: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 21. November 2005

Sehr zu empfehlen - Pimp my Biedermeier

Now this is da real shit ya know:



Now see whad we godda smear up da funky Biedermeier Chair: We got a first class silk layer o´bling bling gold and green, we gonna tune it up with real hardcore shit stuff linen under da pushup springs, yeah baby they really gonna do a nipplegate on dat chair, and for that extra boom we fit quita handfull of extra filling thrilling power under da hood. And when we finish, we do a bondage job all around the body with that green silk rope. That´s what we gonna do man, wow, that bitch is gonna wank asses. or so.

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Sonntag, 20. November 2005

Sehr zu empfehlen - Für lange Winterabende

Manchmal frage ich mich, ob der demographische Knick in Deutschland nicht auch sehr viel mit der steigenden Mediennutzung zu tun hat. Wer Abends vor der Glotze oder dem Internet abhängt, macht sicher keine Conversation mit dem Partner, vergisst, wie das mit den Komplimenten geht und redet statt dessen komisches Zeug über dieses Internet da, was kaum jemand versteht - sollte diese Person denn je in die Situation kommen, ein potenzielles Sexualobjekt in einer Kneipe anzusprechen.

Ein weiteres Zeichen für einen tiefgreifenden kulturellen Wandel ist das Ende von Gesellschaftsspielen wie beispielsweise Rommee. Man kann auch gerne meine mit Schafkopfen angereicherte Jugend als wenig sinnstiftend erachten, aber ich wage zu behaupten, dass sie weitaus spannender und billiger war als die Zeit irgendwelcher asozialer Vollpfosten, die sich mit ihren Handies photographieren und die Bilder im gleichen Raum zuschicken, was manche dann als cutting edge der personalised information elite auffassen. Mit irgendwelchen handwerklichen Hobbies muss man erst gar nicht rechnen - ein paar Suchabfragen in der Blogosphäre zeigen schnell, dass fast nichts aus eigener Arbeit und so gut wie alles von H&M und Ikea kommt. Selbermachen, das war mal. Und das, obwohl sich der Winter ideal dafür anbieten würde, dauert er in Deutschland doch von November bis März.

Wie auch immer: Mir kann das nicht passieren. Mindestens eine Woche Nachtarbeit, eher zwei, stecken im heute erbeuteten, links abgebildeten Stuhl:



Wiener Biedermeier, so um 1830, erstklassiges Nussbaumwurzelholz, wunderbar geschnitzt, mit einer langen Geschichte immer an Städten an der Donau, und in grauenvollem Zustand. Allein schon der Bezug. Vieles erkennt man auf dem Bild nicht: Furnierschäden, zwei schlechte Restaurierungen, das Polster ist kaputt, der Schellack ist ruiniert, und momentan ist die Sitzhöhe für den ausgewachsenen Mitteleuropäer zu niedrig. Allerdings: Der Stuhl rechts sah vor 20 Jahren auch nicht besser aus. Es ist nie ganz verloren, wenn man ein Fach mit starkem historischem Realienbezug studiert. Nicht, dass man damit Autos reparieren könnte, aber alles, was vor der Industrialisierung war, bekommt man irgendwie hin. Und Holz ist nun mal eine Leidenschaft, gerade, wenn es um so ein Stück geht - 1830 konnte ein normaler Arbeiter für den Preis dieses Stuhles drei Monate eine Wohnung für sich und seine Familie mieten.

Eigentlich ging es bei dieser Jagd um Geschenke für andere - daraus wird jetzt nichts. Ich weiss zwar noch nicht, wo ich ihn hinstelle, er ist ja auch nicht zum Benutzen und ein Einzelstück, aber: Ein Platzerl find sich immer, für diesen Zeitgenossen Heines. Komme mir keiner mit Metternich, bittschön, in diesen langen Winternächten, wenn nebenbei Rossini läuft und der Rechner leise schnurrt, um denen da draussen zu erzählen, wie es mit dem Prachtsück weitergeht, und ob sich nicht a Gschpusi findet, die darauf eine Champagnertorte* löffelt.

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Donnerstag, 17. November 2005

Sehr zu empfehlen - Chiaroscuro del MMV

Ein paar Kratzer, und schon kann man alle Theorien zur frühen Baugeschichte umwerfen. Unter der Tapete ist Mauerwerk von 1600, und das an einer Stelle, wo es eigentlich niemand erwartet hätte.



Denn im Putz zeichnet sich deutlich eine vermauerte, breite Renaissancetür ab, zweiflüglig und mit einem Segmentbogen, der in Höhe und Rundung genau zu den eindeutig datierten Fensterlaibungen passt. Schluss mit Kratzen und Spachteln, jetzt steht Bauaufnahme an. Und vorsichtiges Abtragen alter Putz- und Malschichten, denn da drunter könnte ja noch was kommen. Seccomalerei, imitierte Steinquader wie im Erdgeschoss. Oder auch noch was Besseres. Was die Arbeiten allerdings um ein, zwei Monate zurückwerfen kann.



Der Glanz ist lang vergangen. In die Mitte hat man dann eine normale Tür eingesetzt, irgendwann in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Ganze ist insofern eine Überaschung, als alle bisher davon ausgegangen sind, dass der erste Stock nach 1650/60 eine einzige grosse Halle für die Bibliothek des Collegiums war. Offensichtlich hat man aber doch Teile der Innenbebauung stehen gelassen. Einen ähnlichen Bogen haben wir auch im Erdgeschoss, dort durchbricht er die originale Mauer des Vorgängerbaus und die Wandmalerei des späten Mittelalters.

Seit 10 Jahren beschäftige ich mich jetzt mit dem Haus, aber ich komme nie aus dem Staunen heraus. Es ist nicht ganz leicht, mit so einem Befund umzugehen; im ersten Moment ist da natürlich der Impuls, den imposanten 1600er Originalzustand wiederherzustellen. Allerdings hiesse das, spätere Veränderungen zu vernichten, zugunsten eines Zustandes, der ohnehin im ganzen Haus nicht mehr realisierbar ist. Es bleibt also bei der Bewahrung des aufgehenden Mauerwerks zu dem Zeitpunkt, da der Clan das Haus übernommen hat.

Trotzdem, so eine grosse Flügeltür ins kommende Schlafzimmer in Richtung Lotterbett, das wäre schon was gewesen.

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Mittwoch, 16. November 2005

Sehr zu empfehlen - Ich habe einen Plan

und der sieht so aus:



Wer jetzt die - in Relation zur Mauerdicke - kleinen Räume sieht, sei auf den Umstand hingewiesen, dass die Aussenmauern hier so zwischen 70 und 90 cm dick sind. Im Erdgeschoss sind es an einer Stelle 1,20 Meter. Wer jetzt sagt, dass man sowas doch nur in Burgen braucht, hat nicht unrecht: So gegen 1400irgendwas stand an der Stelle ein befestigter Hof eines Landadligen, und zwischen seiner Sorte und den Stadtbürgern kam es immer wieder zu Rebereien. 1,20er Mauern sind das, was man innerstädtisch im Mittelalter vor der Einführung der Kanone nicht kleinbekommen hat. Katapulte sind mit ihrer ballistischen Schussbahn in der Stadt einfach zu ungenau und brauchen zu viel Platz, auch wenn man es mitunter versucht hat. Mit Rammböcken braucht man Anlauf, den man in der engen Stadt kaum hat. Und Naturstein ist bis auf 1,20 Meter Höhe Dein Freund.



Damals, in der guten alten Zeit, als man pfuschenden Handwerkern die Nasen abgeschnitten hat und ein Brandmal in den Rücken drückte. Ich will ja nichts sagen, aber so mancher Fertighausschwindler wäre damit schnell zur Raison gebracht, und RTLII und Spiegel-TV könnten sich ihre Horrorgeschichten vom Hausbau sparen.

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Dienstag, 15. November 2005

Sehr zu empfehlen - Achsenkrieg

So gegen 1720 befand sich die Marianische Congregation in der Provinzstadt auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Die Aufklärung war noch fern, und die Gesellschaft Jesu, deren Elitetruppe sie war, konnte in Bayern und anderen katholischen Regionen Europas fast nach Belieben an den Schalthebeln der kirchlichen und weltlichen Macht spielen. Ausdruck dieser Position war eine gigantische Bautätigkeit. Das üppige, alte Congregationskolleg, das im Jahre 1600 noch im Stil der späten Renaissance errichtet worden war, war im Rokoko weder gross noch protzig genug. Deshalb - und um die eigene Bildung zu dokumentieren - lagerte man die Bibliothek aus und errichtete fast genau im Zentrum der Altstadt ein eigenes rosa, stucküberzogenes Gebäude. Das war so gegen 1740 fertig.

Damit wurden die alten Bibliotheksräume, die so gegen 1650 eingerichtet worden waren, überflüssig. Die Gesellschaft mit ihrem Repräsentationsfimmel baute ganze Geschosse in Wohnungen für ihre Berühmtheiten um, und zwar genau so, wie man das im 18. Jahrhundert gerne tat: Mit langen Blickachsen durch die Türen in alle Räume. Ein wenig inspriert ist das von der Raumaufteilung, die es schon im Papstpalast von Avignon gab: Eine Abfolge von Zimmern, die je nach Zutrittsberechtigung Ausdruck der Hierarchie der Besucher war. Wer möglichst weit kam, konnte sich was drauf einbilden. Am Ende waren dann die Privatgemächer der lokalen Oberen der Congregation. Keine Tür ist zufällig an ihrem Platz, die Blickachsen durch die Raummitten von Tür zu Tür sind Ausdruck einer bewussten Konzeption.



Heute, mit 4 Meter breiten Schrankwänden oder einem Haufen Ikea-Regale, würde man das nicht mehr so machen. Die Schränke dominieren die Räume und drängen die Türen an die Ränder. Das 18. Jahrhundert hingegen kannte keine grossen Möbel, alles war mobil und wurde nach Bedarf umgeräumt - da waren die Symmetrie des Raumes und mittige Türen als Gliederung für die optische Gestaltung weitaus wichtiger.

Nun kam meine Frau Mama auf die grandiose Idee, dem mit dem Umbau beauftragten Architekten einzureden, die Blickachse zu schliessen, damit an der Wand vorne und hinten Schränke Platz haben würden. Und die Tür im Hintergrund um 2 Meter zu versetzen. Weil, was ist schon so eine grosszügige Blickachse des 18. Jahrhunderts gegen den passenden Platz für eine weitere Schrankwand aus Pressspan mit Eschefurnierimitat. Von einer Besprechung mit solchen, nun, Argumenten komme ich gerade.

Die Türen bleiben offen und da, wo sie sind. Und wer´s nicht mag und seine Schrankwand liebt, der soll doch in einen Block weit draussen ziehen.

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Sehr zu empfehlen: Alles eine Frage der Propaganda

Da gibt es diese Coffeetablebooks, die nur einen Ausschnitt zeigen - Pierre Deux Paris Country, In the Houses of Ireland, Savannah Style, British Country Houses, dazu die Interieur International. Die Geschichten sind immer gleich aufgemacht, man sieht die glücklichen Besitzer ihrer selbst hergerichteten Baudenkmäler, dann die Raumansichten mit den schimmernden Antiquitäten, die Intarsien, die Chinoiserien, die Edelholztische mit dem alten Porzellan, und ab und an auch Nahaufnahmen des Arbeitsplatzes, an dem die Besitzer - im Brotberuf Architekten, Künstler, Impressarios oder Schriftsteller - inspiriert von so viel Schönheit ihrem Nachtwerk bei Kerzenschein nachgehen, wohlgesättigt vielleicht nach einem Spaziergang durch nebelverhangene, herbstliche Flussauen, einem Ausritt oder nach einem leicht versauten Nachmittag mit dem Au pair im rokokösen Lotterbett - das sieht dann so aus.



Und tatsächlich gibt es auch solche Tage. Mitunter sind solche Abende unvergleichlich, gerade im Herbst. Aber nicht immer. Eigentlich sogar nicht wirklich oft. Jetzt im Moment, zum Beispiel. Denn neben der sichtbaren Realität gibt es auch noch eine andere, die sich kaum abbilden lässt. Nennen wir es mal: Allergische Reaktion auf den Staub und den Dreck, der sich in den zu entfernenden Tapeten angesammelt hat. Vielleicht auch das Zeug, das aus dem gerade entdeckten Riss an der Decke bröselte - der treibt die Kosten übrigens nochmal um 2000 Euro nach oben. Noch kein Bluthusten, das kommt noch, wenn es an die Dielen geht. Aber immerhin ist die Reaktion nach einem Nachmittag in einer zu restaurierenden Wohnung so übel, dass man sich drei Stunden im Bett wälzt, bevor man entnervt aufsteht und der werten Leserschaft mitteilt:

Alte Häuser sind wie verzogene Luxusweibchen. Teuer, undankbar, mitunter auch grandios, man wird sie nie vergessen, es wird nie langweilig, aber manchmal, viel zu oft ist es die Hölle. Und das Verhüten mit Handschuhen und Atemmasken sollte man nie vergessen - man weiss nie, von welchem anderen Lover sie welche Krankheiten mitbringen. Pflaster, eine Pinzette für die Schiefer und schnell wirkende Antiallergika sind Deine Freunde.

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Montag, 14. November 2005

In Situ

In gewissen Berliner Läden und Klubs würde man für so eine original 50er-Lampe, gekauft im ersten Haus am Platze



mit grosser Begeisterung den schweren, alten Kronleuchter rausschmeissen und diese goldene "gefickte Bordellbrotspinne" (Insiderjoke) dafür an die Rosette hängen. Hier bei uns in der Provinz läuft das andersrum - da kommt ein Berliner Kronleuchter hin.

falls jemand interesse hat: donalphonso | äd | gmail | dot | com

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Sehr zu empfehlen - Spukhausgeschichten

Während ich mich jetzt mit den 405 Jahre alten Dielen beschäftigte, die von einer chistlistischen Terrororganisation in einem ihrer Hauptquartiere eines damaligen Gottesstaates eingebaut wurden und auf denen ihr berühmtester Kriegsverbrecher und Berufsterrorist, der Schlächter von Magdeburg aus zerschossenen Beinen sein letztes Blut vergoss, kann sich die werte Leserschaft an dieser wirklich famosen Geschichte des Südtirolers Mek Wito (merke: der Südtiroler ist der Bayer sowohl der Italiener als auch der Österreicher) über das Bewohnen eines alten Hauses erfreuen, das auch so seine Geschichten hat. Bei sowas wird mir immer ganz wohlig.

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Mittwoch, 9. November 2005

Sehr zu empfehlen (sort of) - Hagerty

Weil, was überhaupt nicht zu empfehlen ist, ist folgender Ablauf der Dinge: Man kaufe in Berlin englische Salz- und Pfeffer*streuer und benutze sie. Zu diesem Zweck fülle man sie mit Salz. Dann ziehe man übereilt nach München um, wickle sie in Zeitungspapier ein, verpacke sie im Silberschrank und denke, dass es ja nur für ein paar Tage ist. Zu Hause verwickle man sich in ewige Renovierungsarbeiten, so dass man den Schrank, in dem sich die weiterhin wohlverpackten Gefässe aus Sheffield befinden, nicht ausräumen kann. Zum Benutzen habe man vor Ort ohnehin andere Salzstreuer. 5 Monate später mache man sich doch daran und stelle fest, dass das Salz natürlich ausgelaufen ist und die lieblichsten schwarzen Flecke hinterlassen hat.



Das ist der Moment, zum althergebrachten Hagerty Silver Polish zu greifen, von W.J. Hagerty & Sons, Ltd., Inc., an dem sich Generationen von amerikanischen und britischen Hausmädchen seit 1895 die Handschuhe schmutzig gemacht haben. Es riecht nicht angenehm, es braucht seine Zeit - aber es wirkt. Nachhaltig. Wenn man schon dumm genug ist, Silber gesalzen aufzubewahren, als wär´s ein portugiesischer Bacalao. Der im Übrigen auch nicht wirklich zu empfehlen ist.

* natürlich Pfefferstreuer. Der Pfeffer wird vor dem Essen im Mörser gerieben. Pfeffermühlen am Tisch saugen.

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Dienstag, 25. Oktober 2005

Sehr zu empfehlen - keine Spülmaschine.

Gestern kam die Frage der Integration einer Spülmaschine in ein stilistisch stimmiges Interieur auf. Eine Frage, die mich erst etwas fassungslos zurückliess; ein wenig so, als hätte mich ein Priester nach einem Herrgottswinkel in meiner Wohnung gefragt, oder eine Elitesse nach einer Glotze. Ich weiss nicht, wie man darauf kommen kann, dass ich mich um eine Spülmaschine bemühen würde. Der Besitz einer solchen Sache ist nachgerade widernatürlich, wenn man den von mir bevorzugten Lebensstil vertritt.

Denn eine Spülmaschine mag zwar Geschirr auf den ersten Blick irgendwie sauber zu machen, ist aber das beste Beispiel für kulturelle Verwahllosung bei gleichzeitig völlig untauglicher technischer Umsetzung. Sie ist das Paradebeispiel für eklatanten Mangel an Stil und auch an Gastfreundschaft, denn wer dieses Ding zu etwas anderem als zur Lagerung von Katzenfutter benutzt, hat schlichtweg nichts, womit man die Gäste verwöhnen könnte.

Das Wichtigste zuerst: Spülmaschinen sind angesichts der zu reinigenden Objekte völlig ungeeignet. Man nehme eine alte, versilberte Gabel und tue ihr 100 mal das Verbrechen einer Spülmaschine an. Einerseits wird die Maschine alle Kanten angreifen und dort die Versilberung beschädigen. Denn der Dreck sitzt in den Vertiefungen und Zinken, und um dort noch ausreichende Wirkung zu erzeugen, geht die Maschine mit übermässiger Kraft ran. Und zerstört dadurch auch beste Auflagen. Dass die Unterbringung von mehreren Besteckteilen in kleinen Käfigen die Oberflächen verkratzt, ist ein weiterer Grund, nicht daran zu denken, dergleichen in die Wohnung zu lassen.

Andererseits ist es nicht jedem gegeben, das zu benutzen, was nach 500 Jahre kulturellem Auf- und Abstieg von der Gabel geblieben ist - ein uneleganter, fetter, vorne mehrfach breit gekerbter Halblöffel mit kurzem Stil, multifunktional vor allem zum Schaufeln geeignet in 5 cm Flughöhe des Unterkiefers über dem Teller. Diese Formdegeneration ist zwei Gründen geschuldet: Zum einem würden sich die Tellerschaufler mit richtigen Gabeln und ihren langen, dünnen Zinken die Augen ausstechen, hätte dergleichen Werkzeug bei der Annäherung von Maul und Frass zu wenig Raum. Dazu kommt, dass in weiten Teilen der Bevölkerung die Gabel auch noch falsch gefasst wird und mit den Zinken nach oben, dem Löffel ähnlich geführt wird. Da werden vier eng stehende, 6 cm lange Silberstachel schnell zur lethalen Fazialpallisade.

Zum anderen liegt diese Rückentwicklung auch an der Spülmaschine, die bei den engen Zwischenräumen der echten Zinken und ihres quadratischen Querschnitts nicht in der Lage ist, Essensreste auch nur ansatzweise zu entfernen. Jedem Besitzer eines solchen Apparats sei empfohlen, mal genau zwischen die Zinken seiner Gabeln zu schauen - und sich dann zu überlegen, ob man dergleichen nicht besser mit der Hand macht. Kleiner Tipp: Mit den Zinken den Schwamm bis zum Anschlag durchbohren reinigt schnell und zuverlässig. Das gleiche gilt übrigens auch für Messer und überhaupt alles Metall, das nicht vollkommen glatt ist.



Tödlich sind Spülmaschinen auch für jedes Glas mit geschliffenem Rand. Wer dergleichen ein paar Mal in den schwarzen Schlund der Maschine tut, bekommt Absplitterungen und scharfe Grate. Die Gläser kann man danach wegschmeissen. Vergoldetes oder bemaltes Porzellan hat in der Spülmachine ebenfalls nichts, absolut nichts verloren. Desto wertvoller die Stücke, desto weniger ertragen sie. Auch hier geht die Maschine vor allem an die empfindlichen, vergoldeten Kanten statt in die Mitte, wo sich der Schmutz befindet. Das kann der Mensch mit dem Schwamm, warmen Wasser und Tuch weitaus besser und schonender. Der Mensch ist klug, die Maschine ist strunzdumm. Der Mensch macht sauber und glänzend, die Maschine wischt rum - und danach muss man ohnehin alles nochmal überprüfen, denn bei der Mielemafia bleiben irgendwo immer Schmutz und Schlieren. Dann besser alla mani pulite. So, und nur so entstehen Erbstücke, die Enkel lieben, weil sie schon als Kind davon die Erdbeertorte essen durften*.

Aber, werden manche sagen, ist mir doch egal. Ich hab sowieso Ikeageschirr und Pressglas und Edelstahlbesteck, und wenn es kaputt ist, kauf ich mir neues, ich mein, bevor ich da stundenlang in der Küche stehe... Diesen Leuten seien zwei Dinge mit auf den Weg gegeben. Eine Spülmaschine nimmt einen Quadratmeter Wohnfläche weg, hat hohe Anschaffungskosten und steht bei kleinen Haushalten meistens nur rum. Das heisst, das Ding ist teuer, braucht Strom und Wasser, kostet Geld, und das wiederum muss erarbeitet werden. Womit die Zeitersparnis schon wieder beim Teufel ist. Auf der anderen Seite ist Spülen eine geistig vergleichsweise anspruchslose Tätigkeit. Man kann sich nebenbei Texte überlegen, bei Händel falsch mitsingen - Al lampo dell'armi quest'alma guerriera vendetta farà - die Hausfrau umcircen oder küssen, und, wenn man denn werthaltige Utensilien besitzt:

Dann hat man was in der Hand, was einem gefällt. Silber schmeichelt der Haut, das kk Concordia Porzellan funkelt, und der Schälschnitt schwerer Baccaratgläser über das sanfte Tuch gleitet - das hat auch eine enorme, haptische Dimension. Man ist nicht die Putze für den Haushaltsmüll, man pflegt schöne Dinge. Das macht Freude. Es ist ein Genuss. Den vielleicht nicht jeder nachvollziehen kann, was auch in Ordnung ist. Trotzdem, wenig ist so überflüssig wie eine Spülmaschine - nur das Merkel als ahnlich dümmlich agierende Mechanik an der Staatsspitze geht da noch drüber.

* Disclaimer: Es sind keine Erbstücke abgebildet. Leider tendieren die Mütter besserer Familien dazu, nicht nur alle Erbstücke der Ahnen an sich zu reissen, sondern sie plündern auch hemmungslos die zugekauften Bestände ihrer Kinder. Und wenn sie wüssten, dass sich altes Bernadotte in der Kommode befinden würde... zum Glück können sie mit dem Internet nicht umgehen.

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