibts zwar schon. Aber in der Regel dann doch vorwiegend an so Sonntagnachmittagen wie gestern, wenn die Edel-Prekaria aus ihrer – nicht Ihrer nota bene – Vorstadt zum Kaffeschauen reindrückt. Übrigens: Ist Ihnen eigentlich auch schon aufgefallen, dass zurzeit anscheinend mehr neue Kinder als neue Autos zugelassen werden?

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und [ich] möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, zwischen ViMa und Isar lungerte nur das bekannte Handybussi-Gesindel herum.

Ich glaube, hier geht es aber eher um Dons Eindrücke.

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Hä?
bzw. na und?

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Mißverständnis
Guten Tag, Donalphons.
Nur aus Interesse: "so wie jeder, der Kreativität mit Verantwortungslosigkeit verwechselt, irgendwann Spreewasser säuft." Ist hierin eine Zweideutigkeit zur anlaufenden adiacal-Aktion auf near-by-the-river Spreeblick zu finden?
Dank für die Aufklärung, m8

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superfoto,best of lomo.
aus der hüfte, aus dem fenster.

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Nein, es hat mit Adical nichts zu tun - würde ich das sagen wollen, täte ich das direkt und an der Blogbar.

Digicam is the new Lomo, Annobella.

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Eine Lomo gammelt hier seit 10 Jahren auch noch rum.
mehr so aus musealen Gründen.

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wobei ich mit dem trockenen knacken der lomo beim auslösen
besser zurechtkomme als mit den verzögerungen der digicam. das dingelchen braucht viel übung. toll ist natürlich, dass man es in der hosentasche im sommer haben kann. und die vielen features. über kurz oder lang - wenn ich mal wieder geld habe (*betrachtet ihre leere geldbörse) - kaufe ich mir wieder eine nikon und benutze sie als lomo. die grenzen der digicam können einen ja rasend machen und du läufst dauernd mit ausgestreckten armen auf deine objekte zu. beim einfach draufhalten und hoffen, dass schon irgendwas im bild ist (was mit dem weitwinkel der nikon immer funktioniert), scheitere ich noch mit der digicam. überhaupt der auslöser. die digicam ist zu leicht, die lomo ist stabiler.

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Und genau deswegen hab ich München immer so gehasst. Außer der Glyptothek, die war großartig. (Kurzer Gruß vom andern Ende des Universums.)
Nachtrag: Päärchen. Die neue Rechtschreibreform betrügt uns um so viele kleine, magische Sprachmomente.

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