Real Life 22.08.07 - Dead on Arrival

Es gibt da einen, den kannst du seit über drei Jahren. Die Sorte Kundenbetreuer, die eingesetzt wird, wenn der Kunde zum Problem wurde. Und er hat eine Menge dieser Kunden. Die du wiederum kennst. Und deshalb kennst du ihn. Seit dreieinhalb Jahren.

In dieser langen Zeit entstanden Briefwechsel, die in ihrer Gesamtheit nicht viel kürzer als "Krieg und Frieden" sein dürften. E gab Meetings zwischen München, Berlin, Hamburg und dem Starnberger See, die zurückgelegten Strecken der Beteiligten in ihrer Gesamtheit reichen fast bis zum Mond, und du vermutest, dass allein die Kosten dieses Hin und Hers bald so hoch sind, wie die strittigen Summen, die der Betreffende bestenfalls erhalten könnte, wenn er einer sinnvollen Einigung frühzeitig zugestimmt hätte.

Aber nun ist es dreieinhalb Jahre später, keine Immobilie steht besser da als damals, und auch die Problemfälle haben in dieser Zeit zu wenig errafft, um dem Verlangen des Kundenbetreuers zu entsprechen. Privatinsolvenzen waren nicht auszuschliessen, oder auch 30 Jahre abstottern für einen Fehler bei der Beteiligung an einem Steuersparmodell. Zwischenzeitlich hatte man den Eindruck, die andere Seite wollte den ein oder anderen Gang zum Amtsgericht, um die anderen Betroffenen zu terrorisieren. Bei denen würde sicher keiner mehr Kunde werden, aber sie sind es nun mal und kommen nicht mehr aus, egal wie teuer die möglichen Einigungen ausfallen würden. Bis gestern.

Gestern hattest du befürchtet, dass dein angenehmes Treffen danach ml wieder im Sturm der Streitigkeiten und des zähen Ringens untergehen könnte, und die schwarzen Fluten des Zorns dich privat und geschäftlich überschwemmen könnten. Doch es ging schnell, enorm schnell, die andere Seite legte einen Plan auf den Tisch, der finanzierbar ist, der unbedingt anzunehmen ist, die Rettung, und die könnte fair wirken -

gäbe es keine ameriknische Kreditblase. Denn die andere Seite hatte dreieinhalb Jahre alle Zeit der Welt. Geld war in enormen Mengen da, es gab keine Probleme, ausser eben mit den alten Geschichten im Berliner Immobilienmarkt. Nun jedoch hat sich herausgestellt, dass die andere Seite von ihren eigenen Geschäftspartnern dank AA-gewerteter Anlagen in den USA in der selben Situation ist wie die, die sie seit dreieinhalb Jahren bedrängt. Da nutzt all der Anspruch auf Immobilienvermögen nichts, da geht es nur noch um Geld, um Liquidität um jeden Preis: Die Bilanzen werden nach jedem Euro durchwühlt, als fehlte dem Alkoholiker nur noch der Groschen für de Kauf des Korns, und lieber lebt man mit weniger sofort weiter, als mittelfristig zu auf seinen Forderungen zu verhungern.

Du verlässt nach einer Stunde die Sitzung. Für die Verfolgten hat die Pein ein Ende. Aber in den Augen der anderen war die blanke Angst um die Existenz. Das sist kein Markt mehr. Das ist der Abgrund.

Mittwoch, 22. August 2007, 15:55, von donalphons | |comment

 
"blanke Angst"? So schlimm steht's um die Beutelschneider? :-)

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Ich würde verkaufen. Ganz schnell. Sieht nach Panik aus.

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Das dicke Ende kommt in der Tat noch, und zwar schon sehr bald. Und keine Notenbank wird das aufhalten.

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Wo nix iss, muss nix verkauft werden.
Selig sind die Besitzlosen, denn sie können insgesamt ruhiger schlafen ;--)

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Ich sach nur Spanien:

http:// www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26012/1.html

Die Immo-Blase ist grösser als in den USA. Dort wurden noch 2006 800.000 Häuser gebaut, mehr als in Deutschland, Italien, Frankreich zusammen oder knapp die Hälfte wie in den USA. Das alles bei überwiegend variablen Hypothekenzinsen und nicht wie in den USA festgeschrieben auf eine bestimmte Laufzeit. 25% der Wirtschaftsleitung hängt dort im Bausektor. Wenn es da kracht, reisst es die EU-Wirtschaft in die Krise.

Dazu kommt die traditionell enge Verflechtung mit der Wirtschaft in den lateinamerikanischen Staaten. Die haben auf Finanzkrisen immer schon sehr sensibel reagiert.

Analysten raten zu Put-Zertifikaten auf spanische Banken.

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Na gut, wenn da allerdings Gelder der Kolumbianer betroffen sind, wird das anders geregelt :-)

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Dann muss Spanien zurück zu den Pesos, was soll´s. :-)

Aber ich würde ja eher darauf tippen, dass dann Araber und die italienische ehrenwerte Gesellschaft einsteigt, die suchen ja nach geödanlagemöglochkeiten bei den Immobilien und einem Land, dessen Polizei suboptimal agiert.

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Nicht dann
Die sind längst da.
Die halbe Costa del Sol ist längst fest in arabischer Hand

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Na dann. Die werden das schon richten, mit den faulen Krediten.

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"Ich würde verkaufen. Ganz schnell. Sieht nach Panik aus."
Und bei denen die jetzt noch was zu verkaufen haben völlig zurecht, würde ich hinzufügen.

"Analysten raten zu Put-Zertifikaten auf spanische Banken."
Ihr habt's gehört, geht und kauft spanische Banken. *rofl*

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Ich würde mir auch die arabischen
Beteiligungen bei spanischen Banken näher ansehen.
Klar wollen die Saudis auch nur Geld verdienen.
Aber eben nicht nur.

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Bestimmt hat die Gegenseite auch einen freundlichen Brief ähnlichen Inhalts bekommen:
(...) We are pleased to report that, contrary to what current market prices might suggest, all of our top-rated securities remain absolutely AAA. Provided, that is, the future performance of the underlying collateral is identical to its history. Otherwise, the rating companies say our investments are likely to be reclassified as ``toast.'' (...)
http://www.bloomberg.com/

History war super, alle hatten ein paar schöne Jahre, aber jetzt ist endlich wieder etwas action. :D Erfreulich finde ich auch, dass wieder ordentlich stupid German money dabei ist. Das was heute hoppsgeht ist jahrelang durchgereicht worden, wer sich da zu Rekordpreisen ordentlich bedient hat ist selber schuld.
Auch in Deutschland stehen, schon seit Monaten, Portfolios mit mehreren hundertausend Wohneinheiten mehr oder weniger verzweifelt zum Verkauf, denn so wirklich geplant das ganze >10 Jahre halten zu müssen war es bei vielen dann doch nicht. Obwohl es wenigstens funktionieren kann, denn es sind immerhin noch Milliardenbeträge an EK02 im Spiel. Da sieht selbst Hannover im Vergleich zu Reno ziemlich gut aus.

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Ich habe heute mit einem "Experten meines Vertrauens" gesprochen und der hat mir versichert, es sei alles nur halb so schlimm und "man" habe die Lage im Griff.

Keine Angst, liebe Freunde, den Kapitalismus wird es auch noch weiterhin geben: ein Prager Fenstersturz von Speku... äh... Anlegern betrifft nur Einzelschicksale. :)

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Genau das sagten die Experten 2000 auch.

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Ich höre es noch wie gestern:
"Jetzt kaufen, und dann die Ostereier kassieren!"

n-tv, Dezember 2000.

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Ich habe die Konten bei meiner deutschen Bank bis auf die Staatsanleihen leergeräumt - vier Goldbarren gekauft und mit den Dingern unter dem Arm rausmarschiert. Meine Familie hat in der Inflation ein schönes Vermögen verloren. Das muss sich jetzt nicht wiederholen.

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"Genau das sagten die Experten 2000 auch."

Ich habe das glatte Gegenteil gesagt.
Manchmal verdient man durch Nicht-Investieren. ;)

Was heißt hier *Goldbarren* ? Konserven, Graf, Konserven... :)

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Konserven brauchen wir nicht. Wenn's hart auch hart kommt, wird der Park gepflügt und Kartoffeln werden gepflanzt und noch ein paar Schweine in die Feuchtwiese getrieben. Und zur Not hält der Vorrat an Apfelkompott noch ein paar Monate. Wenn's noch schlimmer kommt, fallen halt ein paar Bäume und halten im Winter warm. Erstaunlich, dass man ganz plötzlich im Jahr 2007 die Szenarios aus den 20er Jahren vor Augen hat. Noch beruhigender: Das Ganze ist bezahlt. Selbst erarbeitet, selbst abgestottert. Hält eine Krise finanziell aus. Beruhigend.

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In Krisenzeiten lebt es sich auf dem Land sicherer.

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Und all die kommen zu Besuch, die es bis dahin nie geschafft haben. Ich bin aber zuversichtlich, dass Mitteleuropa so eine Art Berg Ararat in der nächste wirtschaftliche Sintflut sein wird. Nur der Besitz eines Fahrrades ist dringend anzumahnen.

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Fahrrad? Wenn es hart kommt, hole ich mein Fendt Dieselross aus der Scheune. Der fährt mit allem.

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Ich glaube, das Rapsöl verkauft man dann besser an die, die es wirklich brauchen. Und so ein Radl ist schnell und macht warm.

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@zewo futsch ?
Es ist natürlich richtig: die Immobilien-junk-bonds aka "subprime mortgages* sind nicht "alle" gefährdet und machen nur 25% der US-Hypotheken aus.

Die paar einknickenden Institute wird man schon auffangen - nur der Liquiditätssog, der auf einmal auftrat, lies wohl ein wenig unruhig mit den Füßen scharren.

Außerdem, @Graf, bitte nicht so optimistisch, was den "Park" betrifft: Junkernland in Bauernhand - irgendwo werden noch die SMAD-Arbeitsanweisungen sein. :)

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Mit dem Subprime-Niedergang kommen blöderweise mehr Häuser auf den Markt - eben weil man Liquidität braucht. Höheres Angebot lässt aber die Preise sinken, und das macht auch die Absicherung besserer Kredite kaputt.

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SMAD? Keine Sorge, der Park liegt in Frankreich und die Sippe lässt sich nicht unterkriegen. Die Familie ist bereits 1588 geflohen, und fast 500 Jahre später zurückgekehrt. Ausserdem lässt sich das Gelände gut verteidigen: Die Zufahrt kann man fluten und der Zugang lässt sich mit der Schrotflinte bestreichen. Und im Zweifelsfall entkommt man mit dem Fahrrad über einen Waldweg aus dem Park. Das ist aber alles vollkommen überflüssig, denn mitten auf dem Land lebt man unter Leuten, die sich im Zweifelsfall selbst versorgen können. Da hat jeder ein Stück Land, auf dem er was anbauen kann. Die nächste Stadt ist fast 80 Kilometer entfernt. Bis zu uns kommen da keine urbanen Hungerzüge. Zumindest nicht bei den künftigen Spritpreisen.

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Das "Platzen" der subprimes macht natürlich auch "Eindruck" auf die anderen Eigentümer und sorgt in den meisten Immobilien-teilmärkten der USA für Stagnation.

Dies äußert sich aber weniger im "Krachengehen" von weiteren Krediten, sondern in geringerer Marktbewegung - wenn der Kaufpreis nicht realisiert wird, verkauft der "gute" Schuldner nicht.

Wer darunter leidet, ist der arme, arme Makler !
Derzeit gibt einen gewaltigen Druck auf die bis dato fast heiligen Provisionssätze und der "Exodus" (oder Exitus ?)der weniger erfolgreichen *agents* ist abzusehen.

Allons s´enfants de la patrie la jour de gloire est arrivee. Stimmt, 1789 ist einiges übersehen worden. ;)

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1789 haben wir locker weggesteckt. Richelieu war das grössere Problem. Ausserdem hatte das Land im letzten Drittel unter Louis XIV schon gravierende Finanzprobleme: Wo überlebt man das? Auf der eigenen Scholle.

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In der Nähe zur Schweiz, das wussten schon Rousseau und Voltaire.

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