: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 9. Februar 2009

Donnerstag

Meine ersten journalistischen Schritte habe ich mir bei einem linken Bürgerradio beigebracht. Einfach, weil da keiner war, der einem was beibrachte. Es gab eine sehr gute Schwulensendung, da konnte ich mir etwas abschauen. Es gab sehr viel Raum für Fehler und Berichtigung, wenn man wollte. Das Problem war, dass die anderen nicht wirklich Lust auf Verbesserung hatten. Die anderen, das waren die Gründer des Radios und ihre Palladine, und sehr viel hatte sich dort in Sachen Menschlichkeit seit dem Niedergang der K-Gruppen nicht getan. Sie haben das Radio gegen den Willen der CSU durchgeboxt, damit waren sie zufrieden, und hörten, wenn man Glück hatte, auf. Oder, wenn man Pech hatte, versuchten sie, ihre Vision vin Radio durchzudrücken. Bei der es nicht auf die Qualität, sondern nur auf den Inhalt ankam, oder was sie dafür hielten. Da wurde dann schon mal ein auf der Revox gebauter, aktueller Beitrag verschoben, weil ein Gründer ein 18-Minuten-Interview mit einem seiner Kumpels führte, und die Hörer mit jeder akustischen Folge seiner Rauchsucht erfreute.

Freitag war immer besonders schlimm. Freitag kam die Zeitung Freitag, ein lausig geschriebenes Sektiererblatt, bei dem sich alle Beiträge so lasen, als würden deren Autoren jeden Pfennig für Seife einsparen, um sich feindliche linke Zeitschriften zu kaufen und die dann zu verurteilen. Dummdreiste, hirnlose, linke Dogmatik aus Berlin. Und ein unerschöpfliches Reservoir des Sendergründers, der die ellenlangen und vollkommen radiountauglichen Sermone entweder selbst vorlas oder Leute vorlesen liess, die es ähnlich mies machten. Das sind die Momente, in denen man weiss: Danach kann man den besten Beitrag der Welt bringen, aber da draussen hört keiner mehr zu. Zur Freitag gab es einen erbärmlichen Werbespot, dessen Ausstrahlung das Gegengeschäft für Abo und Nutzungsrechte war. Ich denke, dass die Freitag allein deshalb in München nie eine Chance hatte. Glücklicheweise war danach die Schwulensendung, und ich sass mit deren Mitarbeitern zusammen und lästerte über den alten Psychopathen und seine miesen Nummern, mit denen er jeden rausdrückte, der aus dem Programm etwas besseres machen wollte. Vorlesen aus der Freitag ist so eine Art Holzhammer auf das liberallinke Stammhirn.

Und ich glaube nicht, dass sich da mit dem Relaunch der Freitag unter Herrn Augstein viel geändert hat. Du meine Gute, da braucht eine Bank Geld, die müssen Verbrecher sein. Hauptsache, die linke Weltsicht stimmt, Fakten können nachkommentiert werden. Oder dieser mit Aurufezeichen verseuchte Schulaufsatz zum Papst. Roma Aeterna, kann ich da nur sagen. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, irgendetwas zu finden, was nicht dröge wie tazblogs ist, und ich bin gescheitert. Dafür gibt es 3x2 Einztrittkarten zu Häuslers PR-Show re:publica. Ich habe kein einziges mal gelacht, auch nicht, falls dieses Verschwörungsgeblubber lustig gemeint sein sollte. Ich wurde absolut nicht unterhalten. Lauwarmer, links angehäufter Wortbrei, bitte mit dem Löffel reinschaufeln, Hauptsache die linke Magenhällfte ist voll, Geschmack ist bürgerlich-dekadent, Genosse.

Ich lese eigentlich nur Texte von Menschen, bei denen ich den Eindruck habe, dass sie in ihren Bereichen mehr wissen, amüsant oder generell klüger sind. Meine Ansprüche sind gerade mal so hoch, dass ich Spiegel Online nicht anschaue - es ist also machbar. Aber nicht für den Freitag. Da ist kein einziger Autor, bei dem ich sagen würde: Der sticht da heraus, der ist richtig gut, der überrascht und begeistert, der versteht sich auf Ambivalenz oder Ironie. Und es ist schockierend, wenn das alles ist, was ein wahrlich nicht armer Mensch mit publizistischer Erfahrung auf die Reihe bekommt. Arme, dumme Linke. Man könnte sie immer noch ausdrucken und über ein Radio vorlesen, um damit Schwule zu ärgern, die auf ihre Sendung warten.

Das Radio nach einer Weile und einem Verweis wegen "bildungsbürgerlicher Dekadenz" - ich hatte ein Buch über hochgotische Gewölbe besprochen - zu verlassen, war eine sehr gute Entscheidung.

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Dienstag, 27. Januar 2009

SUVs verbieten: Das beste aller Konjunkturprogramme

Gut, nicht gleich verbieten. Aber eine knallige Sondersteuer auf diese Dreckschweine der Landstrasse, auf den Abschaum, auf dem der CEO rutscht, für die Cretins der Geschäftswagenbetrüger. Hier am Tegernsee sind so viele rollende Scheisshaufen unterwegs, dass es allein schon aus ästhetischen Gründen eine dringende Aufgabe der Politik ist, jedes dieser Monster jährlich mit, sagen wir mal 7.000 Euro zu belangen. Wenn sie diese optische und umweltfördernde Abgabe zahlen, sollen sie damit weiterfahren dürfen - mit dem Aufkleber "Ich bin ein Volldepp" auf der Heckklappe.

Und wenn nicht? Dann sinkt der Blechhaufen auf praktisch Null. Vielleicht kann man sie an die Brüder im Geiste verkaufen: Russische Oligarchen mit Finanzproblemen, ölpreisgeschüttelte Saudis oder Analphabeten aus Dresden, dem bayerischen Wald und Österreich. Ja, die Besitzer hätten einen knalligen Wertverlust zu verschmerzen. Aber nachdem SUV-Fahrer zu 99,99645% exakt die Grosskotze sind, die der Hype vor der Krise hervorgebracht hat, ist es nur gerecht, wenn sie jetzt auch automobil zurückgestutzt werden.

Von einer Wertvernichtung kann man hier nicht sprechen: Auch Atomraketen, Kernkraftwerke und Politiker werden nicht benutzt, bis sie auseinanderfallen, sie werden trotz mancher Lobbyistenträne zerlegt, rückgebaut und in Brüssel eingelagert. Das Ende der SUVs beschleunigt dafür die Produktionszyklen, ja, wir dürfen durch die allradentriebene Kastration schlechter Fahrer - kein echter Automobilist würde sich mit so einem Bleianker abgeben - mit Hoffnung auf die deutsche Automobilproduktion (ohne Opel, natürlich) blicken.

Denn nach der Enthodung werden diese Leute sofort wieder Autos kaufen. Keine SUVs mehr, sondern etwas, das auch was hermacht, aber nicht so teuer im Unterhalt ist. Auf alle Fälle wird es etwas mit Prestige sein, denn wenn man schon so geschmacklos ist, ein SUV zu kaufen, ist man sicher auch blöd genug, sich in der Krise für ein Nuttenflitscherl hoch zu verschulden. Den Autobauer freut das natürlich, er kann die Produktion anheben, und nur Zyniker würden behaupten, mein Plan sei vom Umstand getrieben, dass meine Heimat dergleichen Wägen ausspuckt, wie Rüsselsheim Arbeitslose.



Der Blick vom Seecafe auf den See wird wieder frei. Die Auftragsbücher werden voller. Die Strassen werden schöner. Arschlocher riskieren eindlich wieder einen sauberen Zweiteingang, wenn sie einen Unfall bauen - und bei SUV-Vorbesitzern würde ich auch dafür plädieren, Autos ohne Sicherheitsgurte zu erlauben, was sich allerdings nicht auf die Population auswirken würde - ich jedenfalls glaube nicht, dass SUV-Fahrer noch sowas wie zeugungsfähig sind. Es gibt nur Vorteile bei diesem meinem Vorschlag.

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Freitag, 23. Januar 2009

Tanz den Lothar

Esst Euren Kuchen hebt Eure Gabeln
ab in die Vorstadt geht jetzt zu Susi und tanzt den Karl den Grossen
und jetzt den Karl den Kahlen und jetzt den Karl den Dicken
und jetzt die Langobarden und jetzt auch noch den Pippin
und jetzt Achtdreiundvierzig und die Reichsteilung
tanzt das Lotharingen, und nicht mehr das Berlin,
Tanzt den Lothar, tanzt neue Grenzen
bewegt das Geld zum Schweizer Franken
Tanzt den Lothar.

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Samstag, 10. Januar 2009

Ihr seid alle Chinesen, nur wir sind Graubündner

Bloomberg steht jetzt nicht gerade in Verdacht, antiamerikanisch und linksradikal zu sein. Trotzdem ist heute mein Kellergewölbe die Hölle zugefroren, als ich das hier gelesen habe: Eine feine Analyse, warum die neuen Schulden der USA eine Madoff-artige Betrugsmasche sind, und die Chinesen kaum anders können, als weiterhin reinzuzahlen. Überflüssig zu sagen, dass es diese Texte sind, für die man hofft, dass die chinesischen Fonds die Übersetzung von Satyam, den Ausdruck von einem Lenovodrucker und den Transport von einem Opel Astra übernehmen lassen. Sind die Meldungen da drin auch schrecklich, wirklich schrecklich, wenn man sie zu Ende denkt - dort steht dann der Staatsbankrott - ist die erlebte Realität dann doch eine andere.



Schliesslich hat der hier ansässige Konzern auch dieses Jahr mit einer Steigerung von 4,1% abgeschlossen, trotz Lehman und Finanzkrise - einfach, weil er das Zeug baut, das die Leute haben wollen. Und wenn ich morgen an den See fahre, wird auch alles gut sein, denn der See ist der Ort, wo die Leute mit diesen Autos aus dieser Stadt hinfahren wollen. So einfach ist das. Ich und meine Freunde, wir sind Graubündner, und es ist ziemlich beruhigend, gerade nicht von den Kreditkäufen der Chinesen abhängig zu sein.

Das erlaubt einem auch die Freiheit, die es sonst unter den Sklaven Chinas nicht gibt: Vielleicht ist es jemandem aufgefallen, wie unsagbar wenig man im Moment über die Menschenrechte ich China hört. Tibet - nichts mehr. Staatliche Morde - nichts. Westliche Unterdrückungshelfer -- ungeschoren. Diktatur - egal. Arbeitsbedingungen - irrelevant. Zwangsarbeit - war da was? Das alles gibt es weiterhin, aber keiner scheint Lust zu haben, die Chinesen auf dem grossen Dollarsack damit zu ärgern. Ich habe, so von meinem privaten Graubünden aus gesehen, fast den Eindruck, als gäbe es da so eine Art stillschweigende Übereinkunft. Der Westen braucht das Geld, China braucht den Absatzmarkt, Störungen gibt es ohnehin zu viele, also kümmert sich jeder um sein eigenes Zeug und seine eigene erfolterterderliche Sicherheit.

Man kann das auch etwas weiterdrehen. Sudan, zum Beispiel. Simbabwe. Kenia. Das sind alles keine Nachrichten, wenn sogar Handtaschenseiten schliessen müssen, weil das eBusiness dann doch nicht mehr so rockt. Es sieht so aus, als ginge dem befürchteten Wirtschaftsprotektionismus schon lange ein Protektionismus der Menschenrechte voraus, als blickte jeder nur noch auf seine Sachen und liesse zu, was woanders sein mag, denn jeder kaut am eigenen Problem.

Und dabei übersieht man, wenn es die neue Lage es jetzt wieder erlaubt, mal eben einen Regenwald abzuholzen, eine Startbahn zu planieren, die Arbeitgeberbedingungen zu lockern und die Steuerprogression zuugunsten der Reichen zu verändern. Was dem totalitären Mörder in China seine billigen Strafgefangenenarbeiter, ist dem Seehofer, der Merkel und dem Westerwelle das Steuerprogressionsgeschenk an meinesgleichen. Das Geld des echten Chinesen wird zugunsten des Regimes in fette amerikanische Ärsche geschoben, das Geld der deutschen Chinesen zugunsten des Machterhalts von Auswüchsen a la Koch in die Ärsche der Banken und der Reichen.

Eigentlich müsste ich CSU oder FDP wählen, eigentlich könnte es mir egal sein, was aus euch dummen chinesischen Cretins mit und ohne Blog wird, weil es euch ja auch egal ist, wenn man sich so umhört und umliest. Das Konjunkturpaket nach Gusto der Union ist blanker Raub zugunsten der Besserverdienenden. Sie bescheissen euch, sie beklauen euch, weil es gerade jeder macht und keiner aufpasst. Schon gar nicht ihr, ihr blöden, denkfaulen Chinesen.

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Montag, 29. Dezember 2008

Sechstimmobilie oder was zu tun bleibt

[x] Wohnung oben im Stadtpalast
[x] Wohnung in der Maxvorstadt
[x] grosse Wohnung im Stadtpalast
[x] Wohnung am Tegernsee
[ ] Villa Minerva in Riva/Gardasee



[ ] Bergalmhütte ohne Internet

[Edit: Kommentare wegen eines Rekordversuchs der dümmsten Debatte 2008/9 geschlossen]

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Sonntag, 21. Dezember 2008

Abschreibung und Investitionen

Das erste, was man 2009 wird abschreiben können und müssen, ist 2009, und wer grosszügig Werte reduziert, ist am Ende vielleicht weniger enttäuscht. Ich habe ein wenig den Eindruck, dass der Fall Madoff erheblich unterschätzt wird, denn wenn man sich durchliest, was die Aufsichtsbehörden 2005 bereits wussten und nicht reagierten, kann ma sich mal überlegen, was sonst noch alles möglich war. Die grosse Frage 2009 wird nicht sei, ob Madoff ein Eizelfall war, oder wie viele Madoffs es sonst noch gibt, sondern: Ist das gesamte schuldenbasierte Wirtschaftssystem der UdSSA signifikant ehrlicher als Madoff, und falls nicht, wann und wie fliegt es uns um die Ohren. Einknasten kann man ein Land nicht, und mit ein wenig Pech wird Obama der Präsident, der die Problme der UdSSA ein klei wenig abfedert, indem er sie zu den grossen Unerfreulichkeiten der Welt macht. Bitte, das ist kei Antiamerikanismus, Obama wird tun, was für Amerika gut ist, und in einer Schuldenkrise gibt es dabei immer viele, die blöd aus der Wäsche schauen.



Überhaupt, man braucht etwas Zeit, um zu verstehen, wie eng alles verwoben ist. Ein wenig Dummheit rettet einem vielleicht den Tag, aber wer genau hinschaut... ich kenne zum Beispiel eine Kunsthistorikerin, die bei einem Münchner Auktionshaus arbeitet. Vom Angebot her könnten sie eine vorzügliche Auktion gleich im Januar machen, nur waren die Ergebnisse der letzten Weinachtsauktion so schlecht, dass sie vorläufig keine moderne Kunst aufnehmen, und erst ein wenig warten wollen. So lange hat sie erstmal erzwungen Urlaub. Keine Kunsthistorikerin, keine Einlieferung - wer seine Altbauwohnung mit Leipziger Schule gefüllt hat, steht gerade vor einem massiven Bewertungsproblem. Man kann verkaufen, wenn sie einen zum Verkauf nehmen, und sie nehmen so wenig, dass die Preise halbwegs erträglich bleiben, aber verkaufen kann man deshalb noch lange nicht. Wer Kunst als Geldanlage gesammelt hat, muss abschreiben. Wer damit handelt, muss abschreiben. Und die Freundin meiner Bekannten arbeitet bei einer Firma, die Grundstücke für Gewerbegebiete makelt, oder besser: Gemakelt hat. Ich weiss nicht, wieviel ihre Wohnung pro Monat kostet, und es wird nicht so schlimm kommen, weil der Vermieter mit einer der beiden verwandt ist, aber in Spanien werden zwei Zimmer in einem teuren Wellness-Hotel im Februar sicher leer bleiben.



Und so frisst sich das alles durch unser System, feine Adern voller Gift und Vertrauensverlust, noch nicht wirklich schlimm, aber fühlbar, oben mehr als unten, für die Sicherheit schlimmer als für die Not, in Rüsselsheim sicher und bei uns bislang absolut nicht, sehr ambivalent, das alles, schwer zu greifen und mit Zahlen zu belegen, und gleichzeitig behaftet mit einer wahrlich nicht schönen Gier, bei der es nicht mehr um Schnäppchen geht, sondern um das Plündern. Für die einen sind 15% Umsatzrückgänge bei bekannten Uhrenhersteller egal, für andere, die a la 45 dachten und glaubten, in der Not hätte man etwas davon, ist es eine bittere Enttäuschung, und wieder andere warten noch ein wenig. Alles, was man nicht unbedingt braucht, wird verzichtbar, man geht in den Reservemodus über und reagiert nicht auf die Angebote wie "2 Wochen Aspen VP mit Flug für 999 Euro".



Es wäre schön, wenn es deshalb einen Drang zur Qualität gäbe, eine Besinnung auf Ernsthaftigkeit, ein Verzicht auf Verschwendung, angefangen bei der neuen Glotze bis zum Klingelton, aber es steht zu befürchten, dass auch diesmal die Ratten und Kakerlaken der Konsumgesellschaft am besten überleben. Würden Menschen hungern, wenn sie statt dessen ihren iPod befüllen können? das klingt etwas misanthropisch, sicher, aber mit niedrigen Erwartungen an die Lernfähigkeit des Menschen ist man als Historiker noch immer am besten gefahren. Wie dem auch sei, um den iPod zu beladen oder die Glotze zu nutzen, braucht man auch Internet und einen Computer und dazu Netz und idealerweise einen Raum, in dem das alles stattfinden kann. Wiewohl ich also 2009 abzuschreiben gedenke und damit rechne, dass auch ich das eine oder andere verspüren werde, werde ich die freien Tage dieses verlorenen Jahres nutzen, ein paar Räume für die zu renovieren, die auf das Wohnen nicht verzichten wollen. Und das sind immer noch die meisten.

(Ausserdem gab es für den ausgeborgten Kronleuchter einen Rückläufer, und das Zeug stapelt sich hier vernehmlich.)

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Samstag, 13. Dezember 2008

Mein Wort des Jahres: Wealthy Individuals (WI)

Eine der vielen positiven Nebenwirkungen des Dekadenereignisses der Finanzkrise ist der Umstand, dass endlich über die geredet wird, die zumeist alles versuchen, das zu verhindern: Die WIs, wie sie in den Texten der Medien genannt werden, die reichen Individuen, die Wohlhabenden; eine kleine Gruppe der westeuropäisch/amerikanischen Bevölkerung, die in der Regel nicht als reich bezeichnet werden möchte, gibt es doch immer jemanden, der noch reicher und damit wirklich reich ist. Es sind die Bewohner bestimmter Viertel und Regionen,es sind die Leute, die alle laut Klingelschild "Meteor" heissen und sich oft überlegen müssen, was sie nun mit ihrem Geld anfangen. Eine hübsche, pittoreske Welt voller Schrullen und Eigenheiten, Codes und beziehungen, über deren provinzielle Ausformung ich manchmal hier berichte und oft bei Lesern auf Verständnislosigkeit und Aversion stosse.

Was erstaunlich ist, denn es gibt sehr wenige Berichte, die hinter die Kulissen dieser Gruppen schauen; Journalisten sind da in der Regel nicht zugelassen und erwünscht, denn WIs sind etwas ganz anderes als, sagen wir mal
- TV-Promis
- Interviewpartner des Focus
- Berliner Startup-Gründer, die inzwischen feststellen mussten, dass die "konservativen Anlagen" ihrer Gewinne ganz konservative Wertverluste zeitigen
WIs sind die Personen, über die Medien schreiben "Lebt zurückgezogen", "gibt selten Interviews" und "scheut Kameras". Bisher liess sich das auch ganz gut machen, denn in Zeiten des Booms fragt keiner einen Vermögenden, was er sonst noch treibt; erst der Mangel an Geld spült die WIs an die Klippen der Medien, wo sie dann langsam verwesen und den Gestank der Existenzangst absondern. Keine Namen, bitte, es ist auch nicht so wichtig: Sobald ein WI erst mal soweit ist, ist er schon kein WI mehr. Dafür sorgt schon die Gesellschaft, in der er lebt. Wir haben in der Provinz, über die ich schreibe, gerade so einen Fall eines WIs mit Besuch vom Staatsanwalt, und weil er eine mutmasslich betrügerischa gierende Vermögensverwaltung in Luxemburg betrieb, könnte es sein, dass die Ächtungsmaschinerie der kleinen Stadt mit den gierigen Opfern dieser Machenschaften mehr zu tun hat, als in den Jahren davor, als sie sich mit Scheidungen, Schwarzarbeit und tödlichen Unfällen zufrieden geben müsste.

Natürlich hoffe, ich, dass die WI als Gattung nicht aussterben. Sicher bin ich mir da übrigens nicht; man braucht eine gewisse Menge von WI auf einem Haufen, um den Nachwuchs sexuell bei der Stange und im richtigen Standesbewusstsein zu halten. Gäbe es bald viele weitere Fälle wie Madoff oder ihre bayerischen oder deutschen Äquivalente, die wir auch bald sehen werden, wäre für manche der soziale Abstieg unvermeidlich. Momentan sind es nur äusserst schmerzliche Verluste; Pferde werden verkauft und zurückgeleast, Uhren ins Pfandhaus getragen und gastronomische Extravaganzen gestrichen. Aber wer vertraulich reden kann, merkt das Krachen und Splittern unter der Belastung, man hegt Misstrauen und plant für eine rabenschwarze Zukunft. Eine Zukunft, die noch viele WIs vom Golfclub in die Wirtschaftsseiten bringt.

Manche WIs dachten ja, dass Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung - die im Übrigen auch Leute betraf, die ich nie verdächtigt hätte, kreuzbrave Erbonkel und alleinstehende Omas etwa - schon der Übelste wäre, was einem passieren könnte. Wie wir mit geschlossenen Immobilienfonds, scheiternden Hedgefonds und insolventen Banken sehen können, geht es auch noch schlimmer, sehr viel schlimmer, und ich kenne zumindest einen Fall, in dem ein Vermögensverwalter mit nur zwei WIs als Kunden einen davon mit einer grossen Währungswette gerade ruiniert. Es ist schön, dass jetzt so viel über sie geredet wird; nächstes Jahr haben sie vielleicht schon wieder Tritt gefasst oder sind so betroffen, dass sie keine WIs mehr sind. Man sollte also die Zeit nutzen und über sie reden, da sie eine Weile so hübsch greifbar sind. Bevor sie wieder entgleiten und hinter hohen Hecken Dinge tun, von denen sie nichts lesen möchten.

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Mittwoch, 10. Dezember 2008

Depp Staat

"Hey Staat, hey Staat, hey Staat,
Heit sog' da I amoi, wos I ois moch für di."
Da Söllner Hans


Über Rauchverbote kann man reden, ok. Und es ist auch sinnvoll, Energie zu sparen. Hübscher jedoch wäre es, wenn der Staat statt der Verbote, sagen wir mal, den Rauchern die Kosten ihrer Sucht knallhart abverlangt. Rauchen so teuer macht, wie es ist. Und wenn ich schon auf die Suche nach denkmal- und umweltgerechten Leuchtmitteln gehe, dann hätte ich auch gern, dass der Staat ein Atomkraftwerk schneller ausknipst.

Generell habe ich den Eindruck, dass mir dieser Staat etwas zu sehr auf die Pelle rückt. Ich komme aus Bayern, und bei uns daheim reagiert man auf sowas mit dem Reflex, solchen Leuten auch auf die Pelle zu rücken. Ich habe gerade eine genetisch bedingte Lust, dem Staat und seinen Schergen und dem Schäuble ein paar fundamentale Sachen zu sagen, wie: Kümmere Dich um Deinen eigenen Dreck und pfusch mir nicht in mein Leben. Hör auf, mich zu kontrollieren und fang mal besser bei den Arschlöchern an, die gerade unser Wirtschaftssystem vor die Wand fahren, auch wenn das vorweihnachtlich gerade kleingeredet wird. Lern erst mal, auf Dich selber aufzupassen, bevor Du bei mir ankommst. Wenn ich mich einen Dreck um die Gossen von Bild und Spon kümmere, kannst Du das auch. Und lass Dir mal eine Geschäftsbeziehung einfallen, die so locker ist, dass ich keinen Steuerberater brauche. So Zeug. Du Arschloch.

Da gibt es zum Beispiel so eine Verordnung, wie Eier aussehen müssen. Jeder Bisnäs-Abschaum kann Eier aus übelster Zucht importieren, egal wie es zugeht. Aber meine Eierfrau muss mich verstohlen fragen, ob sie mir auch ein Ei mit dünner Schale geben kann. Das passiert, das ist, solange man es nicht kocht, kein Problem, es ist so Bio, wie etwas nur Bio sein kann, bis zum Fressen der Hühner, das aus den Resten des Biokäses besteht, den mein Käsemann mit der Eierfrau gegen ein Packerl Eier eintauscht. Vermutlich gibt es dagegen auch eine bescheuerte Richtlinie.



Hey Staat, ich bin heute ziemlich schnell den Berg runter. 15 Zentimeter über dem Eis, das ist eine ziemlich heftige Aussicht, wenn die Kurve angerast kommt, mei Liaba. Könnt sein, dass der Spass am Ende doch nicht so arg gesund ist, wenn ich die Kurve nicht kriege. Hätte ich genug Zeit gehabt, darüber nachzudenken, hätte ich mir vielleicht gedacht: So ein Helm ist bei solchen Kurvengeschwindigkeiten nicht ganz blöd. Aber die Zeit hatte ich nicht, weil der 40 Jahre alte Rodel immer noch blitzschnell Kurven schlitzt, wie Du den Geldbeutel der Menschen, und was ich so höre, denkst Du schon daran, dass man so einen Helm auch Skifahrern vorschreiben soll. Wenn Du nicht die Existenz von Rodeln und meinem Kanonenkugelwaldweg vergessen hast, weiss ich schon jetzt, wer dann der nächste ist. Und wer absolut keine Lust hast, wenn er so einen Deppenhelm aufgezwungen bekommt.



Staat, enspann Dich mal. Halt mal eine Woche Dein blödes Maul, geh in eine Pension und denk nach. Wenn sich hier alle so beschissen, so kleinkariert, so unkommod aufführen würden wie Du, wäre das hier kein Spass. Deine Bürger sind zusammengenommen eine bessere Veranstaltung, als Du selber. Das sollte Dir echt mal zu denken geben. Mach einfach etwas weniger, gschaftl nicht so viel rum, lass Dich seltener betrügen und nimm den Stock der Global Player aus dem Arsch, dann klappt es auch mit den Landesbanken, von denen Du eh nichts verstehst. So Zeug. Und meine Pr0nsammlung mit den Kategorien Food, Sonnenuntergang und blöde Bilder bei zu hohen Geschwindigkeiten auf der Festplatte geht Dich auch nichts an. Und wenn Du schon bestimmte Gruppen ficken willst, ein kleiner Tipp: Es gibt zu viele unproduktive Anwälte in diesem Land. Wegen Dir. Mach da mal was.

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Dienstag, 25. November 2008

He Sie, Herr Clement!

Ich hätte beinahe etwas von "Danke" geschrieben dafür, dass ich bei Ihnen nicht mehr als "meinem Genossen" denken oder reden muss. Es ist gerade keine schöne Zeit, Sozialdemokrat zu sein, da hilft jeder Geste, jedes Stückchen Ehrlichkeit von Karrieristen und Parteibeschädigern, das Leben mit dem roten Parteibuch in Gummi leichter zu machen. Von nun an sind sie nur noch der Lobbyist eines Grosskonzerns, und wenn Sie vielleicht auch noch mitkriegen, dass Ihr Ansehen in der Partei und bei vielen anderen vollkommen aufgebraucht ist, die Sie zum dem haben werden lassen, was sie sind und ohne die Partei nie geworden wären, sind Sie vielleicht auch noch klug genug, die Partei nicht mehr mit Sprüchen wie "Sozialdemokrat ohne Parteibuch" zu beleidigen.

Wenn Sie dann soweit sind, hätte ich da einen Vorschlag für Sie und gewisse Leute, die den Verrat zur politischen Lebensmaxime gemacht haben, diese Widerlinge, die in der Partei kaputt machen, was möglich ist, um es sich draussen vergolden zu lassen: Wenn Sie wirklich so gut sind, wie Sie glauben, gehen Sie doch zu den Kreaturen der hessischen Verräter, sammeln Sie den Metzger von der CDU ein, und noch einige andere, die das Parteibuch als Ticket zum Posten und nicht als Ausdruck einer Überzeugung betrachten. Eröffnen Sie mit denen eine Partei, die gnadenlos auf die Mehrheit setzt, die nicht in der Mitte ist, sondern nur auf ihrer eigenen Seite. Die egomane Mitte, die Mitte der Selbstbediener, die Leute, die in Wirklichkeit angekotzt sind von dem Gerede, dass der Staat solidarisch sein soll. Gründen Sie die

Opportunistische Aktion - Claim: Das O und A der neuen Mitte.

Mit der OA sprechen Sie die Leute an, die sich an Reality Soaps bei von Hartz IV Betroffenen angesprochen fühlen. Sie werden sicher der Held der Bild, der die Merkel längst zu werbekundenfeindlich ist. Sie holen sich den Sarrazin an Bord, und sorgen Sie dafür, dass er noch kräftiger keilt. Sie nehmen sich die medienpolitisch hochelastische Bunz als Pressesprecherin, die keine moralischen Bedenken kennt, wenn Medienabschaum die ihr genehme Technik fördert (http://www.tagesspiegel.de/meinu ng/kommentare/Le serreporter-Kai-Die kman n;art141,2669997). Ihre OA wird bei allen Talkshows sein. Und Firmen, die sie sponsorn, kennen Sie sicher genug. Das ist Ihre Zukunft. Eine Partei für Sie und für alle, die dabei sind, ein Parteibuch mit Garantie auf Einfluss, und dann versuchen Sie mal, mit dieser ehrlichen Partei ehrlicher Leute in die Parlamente zu kommen.

Leute wie Sie sind nämlich prädestiniert dafür, so viele Idioten unter die 5%-Hürde zu führen, dass es andere Idiotenparteien schwerer haben. Das fände ich eine prima Sache, Herr Clement.

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Donnerstag, 6. November 2008

Gewissen?

Die SPD in Hessen ist natürlich etwas ungeschickt. Solche Eingeständnisse einer Verräterin in den eigenen Reihen auf der eigenen Website zu veröffentlichen und wieder runterzunehmen, ist suboptimal. Üblicherweise würde man sowas befreundeten Journalisten diskret zur Verfügung stellen, die dann, anders als es die Beihelfer in der FAZ tun, die Fragen stellen könnten, die wirklich spannend sind. Aber wenn sich die Medien weitgehend zur Jagd auf die SPD gleichschalten und erst gar nicht wissen wollen, welche Motive es für den Verrat sonst noch geben könnte, findet man wohl kaum einen Journalisten, der sich dahinterklemmen will und darf. Die schreiben lieber von Gefahr für Leib und Leben, weil der SPD-Mann im Hintergrund mit dem vom Verrat begünstigten Innenminister der CDU übereinkommt, dass Polizeischutz organisiert wird. Keine parteipolitischen und finanziellen Interessen, nirgends.

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