: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 8. März 2006

Wegen WG

Don Alphonsos Mama(unheilvoll): Sagmal, was ist eigentlich das da?

Don Alphonso: Nun, bei genauerer Betrachtung könnte man es als feuervergoldeten Messingkronleuchter bezeichnen, etwa aus den 50er Jahren, sehr klassische Form, fast ein Meter im Durchmesser, 8 Flammen, ganz vorzüglich erhalten...

Don Alphonsos Mama: Aber wo soll denn der hin? Hier ist doch kein Platz mehr?

Don Alphonso: Das ist fürwahr richtig, aber ich dachte ja auch an das Bad der WG...

Don Alphonsos Mama: Und da willst Du den Kronleuchter aufhängen? Im Bad?

Don Alphonso: Wer ko, der ko, Frau Mama! Ausserdem ist das Bad riesig, 18 m², da braucht man schon einen Brocken an Leuchter, ich mein, wenn man zum Beispiel mit der Freundin und dem Champagner...

Don Alphonsos Mama: Hör auf. Deine Schwester sagt, dass die jungen Leute in den WGs einen ganz anderen Stil haben und sowas gar nicht wollen. Das muss man sie selbst entscheiden lassen, und ob die mit solchen Leuchtern etwas anfangen können, wagt sie zu bezweifeln.

Don Alphonso (genervt): Ihre Zweitgeborene, Frau Mama, hat, bei allem Respekt, noch keine Stunde ihres Daseins in einer WG verbracht, geschweige denn darin gewohnt. Ihre Zweitgeborene betrachtet selbst Mieter als Grattler. Ihre Zweitgeborene kennt keine Leute, die in WGs wohnen, und würde sie welche kennen, würde sie es verschweigen. So schaut´s aus, was weiss denn die. Ich hingegen habe sogar schon einmal einen Winter in einer WG gewohnt! In Lissabon!



Während Frau Mama weiterhin verdriesslich den Kronleuchter anstarrt, erinnert sich Don Alphonso an Lissabon. An die beiden walisischen Mitbewohner, die an Weihnachten die Ostküstenprinzessin bekochen wollten. Es gibt Leute, die sagen, dass Lissabon nach Bacalao stinkt, aber Don Alphonso behauptet, dass es immer noch die Spätfolgen der walisischen Herdschmelze sind. Allerheiligen war das grosse Erdbeben und die Flut, zu Weihnachten dann das. Lissabon sollte vielleicht die christlichen Feiertage abschaffen.

Und er erinnert sich an den Zustand des ortstypischen Bades. Es hatte einen traumhaften Blick bis zu Alfama, und den brauchte es auch, damit man nicht auf die Idee kam, auf den Boden zu schauen. Er erinnert sich, als einer der Waliser mal eben die Tür offen stehen liess, was er sonst nie tat. Die Einrichtung mit 1 Hängematte als reduziert zu bezeichnen, wäre eine Übertreibung. Immerhin hing sie hoch genug, um beim Schwingen nicht die Kleiderberge zu berühren. Andererseits hing im Gang ein spektakulärer Art-Deco-Leuchter, an dem auch keiner Anstoss nahm - so sehr, das der Leuchter seine letzte Reinigung noch unter Salazar erfahren hatte.

Don Alphonso (zweifelnd, tritt an die Rampe vor das Publikum und spricht): Liebes Publikum, ich gestehe: Auch meine Erfahrungen mit dem Leben in WGs sind begrenzt, und nicht durchgängig gut, auch wenn das milde Licht Portugals das Leben versüsste. Wie aber ist es nun mit den WGs in heutigen Tagen? Lohnt es sich, denen die Gemeinschaftsräume menschenwürdig einzurichten? Oder reicht in der Küche ein Sautrog und im Bad ein Fass Desinfektionspulver? Sind geschwungene Kommoden gar ein Grund, die Wohnung, die nicht billig sein wird, gar nicht erst in Betracht zu ziehen? Findet ein WG-Bewohner, selbst wenn er aus besserem Hause kommt, zum Schutz des Parketts aufgebrachte Perserläufer im Gang als spiessig?

Wie ist es, verehrtes Publikum, welch Leid war zu ertragen,
bei welchen Mitbewohnern schwillt der Kragen,
was ist der WGler Begehr, Begier und Wollen?
Fragen, deren Antworten in die Kommentare sollen.

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Mittwoch, 15. Februar 2006

Ein paar Informationen aus der Waffenkunde

Die 28 Gauge Shotgun, die Kaliber 28 Schrotflinte zu deutsch, ist eine recht exotische Jagdwaffe. Amerikaner bevorzugen in der Regel schwerere, ihrem robusten Naturell entsprechende Waffen, wie etwa 12 Gauge. Trotzdem ist die 28 gauge die bessere Wahl bei kleinen Tieren, weil der Rückstoss nicht so gross ist, und man deshalb besser zielen und feuern kann.

Die italienische Firma Paerazzi aus Brescia hat eine lange Tradition im Bau dieser Jagdwaffen und fertigt famose Stücke, wenn man Experten glauben will. 10.000 Euro kann so eine Waffe schon mal kosten, mit der dann reiche Herren Viecher abknallen, deren schrotzersiebtes Fleisch im Kühlregal nicht mal einen Euro kosten würde. Aber es geht ja um den Nervenkitzel, um das Zielen, um das Abdrücken, um das Töten.

21 Gramm Stahlschrot enthällt so eine Schrotpratone für eine 28er, aufgeteilt in 25 kleine Kügelchen. Wenn man damit schiesst, entfaltet diese Ladung bei einem Abstand von rund 35 bis 40 Meter die beste Wirkung - befindet sich ein Tier in einem halben Meter Umkreis um den Hauptaufschlagspunkt, wird zuverlässig irgendein Teil von den kleinen Kugeln so verletzt, dass es kein Entkommen mehr gibt. 35 Meter, das ist bei der fairen Jagd, im Gegensatz zum schnöden "lowbrow-style" Gehirnrauspusten der Redneck-Kreise, die perfekte Distanz für die Streuwirkung einer 28 gauge Shotgun von Parazzi.

Was lernen wir daraus? Nun, US-Vizepräsident Dick Cheney hat einen ganz vorzüglichen Geschmack bei der Wahl der Waffe, mit der er seinen Freund Harry Whittington über den Haufen geballert hat. Allerdings war die Distanz von 30 Metern leicht suboptimal, wie das Beschussbild auf diesem Bericht zeigt - nochmal 5 bis 10 Meter mehr Abstand, und die Streuwirkung der Kugeln hätte sein Ziel mehr als nur gestreift. Ausserdem zeigt sich, dass bei der Jagd auf Menschen Kaliber 28 deutlich unterdimensioniert ist. Andererseits kann man einem 65-jährigen, kleinwüchsigen Greis keinen Strick daraus drehen, dass er sich nicht an einem schweren Prügel im Gelände totschleppen will, nur um sein Umfeld aus Lobbyisten, Personenschützern, Parteispendern und Unterstützern zu hegen. Immerhin, knapp daneben hat auch noch so einigermassen gereicht, und das nächste Mal wird richtig gezielt, Dick - dann kann man das nächste Opfer auch wieder ins Bratrohr stecken, statt es zum Arzt bringen zu müssen.

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Sonntag, 12. Februar 2006

Blaue Stunde

Drüben bei den anderen, den mehreren, denen, die die leitkultur bestimmen wollen, gehen die Lichter an, um diejenigen einzufangen, die sich doch noch dazu entschlossen haben, der Pflicht nachzukommen, die man ihnen bei Geburt aufgelegt hat. Immerhin ist es eine gute Gelegenheit, das Auto herzuzeigen, nachher noch was essen zu gehen und den neuesten Tratsch zu hören. Es ist die grösste und schönste Kirche, sie ist so alt, dass viele gern hineingehen und dort das altbackene Gerede des Pfarrers ertragen; eine kleine Bedrängnis für den Nutzen, gesehen zu werden und zu sehen im warmen Luftstrom der Fussbodenheizung, für die man schon vor Jahrzehnten viele hundert Leichen aus dem Boden unter der Kirche gerissen hat.



Die haben sicher nicht damit gerechnet, als sie vor langer Zeit das Recht, dort zu liegen, mit Pfründen an die Kirche erkauft hatten. Aber das zweite Vaticanum hat die Spielregeln nachträglich geändert, seitdem ist das völlig in Ordnung, was man früher nur mit gewisser Besorgnis, ja sogar Angst tat. Solange es dem Glauben derer dient, die darüber stehen und sich nicht den Tod beim Beten holen wollen, ist es heute vertretbar, die Knochen zu zerstreuen und woanders, irgendwo in einer unbeachteten Grünfläche des kommunalen Friedhofs zu verscharren. So profan sind heute auch das Heilige und das Tabu geworden.

Diesmal bleibt aber mancher Platz leer, der den Studenten der hiesigen katholischen Universität vorbehalten ist, denn vor denen liegt das Purgatorium der Klausuren. Es ist noch so weit hin bis zu den schöneren Tagen, hat die Elitesse erzählt, als sie sich mit Tee und Kuchen eine Pause von der Qual verschafft hat, nicht länger als eine Stunde, bevor es wieder zurückging an den Rechner, und später auch an die Fluppen und das Zeug, das sie die nächsten Tage am Laufen hält. Vielleicht träumen sie in den kurzen Powernappings vom Students Matchplay auf 18 Löchern, irgendwann im Mai, wenn das Wetter wieder schön ist, gesponsort von einem recht erfolglosen Hotel draussen vor der Stadt, mitsamt immer leerer Sushi Bar.

Und so vergehen diese Wintersonntage in der Provinz in der Lähmung des Ungewissen, des Unerfüllten, dem Warten auf das, was nie geschehen wird, einer angsterfüllten Jugend zwischen Zahlen und Strategien, zwischen Teatime und Kirchenbesuch, und noch nicht einmal eine tückische Dachlawine kann sich entschliessen, einen der Spiesser, eine alte Pelznutte oder einen Baldjungberater auf dem Weg zur Tanke unter sich zu begraben.

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Freitag, 20. Januar 2006

Residenz

Das Parvenütum, der Niedergang, die Verkommenheit und der Abstieg als solcher kommt in der Bürgerlichkeit nicht in zerschlissener Kleidung daher, sondern in Worten. In Worten, die gross klingen und doch nur klein sind. In Beschreibungen, die Exzeptionelles ausdrücken sollen und bald von noch exquisiteren Formulierungen für das nächste Bauprojekt übertroffen werden. In Auslassungen zum Material, denn Stahlbeton klingt so gar nicht warm und schön, wie es ansonsten angepriesen wird.



Sie nennen es Residenz. Residenz klingt nach viel und kann viel bedeuten. Selbst Altersheime, in denen sie mit verseuchten Lungen und matschigen Hirnen vor sich hinsiechen, sind Residenzen, aber das hier ist natürlich nochmal besser. Hier gibt es noch Tiefgaragen, und überhaupt soll man hier aktiv sein, das Leben nochmal geniessen, was man auch tun kann, wenn man Preise von über 3500 pro Quadratmeter akzeptiert. Residenz eben. Palast trauen sie sich nicht sagen, für die Maximalgrösse von 110 Quadratmeter wäre es wirklich nicht angemessen. Aber täglich bleiben die, die schon ihren Residenzanteil gekauft haben, stehen und bewundern das Werden der Residenz an der Stelle, wo sich ein angemessenes Haus vor zwei Jahren noch gut in den architektonischen Bestand eingefügt hat. Wenn hier erst mal die Glasfassade steht, wird das anders sein.

Residenz. Noch nicht mal 30 Zimmer haben, aber das Maul aufreissen. Plebs, widerliches.

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Samstag, 17. Dezember 2005

Das Gutmenschen-Problem mit der Scheissegestalt

Ich, das kann ich getrost sagen, bin eigentlich und gerne ein Gutmensch. Ich rette Kröten auf der Strasse und demonstriere für soziale Gerechtigkeit, ich esse biologisch angebaute Produkte und stehe mit meiner Person für die Bewahrung unserer Kultur gegen kurzfristige Finanzinteressen. Ich verleide vielen Leuten ihre Geieraktien, und habe klare Grundsätze zur Folter und mache in meiner Freizeit neben dem Blog hier noch ein paar andere Sachen, die der Allgemeinheit nach ihrer Meinung nützen, ohne dass dafür ein Cent an mich geht. Ich bemühe mich, mit meiner Existenz wenig Schaden anzurichten, bin mir meines Versagens bewusst und nehme für die Bewahrung der Welt auch individuelle Nachteile in Kauf, weil es uns alle umbringt, wenn jeder meint mit seiner Karre die 30 Meter zum Fluppenholen fahren zu müssen. Mitunter bin ich bei Sachthemen politisch enorm flexibel, wenn es denn der Sache dient, und reden tue ich mit fast allen - soweit es nicht diejenigen oder ihre Nachfolger sind, die ihre sozial, religiös, gesellschaftlich oder ökonomisch bedingten exterminatorischen Neigungen gegen meinesgleichen schon mehrfach unter Beweis gestellt haben.

Das ist das eine. Das andere ist aber das, was tief in mir drin nagt. Der Wunsch, den Titel Gutmensch anzunehmen, wird konterkariert vom Verlangen, der anderen, oben erwähnten Seite Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen. Ich würde also mitunter gern, irgendwann mal gewisse in der Lesergunst absackende, folterfreundliche braune Dreckspuppen, unterstützende Neoconazis und artverwandtes Gossenpack als "Scheissegestalten", also das eindeutige Gegenteil das zu sein sie eigentlich in Anspruch nehmen, titulieren. Fühlt sich gut an, wenn man es ausspricht, versucht es nur mal:

"(Name des NeoCoNazis) ist kein Gutmensch, er ist eine Scheissegestalt!"

Da flutscht die Zunge wie über Marzipan, auch, wenn man von den Scheissegestalten nicht aktuell als Gutmensch bezeichnet wird. Nur: Bin ich immer noch ein Gutmensch, wenn ich das tue? Und was ist mir wichtiger? Ach, schön wäre es, dafür klare Antworten zu haben.

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Sonntag, 11. Dezember 2005

Pelz

Und dann war da noch die verschrumpelte Alte, die sich über ihrem Rollator gebeugt, die Strasse in Schöneberg entlang schleppte. Die Haut weisslich gepudert mit quietschrot bemalten Backen und Lippen, viel Schmuck an den Händen und ein mondäner Pelzmantel, der vor 10 Jahren bodenlang gewesen sein dürfte. So gekrümmt, wie ihr Körper gestern war, schliffen die vorderen Kanten des Mantels auf dem schmutzigen Berliner Gehsteig. Sie drohte bei jedem Schritt darüber zu stolpern und zu fallen, ein hilfloses, goldbeschwertes Bündel in einem teuren Nerz, und der Rollator würde dann, beim Fallen noch ein, zwei Meter weitergeschubst, zum Stehen kommen. Vielleicht würde ihr jemand dann helfen. Oder auch nicht, allein schon aus politisch-moralischen Gründen. Viel besser als Pelze besprayen, wäre das für manche.

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Dienstag, 29. November 2005

Die Niedertracht der Erzeuger

Auf dem Aspahalt glitzern gefährlich die Eiskristalle, Folgen des bitterkalten Regens, der zwar den Schnee zu Matsch verwandelt, nicht aber das festgetretene Eis geschmolzen hat. Wenige Meter vor mir saust ein Elitestudent auf den Boden, niedergetogen von seinen Einkaufstüten, in denen sich Fluppen, TK-Pizza und Dosenravioli ein fröhliches Stelldichein geben dürften. Fluchend rappelt er sich wieder auf, ich gehe weiter, vorsichtig, nicht zu schnell, sperre die Tür auf und bin froh, dass es im Hausgang nicht mehr so kalt ist. Ich gehe hinauf hoch über die Stadt, und schneide eine Zitrone auf, zur Stärkung der Abwehrkräfte. Draussen klatschen die ersten Tropfen des nächsten Eisregens an das Fenster.

Das Telefon klingelt, Frau Mama ist dran, aus dem Süden, ungefähr nördlicher Wendekreis. Sie wolle nur schnell Bescheid sagen, dass der tropische Sturm bei ihnen, von dem heute morgen zu lesen war, längst wieder vorbei ist, kein Grund zur Beunruhigung, war ja auch klar bei den 30 Grad, die sie die letzten Tage hatten, und morgen werden sie schon wieder am Meer sein, und wie ist das Wetter so in Deutschland?

Ich habe kein Recht zu schreien. Sie haben mir ja angeboten, mitzufahren in den Frühling. Aber damals war noch goldener Herbst, und wer konnte damals schon ahnen, wie es Ende November sein würde. Frau Mama erzählt noch vom Hotel, vom Essen, von der Landschaft, fragt, ob ich mal schauen könnte, ob in drei Wochen auf die Schnelle was in Ostasien frei ist, Sumatra zum Beispiel, und wünscht einen schönen Abend. Vielleicht gehe ich jetzt ein Stockwerk tiefer und suche mir einen Vorwand, die Mieter zur Sau zu machen. Irgend sowas.

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Samstag, 26. November 2005

Leitdialog des Tages

Ältere Frau hinter mir, auf den von mir genommenen Käse deutend: "Wos isn des?"
Käsehändler: " A So Seoi (Saint Ceols). A Frischkäs, dea hod nua viazg (40) Prozent".
Frau hinter mir: "Wos, so wengad? No gems ma a a Pfund."

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Sonntag, 13. November 2005

Provinzielle USP

Wie jedes Jahr steht die Frage in den Stuben und Wohnzimmern der Provinz, was denn nun in 6 Wochen auf die Gabentische gewuchtet werden soll. Digicams, Notebooks, Flachbildschirme, das alles war schon lange, man hat oft auch schlechte Erfahrungen mit Reklamationen gemacht, weshalb sich die Frage nach Werthaltigem stellt, das stilsicher den stürmischen Wandel der Zeiten überdauert. Und so ist es zu erklären, dass uns die Werbung für kleine Tonpuppen im Stil der 30er Jahre, sogenannte Hummelfiguren, hier gar nicht verschämt entgegentritt, sondern offensiv vom Schaufenster anlacht. Gleich neben dem Hersteller edler Funkelkristalligel und anderen hochwertigen Mitbringseln weist der Name Hummel auf die Möglichkeit der ultimativen Kaminverzierung hin, die, wie wir dank der göttlichen Modeste wissen, sich auch bei jungen Menschen grosser Beliebtheit erfreut.



Und als wäre das noch nicht genug, bleibt auch noch folgendes zu konstatieren: Das Geschäft existiert mit diesen oder vergleichbaren Produkten und ohne E-Commerce nunmehr schon seit 251 Jahren. Der Kauf der Figuren weiterhin ist ohne Risiko: Wer Auktionen besucht, weiss um die nachgerade unglaubliche Preisstabilität der teilweise viele hundert Euro teueren Keramikfiguren. Da kann kein Computer, keine Playstation mithalten. Geschenke für eine Ewigkeit, die kein Display, auf dem dieser Text heute gelesen wird, je erleben wird. Und mit den kommenden Jahren und den ergrauenden Haaren wird jeder Beschenkte das Präsent mehr zu schätzen wissen.

So geht das Geschäft in der Provinz.

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Donnerstag, 3. November 2005

Mitunter dafür dankbar

für die alte Bundesrepublik, so wie heute: "Na, Signor Alphonso, ich kann heute nicht, würde mich wirklich freuen, aber ich bin auf dem Sprung raus zum Tegernsee, da habe ich eine Verabredung, und bin da auch bis morgen. Ja, das ist schad... aber wissen Sie was? Wieso kommen Sie nicht raus zu uns, das Hannerl ist auch da, die würde sich freuen, sonst sind da ja hur wir alte Schachteln, und dann bereden wir das einfach beim Ttee oder beim Abendessen... Wirklich, kommen´S raus, das Wetter ist herrlich... Nein, ich weiss noch nicht, wo wir zum Tee hingehen, aber ich ruf Sie einfach an, wenn ich das Hannerl gefragt habe, was sie will, sie haben ja auch so ein modernes Mobiltelefon, oder? Geben`S mir doch mal die Nmmer... Übrigens, das muss ich Ihnen noch gschwind erzählen, wir haben am See jetzt auch Email und Internet und all das, also, wenn Sie bleiben wollen, können sie da auch in Ihr geliebtes Netz, weil, da hab ich Ihr Buch doch richtig verstanden, die Dinger da, na, die Blogs genau, die sind doch nur im Netz, und dann bleiben Sie auch gleich bei uns draussen bis morgen früh. Und dann könnten Sie auch das Hannerl mit reinnehmen, dann muss der Poldi morgen nicht zweimal fahren. Na also, packen Sie zusammen und kommen Sie raus, wir freun uns.

Die Globalisierung kam nur bis Freimann, so wie es aussieht.

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