: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 23. Juli 2012

Triggerwarnung in Pfaffenhofen

Man könnte ja so viel kaufen. Leider habe ich schon ein Besteck, auch ein zweites, drittes und viertes in der Zweitwohnung, auch für 12 Personen. Dabei wäre es gar nicht teuer gewesen. Und neu. Und billiger als Ikea.



Ich bin auch kein Taufpate- Wäre ich einer, hätte ich vermutlich dieses Düsenflieger erworben und dann zum Entsetzen der Eltern zum Geburtstag verschenkt. Aber Tretauto hat jeder, da muss man als Eltern schon Opfer bringen. Ausserdem geht das mobile Zeitalter sowieso nicht weiter, da ist alles irreal.



Nett auch die Reminszenzen an jene Tage, da es noch ordentliche Hausfrauen gab. Das hängte man sich nicht nur in die Küche, man glaubte auch daran. Heute werden Wohnungen ohne Küchen entworfen, und vielleicht gibt es auch gar keinen Platz mehr für solche Gegenstände.



A propos kein Platz: Es zieht immer noch, das Funkeln und Gleissen. Aber selbst, wenn jetzt grössere Werke anstehen: Ich habe noch welche auf Vorrat, die muss ich erst mal verbauen, bevor ich neue Exemplare kaufe. Die hier waren ohnehin zu teuer, die besten finden sich in Kisten, zerlegt und auf dem Boden.



So ein Sofa, klein und leicht, habe ich lange gesucht, aber ich habe schon ein anderes - allerdings schwer und breit - und dazu die passenden, unkaputtbaren Sessel. Und das bräuchte so viel Arbeit, und die ist so teuer, da hilft auch der günstige Preis nicht mehr. Ausserdem: Kein Platz.



Neben der Mohrenlampe, die jedesmal mit neuen Beispielen vertreten ist, gab es heute auch einen Morentabletthalter. In Südostasien lungert eine Frau aus dem Vorstand der Piraten herum: Wäre der Halter hier nicht reizend für die im Sweatshop gefertigte Chanel-Taschen-Kopie?



Voyerismus gab es auch, gemalt, mit Nackten beim Umziehen, in einem dicken, sehr goldenen Rahmen. Aber gekonnt gemalt, keine Frage. Hirsche können bei der Paarungszeit 5 Meter hohe Hindernisse überspringen, der Mensch pinselt sein Begehr, allerdings von Weitem, und nagelt es an die Wände. Und nennt es Kunst.



Eher etwas für mich - und jenen fernen Tag, da ich doch mal wieder in Berlin sein sollte - wären die Hacklstecka geeignet, mit vielen schönen Wappen aus Orten, die dort keiner je gesehen hat: Garmisch. Pertisau. Naturns. Chiasso. Saalbach. Wilder Kaiser. werden solche Wappen zum Aufnageln heute überhaupt noch gemacht? Ich sehe nur noch pinkfarbene Alustecker auf dem Berg, ganz grässlich, und sich daran klammernde Walker.



Und dann sehe ich die Elsässer. Seit ein paar Monaten sind hier immer vier Händler aus der Region, aus der auch ein Teil meiner Familie stammt, dem Eck zwischen Deutschland, der Schweiz und Frankreich. Und die haben massiv zur Aufwertung des Marktes beigetragen, denn Frankreich hat es dick. Richtig dick. Immer noch. Sie bringen die Karaffen, für die ich vor 20 Jahren nach Portugal musste, sie bringen Kerzenhalter mit Klauen, sie bringen Chryselephantinen, und was es sonst noch hier kaum gibt.



Bei den Franzosen ist alles anders, bunter, formhaltiger, gewagter, frivoler. Diese mintfarbenen Art-Deco-Sessel etwa, die hätte ich gerne in meiner Villa am Gardasee in jjenem Raum, aus dem man auf den See und die Einfahrt blickt, auf der ein himmelblauer TR2 steht.



Und diesen Adligen aus der Zeit um 1775... ich mein, ich weiss doch, dass sie da sein werden, mit Putti und Empire und ab und an auch Gemälden. Manche sind entsetzlich teuer, aber das hier, das wäre durchaus bezahlbar, viel weniger als das, was andere in einem Jahr verrauchen, für Drogen verschwenden oder in Spielcasinos verprassen. Wie auch die knallrote Dame von 1750 daneben. Beide kosten gleich viel. Man muss sich entscheiden. Was gar nicht so einfach ist.



Oder noch eine Runde gehen und nachdenken, und dann den Vorschlag eines Pakethandels machen. Beide. Sofort. Auf den letzten Drücker. Mit allen Risiken: Spuckt die Karte genug aus, oder ist das schon über dem Tageslimit? Habe ich so etwas überhaupt, oder ist das nur im Ausland? Taucht bis dahin ein Zahnarzt auf, der so einen Herrn für sein Jagdhaus will, oder so eine eher etwas ausgefallene Dame mit dem extravagant roten Mantel über der Kommode, zumal sie auch nicht so unzüchtig ist? Was, wenn er das bietet, das der Händler will? Und was, wenn die beiden Brocken - 90 mal 70, zusammen 1,2 Quadratmeter - gar nicht ins Auto passen?



Offensichtlich jedoch lebe ich sparsam genug, der Automat erschreckt mich nur mit der bankrun-feindlichen Frage, ob ich wirklich alles in 50ern will, denn grössere Scheine hat er nicht. Es war auch kein Zahnarzt da, nur beim Abtransport fragt einer, wo ich sie her habe - blöde Frage, von dort, wo keine mehr sind, natürlich! Und ins Auto passen sie gerade so, dass ich noch lenken kann. Alles bestens.

Nur daheim stelle ich fest, dass ich dafür keinen Platz habe. Aber egal, mein Versprechen, das Geld für den letzten Berlinbeitrag einem guten Zweck zuzuführen, habe ich erfüllt, die Franzosen sind froh, die Völkerverständigung funktioniert, und dem Tegernsee tut ein wenig Rokoko auch nicht schlecht. Und ansonsten habe ich gar nichts gekauft, nur zwei Sachen, das ist wirklich eigentlich so gut wie gar nichts.

In 10 Jahren werden wir alle herzlich lachen, wenn wir den Preis hören, der heute nicht wirklich billigst gewesen ist. Ich werde wohl noch einen Berlinbeitrag schreiben müssen.

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Freitag, 13. Juli 2012

Frauen auspacken

Brrring.

Um diese nachtschlafene Zeit kann das eigentlich nur der Kurier sein. Und wenn es der Kurier ist, kann er eigentlich nur ein einziges Paket bringen. Meins. Das ging aber schnell. Und so schnell bin ich wach, auf den Beinen und angezogen. Ich komme runter, flöte ich ins Telefon. Und so ist es. Das Paket ist da. PiratInnen, die sich an Beiträgen wie "Ich halte mich für ein Alltagsferkel weil ich volll normal bin aber ich stehe auf diese 68er-Erniedrigung der K-Gruppen und deshalb gestehe ich das ganz fett im Netz und dann retweeten mich die Kegelklubberinnen ganz doll und sagen Eichhörnchen zu mir" delektieren - solche Leute sollten jetzt besser weglesen. Denn im Paket ist recht viel nacktes Fleisch.



Denn ich bin auch im Alltag Kunstgeschichtler. Ich darf von Berufswegen und zwecks lebenslangen Lernens Frauen anschauen, wenn sie Kunst sind. Und mein Kunstbegriff ist sehr weit und schliesst auch Mode mit ein. Es rennen bei uns auch genug Leute rum, die sich absichtsvoll verhüllen, seien es die Klosterschwestern gegenüber, seien ein muslimische Frauen, seien es tätowierte Kotzbrocken mit Ed Hardy - da respektiere ich den Wunsch, dass sie nicht angeschaut werden möchten. Aber ansonsten war mein Studium voll mit Diskursen über Körperlichkeit, Aussehen und Stil, da denkt man sich nicht viel dabei. Man ist nicht g'schamig.



Zumal andere Zeiten und Künste ohnehin ein recht unverkrampftes Verhältnis zum Anschauen hatten. Sexismusdiskurse gab es damals allenfalls von kirchlicher Seite, der Rest der Gesellschaft wusste den Tod immer um der nächsten Ecke und hat sich, glaubt man den Quellen, gemeinhin auch recht ungeniert verhalten. Davon künden Berichte über jüdische Hochzeiten im Arba'a Turim, und Verbote des Mittelalters, dass sich Bürgerinnen nicht wie Prostituierte kleiden sollen. Und dann ist da eben noch Kunst, Kunst, Kunst und immer diese Begehrlichkeit, begonnen bei nachgeformten Brüsten in den Pfahlbaukulturen über die Randfiguren der Buchmalerei, bis dann ein gewisser Herr Lorenzetti im Siena des 14. Jahrhunderts die Madonna auf einer Tafel von ihrer schematischen Einengung wieder befreit und etwas malt, das einem noch heute die Sprache verschlagen kann, wenn man mehrere Räume voller Ikonen hinter sich hat. Von da an beginnt das grosse Ausziehen in der Kunst. Was so schön ist, muss entkleidet werden.



Das ist nicht Sexismus oder Gaffen, das ist im schlimmsten Fall banale Arterhaltung und in unserem Fall Kultur.Und dem Historiker hat es dabei vollkommen egal zu sein, wie sich das darstellt. Man soll sich keine Arroganz aneignen, die unter dem feinen Stoff splitternackte Peploskore des 6 Jahrhunderts v. u. Z. mit Kleidergrösse 32 soll einem nicht besser gefallen als die barocke, frisch geraubte Sabinerin, bei der sich die Armreife in das Fleisch der Kleidergrösse 44 drücken. Man hat sich, und dafür bin ich dankbar, mit dem Kykladenidol zu beschäftigen und mit Miro, man sagt nicht über die Römerin, sie sehe aus wie eine Gans, und der Rokokodame unterstelle man auch keine Kuhaugen: Das war eben zeitgeschmack und Idealisierung. Unsere blosse Existenz beweist, dass man mit all diesen Körpern stets etwas anzufangen wusste. Und es ist nicht an uns, darüber böse zu urteilen. Wir datieren, und finden uns ein.



Natürlich hat man seine Präferenzen. Es gibt ganz bestimmte Gründe, warum mir die spätarchaischen Koren aus der Zeit zwischen 550 und 510 sehr viel besser gefallen, als ihre klassischen und hellenistischen Nachfolgerinnen. Das hat auch etwas mit Geistesgeschichte zu tun, und dem Umstand, dass die Rolle der Frau in der angeblich so wunderbaren Athener Demokratie sehr viel schwieriger als in jener Epoche war, da man lakonische Bronzen von Mädchen und Göttinnen goss. Es geht auch gar nicht um die Nacktheit, als vielmehr um das Wissen der Körperlichkeit und der Idealisierung zu einem gewissen Altersmoment (es gibt keine Koren, die alte Frauen darstellen); man kann ewig darüber reden, aber wenn man es letztlich besitzen will - hier als Abguss - muss man auch nehmen, was man kriegen kann. Das steht bei mir in der Bibliothek. Ansonsten aber...



ist es das Rokoko. Das ist ein Glück für mich, man täte sich sehr hart, würde man mit meinen begrenzten Mitteln ältere Kunst mit Fleisch kaufen wollen; die früheren Epochen sind nicht nur aufgrund der Zeitläufe materiell dünn gesäht, sie sind auch von einer Ideologie vegiftet, da man auf 100 Kreuzigungen und 50 Heilige eine halbnackte Frau findet, und das ist dann eine heilige Maria Magdalena in Verzweiflung. 1 einzige, lässig gekkleidete Sybille, das ist alles, was ich aus früherer Zeit bekommen konnte. Frauen tun sich da etwas leichter, den heiligen Sebastian mit Fesseln und Pfeilen findet man leichter Und dann habe ich noch eine Magd. Aber die ist ganz angezogen und schielt. Das Rokoko ist da anders, es gibt dank der Heiratspolitik und der dreisten Mode und der generellen Sittenlosigkeit ganz wunderbare Auftritte. Und alle sehen sie aus, als hätten sie gerade Mirabeau gelesen und sich an seinen Idealen orientiert. Manchen mag heute der weiche Blick ein wenig stören, für die moderne Mode wäre es viel zuviel Fleisch, und sogar der habsbirgerische Hungerhaken, der bei mir im Flur hängt und sicher ein genetisch benachteiligtes Gerippe für heutige Modezeitschriften war, gab sich alle Mühe, etwas Rundes herzumachen. Das war damals so. Und ich finde diesen Ansatz der Fleischlichkeit ohne Hemmungen auch heute noch, einfach als Idee, sagenhaft.



Reale Frauen übertrieben gern, aberAllegorien konnten es krachen lassen. Ohne Rücksichten auf Sitte, Anstand, Moral, Tugend, die sind ja nur erfunden, und man soll und darf sie anschauen- besonders, wenn es Jahreszeiten in ihrer ganzen Pracht und Fülle sind. Und Beschwipstheit, natürlich. Da muss man zugreifen. Das will man besitzen. Das möchte man anschauen, wenn man am Morgen ins Bad tapst, da kann ein Tag gar nicht schlecht beginnen. 1760, wird der Kenner sagen und dem Fall der Haare folgen, darunter hat man sicher keinen Jesuiten gelesen, sondern etwas, das unter dem Tisch des Buchhändlers verbreitet wurde. Natürlich laufe ich nicht als Kostverächter durch das Leben. Selbstverständlich gibt es Gründe, warum Gemälde mit jungem Fleisch sehr viel teurer als alte Damen in prunkvolleren Gewändern sind. Vielleicht halten das manche für Sexismus. Vielleicht sollte man anders kaufen. Aber das ist meine Wohung, hier entblättert man sich nach meinen Vorlieben, hier locken Perlen, Federn und Augen so, wie ich das gern sehe.



Und ich mag das Heidentum, das sich wieder Bahn bricht. Die naturverehrung. Für normale Frauen der Zeit wären sie vielleicht ein wenig zu nett, zu anschmiegsam, zu willig, da hätte man etwas mehr Zurückhaltung gemalt, und die Kleider wären nicht ganz so im Fallen begriffen. Die Kunst, die Liebe und die Träumerei musste sich damals ihre Wege suchen, es war noch nicht wie heute, da jeder Pr0n zu jeder Zeit im Netz verfügbar ist. Man musste sich anstrengen, man musste nett sein und lieben und geistreich reden, man musste schwören und starb vielleicht auch an gebrochenem Herzen. Es gab keine DVDs mit schlüpfrigem Inhalt, es gab die Realität, und man musste daraus machen, was möglich war, solange es eben ging, in einer Zeit, die sich diese Möglichkeiten auch erst vor Kurzem erkämpft hatte - ungefähr in jenem Abstand, der uns von den 68ern trennt, nur damals weitgehend ohne deren Verirrungen, wenn wir einmal den Herrn Rousseau ausnehmen und bei Voltaire bleiben wollen. Das wollen wir doch, oder?



Es ist ein Kann. Es muss nicht so sein, und in meiner Realität passiert es mir sogar, dass ich Pyjamas für Besuch 4 Nummern zu klein kaufe, und weiterhin rosa verträumt denke. Ich mag Perlenketten wegen ihrer Ideologie der Vergangenheit, aber es müssen keine Schönheitspflästerchen sein, alles ist bestens, nur auf Tattoos und Löcher mit Einfügungen möchte man bitte verzichten. Aber ansonsten, ansonsten singe ich in der Küche den Leporello, ma, ma, ma in Hisppaaania, in Hispania, wenn ich koche, und werfe ein wohlgefälliges Auge auf all was, was an den Wänden prangt. Das durfte man im Pfahlbau so machen, warum sollte ich mich bescheiden. Hic Rhodos, hic impalo. Und wer weiss, was ich nächsten Monat auspacke - was eben des Weges der Auktionshäuser kommt. Ich kaufe halb- und ganz nackte Frauen für den Hausgebrauch. Ich bin Kunstgeschichtler. Ich will dafür keinen Trüffel, und das wird auch so bleiben.

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Sonntag, 1. Juli 2012

Kleine Lügen zum Selbstschutz

In der FAZ erkläre ich, warum alle nach Immobilien streben, und damit sogar Recht haben. Privat dagegen greife ich eher zu Leinwänden und ausgehärtetem Öl. Das hat den grossen Vorteil, dass man immer etwas Obst zu Hause hat, und dennoch nicht zuviel davon isst.



Grossbild

Nebenbei habe ich Glück gehabt; Fast wäre es zu gross für meine kleine Küche gewesen. Aber nur fast.

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Montag, 25. Juni 2012

Gelegenheit macht Hiebe

Es gab gestern, obgleich ein schöner Tag an Tegernsee, einige Anlässe zum Missbehagen: Einer begründet sich im Umstand, dass eine Partei, die nach Umfragen sicher im Bundestag wäre, führende Parteimitglieder und viel Gefolgschaft hat, die glauben, HartzIV wäre eine Art staatliche Grundsicherung für einen Politischen Geschäftsführer, der sich auf dieser Basis seinen Parteiaufgaben widmen kann. Das ist es definitiv nicht, sondern ein - durchaus kritisierbarer - Versuch, Menschen in der Zeit zwischen regulärer Beschäftigung zu finanzieren. Was Ponader bei seiner Wahl dagegen zugesagt hat, sich dem Amt quasi Vollzeit den Piraten zu widmen und dann halt ansonsten nicht nach zumutbarer Arbeit zu suchen, ist allein schon eher fragwürdig. Es dann aber auch so durchzuziehen, Hartz IV als Beitrag des Staates zur Finanzierung eines Parteipostens zu betrachten und sich dann noch hinzustellen und zu behaupten, er wisse nicht mehr, ob er dieses ihn finanzierende System gegenüber dem Spiegel als "entartet" bezeichnet hat, und das Zitat sei auch nicht freigegeben gewesen - das ist schon schwer nachvollziehbar. Natürlich würden den Ponaders dieser Welt das BGE besser gefallen, und ich verstehe schon länger, warum. Man lebt halt gern nach Neigung. Und die ist in Talkshows sitzen, und weniger Kranke pflegen oder den Müll wegbringen. Schlechtere Werbung für ein BGE als den Ponader kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Und dann stellen sich seine Parteifreunde auch noch hin und sagen, es sei doch besser, er mache den Parteiposten, statt "betrunken vor der Glotze zu liegen". Diskriminierung ist schon was Feines, wenn es nicht den eigenen Vorstand trifft.



A propos Müll wegbringen: Andere wollten irgendwie diese arabische Silbertablett nicht mehr haben, da habe ich es auf dem Markt genommen. Und wie es der Zufall haben will: Es passt genau auf das kleine Beistelltischchen, das andere andere auch nicht mehr haben wollten. So ist das eben: Man hat man eine Weisband, und dann kommt ein Ponader, mal kommt so ein Klumpen Edelmetall in einer Kiste daher, und dann wieder monatelang gar nichts.



Ich weiss noch nicht, wie lang ich in den Bergen bleibe, denn ich reise mit kleinem Gepäck. Es könnte aber noch etwas dauern, denn ein paar Dinge haben sich gerade geändert, es ist etwas zu tun, und so kann es sich noch hinziehen. Nicht allzu lang allerdings, denn ich habe kräftig eingekauft, und das meiste ist daheim im Kühlschrank. Aber so ist es nun mal bei der Recherche, da muss man sich opfern und schauen, wie das ist mit dem Prassen ohne Einkaufsliste, das Raffen, das Gieren, das Ignorieren jeder Krisenangst, Hauptsache wir sind heute satt, und wenn wir morgen wie die Ponaders leben müssen, bringt es auch nichts, wenn wir heute hungern -

so auch dann der Tenor meines neuen Beitrags in der FAZ mit viel Foodpr0n.

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Mittwoch, 20. Juni 2012

Wenn ich nicht hier bin

bin ich dabei, mich auf dem Sonnendeck mit der Klimakatastrophe auseinander zu setzen.



Denn vor vier Jahrzehnten, oder auch vor hundert Jahren, konnte man dort relativ gut draussen im Sommer verweilen. Das Blechdach wurde auch früher heiss, aber es war nicht so unerträglich wie heute. Wir haben Bilder aus jenen Zeiten, vom Sommer: Alle da, und durchaus normal angezogen. Heute ist es zu viel Hitze, zu unbarmherzig brennt die Sonne. Das hat mir in den letzten Jahren zunehmend ein wenig den Spass an der Dachterrasse verleidet. Man konnte am Morgen hinaus, und am Abend, und musste dafür zwei Stockwerke nach oben. Dazwischen musste man einpacken. Heute etwa war ich oben, beim Frühstück.







Die Sonne flammte licht auf diesem Moderleibe,
als koche sie die Fäulnis gar.
Ich jedoch streck mich aus und ja, ich bleibe,
denn das Kupferblech ist rar.

Genauer gesagt, ich habe ein paar Tage gearbeitet, um das komplexe Konstrukt mit gefalzten Blechen, bei denen man zudem immer vorsichtig sein musste, mit Zedernholzparkett zu füllen. Sieht jetzt ein wenig aus wie ein Schiffsdeck, hoch über der Stadt. Es ist übrigens gar nicht so klein, zu Beginn kaufte ich 8 Quadratmeter und belegte damit gerade einmal knapp die Hälfte. Am Wochenmarkt erzählte mir jemand, der eine Immobilie sucht, dass Balkone, die theoretisch nur mit dem halben Preis pro Quadratmeter eingerechnet werden dürfen, in den Innenstädten eher doppelt zu Buche schlagen. Weil sie so selten sind. Zumal im Baudenkmal.







Zusammen mit einem Strohhut kann ich jetzt auch wieder am Mittag in der prallen Sonne sein - überhaupt kein Problem. Auch das Zeernholz wird warm, aber nicht so glühend heiss wie das Blech, und sollte man Abkühlung brauchen, würde eine Giesskanne Wasser reichen. Immerhin habe ich mir meinen Lebensraum jetzt zurückerobert, und wenn es nicht noch übler kommt, wird das auch eine Weile reichen. Jetzt kommen Pflanzen, ein paar Restaurierungsarbeiten und, eventuell, bei grösseren Aufgaben zusätzlich, auch noch neue Eisengeländer. Da suche ich aber noch. Ich wüsste einen Ort, wo es hübsche Materialien gäbe, aber der ist in Belgien. Und ich bin hier im Moment recht unabkömmlich. Auch ein Grund, warum ich das gemacht habe.







In den Bergen wäre es kühler, und ich habe ohnehin einen Plan: In drei Tagen auf den Hirschberg und zurück. 140 Kilometer hinradeln, übernachten, auf den Berg und wieder hinunter, übernachten, 140 Kilometer zurückradeln. Aber das dauert noch. Solange weiter in den Hügelketten und tägliche Besteigung der Dachterrasse, 12,5 Meter über der Last des Alltags in der Innenstadt. Es duftet die Zeder, und ich habe heute keine Fliege gesehen.

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Montag, 19. März 2012

Immer diese Entscheidungen

Würde man mich fragen: Möchtest Du eine Muse? Würde ich natürlich sagen: Aber sicher! So eine kann man in der Bibliothek immer brauchen. Skulptur, Gemälde, immer nur her damit, ich bin da nicht so.



Hätte man mich aber gefragt: Willst Du eine Frauendarstellung aus dem weiteren stilistischen Umfeld der Präraffaeliten... wäre ich vorsichtig geworden. Um ehrlich zu sein, kann ich mit Rossetti und anderen wenig anfangen. Nicht im Sinne von "kapier ich nicht", sondern wegen gewisser Darstellungsweisen, die ich für wenig erbaulich halte.



Diese Modeströmung des viktorianischen Zeitalters hatte ein paar bemerkenswert unerquickliche Hintergedanken; nicht nur in Sinne von Kunstauffassungen, sondern auch beim Menschenbild. Dass kaum eine Frau ohne drastische Verkürzung der Stirn dargestellt wurde, hat viel mit der damaligen Meinung über Frauen zu tun: Nicht wirklich klug, ein wenig simpel und irgendwie so gar nicht gleichberechtigt. Sinnlich ja, schlau nein. Sünderin, Mutter, aber bitte nicht den Mund aufmachen In der Mode, in der Malerei, bloss keine hohe Stirn. Kommt gar nicht in Frage, sonst bekommt die Tochter keinen Mann.



So war also der Stand der Dinge, bis eine "Orientalin mit Doppelflöte" angeboten wurde. Der nicht ganz so Unkundige weiss allerdings, dass es sich dabei um eine Muse, namentlich Euterpe handelt, es wussten so einige, und der steigende Preis machte die Entscheidung nicht leicht: Endlich eine Muse oder will ich wirklich so eine Neandertalerin?



Der Maler lebte eine Zeit in Italien, und es gibt dort Frauen, die so aussehen: Nicht schön, aber das mit dem Musenkuss ist ohnehin schwer überschätzt. Ausserdem werden wir alle mittelfristig alt und wenig begehrendwert, da soll man sich nicht so haben.

Jetzt bitte noch eine Klio, aber bitte aus dem Rokoko mit Kussmung und halbnackt.

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Sonntag, 18. März 2012

Das 17mm ist da

Ein wenig dekadent ist es ja schon, dass da noch die Kamera mit dran hängt, aber das Wechseln der Objektive ist bei Digitalkameras ohnehin nicht so gut für den Sensor.



Ich werde mir einfach einreden, dass es dem Dienst am Leser geschuldet ist. Und der beruflichen Sicherheit, denn schlimm wäre es, würde unterwegs eine Kamera ersatzlos ausfallen.

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Mittwoch, 14. März 2012

Fortschritt ist,

wenn Menschen ein System entwickeln, bei dem einzelne Bestandteile länger in Gebrauch bleiben als andere, mit der Folge, dass die bleibenden Teile zusammen mit den nicht gebliebenen weniger kosten als ohne sie. Und das nicht Gebliebene ist in diesem Fall ein Objekt, das vor gerade einmal zwei Jahren noch der feuchte Traum vieler Kunden war, und sich nur marginal von den heutigen Versionen unterscheidet:



Ich bereue es absolut nicht, mir meine E-P1 zum damaligen Normalpreis gekauft zu haben. Sie war jeden Cent wert, sie liefert erstklassige Bilder, sie passt perfekt zu meiner Arbeitsweise, sie ist klein und unauffällig und sehr, sehr robust. Dass ich jetzt für ein Objektiv mit dranhängender Kamera (Kaufbeleg vom November 2011) weniger als für das Objektiv bezahle, betrachte ich als Zeiterscheinung. Keine Sorge, das kann und wird nicht ewig so weiter gehen.

Nur das mit dem Wechselobjektiv, das wird nichts mehr in dieser Welt, wenn da immer gleich die Kamera dranhängt, weil es ohne Kamera teurer wäre. Die einen nennen es Fortschritt. Die anderen Irrsinn.

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Dienstag, 13. März 2012

Neue Schuhe (Nicht was die Leser denken)

Das ist die bisher gewohnte Ansicht meines Automobils auf Reisen: Etwas schräg, schnell, dynamisch, mit sich kreuzenden Linien, und im optischen Zentrum das Vorderrad mit seinen kantigen Felgenlinien.



WROOOAAAAAARRRRRR.

So sieht das, mit ein paar bedauernswerten Unterbrechungen, nun schon seit etlichen Jahren aus. Das sind die Alufelgen, mit denen die Barchetta ausgeliefert wurden, und sie haben bislang alles mit einigen Schrammen und viel Dreck mitgemacht: Pässe, Landstrassen, Autobahnen, einige Länder und sogar Berlin. Man kann sagen, ich habe ihnen viel zugemutet.



Mitunter auch etwas zu viel. Zumindest die Reifen sind inzwischen am Ende, und ob so viel Sturz sein musste, weiss ich auch nicht. Allerdings war die Strassenlage in Kurven sehr, sehr gut. Aber die Pässe gehen auch nicht ohne Wirkung an den Reifen vorbei, und dass sich etwas ändern muss, zeichnete sich schon im Herbst ab. Prinzipiell gab es da zwei Optionen: Neue Reifen oder - wir leben ja in der Moderne, wo alles, was nicht mehr ganz neu ist, weggeworfen wird - ein Schielen zur grossen Bucht, in der der Müll träge schwappt wie Wowereit im Ferienhaus des Partymanagers. Nur nicht umsonst. Aber andererseits auch mit guten Felgen günstiger als neue Reifen plus Einbau. Wobei ich immer wieder von den Reifenpreisen der Automonbile überrascht bin: Man bekommt diese fetten Gummiwalzem mit mehrern Kilo Gewicht bereits für Preise, die man für 200 Gramm Rennradreifen bezahlen kann.



Sparsam bin ich auch beim Wechsel, eigentlich gezwungenermassen: Man kann mit der Barchetta die Winter- und Sommerreifen gar nicht transportieren, damit das in der Werkstatt gemacht wird, wie man das heute eben so macht. Vorbei die Zeiten, da jeder im Frühling selbst schraubte und jede irgendjemanden suchte, der ihr das macht. Heute lernen Kinder nicht mehr das reifenwechseln, sondern dass man alles in der Werkstatt machen lässt. Heute, habe ich mir erklären lassen, lagern in den Städten die Reifen so oder so bei der Vertragswerkstatt, für sie wird ein Platz gemietet, und sie werden dann getauscht; sei es, weil die Witterung sich ändert, oder die Reifen jetzt schon vier Jahre alt sind oder einfach mal neue Felgen her müssen. Sicher, die Reifen sind nicht teuer, aber die Folgekosten durch dieses System sind erheblich. Dafür ist es bequem. Und man muss es nicht selbst machen. Man braucht niemand, und man muss auch nicht Reifen aus dem Keller schleppen. Ausserdem ist es auf offener Strasse auch nicht ungefährlich. Und überhaupt müsste man mal berechnen, was für Zusatzkosten das Leben als Single in einer grossen Stadt mit sich bringt, in der Parkplätze selten und die Mieten exorbitant sind. Aber egal. Ich miete ja nicht, und ich kann das auf meinen Stellplätzen machen.



Aus irgendwelchen Gründen waren damals, 1995, nur die kantigen Alufelgen mit 10 Löchern lieferbar; die eigentlich gewünschten Zusatzfelgen mit Turbinengestaltung soll es angeblich erst ab 1996 zu horrenden Preisen gegeben haben, so dass deren Erwerb nicht vollzogen wurde. Die alten Felgen stemmten sich mit ihrer historistischen Aufmachung gegen die Moderne, die neuen Felgen dagegen sind etwas gewöhnungsbedürftig. Ich weiss von Vergleichsbildern aus einer anderen Barchetta, dass sie etwas langweiliger aussehen, wenn das Fahrzeug schnell unterwegs ist. Aber immerhin, es sind die originalen Fiatfelgen, und was die Leute immer mit dem Radwechsel haben, verstehe ich auch nicht: Das dauert in der Regel auch nicht länger als die Fahrt zur Werkstatt.



Das sind aber erst mal genug neue Schuhe für Italien, vor der Hinreise wird gar nichts mehr gekauft, und in Italien selbst stehe ich vor der Wahl, entweder wertvollen Platz auf der Hinreise für Schuhwerk zu vergeuden und genug Schuhe dabei zu haben, oder mich beim restlichen Gepäck nicht gar so einzuschränken, und dann Italien Schihe je nach Bedarf zu kaufen. Wie auch immer: Schuhe sind in jedem Fall sinnvoller als das Delegieren von Arbeiten, die man selbst machen kann. Und das Entsorgen von pfenningguten Felgen, weil die Mode heute andere Formen diktiert.

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Samstag, 3. März 2012

Wankelmut

Ich bin mir nicht ganz sicher, was mich heute mehr amüsiert hat: Die Kinderplapperei einer Ex-Hardcore-Postprifaschistin, dass sie gerade einen bekannten Datenschützer am Telefon hat, damit es auch ja alle mitkriegen, dass sie jetzt eine der Guten ist. Oder ihre alten guten Freunde der Spackeria, die vermutlich langsam begreifen, dass sie eine blöde Staffage für eine überzeugungsfreie Awareness-Show gewesen sind. Würde der Weg zur erhofften Macht und all den schönen Talkshows es als opportun erscheinen lassen, das Frauenbild der katholischen Kirche zu übernehmen, ich habe keinen Zweifel, dass auch ihre feministischen Freundinnen eine erstaunliche Überraschung erleben würden: "Telefoniere gerade mit Walter Mixa", stünde dann vielleicht bei Twitter.



Aber was soll ich sagen: Auch ich werfe schnell Prinzipien über Bord, wenn es mir geraten scheint. So wollte ich eigentlich auf schönes Wetter warten, bevor Erneste V. "der Rostpockennarbige" über die Strassen fegen sollte, aber irgendwie war ich gestern weitgehend fertig mit dem Basisaufbau. Und bevor die feinen Teile - anderer Sattel, eine neue Kurbel, neue Reifen - drankomnmen, dachte ich, probiere ich es doch einfach mal auf knappen 30 Kilometern aus. Nur um zu sehen, ob alles läuft.



Ich bin im Winter ruhigere Räder gefahren, da ist so ein Ernesto wieder eine ziemliche Sensation. Besonders dieser Ernesto, denn der Vorbesitzer hat neben den Schweisslöchern auch ein paar gute, leichte Teile hinterlassen: Eine Titankassette, ein Carboninnenlager, leichte Felgen,und dann ist der Rahmen auch noch erheblich leichter und minimal kleiner als bei meinem Gulfnago: Das merkt man. Es ist nicht schneller, denn schnell sind nur die Beine, wenn sie es denn sind, aber sehr lebendig und flink.



Es war heute so trüb und novemberlich und kalt, gar kein schönes Wetter, aber das Rad ist trotzdem bunt und eigentlich will man noch weiter und noch weiter fahren - morgen dann. Man soll es nicht übertreiben, auf zu Fetzen gefahrfenen Hinterreifen. Morgen kommt der Ersatz, und dann machen wir, so die morschen Knochen so weit tragen, die 60 Kilometer, dann auch mit deftigen Steigungen.



Ausser, es kommt jemand dazwischen. Oder ich raffe mich auf und schreibe etwas, das ich dringend machen muss, aber es ist noch nicht perfekt in meinem Kopf. Ich muss noch immer zu viel erklären, Und diesmal muss es einfach und durchschlagend sein. Dumme, kurze Gedanken hat man oft beim Treten auf dem Rennrad. Man wird sehen und lesen.

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