: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 24. Oktober 2010

Der fertige Franzose

Es dauert inmer etwas, bevor diese Welt Leute, die es verdient haben, in die Tonne haut. Franz Josef Strauss bekäme heute in Bayern sicher keine Mehrheit mehr; sogar im schwärzesten Bayern sagt man heute, dass es gut ist, dass es vorbei ist. Es kann halt nicht jeder Loki Schmidt sein, könnte man sagen.

Nun kann den Toten ihr Nachruf - zwangsweise - egal sein, wichtiger scheint mir die Frage, wer noch zu seinen Lebzeiten mitbekommt, dass sich etwas ändert. Bei Nixon hat es geklappt, aufgrund der Verkommenheit deutscher Medien bei Feldbusch bislang noch nicht, die muss vermutlich noch 10, 15 Jahre warten, bis man ihr Gesicht zeigt und sie für das auslacht, was sie geworden ist: Die Sache mit Maxwell ist nun mal im Gegensatz zum Altern verzeihlich.

In der New Economy pflegte man zu witzeln, dass ein guter Berater derjenige sei, der nie auf die Idee käme, seine Ratschläge an einer eigenen Firma auszuprobieren. Es gab damals zu viele von hochbezahlten Consultats gegründete Klitschen, die den Nachweis führten, dass diese Leute es genauso wenig konnten: Das mit dem Geschäfte machen, nicht das mit der Beratung, denn das klang immer noch toll. Das war eigentlich immer eine gute Art, den eigenen Ruf zu verspielen. Natürlich ist es etwas ungerecht, denn andere kommen trotz Problemen einfach so durch. Dass beispielsweise Spreadshirt seine früher fest zementierte Position im Markt verloren hat, wird immer noch überstrahlt vom Zufall, dass die Gründer mit ihrem Einstieg bei StudiVZ und mit der Dummheit von Holtzbrinck bestens verdient haben. Spreadshirt wird einfach irgendwie vergessen.

Ich weiss nicht, wie genau die diversen Märkte das Internet beobachten, aber wenn sie es tun, könnte mit Sascha Lobo auch bald jemand Probleme bekommen. Angebersprüche aus dem Netz rülpsen ist leicht, aber nach der Vodafone-Kampagne und dem immer noch nicht eingestandenen Scheitern von Grosskotz-Adnation gab es in letzter Zeit nochmal den gestellten Eklat rund um seinen Roman, punktgenau zur Einführung der App: Lobo immer noch auf allen Kanälen, aber ein Leedreher für die Buchumsätze. Natürlich begaffte man früher auf dem Jahrmarkt gegen Geld absonderliche Mutationen des Menschen. Aber hätte man auch ein Buch von denen gekauft? Lobo hat zu lang zu gossig die Internetzukunft verkräht, er wird langsam auch ein bisserl alt und Behaupten allein hilft auch nicht, wenn die Verkaufe zeigen, dass er einfach nicht wirkt. Noch nicht mal bei seinen 40000+x Followern. Und in den Startlöchern stehen schon genug andere, die keine Lust auf Arbeit haben und mit Luhmann und Radiotheorie wenigstens etwas Bildung vortäuschen - auch an seinen Scharlatanen erkennt man, dass das Internet erwachsen wird.

Ich bin eigentlich recht guter Dinge, dass es irgendwann auch den Stefan Niggemeier nochmal richtig derbröselt (Die hier etwas nachlassende Postingfrequenz hat neben akutem Zeitmangel auch etwas damit zu tun, dass ich mich gerade etwas davor ekle, mich mit Blogs zu beschäftigen). Ich kann nicht beweisen, dass er, als er sich bei seinem Angriff auf die Netzeitung in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in ein paar Punkten eine einstweilige Verfügungen eingefangen hat, unter falschem Namen bei der Blogbar aufgeschlagen ist und dort dann in diesem etwas erhitzten Klima dort weitergemacht hat, wo ihm das Gericht den Mund gestopft hat. Vielleicht war das ein Freund oder Kollege oder sonst jemand mit genauen Kenntnissen der Intention, die Stefan Niggemeier verfolgt hat, jemand, der auch sehr aufgebracht war, dass ich es wage, den Niggemeier zart in Zweifel zu ziehen. Aber wenn ich die Bigotterie sehe, mit der Niggemeier erst einen des Borderlinens überführten Bildblogger und dessen Rechte zu verteidigen meint und seinen Mob gegen die Berichterstattung loslässt, und nun den aktuellen Fall sehe - dann wünsche ich ihm nicht einen Knick wie damals, als er in Sachen eines phantasierten Übernahmeversuchs von Kress juristisch untergegangen ist. Ich muss ihm das nicht wünschen, oder dazu beitragen. Ich muss nur etwas warten. Und sicher nicht so lange wie bei Strauss.



So ist das eben mit der Geschichte: Mancher geht unter, weil alles Beschweren über den Dreck nicht hilft, den eigenen Dreck zu vertuschen, andere scheinen unterzugehen und werden doch wieder gerettet, weil sie zu gut sind und doch wieder geschätzt werden. Ich hatte unvorhergesehen ein paar Stunden übrig, und konnte endlich das alte Peugeot, das zuerst bei der Caritas und dann auch noch von seinem frustrierten Käufer weggeworfen werden sollte, hergerichtet und fahrbereit gemacht.



Und was soll ich sagen: Es ist genau das richtige Rad für kalte Herbsttage. Man muss sehr viel mehr treten, es ist schwerer und langsamer, aber man kann sich damit im Park gut anstrengen, ohne dabei irgendjemanden zu gefährden. Ausser vielleicht selbst von überholenden Kindern auf Dreirädern und joggenden Grossmüttern mit Krückstöcken gefährdet zu werden, die dauernd gnadenlos vorbeiziehen, wenn man nach weiteren 50 Metern atemlos im Graben liegt. Selten einen so blauen Bleianker gesehen.



Die Bremsen sind überraschend gut, von 6,2 auf 0 in 10 Metern, die Übersetzung dafür überrachend schlecht, statt der thoretischen 10 Gänge sind allenfalls drei in der Ebene zu gebrauchen, und Steigungen von mehr als 2% sind die Hölle. Die Idee, das Rad nächstes Jahr auf die l'ERoica mitzunehmen, habe ich verworfen: Damit brauche ich noch nicht mal zum Tweed Run nach London.



Ich habe damit gleich den Wochenmarkttest gemacht und geschaut, ob es irgendwie wirkt: Das tut es. Mancher bleibt stehen und schaut. Ich finde, es ist einfach eine hübsche Ergänzung des dortigen Ambientes, auch wenn es, um ehrlich zu sein, zum Transport von Lebensmitteln eher schlecht taugt. Es taugt eigentlich zu gar nichts, aber es ist sehr hübsch.



Trotzdem ist es sehr französisch. Man ahnt die Vorgaben der Designabteilung: Bauen Sie ein Rad, das schick und sportlich ausschaut, dynamisch, aber nicht angestrengt, und das gerade mal reicht, um ein Baguette und Zigaretten zu holen - und trotzdem wirkt, als würde der Besitzer gleich nochmal 50 Kilometer in die nächste Stadt radeln, um dort entspannt Rotwein zu probieren. Es soll schön sein, wie das Leben, das reicht.



Und so wurde es denn auch, selbst wenn das Leben nicht immer so schön ist, wie die Franzosen denken.

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Samstag, 23. Oktober 2010

Über die schmale, steile Stiege

An Tagen wie heute, wenn der dichte Donaunebel bis Mittag in den Gassen der Altstadt klebt, der Sonnenschein nach ein paar Minuten den Wolken weicht und ein sehr eigener, leichter und kalter Wind, kühl wie Verachtung, durch die Kleider sickert, dann ahnt man: Das wird vermutlich nichts mehr mit diesem Jahr. Dann wird es Zeit, die Räder nach oben, über die enge Treppe hinauf in den Speicher zu verräumen, wo sie vor Dieben sicher sind, und zu warten, bis das Frühjahr kommt.



Oder der Winter mit dem Schnee und den glitzernden Bergen, an deren Spitzen das unendliche Blau den Wolken darunter hohnlacht, während in den Niederungen der klebrige Matsch die Fenster zur Radgruft verschliesst. Also wechsle ich gegen die Düsternis in meinem Leben die ausgebrannten Glühbirnen, die im Rausch des Sommer nicht so wichtig waren, ich nehme mir eine Viertel Stunde Zeit, die Teekanne auf Hochglanz zu polieren, und merke später, dass diese 15 Minuten an anderer Stelle fehlen. Aber es gibt so viele Viertelstunden in dieser düsteren Zeit, die mit irgendwas gefüllt werden müssen.



Immerhin, am Sonntag ist Flohmarkt in Pfaffenhofen, und weil ich so fleissig und das letzte Mal nicht dort war, habe ich ein hübsches Budget für den Erwerb einer Beschäftigung für den Übergang. Etwas zum schrauben, kitten, verspachteln und polieren, und vielleicht irgendwann auch zum verschenken. Ich habe ja Zeit, wenn der Kopf nicht um Worte und Buchstaben schwirrt.

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Freitag, 22. Oktober 2010

24.000 Printzeichen später

Zangengeburten, eine nach der anderen. Wenn sie erst mal am Licht der Welt sind, wird noch nachgehübscht und aufgeschönt, dann gehen sie. Nette Details auf mittelmässiger Basis, Tiefenvortäuschung und Bildungsabfälle. Ein Glück, dass ich meine Texte nicht lesen muss. Ein Glück, dass es anderen trotzdem gefällt.



Ohnehin ist Print eine Qual, da kann man nicht einfach drauf los schreiben, da muss man nachdenken und überkorrekt sein, nicht weil es befohlen wird, sondern weil man sich sagt: Das kannst Du nicht schludern, das ist Print! Das ist Zeitung! Da stehst Du unter anderen! Das ist Buch, mit Rücken! Folglich lese ich danach sogar zweimal durch und arbeite ernsthaft. Die Leichtigkeit des Schreibens: Dahin. Und das gefühl dass ich irgendwo gedruckt bin und es mich toll macht, hat sich seit dem Roman auch erheblich verflüchtigt. Andere führen angeblich Listen. Ich behalte Beiträge nur, wenn die Bilder gut waren. Trotzdem bin ich zwischendrin auch noch auf eine tolle, weitere Printgeschichte gestossen.



Denn in meiner Heimat wohnt die Weltmarktführerin für historische Motorrad- und Fahrradaufkleber. Irre Sache: Man schickt ihr ein Originalteil mit dem kaputten Bild oder Schriftzug, die ersetzt werden sollen, und sie malt sie nach und lässt sie drucken. Die Frau, den den verstummten Dingen ihren Namen wiedergibt. Kleine Geschäfte mit grosser Vergangenheit. Ein Katalog nicht mehr existierender Marken. Ich brauchte nur etwas für mein Peugeot, das sich langsam der Vollendung nähert - irgendwas muss man ja beim Nachdenken tun - aber da würde ich doch glatt gleich das nächste namenlose Rad aufbauen, als Magnat-Debon. Einfach wegen der Schriftzüge. Aber erst mal: Schreiben.

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Samstag, 16. Oktober 2010

Der letzte der guten Tage

Es wird Zeit, dass ich nochmal in die Berge komme. Dieses Jahr gab es zu viel anderes zu tun, zu viel unterwegs, zu viel Anforderungen und Verpflichtungen. Kein Wunder also, wenn das Rad den Stiefel und die Äcker die Wälder ersetzen.



Allein, man muss mit dem zufrieden sein, was man hat, und das schöne an der dummen, kleinen Stadt an der Donau ist, dass sie nicht gross und die Ortsgrenze nicht weit ist, trotz all der Veränderungen der letzten 20, 30 Jahre.



Und dort, wo ich fahre, ist es ohnhin recht einsam. Früher war der Verkehr sehr viel gefährlicher in dieser Region, da gab es keinen Monat, wo ich nicht irgendwelche Autos in Strassengräben oder Schlimmeres sah, aber dennoch denke ich, dass ich lieber irgendwo fahre, wo ich niemandem begegne. Das ist wie beim Bergsteigen; natürlich grüsse ich, aber ich gehe, wenn ich allein losmarschiere, nicht auf den Berg, um Menschen zu sehen. Der Berg ist anstrengend genug.



Es ist auch ganz nett, weg von der Carbonneuradshow zu sein, die ein paar Strassen weiter tobt. Die Stadt ist reich, das sieht man auch an den Rädern, aber ich habe wenig Lust, in irgendwelchen Gruppen zu landen, die Plastik durch die Gegend schaukeln und meine - im Übrigen gar nicht so extrem alten - Räder für einen komischen Spleen halten. Nicht dass ich das Alter toll finden würde - früher war vieles schlechter - aber ich denke auch, dass man, wenn man mit einem Rad 1998 hundert Kilometer weit fahren kann, das gleiche auch 2010 möglich sein sollte.



Aber damit hat man es nicht zwingend leichter, wenn alle um einen herum die Vorzüge eines weiteren Ritzels, eines Megapixels oder was auch immer sonst unverzichtbar scheint, bereden. Innerlich schalte ich sofort ab, wenn ich Worte wie Firtschritt oder Zukunft oder 21 oder Chancen höre. Das ist wie im Internet und bei all den tollen Projekten: Sie sind so modern, dass es den modernen Menschen dafür gar nicht gibt, egal ob Zoomer oder der neueste Dreck aus dem Springersumpf. Da fahre ich dann doch lieber mein altes Rad fern von den grossen, dummen Städten mit ihren Alleswissern und Vollkompetenten. Gwerade waren übrigens wieder die Medientage.

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Dienstag, 12. Oktober 2010

2 Jahre Dreck, Undank und Brutalität

Letzthin war ich bei meinem Fotohändler am Tegernsee, und sagte, falls es nochmal eine kleine Ricoh bekäme, sollte er mir Bescheid sagen.

Das würde er ganz sicher nicht tun, denn fast alle Ricohs, die er damals verkauft habe, seien als Garantie zurück gegangen. Immer das gleiche Problem, die hakende Objektivmechanik, nach kürzester Zeit. Er habe sich wie ein Paketversand gefühlt, und das könnte er den Kunden nicht mehr verkaufen.

Aha, sagte ich. Nun, meine Ricoh R8, die ich vor zwei Jahren bei ihm kaufte, hat alles mitgemacht:

Mehrfach vom Rodel, Tisch, aus dem Auto, vom Berg aufs Geröll gefallen. Mal offen, mal geschlossen.

Sicher ein Dutzend Mal eine volle Ladung Schnee oder Matsch abbekommen, von Regen erst gar nicht zu reden.

Weit über 10.000 Bilder gemacht.

Auf jeder Reise dabei gewesen.

Zweimal bin ich beim Bergsteigen draufgefallen.

Praktisch jeden Tag in der Tasche: Den Aufkleber des Ladens kann man nicht mehr entziffern.

Vier mal war sie so zugesaut, dass die Mechanik wirklich nicht mehr ging. Aber nach ein paar Mal Ein- und Ausschalten war alles wieder gut.

Sie hat eine kleine Macke in der maximalen Zoomstellung entwickelt, da kann sie nicht mehr scharf stellen und zieht das Objektiv zurück.

Der Akku hält immer noch 200 Bilder. Es ist eine famose Kamera. Manchmal frage ich mich, ob all die Leben ihrer verfehlten Geschwister nicht in ihr stecken. Zur l'Eroica musste sie trotzdem. Ich habe mit ihr die schlammige 1. Hälfte des Rennens gemacht, 42 Kilometer im sagenhaften Schlamm, der sogar mein Kombiwerkzeug in der gleichen Tasche zugesaut hat - dann schlossen die Lamellen nicht mehr. Nach 80 Bildern in einem Matsch, der auch Fahrradmechanik den Garaus machte.



Ich befürchtete schon... aber dann nahm ich eine Nadel, ruckelte etwas daran herum, und siehe da. Sie geht noch.

Und deshalb möchte ich mich hier bei dieser kleinen, tapferen und starken Ricoh bedanken, von der die meisten Bilder der letzten 2 Jahre hier im Blog kamen.

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Montag, 11. Oktober 2010

Ich war eingeladen

Ich war dort. (Und es klingt vielleicht negativer, als es gemeint ist. Meine innere. negative Weltsicht passt sich nur knirschend positiv drehenden Veranstaltungen an)



Manchmal frage ich mich, was mich so verändert hat. Ist es einfach nur das Alter? Die Erfahrung? Die New Economy? Die einsetzende Unbeweglichkeit? Bin ich einfach nur unsozial geworden, ein wenig früh, aber sicher nicht zu spät?

Ich besuche Einladungen, weil ich eingeladen bin, und wenn ich denke, dass es angenehm wird. Aber mir fehlt der Elan, restlos begeistert zu sein. Lustigerweise war auch der Besitzer jenes Hotels in den Bergen da, dem (und der bayerischen Staatsregierung) ich die beiden besten Empfänge der New Economy verdanke: Damals war ich, war es dezidiert anders. Früher gab es Einladungen, zu denen ich gern ging, und andere, zu denen weniger gern ging. Aber ich ging meistens. Heute gehe ich so gut wie nie, wegen Desinteresse. Wenn ich noch auf einer Podiumsdiskussion bin, und dann die Frage gestellt wird, ob wir uns nachher noch zusammensetzen und das tun, was vielen wichtig ist - die Chancen für Weiteres ausloten - habe ich vorher immer schon einen überzeugenden Vorwand, es nicht zu tun.



Es ist mir auf solchen Empfängen angenehm, einen unscheinbaren Realnamen zu haben, der nicht auffällt - den kann man quasi als Pseudonym nehmen, ohne dass Leute, mit dene man nicht reden möchte, eine Chance haben, einen gleich zuzutexten. Es gab da im Vorfeld eine gewisse Befürchtung, die dann auch prompt auf mich zusteuerte, Typus Kontaktemacher, Witzfigur von Spiegel Onschleim, der mich mit diesem Namen gleich als "keine Ahnung wer das sein soll" einsortierte, und sich weiter drückte, zu anderen, mit denen er mehr anfangen konnte. Und mir den Dialog ersparte:

"Ah, Sie sind Don Alphonso! Ich habe ja schon so viel von Ihrem Blog gehört."

"Nun, ich habe Ihren schleichwerbenden Blogversuch in der Gosse drüben sogar gelesen und würde jetzt gerne duschen gehen."



Immerhin war ich pünktlich am Hotel, trotz 320 Kilometer Anreise und etlichen Staus, 15 Minuten zu früh, und dann wusste ich auch wieder sofort, warum ich die Buchmesse nicht mag: Da war ein Jungautor vor mir. Nichts gegen finanzielle Probleme und abgerissene Hosen, aber wie man, wenn die anderen offensichtlich nur schnell den Schlüssel brauchen, 15 Minuten den Betrieb aufhalten kann, um die Dame am Empfang mit einer Recherche für die billigsten Möglichkeiten in Frankfurt zu blockieren, die man auch hätte selbst im Netz durchführen konnte - Iphone hatte er natürlich, WLAN ist überall vorhanden - das ist mir rätselhaft.

Da stand ich dann und musste mir Fragen anhören wie "Gibt es hier auch Taxis, die Nachts einen Sonderpreis machen" oder "Wenn ich nur schnell was mampfen will, wo gehe ich da hin?" Das passiert halt, wenn Verleger meinen, in Berlin finden sie angesagte Erstlingsautoren, und ihnen das Zimmer, aber sonst nichts stellen.



Tags drauf dann: Wieder daheim, und allein über Wiesen und Felder.

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Montag, 27. September 2010

Alabaster zum Nachtisch

Man soll ja wirklich niemandem etwas Schlechtes wünschen, aber neben der Versagerin aus dem Familienministerium, die sich nun um das Ausgrenzen von Armen verdient macht, würde ich jenen Figuren aus dem Mediensumpf dringend mal all die Not wünschen, die jetzt folgendermassen argumentieren: Dass die lumpigen 5 Euro besser in den "Kampf gegen Arbeitsolsigkeit", zu deutsch: Subventionsschmierstoff für Arschkriecherei der politischen Kaste bei den Unternehmen gesteckt wird. Demnächst dann auch wieder Aufweichung des Kündigungsschutzes, niedrigere Steuern, das kann man ja alles genauso locker finanzieren, wie all die Milliarden für die Banken. Aber wenn das mit den Problemen der Medien so weiter geht, werden wenigstens ein paar Stiefellecker im Laufe ihres Lebens sicher nochmal erleben, wie das ist, wenn man mit 5 lumpigen Euro mehr abgespeist wird, weil man im Gegensatz zu Pharma und Finanzinstituten keine Lobby und kein kostenloses Fressen hat. Dieses Pack sollte man ein paar Wochen bei bestem Obst aus Alabaster einsperren, und dazu ein paar ordentliche Weinflaschen voll mit Gülle - damit sie merken, wie es ist, wenn man der gnadenlosen Härte und dem bitteren Geschmack des Elends nicht entgehen kann.



Nachdem ich aber nicht immer einen Anfall kriegen kann, und auch gerne mal etwas anderes schreibe, geht es bei der FAZ statt dessen um die Mittlebenskrise, von der ich nicht mit übergrossem Bedauern wissen wollte, dass sie rein rechnerisch bei den Verantwortlichen genau in der Mitte zwischen Geburt und Gegenwart aufzufinden ist.

Ich bin noch am falschen Fuss der Berge, aber morgen geht es über Eis und Schnee nach Italien, und am Abend werde ich in Mantua sein, und dort einen Tag verweilen. Überall habe ich Internet, auch in Siena - nur wenig Zeit, mich darum zu kümmern. Wenn das Wetter denn so schön wird, wie es die Vorhersage behauptet.

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Freitag, 24. September 2010

Krisen mitten im Leben

Mark793 bringt den Berliner Assimüll runter. Die Leute, die modern sein wollen, und dabei Springer sonstwohin gehen. Radfahrer, aber anders. Ist eigentlich schon mla jemandem aufgefallen, wie still Google inzwischen geworden ist? Bloss nichts mehr über Street View sagen. Auf meine Anfrage haben sie übrigens auch nicht geantwortet, für solche Nettigkeiten muss man vermutlich ein zynisches Stück Faulheit sein, das dem Konzern die Arbeit abnimmt, weil man sonst keine Lust auf Arbeit hat. Oder wie sonst sich Google die Gesprächspartner raussucht, ich weiss es auch nicht.



Mitunter fragt man sich in diesem Alter ja, ob es nicht langsam Zeit für eine Midlifecrisis wäre. Ich habe gelesen, dass man da oft einen äusseren Anlass braucht, aber die sind bei mir dünn gesäht; ich habe keine Gattin, die mich betrügen könnte, oder ein Kind, das einen Berliner Dönerfresser mit nach Hause bringt, oder einen Nachbarn, der sich schon einen Ferrari leisten kann - gibt es alles nicht. Eine Weile dachte ich, dass vielleicht die aus dem Radsturz resultierenden Gebrechen der Wehleidigkeit Vorschub leisten könnten. Aber trotz der ärztlichen Vorhersage, ich würde die Rippen auch an Weihnachten noch spüren, und die Saison sei definitiv vorbei, sind jetzt die schlimmsten Beschwerden wieder abgeklungen. Es bleibt letztlich nur ein Trainingsrückstand, und der wird auch bleiben, denn wenn ich nächste Woche nach Italien fahre, werde ich ganz sicher immer etwas besseres als Training zu tun haben. Italien! Gut, vielleicht mal eine kleine Runde, jeden Tag 20 Kilometer, das vielleicht schon. Mehr aber auch nicht. Und so werde ich in das Rennen gehen und doch wieder Schmerzen haben - aber nicht mehr, weil die Lunge das Ripperl kratzt, sondern der Bauch. Aber mit ein paar Kilko mehr wird dann auch die Qual grösser, und darüber will ich ja schreiben.



Für die ersten Etappen habe ich schon Zimmer, und für die letzte, bei der ich mir ganz im Sinne meines Vaters dachte: "Egal, fahr einfach los, irgendwo wirst Du schon ankommen" - habe ich mich aus rein praktischen Erwägungen doch durchgerungen, eine Hotelanfrage zu machen. Weil man als Reporter ja nicht mehr so einfach losdüsen kann, man muss Anträge stellen und begründen, man braucht Belege und Rechnungen... vielleicht wird daraus ja eine Midlifecrisis.

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Mittwoch, 22. September 2010

Ärgernisse

Wenn das alles so weiter geht mit dieser Regierung und dem Ausverkauf an die Atomlobby - von der Krankenreform wollen wir erst gar nicht reden, die kostet ja nur Geld - werde ich den historischen Schnickschnack vom Radl wegbauen und eine Fahne anklemmen müssen, um nach Landshut zu fahren und den dortigen Protestlern zu helfen. Kann diese sogenannte Regierung eigentlich überhaupt was anderes, als den Staat den Lobbysten zum Ausplündern hinhalten?



Ich mein - mir tun sie ja direkt nichts, die Folgen werden andere zu tragen haben, die sich nicht so leicht entziehen können. So gesehen geht es mich auch nur begrenzt was an, ich habe die nicht gewählt und auch sonst mit sowas nichts zu schaffen. Trotzdem frage ich mich ständig, was denen noch Schönes einfällt, welcher fetten Sau, um es auf Bayerisch zu sagen, der Oasch noch geschmiert werden könnte.

Sicher mit dabei auf der Liste der noch nicht Überschmierten dürften Breitbandlobbyisten und deren Interessen sein. Heute haben sie hier einen "Experten" vorbeigeschckt, der mir weismachen sollte, dass wir möglichst fette Kabel reinlegen, und das dann an die Mieter verticken. Kann man machen, das Kaff ist rückständig genug, aber als der gute Mann dann von gestreamten Fussballtoren anfing, und vom Infrastrukturproblem, mit dem man gleich als ganze Region ins Hintertreffen gelange, wenn nicht jeder Bewohner auf seinen 5 Bildschirmen gleichzeitig HD gucken könnte - habe ich dann doch ein klein wenig meine eigenen Erfahrungen zum Besten gegeben. Man glaubt es nicht, aber seit 15 Jahren behaupten die immer noch den gleichen Mist. Mein Provider dagegen bohrt alle zwei Jahre still die Übertragungsraten auf, und das hat noch immer für alles gereicht, auch mit WLAN und durch dicke Wände.



Aber wer zum Teufel lässt sich sowas ernsthaft aufschwatzen? Wer braucht das, wer berechnet daheim Tropenstürme und Crash Tests? Es ist fraglos noch neuer und noch mehr Kapazität, aber die meisten hier nutzen das Netz ohnehin nur sporadisch - und warum sollte ich ihnen sagen, dass sie eine Leitung brauchen, 10 mal so dick als ihr eigener Bedarf? So richtig gute Antworten hatte der Mann darauf auch nicht, und ging zum nächsten, der sich um grössere Häuser kümmert, aber vermutlich nicht um so einen prächtigen wilden Wein, wie wir ihn haben.

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Dienstag, 21. September 2010

Zeitlinie mit B

Ich habe meine Email auf HTML umgestellt, so dass sie nicht mehr sofort von selbst neue Mails anzeigen kann. Ich finde es zunehmend störend, wenn Maschinen mich antreiben. Noch so eine Sache, die ich auf dem Rad gelernt habe: Wenn, dann treibe ich die Maschine an. Ich fahre, ich lasse mich nicht fahren.



Ich glaube auch nicht, dass es jedermann gegeben ist, den ganzen Tag nur auf das Aufpoppen von neuen Dingen auf seiner Zeitlinie zu folgen. Wenn ich unterwegs bin, ist auch das Mobiltelefon ausgeschaltet; ich will mich einer Sache hingeben und nicht das Gefühl haben, dass irgendwo ein Rechner mitwerkelt und munter Daten ausschickt. Kurz: Ich bin nicht erreichbar, und ich denke auch, dass das ein angenehmer Zustand ist. Nicht nur für mich. Das Gefühl, eine Fleischverlängerung von Datenströmen zu sein, kann ziemlich widerlich werden, wenn man sich die realen Süchtigen anschaut.



Oder anders ausgedrückt: es gibt eine Zeit mit Netz, und es gibt eine Zeit ohne Netz. Das ist halt so, und es gibt keinen Grund, hier die Gewichtungen zu verschieben. Ich würde auch gar nicht darauf wetten, dass die angeblichen Volldigitalen das nicht auch irgendwann so halten werden, wenn sie erst mal ein wenig älter sind, und den Fluch der Maschinen kennen. Nicht alle natürlich, genug von denen müssten umdenken und andere Dinge behaupten, und das wäre eine Schmach - aber der normale Netznutzer kommt automatisch zu einem Punkt, an dem es reicht.



Ansonsten werde ich langsam fast so etwas wie zuversichtlich. Fast. Es geht alles schneller, obwohl ich mich langsam auf schwereres Gerät umstelle. Heute sitze ich schon auf einer fast 20 Jahre alten Antiquität, die entsprechend 10 Kilo wiegt, und bin trotzdem viel schneller, als am Anfang. Berge, die mich am Anfang an die Grenze brachten, nehme ich jetzt kaum mehr wahr. Natürlich bremst die alte Technik die Maschine etwas aus, man merkt die 36 Speichen und die schweren Felgen, aber trotzdem steht zwischendrin 65 auf dem Tacho. Die alte Übersetzung macht mir wenig Freude, in Italien wird es nochmal ein Gang weniger sein: Aber der Körper steckt das weg. Er hat genug Reserven.



Es ist fast etwas schade, dass ich so spät mit dem Training begonnen habe, denn jetzt ist es schon fast zu spät im Jahr; die Nacht treibt mich jeden Tag früher nach Hause, es wird sehr schnell dunkel und obendrein auch noch empfindlich kalt. In zwei Wochen beginnt auch schon die Buchmesse; dann wird es schon fast gefühlter Winter, und das Wissen, eine Woche raus zu kommen und dem allem in Italien zu entgehen, dashat schon was. Pässe, Wärme, Kultur, eine Woche lang.



Man muss die Zeit nutzen, für das Internet und seine Nutzlosigkeiten ist sie eigentlich zu schade.

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