Abschreibung und Investitionen

Das erste, was man 2009 wird abschreiben können und müssen, ist 2009, und wer grosszügig Werte reduziert, ist am Ende vielleicht weniger enttäuscht. Ich habe ein wenig den Eindruck, dass der Fall Madoff erheblich unterschätzt wird, denn wenn man sich durchliest, was die Aufsichtsbehörden 2005 bereits wussten und nicht reagierten, kann ma sich mal überlegen, was sonst noch alles möglich war. Die grosse Frage 2009 wird nicht sei, ob Madoff ein Eizelfall war, oder wie viele Madoffs es sonst noch gibt, sondern: Ist das gesamte schuldenbasierte Wirtschaftssystem der UdSSA signifikant ehrlicher als Madoff, und falls nicht, wann und wie fliegt es uns um die Ohren. Einknasten kann man ein Land nicht, und mit ein wenig Pech wird Obama der Präsident, der die Problme der UdSSA ein klei wenig abfedert, indem er sie zu den grossen Unerfreulichkeiten der Welt macht. Bitte, das ist kei Antiamerikanismus, Obama wird tun, was für Amerika gut ist, und in einer Schuldenkrise gibt es dabei immer viele, die blöd aus der Wäsche schauen.



Überhaupt, man braucht etwas Zeit, um zu verstehen, wie eng alles verwoben ist. Ein wenig Dummheit rettet einem vielleicht den Tag, aber wer genau hinschaut... ich kenne zum Beispiel eine Kunsthistorikerin, die bei einem Münchner Auktionshaus arbeitet. Vom Angebot her könnten sie eine vorzügliche Auktion gleich im Januar machen, nur waren die Ergebnisse der letzten Weinachtsauktion so schlecht, dass sie vorläufig keine moderne Kunst aufnehmen, und erst ein wenig warten wollen. So lange hat sie erstmal erzwungen Urlaub. Keine Kunsthistorikerin, keine Einlieferung - wer seine Altbauwohnung mit Leipziger Schule gefüllt hat, steht gerade vor einem massiven Bewertungsproblem. Man kann verkaufen, wenn sie einen zum Verkauf nehmen, und sie nehmen so wenig, dass die Preise halbwegs erträglich bleiben, aber verkaufen kann man deshalb noch lange nicht. Wer Kunst als Geldanlage gesammelt hat, muss abschreiben. Wer damit handelt, muss abschreiben. Und die Freundin meiner Bekannten arbeitet bei einer Firma, die Grundstücke für Gewerbegebiete makelt, oder besser: Gemakelt hat. Ich weiss nicht, wieviel ihre Wohnung pro Monat kostet, und es wird nicht so schlimm kommen, weil der Vermieter mit einer der beiden verwandt ist, aber in Spanien werden zwei Zimmer in einem teuren Wellness-Hotel im Februar sicher leer bleiben.



Und so frisst sich das alles durch unser System, feine Adern voller Gift und Vertrauensverlust, noch nicht wirklich schlimm, aber fühlbar, oben mehr als unten, für die Sicherheit schlimmer als für die Not, in Rüsselsheim sicher und bei uns bislang absolut nicht, sehr ambivalent, das alles, schwer zu greifen und mit Zahlen zu belegen, und gleichzeitig behaftet mit einer wahrlich nicht schönen Gier, bei der es nicht mehr um Schnäppchen geht, sondern um das Plündern. Für die einen sind 15% Umsatzrückgänge bei bekannten Uhrenhersteller egal, für andere, die a la 45 dachten und glaubten, in der Not hätte man etwas davon, ist es eine bittere Enttäuschung, und wieder andere warten noch ein wenig. Alles, was man nicht unbedingt braucht, wird verzichtbar, man geht in den Reservemodus über und reagiert nicht auf die Angebote wie "2 Wochen Aspen VP mit Flug für 999 Euro".



Es wäre schön, wenn es deshalb einen Drang zur Qualität gäbe, eine Besinnung auf Ernsthaftigkeit, ein Verzicht auf Verschwendung, angefangen bei der neuen Glotze bis zum Klingelton, aber es steht zu befürchten, dass auch diesmal die Ratten und Kakerlaken der Konsumgesellschaft am besten überleben. Würden Menschen hungern, wenn sie statt dessen ihren iPod befüllen können? das klingt etwas misanthropisch, sicher, aber mit niedrigen Erwartungen an die Lernfähigkeit des Menschen ist man als Historiker noch immer am besten gefahren. Wie dem auch sei, um den iPod zu beladen oder die Glotze zu nutzen, braucht man auch Internet und einen Computer und dazu Netz und idealerweise einen Raum, in dem das alles stattfinden kann. Wiewohl ich also 2009 abzuschreiben gedenke und damit rechne, dass auch ich das eine oder andere verspüren werde, werde ich die freien Tage dieses verlorenen Jahres nutzen, ein paar Räume für die zu renovieren, die auf das Wohnen nicht verzichten wollen. Und das sind immer noch die meisten.

(Ausserdem gab es für den ausgeborgten Kronleuchter einen Rückläufer, und das Zeug stapelt sich hier vernehmlich.)

Sonntag, 21. Dezember 2008, 17:22, von donalphons | |comment

 
Die Skigebiete in den Alpen sind über Weihnachten und Silvester ausgebucht.

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Ach?

Nun, ich habe da eine böse Überraschung: Grüne Wiesen unter 1300 Meter. Die Piste vor meiner Wohnung ist seit heute morgen unbefahrbar, und sogar auf dem Wallberg mit 1700 Metern regnet es.

Und was man so hört, soll es in Österreich und besonders Südtirol durchaus noch was geben (das einzige Problem ist, dass die Berge in Italien schick geworden sind und innsbruck voller Italiener ist).

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Kleiner Tipp: In Castelbell wohnen, im Schnalstal Skifahren. Da sollte durchaus was gehen.

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ich finde das nicht wirklich dramatisch, sorgt doch ein weiterer milder Winter fuer Entlastung und geringere Abhaengigkeit von fossilen Brennstoffen.

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Hält das im Sommer teuer eingelagerte Heizöl etwas länger.

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Man darf den Winter niemals vor dem Frühling abschreiben.

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Man geht in den Reservemodus
Damit hast du die Lage für einen Teil der Menschen sehr gut beschrieben. Ich würde mal sagen, dass ist bei 40 Prozent der Menschen so. Weitere 40 Prozent sind aber schon lange in diesem Reservemodus, da zerfällt selbst das Mobiliar langsam und lässt sich nicht wie deines wieder richten, sondern wird von Spanplatte zu Tierstreu.

Nur die restlichen 20 Prozent machen noch weiter wie bisher. Bis der Staatsanwalt kommt.

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Pächt grüßt Pächt, von Regal zu Regal. Einer kürzlich veröffentlichten Studie war zu entnehmen, daß Wirtschaftswachstum allein durch Überkonsumtion der Wohlhabenden entstehen kann, bei gleichzeitiger Verarmung der Mittel- wie Unterschichten. An einer solchen Perspektive wird sich durchaus versucht.

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Aber, aber, die 20% sind nicht alles Kriminelle - oder meintest Du den Mob?

Der Beitrag ist so "reich", wie ich nie würde reich sein wollen. Das ist Zuhälterreichtum, und ich glaube nicht, dass diese Hotales auf Dauer damit gut fahren werden. Dieses Geprotze mit den zwei Dingen, die auch wirklich jeder kennt, ist zutiefst widerlich.

Nach der Saison schaun wir mal, was sich davon bewahrheitet hat.

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Überkonsumption der Wohlhabenden bei gleichzeitiger Verarmung der Mittel- wie Unterschichten? Das hatten wir ja schon. Die prächtigsten Kronleuchter gab es zu Zeiten Ludwig XIV. Damals blühte auch die Kultur, die Literatur, die Musik, ... so manch einer sehnt sich die Zeit zurück.

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Nicht zu vergessen die amerikanisch anmutende Staatsverschuldung und der Staatsbankrott. Und aus einem Moliere würde ich keine intellektuelle Bewegung machen wollen, schliesslich war das von ihm angegriffene Pack damals noch am Leben und bei bester Gesundheit. Allein, ein Blick in Mandevilles Bienenfabel ist nie eine ganz schlechte Idee.

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Nun, das Mandeville-Paradox würde man heute vielleicht so formulieren: "Fahr ruhig mit deinem Auto gegen einen Baum, damit förderst Du das Wirtschaftswachstum." Oder etwas näher an Mandeville: "Weg mit dem Zigaretten-Verbot in Kneipen, es lebe die Gesundheitsindustrie". Oder eher politisch-volkswirtschaftlich: "Ab und zu ein Krieg, und die Konjunktur brummt danach wieder." Wobei das mit den heutigen Kriegen etwas schwierig ist, die führt man alle im Ausland, da hat die eigene Konjunktur am Ende wenig davon.

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Prinzipiell ist es nicht schlecht, wenn aus Konsum Geld entsteht. Der Unterschied zwischen den Zeiten Mandevilles und den unseren ist, dass man zu seiner Zeit kaum sparen und auch nur begrenzt investieren konnte - und schon gar nicht in Investoren, die in Investments zur Absicherung zu Investments mit Hebeln spekulieren. Reichtum an der Spitze bedeutete damals in der Regel auch Wphlsand für viele andere. Heute ist nicht verkonsumierter Reichtum der Hebel zur Umverteilung, und wenn man früher damit Steiereintreiber bezahlte, die die Landbevölkerung plünderten, machen es heute die Banken mit Investitionen in die Umverteilungsmechanismen.

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Schnalstal ist Klasse, ich habe da Freiklettern gelernt.

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Ein Nachtrag zu den angeblichen Kaviarorgien im obigen verlinkten beitrag: Offensichtlich ist es doch niht mehr "so" in der Schweiz:

Ähnlich verlief die Entwicklung beim Kaviar und beim Kaviarerabsatz: Die Einfuhr sank im Vorjahresvergleich um über viereinhalb Tonnen oder 45 Prozent auf noch 5655 Kilogramm.

Da sehe ich jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder tritt der ordinäre Schweizer auf die Kostenbremse, oder aber es ist in den Urlaubsregionen doch nicht mehr so wie früher. Ich vermute mal, dass die zwei Wochen Davos bleiben und die Umsätze dabei zurückgehen. Man könnte sagen, dass die Touristen einfach Prioritäten setzen. Gerade die aus der Kaviarklasse.

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Das funktioniert etliche Ebenen tiefer genau so.
Im Sommer 2008 bekamen wir für Bleilettern, mit denen man nicht mehr (buch)drucken kann, 1,85 Euro/kg von den großen Schmelzen — für uns ein prächtiger Preis. Schon damals wiesen die Einkäufer darauf hin, daß Metalle, also auch Blei, völlig überbewertet werden und nannten als Begründung ganz offen Spekulation.

Ende November lief unser fester Kontrakt aus, der uns immerhin noch 85 ct./kg garantierte. Einen neuen Kontrakt gibt es nur noch für 45 ct./kg und nur noch für eine einmonatige Laufzeit. Das ist schlecht, denn für dieses Metall haben wir vor zwei, drei Monaten noch etwa 65 ct./kg bezahlt.

Seit ca. zwei Monaten ist die Finanzkrise auch im Metallhandel angekommen. Angeblich liegen 200.000 t Blei in den Häfen Chinas und die chinesischen Käufer weigern sich, die vor dem Preiseinbruch vereinbarten Preise zu zahlen. Die Verkäufer stehen nun vor dem Problem, entweder die Waren mit bis zu 70 Prozent Abschlag an eben diese Chinesen zu verkaufen oder aber das Zeug auf eigene Kosten retour zu transportieren und auf Halde zu legen. Diese sind aber bereits überfüllt.

Auch schweres Messing ist von 2,85 Euro/kg auf weit unter 1,50 Euro/kg gefallen, Guß-Aluminium, das seit Jahren wie betoniert bei 1,10 Euro/kg lag, fiel auf 40 ct./kg.

Für uns im Buchdruck-Gewerbe ist das noch erträglich, weil auch unsere Einkaufspreise natürlich nun angepaßt werden. Und wir haben Ausweichmöglichkeiten — der Metallverkauf war immer nur ein (sehr angenehmer) Nebenerwerb. Aber alle lokalen Metallhändler haben derzeit die Tränen in den Augen.

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Das ist nicht wirklich eine Überraschung, wenn der Export in Japan um 27% einbricht. Das wird ein grandioser Abschwung, schlimmer als in den frühen 70er Jahren, und wie immer hat man auch diesmal viel zu spät reagiert. Wobei man fairerweise sagen muss, dass für Rohstoffhersteller genug Zeit war, um Rücklagen zu bilden - was die Russen offensichtlich verpasst haben.

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