Sonntag, 3. Januar 2010
Verlieren mit Paranoia
Manchmal ist es gar nicht so schlecht, krank zu sein. Man ist voller Medikamente, man denkt nicht so viel nach, und es ist auch nicht so schlimm, wenn man seine ersten Kapitel einer Frau schickt, die ein paar Nuancen für die aus vielen Frauen zusammengebastelten Hauptfigur ist - und die Änderungswünsche länger als der ganze Text sind. Und dabei war es noch jene, die von allen die Unkomplizierteste ist, und von der nur die wirklich unproblematischen Aspekte übernommen wurden. Ich glaube, ich brauche einen Anwalt oder mehr Tabletten, damit ich mich rausreden kann. Vielleicht ist auch Vitamin-C-Vergiftung ein Ausweg, wenn es erst mal darum geht, die delikateren Szenen zu verschicken.

Seit dem Fall Biller ist es alles nicht mehr so einfach. Es ist praktisch nicht möglich, Figuren komplett zu erfinden, und das trifft besonders bei jenen Situationen zu, die normal und gegenwärtig sind. Gewisse psychische Probleme - nehmen wir nur mal die Komplexe "oversexed and underfucked" oder "Vernunftbeziehung" - sind so typisch und allgemein anzutreffen, dass sich viele in den Figuren erkennen können - am besten aber sicher jene, die mit dem Autor bekannt sind. Bei einer Figur in "Liquide", deren reales Vorbild sich noch wehren konnte, sass ich am Ende eine Woche nochmal am fertigen Manuskript und schrieb es von ihr weiter weg. Wenn ich nicht die Ausrede gehabt hätte, dass die - wenig sympathische - Figur ihr nur nahe zu sein scheint, weil die Figur von sich eine idealisierte Selbstwahrnehmung hat, die ihr ähnelt, hätte ich alles umwerfen müssen.
Jemand hat mir mal erzählt, dass man beim Schreiben viele alte Freunde verliert, weil sie sich schlecht dargestellt sehen, und erst danach wieder neue Groupies gewinnt, mit denen man dann schlafen kann. Ich war ja auf ein paar Buchmessen, habe mich umgeschaut und möchte deshalb unbedingt alle meine alten Bekannten behalten. Nur ist es eben so, dass die Allerweltstheme n, über die ich schreibe, auch die Themen dieser Bekannten sind. Und die Klasse, über die ich schreibe, eben auch unsere gesellschaftliche Schicht ist. Man merkt das beim Schreiben: Es ist nicht möglich, durch eine gewisse Stellung besonders geförderte Problemerfahrungen einfach mit den Strategien zu mischen, die man in anderen Schichten hat.
Um mal ein unverfängliches Thema anzusprechen, um das es nicht geht: Scheidungskinder. Es gibt da so eine nonchalonte "Das packen wir schon"-Haltung von Frauen aus Ostdeutschland, die mir auch aus besteingesäumten Töchtern aus dem Westen vollkommen unbekannt ist. Dort überwiegen eher die Zweifel. Wollte man also ein Buch darüber schreiben - was Gott verhüten möge! - wie sich eine junge Frau als alleinerziehende Mutter durchschlägt, wäre es unmöglich, den inneren Konflikt meiner Bekannten aus dem Westviertel als Anfang zu nehmen, und die zupackende Art aus dem Osten als Problemlösung. Das engt die Räume dramatisch ein, das Schreiben wird wie eine rasend schnelle Schlittenfahrt durch einen Wald, wo man nur noch versucht, den Rodel der Geschichte nur irgendwie von Kollisionen mit den Bäumen der Bekannten wegzuhalten. Aber es ändert nichts am Umstand, dass es nur funktioniert, wenn man in diesem Wald bleibt.
Entsprechend klaustrophobisch erlebe ich gerade mein Tun. Je hübscher, je durchtriebener und zynischer die Szenen werden, desto unmöglicher wird es sein, darüber mit jenen zu sprechen, die sie auf sich beziehen könnten. Der Umstand, dass sie es fairerweise nicht tun können - alles Horizontale ist komplett und klugerweise vollkommen erfunden - ändert ja nichts daran, dass sie es trotzdem tun werden. Das mit der kleinen, leichten Liebesgeschichte mit sanft schwarzem Unterton sagt sich als Verleger leicht, aber er muss ja auch nicht für ein Jahr umziehen und sich neue Bekannte suchen, wenn es in falsche Kehlen kommt.
Das klingt jetzt alles ein wenig hysterisch, aber als Liquide letztendlich erschien, hatte ich enorme Probleme wegen eines einzigen Satzes, in dem ich passend zu einer Szene einem Techno-DJ einen leicht kirchenlästerlichen, aber ansonsten gängigen Namen gegeben hatte. Es gab in meinem weitesten Bekanntenkreis einen jungen Mann, der sich ähnlich nannte und Platten einer anderen Musikrichtung auflegte, und der allen Ernstes erwog, mich allein wegen des Wortes "Techno" anzugehen.

Seit dem Fall Biller ist es alles nicht mehr so einfach. Es ist praktisch nicht möglich, Figuren komplett zu erfinden, und das trifft besonders bei jenen Situationen zu, die normal und gegenwärtig sind. Gewisse psychische Probleme - nehmen wir nur mal die Komplexe "oversexed and underfucked" oder "Vernunftbeziehung" - sind so typisch und allgemein anzutreffen, dass sich viele in den Figuren erkennen können - am besten aber sicher jene, die mit dem Autor bekannt sind. Bei einer Figur in "Liquide", deren reales Vorbild sich noch wehren konnte, sass ich am Ende eine Woche nochmal am fertigen Manuskript und schrieb es von ihr weiter weg. Wenn ich nicht die Ausrede gehabt hätte, dass die - wenig sympathische - Figur ihr nur nahe zu sein scheint, weil die Figur von sich eine idealisierte Selbstwahrnehmung hat, die ihr ähnelt, hätte ich alles umwerfen müssen.
Jemand hat mir mal erzählt, dass man beim Schreiben viele alte Freunde verliert, weil sie sich schlecht dargestellt sehen, und erst danach wieder neue Groupies gewinnt, mit denen man dann schlafen kann. Ich war ja auf ein paar Buchmessen, habe mich umgeschaut und möchte deshalb unbedingt alle meine alten Bekannten behalten. Nur ist es eben so, dass die Allerweltstheme n, über die ich schreibe, auch die Themen dieser Bekannten sind. Und die Klasse, über die ich schreibe, eben auch unsere gesellschaftliche Schicht ist. Man merkt das beim Schreiben: Es ist nicht möglich, durch eine gewisse Stellung besonders geförderte Problemerfahrungen einfach mit den Strategien zu mischen, die man in anderen Schichten hat.
Um mal ein unverfängliches Thema anzusprechen, um das es nicht geht: Scheidungskinder. Es gibt da so eine nonchalonte "Das packen wir schon"-Haltung von Frauen aus Ostdeutschland, die mir auch aus besteingesäumten Töchtern aus dem Westen vollkommen unbekannt ist. Dort überwiegen eher die Zweifel. Wollte man also ein Buch darüber schreiben - was Gott verhüten möge! - wie sich eine junge Frau als alleinerziehende Mutter durchschlägt, wäre es unmöglich, den inneren Konflikt meiner Bekannten aus dem Westviertel als Anfang zu nehmen, und die zupackende Art aus dem Osten als Problemlösung. Das engt die Räume dramatisch ein, das Schreiben wird wie eine rasend schnelle Schlittenfahrt durch einen Wald, wo man nur noch versucht, den Rodel der Geschichte nur irgendwie von Kollisionen mit den Bäumen der Bekannten wegzuhalten. Aber es ändert nichts am Umstand, dass es nur funktioniert, wenn man in diesem Wald bleibt.
Entsprechend klaustrophobisch erlebe ich gerade mein Tun. Je hübscher, je durchtriebener und zynischer die Szenen werden, desto unmöglicher wird es sein, darüber mit jenen zu sprechen, die sie auf sich beziehen könnten. Der Umstand, dass sie es fairerweise nicht tun können - alles Horizontale ist komplett und klugerweise vollkommen erfunden - ändert ja nichts daran, dass sie es trotzdem tun werden. Das mit der kleinen, leichten Liebesgeschichte mit sanft schwarzem Unterton sagt sich als Verleger leicht, aber er muss ja auch nicht für ein Jahr umziehen und sich neue Bekannte suchen, wenn es in falsche Kehlen kommt.
Das klingt jetzt alles ein wenig hysterisch, aber als Liquide letztendlich erschien, hatte ich enorme Probleme wegen eines einzigen Satzes, in dem ich passend zu einer Szene einem Techno-DJ einen leicht kirchenlästerlichen, aber ansonsten gängigen Namen gegeben hatte. Es gab in meinem weitesten Bekanntenkreis einen jungen Mann, der sich ähnlich nannte und Platten einer anderen Musikrichtung auflegte, und der allen Ernstes erwog, mich allein wegen des Wortes "Techno" anzugehen.
donalphons, 00:31h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 1. Januar 2010
Ach ja, 2010.
Würde man mich wirklich fragen, was ich vom Jahr 2010 halte, dann würde ich vielleicht, solange es nicht gerade um mein angenehmes Privatleben gehen, seufzen und sagen, dass ich ihm lieber nicht vorgestellt werden möchte. Dummerweise benimmt sich das Jahr schon am ersten Tag recht schlecht, indem ich es gar nicht übersehen kann, und insofern -
ich wünsche es mir, zumindest für mein Leben und das Leben der wohlmeinenden Leserschaft, dass es wie mein Razesa wird. Das muss man nicht kennen, Razesa war eine in den 90er Jahren nicht allzu unbekannte Rahmenschmiede in Spanien, und schweisst dort noch heute, nur gibt es, soweit ich sehe, keinen Importeur mehr. Wie auch immer, das ist es:
Als ich es vor 17 Jahren zusammengebaut habe, gab es weder Internet mit günstigen Gebrauchtangeboten noch Modelle, die im Herbst schon veraltet waren. Campagnolo hatte elend lange Lieferfristen, gute Rennräder verloren auch bei Benutzung kaum an Wert, und wer sich ein derartiges Rad kaufte, hatte vor, es auch noch nach 10 Jahren zu fahren. Insofern waren die hohen Kosten am Anfang durchaus zu verschmerzen. Wäre man allerdings in ein Radgeschäft gegangen, und hätte man sich dort ein Rad nach eigenen Wünschen bauen lassen - es wäre damals, zumindest für mich als Student, zu teuer geworden. Also musste ich "fonsen", wie Holgi das nennt, mit einem hohen Aufwand ein Ziel erreichen, das anderen belanglos erscheint.
Es ist nämlich nicht so, dass man sich einen Rahmen und eine Komponentengruppe kauft, und dann hat man "das Rad". Jede Firma baut bessere und schlechtere Dinge, entscheidend ist, dass man das Optimum für seine eigenen Bedürfnisse findet und zusammenbaut. Campagnolo etwa baute damals die wunderbare Croce d'Aune-Gruppe, ein heldenhafter Versuch, den Schrägparallelogrammwerke der Japaner mit einem pleuelgesteuerten Schaltwerk klassischer Form etwas Besseres entgegenzusetzen. In meinen Augen ist dieses Schaltwerk - 1990 400 Mark teuer - immer noch das beste und gleichzeitig schönste Rennradschaltwerk aller Zeiten. Ich kann das sagen, denn ich habe auch ein Mavic, ein C-Record und ein Super Record, ein Superbe Pro, ein Paul (totaler Schrott übrigens), ich kenne Dura Ace und XTR - es gibt keine bessere Konstruktion, keinen grösseren optischen Genuss als das pleuelgesteuerte Croce d'Aune. Eine Schande, dass sie es nur zwei Jahre gebaut haben.
Von dieser Gruppe bekam ich einige Teile halbwegs günstig, weil ein Kunde nur die Bremsen kaufte. Ich hatte den Umwerfer, die Kurbel und das Innenlager, und wollte einen Rahmen. Dass es der Razesa aus eher günstigem Columbus Cromor wurde, lag an ein paar eher unerfreulichen Erfahrungen mit dem SLX-Rohrsatz des gleichen Hauses: Das ist leichter, aber ziemlich am Rand dessen konstruiert, was mechanisch möglich ist. Ich war einmaldumm mutig genug, mich auf meiner aus SLX gebauten Zeitfahrmaschine mit 100 km/h einen Berg am Gardasee hinunter zu stürzen, und wenn die Strasse dann nicht gut ist, bekommt Rahmenflattern eine sehr ernste Bedeutung - also nahm ich das 0,1 mm dickere Cromor. Man wird auch nicht dümmer jünger. Und mit dem Razesa wollte ich explizit die Kochelbergstrecke runter. Wenn man da einen fetten Arsch einer E-Klasse überholt und schnell wieder reinziehen muss, weil Gegenverkehr kommt, muss der Rahmen stehen. Billig - war er trotzdem nicht. In Berlin, habe ich gesehen, gibt es ein Geschäft, das dieses Rahmen heute gebraucht verkauft, für 100 Mark mehr, als meiner gekostet hat.
Den Umwerfer und das Innenlager habe ich von Campa genommen, aber die Kurbel - die war mir dann doch zu dick auftragend. Ich fand statt dessen die Kurbel, von der ich sagen würde, dass sie nach der Mavic 631, der alten Super Record und den Cooks Kurbeln die Schönste und für meine Zwecke die Beste war: Die Superbe Pro von Suntour. Das Finish ist nicht schlechter als bei Campagnolo, sie ist auch heute noch ein Leichtgewicht und von einer sagenhaften, schlichten Eleganz, die nir veralten wird. Ausserdem konnte man sie mit 52 und 38 Zähnen bestücken. Und das bedeutete, dass man hinten die Ritzel ganz fein bestücken konnte, mit individueller Entfaltung.

Es gibt ja Leute, die behaupten, es gäbe heute Schaltungen mit über 20 Gängen. Wenn man aber nachrechnet, sieht man, dass viele Gänge Doubletten sind. Was wir damals bauten, waren extrem eng gestufte Ritzel mit 12, 13, 14, 15, 16, 19 und 24 Zähnen. Man kann erst auf dem grossen Blatt die fünf kleinen Ritzel durchschalten, geht dann auf das kleine Kettenblatt und fängt wieder beim 12er an. Es ist eine echte 12-Gang-Schaltung, und sie reicht für alle Belange. Natürlich musste man rechnen und Ritzel extra bestellen und zusammenbauen. Aber man konnte über Idioten lachen, die mit ihren Mountainbikes nur 10 echte Gänge hatten, und auch nur dann, wenn sie dauernd den Umwerfer betätigten.

Das bedeutete natürlich auch, dass wir keine fertigen Kasetten an den Naben hatten. Oder handelsübliche Naben. Räder von der Stange hatten damals Konuslager, gekreuzte Speichen und schwarze Felgen. Ich baute mir die Räder selbst, mit Mavicnaben, die auch heute noch besser sind als das meiste, was man von der Stange bekommt. Ich speichte radial ein, ich nahm dünne DD-Speichen und die leichteste, silberne Aerofelge, die auf dem Markt war. Es war am Ende nicht billiger als Räder von der Stange. Aber seitdem musste ich nichts mehr daran ändern.
Ich verbaute einen walzengelagerten Promaxsteuersatz, bei dem man in 100 Jahren vielleicht mal die Laufflächen der Walzenlager wird austauschen müssen, Lenker und Vorbau von Cinelli, die ich in einer Kiste fand, ich war bei den Bremsen nicht doktrinär und griff zu Shimano, denn Sicherheit ging vor. Aber ich feilte und schmirgelte sie in Heimarbeit ab und brachte sie bis in den letzten Winkel auf Campagnologlanz, und ich baute sie mit Campagnolo-Bremsklötzen. Von der Superbe Pro kamen dann auch die Retrofriktionshebel, echte Kunstwerke, die trotzdem perfekt mit den Campagnoloschaltwerken funktionierten. Dazu noch handpolierte Schnellspanner von American Classic, ein Flite-Sattel, eine stilistisch vielleicht nicht perfekte, aber gute Heylight-Sattelstütze, ich kratzte noch auf einer Kettenstrebe den Chrom frei und setzte grüne Farbakzente - und fertig war das 9,2 Kilo leichte Bergrennrad.
Es war ein harter Winter, die Anforderungen waren hoch, ich musste viel nachdenken und werkeln, und ich hatte nicht genug Geld, um mir das einfach so machen zu lassen. Das Razesa ist nicht mein bestes und nicht mein schönstes Rad, und auch nicht das teuerste - ich habe noch ein Rocky Mountain Vertex T.O. aus dem ersten Jahr, bei dem der Rahmen mehr als das ganze Razesa kostete. Auch 2010 wird nicht das beste Jahr unseres Lebens werden. Ich wünschte, ich könnte etwas tun, um von uns allen das Leid zu nehmen, dem wir nicht entgehen werden. Aber ich möchte später an dieses schwierige Jahr zurückdenken können wie an das unter Mangel, Blut, Schweiss und Tränen entstandene Razesa, an die Auffahrt über die Jachenau, an deren Nordhängen noch der Schnee lag, an die Kochelbergstrecke, an die harten Tritte in die Kurbel und die unfassbar schnellen Kurven, und an den Frühling im Tal und sagen: Es war nicht perfekt, es war nicht das Beste, aber dafür hätte ich es nicht besser machen können.
ich wünsche es mir, zumindest für mein Leben und das Leben der wohlmeinenden Leserschaft, dass es wie mein Razesa wird. Das muss man nicht kennen, Razesa war eine in den 90er Jahren nicht allzu unbekannte Rahmenschmiede in Spanien, und schweisst dort noch heute, nur gibt es, soweit ich sehe, keinen Importeur mehr. Wie auch immer, das ist es:

Als ich es vor 17 Jahren zusammengebaut habe, gab es weder Internet mit günstigen Gebrauchtangeboten noch Modelle, die im Herbst schon veraltet waren. Campagnolo hatte elend lange Lieferfristen, gute Rennräder verloren auch bei Benutzung kaum an Wert, und wer sich ein derartiges Rad kaufte, hatte vor, es auch noch nach 10 Jahren zu fahren. Insofern waren die hohen Kosten am Anfang durchaus zu verschmerzen. Wäre man allerdings in ein Radgeschäft gegangen, und hätte man sich dort ein Rad nach eigenen Wünschen bauen lassen - es wäre damals, zumindest für mich als Student, zu teuer geworden. Also musste ich "fonsen", wie Holgi das nennt, mit einem hohen Aufwand ein Ziel erreichen, das anderen belanglos erscheint.

Es ist nämlich nicht so, dass man sich einen Rahmen und eine Komponentengruppe kauft, und dann hat man "das Rad". Jede Firma baut bessere und schlechtere Dinge, entscheidend ist, dass man das Optimum für seine eigenen Bedürfnisse findet und zusammenbaut. Campagnolo etwa baute damals die wunderbare Croce d'Aune-Gruppe, ein heldenhafter Versuch, den Schrägparallelogrammwerke der Japaner mit einem pleuelgesteuerten Schaltwerk klassischer Form etwas Besseres entgegenzusetzen. In meinen Augen ist dieses Schaltwerk - 1990 400 Mark teuer - immer noch das beste und gleichzeitig schönste Rennradschaltwerk aller Zeiten. Ich kann das sagen, denn ich habe auch ein Mavic, ein C-Record und ein Super Record, ein Superbe Pro, ein Paul (totaler Schrott übrigens), ich kenne Dura Ace und XTR - es gibt keine bessere Konstruktion, keinen grösseren optischen Genuss als das pleuelgesteuerte Croce d'Aune. Eine Schande, dass sie es nur zwei Jahre gebaut haben.

Von dieser Gruppe bekam ich einige Teile halbwegs günstig, weil ein Kunde nur die Bremsen kaufte. Ich hatte den Umwerfer, die Kurbel und das Innenlager, und wollte einen Rahmen. Dass es der Razesa aus eher günstigem Columbus Cromor wurde, lag an ein paar eher unerfreulichen Erfahrungen mit dem SLX-Rohrsatz des gleichen Hauses: Das ist leichter, aber ziemlich am Rand dessen konstruiert, was mechanisch möglich ist. Ich war einmal

Den Umwerfer und das Innenlager habe ich von Campa genommen, aber die Kurbel - die war mir dann doch zu dick auftragend. Ich fand statt dessen die Kurbel, von der ich sagen würde, dass sie nach der Mavic 631, der alten Super Record und den Cooks Kurbeln die Schönste und für meine Zwecke die Beste war: Die Superbe Pro von Suntour. Das Finish ist nicht schlechter als bei Campagnolo, sie ist auch heute noch ein Leichtgewicht und von einer sagenhaften, schlichten Eleganz, die nir veralten wird. Ausserdem konnte man sie mit 52 und 38 Zähnen bestücken. Und das bedeutete, dass man hinten die Ritzel ganz fein bestücken konnte, mit individueller Entfaltung.

Es gibt ja Leute, die behaupten, es gäbe heute Schaltungen mit über 20 Gängen. Wenn man aber nachrechnet, sieht man, dass viele Gänge Doubletten sind. Was wir damals bauten, waren extrem eng gestufte Ritzel mit 12, 13, 14, 15, 16, 19 und 24 Zähnen. Man kann erst auf dem grossen Blatt die fünf kleinen Ritzel durchschalten, geht dann auf das kleine Kettenblatt und fängt wieder beim 12er an. Es ist eine echte 12-Gang-Schaltung, und sie reicht für alle Belange. Natürlich musste man rechnen und Ritzel extra bestellen und zusammenbauen. Aber man konnte über Idioten lachen, die mit ihren Mountainbikes nur 10 echte Gänge hatten, und auch nur dann, wenn sie dauernd den Umwerfer betätigten.

Das bedeutete natürlich auch, dass wir keine fertigen Kasetten an den Naben hatten. Oder handelsübliche Naben. Räder von der Stange hatten damals Konuslager, gekreuzte Speichen und schwarze Felgen. Ich baute mir die Räder selbst, mit Mavicnaben, die auch heute noch besser sind als das meiste, was man von der Stange bekommt. Ich speichte radial ein, ich nahm dünne DD-Speichen und die leichteste, silberne Aerofelge, die auf dem Markt war. Es war am Ende nicht billiger als Räder von der Stange. Aber seitdem musste ich nichts mehr daran ändern.

Ich verbaute einen walzengelagerten Promaxsteuersatz, bei dem man in 100 Jahren vielleicht mal die Laufflächen der Walzenlager wird austauschen müssen, Lenker und Vorbau von Cinelli, die ich in einer Kiste fand, ich war bei den Bremsen nicht doktrinär und griff zu Shimano, denn Sicherheit ging vor. Aber ich feilte und schmirgelte sie in Heimarbeit ab und brachte sie bis in den letzten Winkel auf Campagnologlanz, und ich baute sie mit Campagnolo-Bremsklötzen. Von der Superbe Pro kamen dann auch die Retrofriktionshebel, echte Kunstwerke, die trotzdem perfekt mit den Campagnoloschaltwerken funktionierten. Dazu noch handpolierte Schnellspanner von American Classic, ein Flite-Sattel, eine stilistisch vielleicht nicht perfekte, aber gute Heylight-Sattelstütze, ich kratzte noch auf einer Kettenstrebe den Chrom frei und setzte grüne Farbakzente - und fertig war das 9,2 Kilo leichte Bergrennrad.
Es war ein harter Winter, die Anforderungen waren hoch, ich musste viel nachdenken und werkeln, und ich hatte nicht genug Geld, um mir das einfach so machen zu lassen. Das Razesa ist nicht mein bestes und nicht mein schönstes Rad, und auch nicht das teuerste - ich habe noch ein Rocky Mountain Vertex T.O. aus dem ersten Jahr, bei dem der Rahmen mehr als das ganze Razesa kostete. Auch 2010 wird nicht das beste Jahr unseres Lebens werden. Ich wünschte, ich könnte etwas tun, um von uns allen das Leid zu nehmen, dem wir nicht entgehen werden. Aber ich möchte später an dieses schwierige Jahr zurückdenken können wie an das unter Mangel, Blut, Schweiss und Tränen entstandene Razesa, an die Auffahrt über die Jachenau, an deren Nordhängen noch der Schnee lag, an die Kochelbergstrecke, an die harten Tritte in die Kurbel und die unfassbar schnellen Kurven, und an den Frühling im Tal und sagen: Es war nicht perfekt, es war nicht das Beste, aber dafür hätte ich es nicht besser machen können.
donalphons, 23:47h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 31. Dezember 2009
Wissen und Ahnen
Ich weiss, dass ich 2010 einen längeren Text der Kategorie lange versprochen wird endlich mittelgut abliefern werde, in dem die Hauptfiguren relativ weit vorne das hier sehen und zu streiten anfangen werden:

Denn es passt nicht ins Auto, oder nur so, dass es ein paar Probleme verursacht, die andere Probleme nach sich ziehen würden, die aber eigentlich unwahrscheinlich und obendrein auch vermeidbar sind, bis sie dann doch eintreten, und für andere nochmal ganz andere Folgen nach sich ziehen, bis am Ende jeder das bekommt, was möglich ist, aber nicht das, was er gerne hätte. Alles sehr eitel.
Ich habe mich bei der FAZ weiterhin verpflichtet, und auch bei den Rebellen ohne Markt. Ich fahre mindestens 10 Mal weg: England, Mille Miglia, Südfrankreich, Slowenien und Venetien, Ostdeutschland und den Rest wird man sehen. Es wird ein dickes, rundes Jahr werden, und wie alles, was rund ist, wird es auch Ecken und Kanten haben.
***
Ich werde das tun, obwohl 2010 nicht dazu angetan sein wird. Der ganze verstrahlte Dreck der Subprimekrise wurde von den insolventen Banken in ein System geschaufelt, das auch nicht besser darauf vorbereitet ist. Und nun wird man niemand finden, der dafür die Verantwortung übernimmt - also wird man es jenen aufdrücken, von denen man annimmt, dass sie es einfach hinnehmen. Ich weiss nicht, ob sie das tun werden. Meines Erachtens ist es bislang erstaunlich, sehr erstaunlich ruhig; vielleicht hat man noch nicht verstanden, dass das System massive Schnitte tun muss, um zu überleben, aber wenn es mal so weit ist, dass sie es verstehen, würde ich keinerlei Wetten auf irgendwas eingehen wollen.
Abgesehen davon sieht es nicht gut aus, was einen Neuanfang angeht: In Amerika werden die Probleme durch das Aufblasen der Hauspreise nur künstlich gestreckt, die Machtverschiebung weg vom Westen dauert an, es ist eigentlich nur logisch, wenn andere jetzt die Chancen ergreifen. Ich weiss nicht, was passiert, aber ich denke, es werden Grundlagen geschaffen, auf denen dann Veränderungen kommen, die kaum weniger einschneidend als das Fall der Mauer sein werden. Ich denke, man wird sich in 10 Jahren fragen, warum zum Teufel Obama zum Antritt seines Jobs die Banken nicht in einer Aktion geschlossen, neu aufgestellt und reorganisiert hat. Es kann, es wird nicht dauerhaft gut gehen. Vielleicht rettet man sich irgendwie durch 2010, aber das glaube ich nicht.
Ich denke aber auch, dass Deutschlands südliche Reichtumsgürtel immer noch der weltbeste Ort sind, um das alles zu betrachten. Das wird, wie schon 2009, die Königsloge sein, weit genug weg und perfekte Sicht auf das Geschehen. Bestenfalls sitzt man es dort aus, schlimmstenfalls klaut man dem Bauern eine Kuh von der Wiese gegenüber. Ich werde weiterhin in Teekannen investieren. Und nicht in Banken.
Euch allen ein frohes und glückliches 2010.

Denn es passt nicht ins Auto, oder nur so, dass es ein paar Probleme verursacht, die andere Probleme nach sich ziehen würden, die aber eigentlich unwahrscheinlich und obendrein auch vermeidbar sind, bis sie dann doch eintreten, und für andere nochmal ganz andere Folgen nach sich ziehen, bis am Ende jeder das bekommt, was möglich ist, aber nicht das, was er gerne hätte. Alles sehr eitel.
Ich habe mich bei der FAZ weiterhin verpflichtet, und auch bei den Rebellen ohne Markt. Ich fahre mindestens 10 Mal weg: England, Mille Miglia, Südfrankreich, Slowenien und Venetien, Ostdeutschland und den Rest wird man sehen. Es wird ein dickes, rundes Jahr werden, und wie alles, was rund ist, wird es auch Ecken und Kanten haben.
***
Ich werde das tun, obwohl 2010 nicht dazu angetan sein wird. Der ganze verstrahlte Dreck der Subprimekrise wurde von den insolventen Banken in ein System geschaufelt, das auch nicht besser darauf vorbereitet ist. Und nun wird man niemand finden, der dafür die Verantwortung übernimmt - also wird man es jenen aufdrücken, von denen man annimmt, dass sie es einfach hinnehmen. Ich weiss nicht, ob sie das tun werden. Meines Erachtens ist es bislang erstaunlich, sehr erstaunlich ruhig; vielleicht hat man noch nicht verstanden, dass das System massive Schnitte tun muss, um zu überleben, aber wenn es mal so weit ist, dass sie es verstehen, würde ich keinerlei Wetten auf irgendwas eingehen wollen.
Abgesehen davon sieht es nicht gut aus, was einen Neuanfang angeht: In Amerika werden die Probleme durch das Aufblasen der Hauspreise nur künstlich gestreckt, die Machtverschiebung weg vom Westen dauert an, es ist eigentlich nur logisch, wenn andere jetzt die Chancen ergreifen. Ich weiss nicht, was passiert, aber ich denke, es werden Grundlagen geschaffen, auf denen dann Veränderungen kommen, die kaum weniger einschneidend als das Fall der Mauer sein werden. Ich denke, man wird sich in 10 Jahren fragen, warum zum Teufel Obama zum Antritt seines Jobs die Banken nicht in einer Aktion geschlossen, neu aufgestellt und reorganisiert hat. Es kann, es wird nicht dauerhaft gut gehen. Vielleicht rettet man sich irgendwie durch 2010, aber das glaube ich nicht.
Ich denke aber auch, dass Deutschlands südliche Reichtumsgürtel immer noch der weltbeste Ort sind, um das alles zu betrachten. Das wird, wie schon 2009, die Königsloge sein, weit genug weg und perfekte Sicht auf das Geschehen. Bestenfalls sitzt man es dort aus, schlimmstenfalls klaut man dem Bauern eine Kuh von der Wiese gegenüber. Ich werde weiterhin in Teekannen investieren. Und nicht in Banken.
Euch allen ein frohes und glückliches 2010.
donalphons, 22:46h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 21. Dezember 2009
Der letzte frohe Mensch auf Erden
Um mich herum geht es Menschen schlecht. Egal wohin ich schaue, Frust, Ärger, schlechte Stimmung, als hätte sich dieses 2009 mit all seinen Schattenseiten in den Menschen festgesetzt. Das meistgehörte Wort der letzten Wochen lautet "Burnout", gesprochen von jenen, die dachten, dass sie sich schon wieder irgendwie regenerieren können. Das geht manchmal, aber wenn der Kürper ohnehin nur widerwillig in die Kälte geht, brauchen sie die Abwehrkräfte für etwas anderes.
Nun bin ich bekanntermassen nicht nur der höflichste Mensch der Erde, sondern gemeinhin auch der bestgelaunteste. Ich esse viel und schlafe fest, ich mache jede Arbeit gerne und lasse keine Katze ohne Begeisterungsrufe vorüber gehen. Meine innere Entflammbarkeit ist bei einer Grenztemperatur zu finden, wo bei anderen noch protestantische Ablehnung regiert. Viele sagen mir, meine Sorglosigkeit würde mir noch mal das Genick brechen, aber ich habe einen dicken Hals wie ein Baumstumpf, und seltsamerweise sind es stets die anderen, deren Köpfe haltlos herunter hängen.

"Bruder Leichtfuss" nennt man das in Familienkreisen, vermutlich ein Erbe eines Grossvaters, der die angenehmen Seiten des Daseins immer für sich zu entdecken wusste, und nachdem ich im Gegensatz zu ihm kein schwerer Raucher bin, sehe ich auch gute Chancen, bis ins hohe Alter so zu bleiben. Es wäre nur ganz nett, wenn andere um mich herum aufhören könnten, sich selbst kaputt zu machen. Nicht dass es auf mich abfärbt. Aber die Welt dreht sich von selbst, und es komt, wie es kommt, und es ist, wie es ist. Mei. Lasst es halt krachen, sage ich, und werde nicht erhört.

Es sind enorm sinnesunlustige Zeiten, es wird schnell dunkel und die Nächte sind bitterkalt, und wenn man nach dem Frieren auch noch eine kalte Dusche überflüssiger Problee abbekommt, nebst einer Ablehnung der Angebote, das tatkräftig zu beheben - fragt man sich eben, wie es wäre, wäre es denn anders. Seit Jahr und Tag geht man mir auf Nerven, ich sollte doch mal eine Liebesgeschichte - all diese vergeudeten, sinnlos vergeudeten Leben schaffen das, was andere nicht schaffen: Dass ich phantasiere, wie es denn wäre, wenn es nur ein klein wenig anders wäre. Ein ganz klein wenig anders, von mir aus auch mit Burnout, aber ohne das Verkriechen in Löcher und weitermachen.

Ja, es schneit, ja, es ist kalt, und ja, es könnte bsser sein. Ja, ich muss sogar um 12 noch raus und Schnee schippen. Irgendwie kann ich dem auch etwas abgewinnen, wenn ich hoch zu meinem Haus schaue. Der Kaschmirpulli ist warm, die Arbeit tut ein übriges, ich summe eine lustige Rossiniweise, nachher mache ich eine Suppe, es geht mir gut. Ich bin vielleicht der letzte gut gelaunte Mensch auf dieser Erde. Muss es auch geben. Einen, der brennt, und nicht ausbrennt.

Nun bin ich bekanntermassen nicht nur der höflichste Mensch der Erde, sondern gemeinhin auch der bestgelaunteste. Ich esse viel und schlafe fest, ich mache jede Arbeit gerne und lasse keine Katze ohne Begeisterungsrufe vorüber gehen. Meine innere Entflammbarkeit ist bei einer Grenztemperatur zu finden, wo bei anderen noch protestantische Ablehnung regiert. Viele sagen mir, meine Sorglosigkeit würde mir noch mal das Genick brechen, aber ich habe einen dicken Hals wie ein Baumstumpf, und seltsamerweise sind es stets die anderen, deren Köpfe haltlos herunter hängen.

"Bruder Leichtfuss" nennt man das in Familienkreisen, vermutlich ein Erbe eines Grossvaters, der die angenehmen Seiten des Daseins immer für sich zu entdecken wusste, und nachdem ich im Gegensatz zu ihm kein schwerer Raucher bin, sehe ich auch gute Chancen, bis ins hohe Alter so zu bleiben. Es wäre nur ganz nett, wenn andere um mich herum aufhören könnten, sich selbst kaputt zu machen. Nicht dass es auf mich abfärbt. Aber die Welt dreht sich von selbst, und es komt, wie es kommt, und es ist, wie es ist. Mei. Lasst es halt krachen, sage ich, und werde nicht erhört.

Es sind enorm sinnesunlustige Zeiten, es wird schnell dunkel und die Nächte sind bitterkalt, und wenn man nach dem Frieren auch noch eine kalte Dusche überflüssiger Problee abbekommt, nebst einer Ablehnung der Angebote, das tatkräftig zu beheben - fragt man sich eben, wie es wäre, wäre es denn anders. Seit Jahr und Tag geht man mir auf Nerven, ich sollte doch mal eine Liebesgeschichte - all diese vergeudeten, sinnlos vergeudeten Leben schaffen das, was andere nicht schaffen: Dass ich phantasiere, wie es denn wäre, wenn es nur ein klein wenig anders wäre. Ein ganz klein wenig anders, von mir aus auch mit Burnout, aber ohne das Verkriechen in Löcher und weitermachen.

Ja, es schneit, ja, es ist kalt, und ja, es könnte bsser sein. Ja, ich muss sogar um 12 noch raus und Schnee schippen. Irgendwie kann ich dem auch etwas abgewinnen, wenn ich hoch zu meinem Haus schaue. Der Kaschmirpulli ist warm, die Arbeit tut ein übriges, ich summe eine lustige Rossiniweise, nachher mache ich eine Suppe, es geht mir gut. Ich bin vielleicht der letzte gut gelaunte Mensch auf dieser Erde. Muss es auch geben. Einen, der brennt, und nicht ausbrennt.
donalphons, 14:15h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 4. Dezember 2009
!
Na also.

Die Wunde schmerzt nicht mehr so.

Irgendwo da vorne: Frühling und Riviera. Nicht mehr lang.

Die Wunde schmerzt nicht mehr so.

Irgendwo da vorne: Frühling und Riviera. Nicht mehr lang.
donalphons, 12:45h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 3. Dezember 2009
Urbanmistig
Manchmal wüsste ich gern, wie ich das früher ausgehalten habe. Und ob ich ein anderer war, als ich in richtigen Städten - und nicht nur einer urbanen Simulation an der Donau - lebte. berlin war & ist ein Anlass für stete schlechte Laune und Abwanderungswünsche, aber davor habe ich in München gelebt, und bin viel in anderen grossen Städten rumgekommen. Ohne mir je wtwas dabei zu denken. Heute fahre ich in grössere Städte, und meine Laune wird schlecht.

Mir gefallen grössere Städte nicht mehr. Jede Romantik zugunsten den Lichtermeeren geht mit inzwischen vollkommen ab, jede beschönigung von Menschenansammlung auf kleinem Raum. Ich merke an mir selbst, wie ich laut, aggressiv und fahrig werde. Es dauert eine Weile, bis ich so weit runter komme, dass ich wieder normal schreiben kann. Irgendwie konnte ich das früher alles wegdrücken oder anderweitig verarbeiten. Aber nach über drei Jahren ohne Dauererleben von urbanen Srukturen habe ich verlernt, wie das geht. Was bleibt, ist schnelles Ein- und Ausfallen, ein wenig Schlängelei in die Zentren und schnelles Verlassen.

Irgendwann muss man ohnehin raus; grosse Städte sind nur sehr begrenzt angenehme Lebensumfelder für alte Menschen; Berlin ganz sicher nicht, Frankfurt hat auch so seine miesen Ecken, aber selbst München ist wegen des Verkehrs nicht unbedingt lebensverbessernd. Vielleicht fange ich einfach nur zu früh damit an, und bin mal wieder Vorreiter. Trotzdem wüsste ich gerne, warum ich über ein Dutzend Jahre in München so vollkommen ungerührt von Lärm, Hektik und sozialem Druck durchgestanden habe. Vielleicht war damit - und dem nachfolgenden Berlin - einfach die Kraft ausgebraucht, die dafür zur Verfügung stand.

Mir gefallen grössere Städte nicht mehr. Jede Romantik zugunsten den Lichtermeeren geht mit inzwischen vollkommen ab, jede beschönigung von Menschenansammlung auf kleinem Raum. Ich merke an mir selbst, wie ich laut, aggressiv und fahrig werde. Es dauert eine Weile, bis ich so weit runter komme, dass ich wieder normal schreiben kann. Irgendwie konnte ich das früher alles wegdrücken oder anderweitig verarbeiten. Aber nach über drei Jahren ohne Dauererleben von urbanen Srukturen habe ich verlernt, wie das geht. Was bleibt, ist schnelles Ein- und Ausfallen, ein wenig Schlängelei in die Zentren und schnelles Verlassen.

Irgendwann muss man ohnehin raus; grosse Städte sind nur sehr begrenzt angenehme Lebensumfelder für alte Menschen; Berlin ganz sicher nicht, Frankfurt hat auch so seine miesen Ecken, aber selbst München ist wegen des Verkehrs nicht unbedingt lebensverbessernd. Vielleicht fange ich einfach nur zu früh damit an, und bin mal wieder Vorreiter. Trotzdem wüsste ich gerne, warum ich über ein Dutzend Jahre in München so vollkommen ungerührt von Lärm, Hektik und sozialem Druck durchgestanden habe. Vielleicht war damit - und dem nachfolgenden Berlin - einfach die Kraft ausgebraucht, die dafür zur Verfügung stand.
donalphons, 22:45h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 28. November 2009
Landpartie nahe München
Es gibt prinzipiell drei Arten, sich für den kommenden Tag zu kleiden: Deutsch-konservativ, britisch-konservativ oder italienisch-konservativ; geneckt auf jeden Fall, nicht schreiend und auch nicht schwarz, denn schwarz erinnert nur an Finsternis, Tod und Vergänglichkeit, wovon man dort, wo ich eingeladen bin, zu viel Drohung und Ahnung hat. Die Zeiten sind, vorsichtig gesagt, suboptimal, die Angst vor den Verlusten zieht sich zurück, aber seelisch könnte es allgmein besser gehen.

Nun ist es auch unter diesen Bedingungen wie immer, oder vielleicht sogar, noch mehr unter diesen Bedingungen so, dass man aufpassen sollte, nach was man seine Hände ausstreckt; nicht alles an Zugriff kommt in schweren Zeiten gut an wie in Frühlingslust und warmen Sonnenschleim, wenn doch der November in den Herzen ist. Man benehme sich, man lasse alle Komplimente sein, die missverständlich sind, man legt gerade keinen Wert auf Verbindlichkeiten, und Nähe wird nur bis zu einem gewissen Grad ertragen, bevor sie in Unleidlichkeit umschlägt. Man könnte so vieles tun, man könnte nach Meran oder auch Verona, man müsste nicht bleiben, und doch bleibt es bei ein paar Stunden im tiefen Tageslicht, bevor alles wieder auseinanderbricht, nicht mal ein Konzert steht an, nur das Grübeln daheim, warum sich alles so eingefinstert hat.

Krähen stehen am Wegesrand des späten Leichenzugs ganz ohne Sarg, nur mit Erinnerungen und Bedauern, es muss nie so weit kommen, man hätte es auch anders machen können, vor Jahren schon, die nun vergangen sind. Plötzlich wacht man auf und merkt, dass man täglich eine Tablette nehmen muss, meinte einst einer, und auch, wenn es nicht die Chemie ist - irgendwas braucht ein jeder, wenn er das, was er erträumte, nicht bekam, oder zaudernd doch nicht wollte. Es steht so geschrieben in der Literatur, die man gemeinschaftlich gelesen hat, und alle Erkenntnis des Textes hilft nichts gegen die Blindheit im eigenen Leben, bis man sehend, keinen Ausweg sehend, durch die Schlossparks des Lebens anderer Menschen geführt wird. Um sich dann doch wieder früh mit leichtem Händedruck und mit einer Ahnung von Parfüm zu verabschieden.
Ich packe dann den Schlosspark meines Lebens wieder in die Geisteskoffer, und fahre sie an den Tegernsee, wo ich mich nicht aufhören kann zu wundern, wie man mit all den Möglichkeiten am Ende so bar aller Alternativen sein kann.

Nun ist es auch unter diesen Bedingungen wie immer, oder vielleicht sogar, noch mehr unter diesen Bedingungen so, dass man aufpassen sollte, nach was man seine Hände ausstreckt; nicht alles an Zugriff kommt in schweren Zeiten gut an wie in Frühlingslust und warmen Sonnenschleim, wenn doch der November in den Herzen ist. Man benehme sich, man lasse alle Komplimente sein, die missverständlich sind, man legt gerade keinen Wert auf Verbindlichkeiten, und Nähe wird nur bis zu einem gewissen Grad ertragen, bevor sie in Unleidlichkeit umschlägt. Man könnte so vieles tun, man könnte nach Meran oder auch Verona, man müsste nicht bleiben, und doch bleibt es bei ein paar Stunden im tiefen Tageslicht, bevor alles wieder auseinanderbricht, nicht mal ein Konzert steht an, nur das Grübeln daheim, warum sich alles so eingefinstert hat.

Krähen stehen am Wegesrand des späten Leichenzugs ganz ohne Sarg, nur mit Erinnerungen und Bedauern, es muss nie so weit kommen, man hätte es auch anders machen können, vor Jahren schon, die nun vergangen sind. Plötzlich wacht man auf und merkt, dass man täglich eine Tablette nehmen muss, meinte einst einer, und auch, wenn es nicht die Chemie ist - irgendwas braucht ein jeder, wenn er das, was er erträumte, nicht bekam, oder zaudernd doch nicht wollte. Es steht so geschrieben in der Literatur, die man gemeinschaftlich gelesen hat, und alle Erkenntnis des Textes hilft nichts gegen die Blindheit im eigenen Leben, bis man sehend, keinen Ausweg sehend, durch die Schlossparks des Lebens anderer Menschen geführt wird. Um sich dann doch wieder früh mit leichtem Händedruck und mit einer Ahnung von Parfüm zu verabschieden.
Ich packe dann den Schlosspark meines Lebens wieder in die Geisteskoffer, und fahre sie an den Tegernsee, wo ich mich nicht aufhören kann zu wundern, wie man mit all den Möglichkeiten am Ende so bar aller Alternativen sein kann.
donalphons, 00:51h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 27. November 2009
Tarnfarben
Plötzlich ist man allein auf weiter Flur, alle haben Reissaus genommen. Heute Abend, 21 Uhr, was niemand mehr da. Am Tag davor hatten sie die Teekanne aus der Zeit von George III noch kräftig hochgesteigert, da war noch Kaufwille vorhanden. Heute waren all die Engländer verschwunden
In meinen Augen ist der Preis englischer Silberkannen bei Ebay ein guter Indikator für den Wert, der im jeweiligen Konsumklima dem Wert eines Gegenstandes über dem Materialwert beigemessen wird. Seit dem Ausbruch der Krise liegen normale Silberkannen auf einem Niveau von 110 bis 140% des Materialpreises. Erst in der Zeit vor Königin Victoria ziehen die Preise bis zu 200, 250% des Materialwertes an. So gesehen hätte ich heute die Kanne mit ihren mehr als 18 Unzen gar nicht bekommen dürfen, und schon gar nicht für 185 Euro - der Materialwert allein liegt schon bei 205 Euro.
Aber die Käufer waren einfach verschwunden. Krise ist, wenn die Leute nicht mal mehr Dinge kaufen wollen, die weniger als das Edelmetall kosten, aus dem sie gemacht wurden. Das war bis gestern übrigens komplett anders, da ging ich mehrmals gegen Briten unter. Danke, Dubai, kann ich da nur sagen.
In Ermangelung von Bergen war ich heute am Baggersee spazieren, sah den Enten zu und wunderte mich über die seltsamen Gebräuche der Angler. Telefonierte mit Leuten, die allesamt mehr als nur viel zu tun haben. Ähnlich wie in den übleren Zeiten der New Economy häufdn sich gerade die Ausfälle wegen Überarbeitung und Freizeitmangel. Ausser mir sind auch nur Rentner am See.
Die anderen wollen vermutlich keine Schwächen zeigen, auch wenn sie in den kommenden Wochen nichts vom Tag mitbekommen: In der Finsternis ins Büro, in der Finsternis nach Hause. Und das, obwohl das Wetter immer noch einen Tag weiter hält, obwohl mn jetzt nochmal durch all die Farben des Herbstes wandern könnte, dem Schnee nochmal ein paar Tage abtrotzen. Aber es ist Jahresabschluss, da steigt der Stress. Nur nicht bei mir, habe ich den Eindruck.
Ich sitze da und höre mir all die einstürmenden Firmenprobleme an, den Druck und die Streitigkeiten, und stehe eigentlich nur vor dem Problem, dass ich noch ein paar Hosen brauche, es ist wirklich so banal, um zufrieden in den Herbst zu gehen. Hosenkauf ist eine lächerliche Aufgabenliste angesichts der Wichtigkeiten, die mich nicht betreffen. Ändern - ändern kann ich ihnehin nichts. Alles geht den Weg, der gegangen werden muss, die eine in den Überdruck, ich über Wiesen und kahle Felder nach Hause.


In meinen Augen ist der Preis englischer Silberkannen bei Ebay ein guter Indikator für den Wert, der im jeweiligen Konsumklima dem Wert eines Gegenstandes über dem Materialwert beigemessen wird. Seit dem Ausbruch der Krise liegen normale Silberkannen auf einem Niveau von 110 bis 140% des Materialpreises. Erst in der Zeit vor Königin Victoria ziehen die Preise bis zu 200, 250% des Materialwertes an. So gesehen hätte ich heute die Kanne mit ihren mehr als 18 Unzen gar nicht bekommen dürfen, und schon gar nicht für 185 Euro - der Materialwert allein liegt schon bei 205 Euro.

Aber die Käufer waren einfach verschwunden. Krise ist, wenn die Leute nicht mal mehr Dinge kaufen wollen, die weniger als das Edelmetall kosten, aus dem sie gemacht wurden. Das war bis gestern übrigens komplett anders, da ging ich mehrmals gegen Briten unter. Danke, Dubai, kann ich da nur sagen.

In Ermangelung von Bergen war ich heute am Baggersee spazieren, sah den Enten zu und wunderte mich über die seltsamen Gebräuche der Angler. Telefonierte mit Leuten, die allesamt mehr als nur viel zu tun haben. Ähnlich wie in den übleren Zeiten der New Economy häufdn sich gerade die Ausfälle wegen Überarbeitung und Freizeitmangel. Ausser mir sind auch nur Rentner am See.

Die anderen wollen vermutlich keine Schwächen zeigen, auch wenn sie in den kommenden Wochen nichts vom Tag mitbekommen: In der Finsternis ins Büro, in der Finsternis nach Hause. Und das, obwohl das Wetter immer noch einen Tag weiter hält, obwohl mn jetzt nochmal durch all die Farben des Herbstes wandern könnte, dem Schnee nochmal ein paar Tage abtrotzen. Aber es ist Jahresabschluss, da steigt der Stress. Nur nicht bei mir, habe ich den Eindruck.

Ich sitze da und höre mir all die einstürmenden Firmenprobleme an, den Druck und die Streitigkeiten, und stehe eigentlich nur vor dem Problem, dass ich noch ein paar Hosen brauche, es ist wirklich so banal, um zufrieden in den Herbst zu gehen. Hosenkauf ist eine lächerliche Aufgabenliste angesichts der Wichtigkeiten, die mich nicht betreffen. Ändern - ändern kann ich ihnehin nichts. Alles geht den Weg, der gegangen werden muss, die eine in den Überdruck, ich über Wiesen und kahle Felder nach Hause.

donalphons, 00:54h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 19. November 2009
Gesellschaftliche Anlässe
Sie kommen näher. Es wird noch etwas dauern, bis sie verstanden habe, wer ich bin und was ich tue, aber so langsam sickert es zwischen den Kalkschichten durch, dass es auch irgendwo erreichbar ist, wenn es im Internet steht. Die kleine, dumme Stadt an der Donau hat immerhin 5 Jahre gebraucht, bis weiter oben manche tuschelten; am See wird es vielleicht nicht ganz so lang dauern. Sie kommen jedenfalls näher. Kann sein, dass sie mich bald mal fragen, ob ich nicht was Netteres schreiben könnte, wo es doch so schön ist. Und ausserdem ist jetzt dann doch hier und da dieses und jenes. Das wäre doch sicher ein feines Thema.

Und was soll ich sagen? Ich hätte nicht mal was zum Anziehen am See. Alles, was dunkel und offiziell ist, hängt an der Donau und muss extra mitgebracht werden, von den Schuhen bis zur Krawattennadel. Was bisher kam, war nicht böse gemeint, und es wird sicher auch nicht böse werden, eher von der Art, dass man die Gelegenheit am Schopfe packen kann. Die Domestizierung läuft hier in Ermangelung anderer Druckmittel - was soll man schon bei jemandem machen, der nur zeitweise da und nicht finanziell hörig ist - auf die allerfreundlichste Art und Weise ab. Lernen Sie das schöne Kreuth von seiner schönsten Seite kennen. Machen Sie sich keine Gedanken, im Anzug wären Sie in der Tenne ohnehin nicht passend - kaufen Sie doch Tracht, gleich hinter der Grenze ist ein Massschneider, da geht man gerne hin, und braun steht Ihnen doch so gut.
Dem Schrecken des Leonharditanzes entronnen - leider, leider einen Tag zu spät angereist, was machen die das auch an einem Freitag - geht es nun aber vermehrt in Schossräume und Hallen, und das alles zu guten Zwecken. Und wenn man drei Einladungen ausschlägt, beleidigt man die Wohltäter; mit Frau S., die noch vom alten Schlag ist, sollte man da nicht spassen. Ausserdem steht da noch eine Feier bei ihr selbst an, auch da wird das Tragen einer Krawatte stillschweigend vorausgesetzt. Hinterfragung lohnt bei Oberbekleidungsdynastien in der Sache nicht. Ausserdem ist es ja lustig zu erfahren, wer sich in München dieses Jahr aus Kitzbühel verabschiedet hat, und welche Ausreden dafür kolportiert werden. Man sagt das so einfach, Crash bei Gewerbeimmobilien. Ganze Zahnarztfamilien haben darauf ihr Vermögen verwettet. Ansonsten verlief die Wirtschaftskrise vergleichsweise glimpflich, aber die Angst bleibt. Vielleicht ist man deshalb gerade so nett miteinander, ohne dass man Gegeneinladungen erwarten würde.

Wäre ich in Berlin, hätte ich schon längst den Druck verspürt, ein neues Notebook zu kaufen, wäre ich in Hamburg, besässe ich sicher Gummistiefel, in Portugal würde ich vielleicht eine teure Geliebte, oder ein paar Katzen aushalten, und am See bin ich eben genötigt, jene Wanderkleider zu kaufen, die man zur Besteigung von Schlosstreppen und Leebergvillen braucht. Du kannst das, ätzte Iris, ja auch bei Hochzeiten und Taufen tragen. Das aber dauert noch etwas, denn die Heiratssaison ist definitiv vorbei. Wer jetzt noch keinen Gatten hat, muss sich eben auf dem freien Markt bedienen. Und die Einführung, so viel ist klar, wird man am See gern übernehmen. Sollte es hier in den nächsten Wochen zu nett werden, zähle man einfach die verfügbaren Apothekerstöchter rund um den See nach. Fehlt eine, lade man mich nach Berlin ein, dann passt alles wieder.

Und was soll ich sagen? Ich hätte nicht mal was zum Anziehen am See. Alles, was dunkel und offiziell ist, hängt an der Donau und muss extra mitgebracht werden, von den Schuhen bis zur Krawattennadel. Was bisher kam, war nicht böse gemeint, und es wird sicher auch nicht böse werden, eher von der Art, dass man die Gelegenheit am Schopfe packen kann. Die Domestizierung läuft hier in Ermangelung anderer Druckmittel - was soll man schon bei jemandem machen, der nur zeitweise da und nicht finanziell hörig ist - auf die allerfreundlichste Art und Weise ab. Lernen Sie das schöne Kreuth von seiner schönsten Seite kennen. Machen Sie sich keine Gedanken, im Anzug wären Sie in der Tenne ohnehin nicht passend - kaufen Sie doch Tracht, gleich hinter der Grenze ist ein Massschneider, da geht man gerne hin, und braun steht Ihnen doch so gut.
Dem Schrecken des Leonharditanzes entronnen - leider, leider einen Tag zu spät angereist, was machen die das auch an einem Freitag - geht es nun aber vermehrt in Schossräume und Hallen, und das alles zu guten Zwecken. Und wenn man drei Einladungen ausschlägt, beleidigt man die Wohltäter; mit Frau S., die noch vom alten Schlag ist, sollte man da nicht spassen. Ausserdem steht da noch eine Feier bei ihr selbst an, auch da wird das Tragen einer Krawatte stillschweigend vorausgesetzt. Hinterfragung lohnt bei Oberbekleidungsdynastien in der Sache nicht. Ausserdem ist es ja lustig zu erfahren, wer sich in München dieses Jahr aus Kitzbühel verabschiedet hat, und welche Ausreden dafür kolportiert werden. Man sagt das so einfach, Crash bei Gewerbeimmobilien. Ganze Zahnarztfamilien haben darauf ihr Vermögen verwettet. Ansonsten verlief die Wirtschaftskrise vergleichsweise glimpflich, aber die Angst bleibt. Vielleicht ist man deshalb gerade so nett miteinander, ohne dass man Gegeneinladungen erwarten würde.

Wäre ich in Berlin, hätte ich schon längst den Druck verspürt, ein neues Notebook zu kaufen, wäre ich in Hamburg, besässe ich sicher Gummistiefel, in Portugal würde ich vielleicht eine teure Geliebte, oder ein paar Katzen aushalten, und am See bin ich eben genötigt, jene Wanderkleider zu kaufen, die man zur Besteigung von Schlosstreppen und Leebergvillen braucht. Du kannst das, ätzte Iris, ja auch bei Hochzeiten und Taufen tragen. Das aber dauert noch etwas, denn die Heiratssaison ist definitiv vorbei. Wer jetzt noch keinen Gatten hat, muss sich eben auf dem freien Markt bedienen. Und die Einführung, so viel ist klar, wird man am See gern übernehmen. Sollte es hier in den nächsten Wochen zu nett werden, zähle man einfach die verfügbaren Apothekerstöchter rund um den See nach. Fehlt eine, lade man mich nach Berlin ein, dann passt alles wieder.
donalphons, 23:39h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 7. November 2009
Letzte Gelegenheit
Letztlich habe ich dann doch ein paar Vorwände gefunden, um an den See zu fahren. Etwa, ob die neue Winterbekleidung wirklich so warm hält, wie Iris mir das versprochen hat. Nun, ich war auch draussen, am See ist es reichlich kalt - und es stimmt, es bleibt warm.

Warm übrigens mit diesem Skiunterwäschegefühl, das ich aus Skifahrerzeiten überhaupt nicht mag. Ich war eigentlich ein sehr undramatisches Kind während der Pubertät, aber Skianzüge und Skiunterwäsche waren nie mein Ding, und sobald ich mich durchsetzen konnte und das Wetter es halbwegs erlaubte, fuhr ich nur mit derber Hose, Pulli und leichten Handschuhen. Krank wurde ich entgegen der Erwartungen meiner Eltern trotzdem nicht, ich ich eigentlich nie krank werde, wenn ich etwas unvernünftiges tue.
Mangels Schnee und Ski - weiss wird es erst ab 1300 Meter, und aus Geiz- und Umweltschutzgründen bin ich auf den Rodel umgestiegen - habe ich als Testgerät diesmal jene Mühle genommen, die auch im Bild zu sehen ist, und über die noch gesondert zu reden sein wird, ist sie doch auch ein Skalp von meinen Feinden.

Nachdem es also am See nur mittelprächtig ist, morgen aber vieleicht der letzte schöne Tag in den Bergen vor den grossen Schneemassen ist, werde ich diese idyllische Szenerie verlassen und nach Süden fahren. Daheim harren noch einige auf Spezialitäten, von denen man nie genug mitbringen kann.

Warm übrigens mit diesem Skiunterwäschegefühl, das ich aus Skifahrerzeiten überhaupt nicht mag. Ich war eigentlich ein sehr undramatisches Kind während der Pubertät, aber Skianzüge und Skiunterwäsche waren nie mein Ding, und sobald ich mich durchsetzen konnte und das Wetter es halbwegs erlaubte, fuhr ich nur mit derber Hose, Pulli und leichten Handschuhen. Krank wurde ich entgegen der Erwartungen meiner Eltern trotzdem nicht, ich ich eigentlich nie krank werde, wenn ich etwas unvernünftiges tue.
Mangels Schnee und Ski - weiss wird es erst ab 1300 Meter, und aus Geiz- und Umweltschutzgründen bin ich auf den Rodel umgestiegen - habe ich als Testgerät diesmal jene Mühle genommen, die auch im Bild zu sehen ist, und über die noch gesondert zu reden sein wird, ist sie doch auch ein Skalp von meinen Feinden.

Nachdem es also am See nur mittelprächtig ist, morgen aber vieleicht der letzte schöne Tag in den Bergen vor den grossen Schneemassen ist, werde ich diese idyllische Szenerie verlassen und nach Süden fahren. Daheim harren noch einige auf Spezialitäten, von denen man nie genug mitbringen kann.
donalphons, 00:49h
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