Wenn es passiert

Momentan verweisen Banken auf Ratings ihrer Kreditinvestitionen, die von Ratingagenturen erstellt werden, die daran verdienen, gute Ratings zu vergeben. Wenn sie nicht gerade pleite gehen, natürlich. Anders gesagt, man sucht nach Deppen, die ihr Geld für minderwertige Immobilien und die Folgen da lassen, man rechnet sich die Folgen schön, als hätte das Platzen der Blase nicht schon längst auch beste Immobilien in den USA schwer verkäuflich gemacht. Und, wir erinnern uns, zufällig sind es genau diese hochgepushten Hauswerte, die das Konsumklima, die Börsengewinne, den Kapitalzuwachs ausmachten. Wir sind längst drin in der Katastrophe. Und nichts garantiert uns leider, dass die Investoren solcher dummen Anlagen die einzigen Betroffenen sind.



Ich fuhr heute so über gar nicht sommerliche Felder und dachte nach, ab wann mich die Krise betrifft und was geschehen muss, damit es mich persönlich ernsthaft erwischt. Das Geld, das ich mit gewissen Einschränkungen brauche, erwirtschaftet allein das Haus, selbst wenn drei Viertel der Mieter nicht mehr zahlen könnten. Und selbst dann könnte ich noch zwei Leute im Rahmen einer neuen Wohnungszwangswirtschaft aufnehmen. Sage keiner, das gäbe es in der BRD nicht; nach dem Krieg war das durchaus üblich, und man bemühte sich, ausgebombte Freunde einzuladen, bevor die Flüchtlinge kamen.

Historisch bedingt habe ich beste Kontakte auch zu Nahrungsproduzenten der Region, mit manchen bin ich sogar entfernt verwandt, und wenn es ganz übel kommen sollte, müsste ich mir wieder die Langwaffen meines Grossvaters holen und im Eichenwald ein paar Fasane schiessen, wenn ich schon zu blöd war, beizeiten nicht ein paar Investmentbanker geschossen zu haben. Nicht dass ich die Viecher dann essen würde, aber auch in schlechten Zeiten gibt es welche, die auf Rebhuhn und Reh nicht verzichten wollen, und dafür etwas zum Tausch anbieten können.

Aber damit es so weit kommt, müsste wirklich viel passieren. Vermutlich wird man in den USA auf die Kostenbremse treten und den Irakkrieg beenden, so spät natürlich, dass ein paar aufgeblasene Volkswirtschaften in Asien und Russland crashen, und die drei mageren Jahre werde ich schon packen. Vielleicht melde ich so lange die Barchetta ab, und lerne endlich mal selbst, wie man Apfel- und Birnengelee macht, oder Apfelschlehenmarmelade. Denn auf dem Weg zur unsommerlichen Landschaft radelte ich durch den 9Loch-Golfplatz mit seinen diversen 2-3Lochhuren, und dahinter ist ein Weg, an dem die Früchte jedes Jahr verfaulen, fallen, und von den Rädern der SUVs zerquetscht werden. Solange die Fonds noch was ausspucken, werden sie weiterhin über Essen fahren.

Insofern wäre eine mittelprächtige Krise wirklich nicht ganz schlecht.

Sonntag, 12. August 2007, 01:41, von donalphons | |comment

 
Nicht das ich das wirklich wünsche...
aber das Rezept für Apfelschlehenmarmelade interessiert mich dann doch sehr.

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@Wohnungszwangswirtschaft: Meine Eltern wohnten - als Besitzer eines mehrstöckigen Mietshauses - noch bis Anfang der 1960er mit zwei Kindern in einer Drei-Zimmer-Wohnung, die sie mit zwei anderen Ehepaaren teilten. So war das damals.

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Hmmm - die Frage ist nur ob ab einem bestimmten Zeitpunkt es noch möglich ist, die Krise auf etwas "mittelprächtiges" zu beschränken oder ob die Entwicklung dann nicht bereits soviel Fahrt gewonnen hat, dass nichts und niemand sie in ihrem ganz Lauf aufhalten kann und sie sich zu einer ganz und gar prächtigen krise entwickelt?

Sei´s drum du wirst sie überstehen und was das Apfelgelee betrifft empfehle ich jedes Glas mit einer halben Stange Zimt zu veredeln
(und zwar dem guten aus Ceylon)

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Man sollte
diese Gedankenkette evtl. noch ein bisschen ausbauen um :

- Eintreffen einer weltweiten Ökologischen Katastrophe, wie z.b wenn die Bienen wirklich aussterben sollten was derzeit durchaus möglich erscheint.
-Ausfall warum auch immer dessen was einige für Grundversorgung halten : Strom, Wasserversorgung ect. pp. In Ballungsräumen gibt es dafuer Szenarien en Masse.
-Ausfall des weltweiten Transportnetzes, sei es gewollt ( z.b. Seucheneindämmung ) oder auf anderem Wege zustande kommend.

Kann man fast beliebig weiterführen. Dann sind wir blitzschnell wieder da wo wir vor 300 bis 500 Jahren waren und im wahrsten Sinne des Wortes das Recht des Stärkeren wird wieder gelten. In jeder Hinsicht.
Incl. ich murks dich ab wenn ich dich erwische für ne Dose Brot. Das könnte nämlich die letzte sein...

Spinnerei ? Weit hergeholt ? Man bedenke für eine Sekunde welche Folgen nur 16 Stunden Stromausfall in New York mal hatten. Und dehne das um eine Woche aus.

Ich möchte es es nicht erleben aber IMHO sieht es so aus als wäre das sehr wohl möglich. Seerosenexempel nicht vergessen.

Have fun
Otaku

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Danke, Abulafia, ich werde in den nächsten Tagen ein wenig rumprobieren.

Ansonsten blicke ich gerade gespannt auf den Immobilienmarkt in Norditalien. Da dürfte es auch erhebliche Reaktionen nach unten geben. Deutschland dürfte sich davon etwas entkoppeln, aber im Dreieck Brescia-Verona-Mantua sehe ich durchaus gute Chancen.

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Don, dass gerade Du meinst, Dir Sorgen um Nahrung und Geld machen zu müssen, vermag ich nicht zu glauben. Im Ernstfall wäre ich lange vor Dir an Armut und Mangelernährung verblichen. Eine meiner Freundinnen scheint genau das zu befürchten. Um sicherzustellen, dass ich immer genug esse, schleppt sie mir hier Obst und Kräuter aus ihrem Garten an. Ich verarbeite die Naturalien dann zu Marmelade und Gewürzbrot. Meine letzte Eigenproduktionen waren verschiedene Johannisbeermarmeladen. Ich würde Dir ja gern eine Kostprobe zukommen lassen. Aber ich wäre mir nicht sicher, dass alles, quer durch Deutschland transportiert von einem Ende der Republik zum anderen, heil seinen Empfänger erreichen würde. War das der Zweck der Übung? Marmeladenkostproben?

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Ökonomische Schocks liegen, so, wie wir unser Wirtschaften und Weltwirtschaften organisiert haben, in der Natur des Prozesses, den wir via WTO und IMF teilweise strunzdumm (!) organisiert haben.

(z.B., erstens, weil vernünftige soziale Standards vergessen wurden und zweitens, und drittens, weil, ach das sind viel zu viele Themen, z.B. bei dämlichst geregelten "geistigen Eigentum", bei der Hinnahme von Monopolpraktiken durch Industriestaaten, bei der Hinnahme von Subventionspraktiken in der Landwirtschaft, die Hinnahme einer massiv unterbewerteten chinesischen Währung, fehlender Schutz von Ressourcen, Hinnahme unnötigster Exportsubventionen sogar seitens von Exportüberschussnationen, extreme Verbürokratisierung des Warenaustausches bis hin zu den Extremerscheinungen in Brasilien, fehlende freie Gewerkschaften in vielen Nationen - die Existenz von Gewerkschaften sind übrigens wichtig für eine freie Preisbildung auf den jeweiligen Arbeitsmärkten -, die divesen hochabsurden Subventionsregime der EU usw. usf usw. usf. Die Regelungen zur Weltwirtschaft sind ein einziges Verbrechen - zugunsten mächtiger Eliten und zu Lasten der Menschen, sowohl in Industriestaaten wie in den entwickelnden Staaten. Eine einzige Scheiße, von vorne bis hinten. )

Wenn man aber davon ausgeht, dass eine Chinakrise (mit gewissen Verheerungen für die weltweiten Kapitalbesitzer und umfassenden Veränderungen für die Wechselkurse) eintreten wird, so wird sich auch diese managen lassen - sogar recht einfach, z.B. durch Importzölle, welche ein Überborden chinesischer Importüberschüsse begrenzen können bzw., wenn sie zu diesem Zweck eingesetzt werden, erratische Schwankungen der Handelsvolumina glätten können. Es ist eigentlich sogar erstaunlich, welche ökonomischen Schocks recht locker weggesteckt werden können, z.B. die Ölpreisexplosionen der letzten Jahre oder die infolge ihrer Kriegswirtschaft recht massiv unterbewertete US-Währung.

Die Chinakrise (die durchaus noch 3-4 Jahre auf sich warten lassen könnte) wird uns also nicht in den Abgrund reißen - auch die wird bewältigt werden.

Handelskriege? Nein, dazu sind alle Beteiligten bereits allzu sehr globalisiert.

Eine US-Immobilien- und Bankenkrise? Okay, aus Sicht von Kapitalbesitzern sicherlich - und für die US-Wirtschaft (die übrigens recht autark ist und keineswegs mehr einen übermäßig großen Einfluss auf die Weltmärkte ausübt) wird es einen massiven Dämpfer geben, der sich über viele Jahre verteilen wird. Die Party ist vorbei. Etwas von diesen rezessiven Erscheinungen wird auch in den übrigen Industrienationen ankommen - ja: und wieder wird es für die Normalbürger heißen, wir müssen alle die Gürtel enger schnallen, ganz besonders natürlich diejenigen, welche besonders wenig haben.

Aber eine richtige Krise, eine richtige Weltwirtschaftskrise, inklusive Hunger, Not und Massenelend in den Industriestaaten:

Nein, das sehe ich nicht auf uns zukommen. Es wird, was die USA betrifft, ganz ähnlich wie in Japan ablaufen, wo ebenfalls der Immobilienmarkt implodiert ist - mit sehr hässlichen Folgen für die dortige Bankenlandschaft und für die wirtschaftliche japanische Konjunktur. Es kommt dann halt zu Anpassungsmaßnahmen, ein paar recht umfassende Stützungsmaßnahmen für das Banksystem, tja, und vielleicht wird man in den USA sogar hinsichtlich des unnütz explodierten Rüstungs- und Militärhaushaltes umdenken müssen.

Denn irgendwo muss das Geld ja herkommen. Ich bezweifle, dass die Chinesen übermäßig Lust haben werden, ein marodes und faules US-Bankensystem zu stützen.

Aber wie gesagt: Eine richtige Weltwirtschaftskrise ist das, was auf uns zukommt, noch nicht. Es wird sogar seine guten Seiten haben.

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Ich stimme Dir da völlig zu, nur: bei China werden ja noch ganz andere Krisenherde vorgeköchelt. Stell Dir mal vor, es kommt dort zur Krise, die chinesische Führung reagiert darauf hurrapatriotisch/sozialimperialistisch mit einer Invasion Taiwans, und gleichzeitig rufen Separatisten in Qashgar die Islamische Republik Uighuristan aus. Abwegig? Nicht mehr, als 1980 der jugoslawische Bürgerkrieg erschienen wäre.

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ti, ich habe schon mal so eine Krise erlebt, nur war die vergleichsweise leicht begrenzbar. Das ging damals, weil es eine Überschusskrise war, da ging meist nur vorhandenes Geld verloren. Diesmal ist es anders, und weil es eine Schuldenkrise ist, schlägt es voll durch. Und das ist einfach eine gute Gelegenheit, das zu hinterfragen, was wir als sichere Realität zu kennen glauben. Und wenn sich das ändert, weiss keiner, wer überlebt und wer nicht.

Nachbarn, die anschleppen, können sehr hilfreich sein, und Vorräte anlegen ist auch nicht dumm.

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Krise und Krise
Einerseits könnte man direkt Lust kriegen auf 'ne süße kleine Krise - endlich mal selber leckere Marmelade kochen!

Andererseits versaut mir che mit seiner Erinnerung an Jugoslawien jeden Gedanken an individuelle Krisenkreativität.

Die Produktivkräfte der Menschen heute übertreffen ALLES bisher Dagewesene.
Ihre Destruktivkräfte sind unvorstellbar.

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Mir ist ja Marmelade kochen ohne Versorgungskrise wesentlich lieber - da bekommt man nämlich den benötigten Zucker noch einfach im Laden.

(Ausbeute gestern und heute: 13kg Mirabellen-Marmelade - dann sind die Gläser ausgegangen)

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Danit sollte man durch den halben Winter kommen.

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Wenn ich Dir in den Notzeiten Thymiangelee* kochte, würdest Du mir dann dafür Asyl gewähren?

schmeckt hervorragend zu Käse, insbesondere zu Ziegenkäse

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Aber natürlich!

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Ich würde meine berühmte Sellerie-Marmelade mitbringen, welche z.B. zu einem ordinären Käsesandwich prima passt.

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