: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 11. September 2011

Hostiennachspeise

Bayern wie es wirklich ist. Manchmal. Immer noch.



Und das alles bei sagenhaftem Wetter.

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Sonntag, 31. Juli 2011

Kreuzritter in Franken

Ich war in letzter Zeit - so ich denn Zeit hatte - ziemlich viel in alten Mauern unterwegs. Alten, schäbigen Mauern von mir selbst und anderen, die erheblich besser waren. Und ich sage es ehrlich: Tage auf dem Schloss können einen ziemlich versauen. Man denke an einen sparsamen Bordellgeher, der plötzlich eine Woche lang jedes Freudenmädchen haben kann, das er will (das einzige Freudenmädchen, das ich gern habe, kommt übrigens gerade wieder). Man stelle sich vor, ein Trüffelliebhaber, der bislang vorsichtig gerieben hat, bekommt einen 40 Gramm schweren Trüffel und muss ihn alleine verkochen. So in etwa geht es mir in Schlössern, und kaum bin ich daheim, kommt mir alles so klein, verhaut und billig vor.



Das betrifft übrigens auch manches Schloss; so war ich im recht gut und weitgehend original erhaltenen Pommersfelden, und danach fällt das Deutschordensschloss in Ellingen schon etwas ab. Das Schloss wurde in den 1720er Jahren erbaut - also zu der Zeit, als auch bei mir die Innenwände eingezogen wurden - und danach erheblich verändert. Gerade das Biedermeier hat ziemlich schlimme Spuren in Form von unpassenden Tapeten und Vorhängen hinterlassen. Für sich gesehen durchaus hübsch, aber wenn man genau hinschaut, passt es nicht wirklich. Ellingen ist eines der Beispiele, in denen fast jeder stilistische Irrtum im Prunk ersäuft, aber der Kenner sieht die aufgedunsenen Wasserleichen in der Formenbrandung. Trotzdem sollte man es besuchen.



Die eigentlich witzige Geschichte ist nämlich nicht der Bau an sich oder der Deutschorden, und auch nicht der spätere Besitzer Wrede, der in den napoleonischen Kriegen politisch und räuberisch sehr wendig war. Sondern eher der Grund, warum man hier ein neues Schloss bauen musste: Davor hatte sich der deutsche Orden erst mal provisorisch wieder eingerichtet. Denn um 1630 waren hier die Schweden. Und brannten den Ort nieder. Mit Hilfe der einheimischen, dem Deutschorden hörigen Bevölkerung. Gelegenheit macht Plünderer.

Man ahnt es: So besonders beliebt waren die Verteidiger des christlichen Abendlandes damals schon nicht. Kein Wunder also, dass die neue Residenz dann so viel Selbstvertrauenspropaganda vorzeigt. Man sollte also besser aufpassen, wenn man dort historisch anknüpfen will. Wobei das Schloss natürlich immer noch schöner ist, als die Wohngelasse von Sarrazin, Broder und Herre, nehme ich an.

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Dienstag, 1. März 2011

Früher

Zu Beginn mochte ich das Cafe Puck nicht besonders; es hatte eine zu hohe BWLer- und Juristenquote, um meinen Ansprüchen an gutes Publikum zu genügen. Aber nach 20 Jahren ist es zusammen mit seinen Gästen und Möbeln ziemlich alt geworden. Inzwischen kommen auch Leute her, die sich wirklich alle Qualitätszeitungen nehmen, die Feuilletons lesen und darüber Kaffee trinken. Früher wäre das undenkbar gewesen.



Angenehm auch: Die Karte hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht geändert. Diue heisse Zitrone ist, wie sie war, der Teller "50 Jahre Israel" ist auch 63 Jahre nach der Staatsgründung immer noch so wie in der Frühzeit der New Economy. Längst ist das Cafe Puck so etwas wie ein Teil meiner Geschichte geworden, nur junge Leute gehen heute woanders hin. Das macht mir allerdings nichts; deren moderne Cafes sind mir zu neu und gleichförmig. Ein paar Dinge sind geblieben, wie sie waren, aber sogar das moderne Antiquariat in der Amalienstrasse hat jetzt neue - und heterosexuelle - Besitzer. Und hinter der Uni schliesst das viertletzte Antiquariat für Bücher aus der Zeit vor 1850.



Derweilen wird jetzt eine tiefe Wunde geschlossen: weit nach hinten werden sie bauen, ganz vorne Studenten, dazwischen, oben der Luxus und nach hinten hinaus wieder Studenten, die nur drei Jahre da sind und deshalb die Steigerung der Miete gleich zu Beginn zahlen werden. Die Maxvorstadt war einmal meine Heimat - jedesmal bin ich jetzt froh, wieder an den Tegernsee oder an die Donau fahren zu können. Ab und an kommen ja so Ideen auf, man könnte die Wohnung doch einfach nicht mehr vermieten, um ein Familienstandbein in München zu haben, aber ich brauche das nicht. Reinfahren, Cafe besuchen, Bücher kaufen und wieder fahren reicht. Heute in 42 Minuten an den Tegernsee.

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Mittwoch, 26. Januar 2011

Inflationsgespenster

Ich sage dann immer: Ich habe sowieso nichts, mir ist das wurscht. Wenn mich ziemlich wildfremde Leute fragen, was ich denn von der Inflation halten würde.



Die letzten drei Jahre haben das Denken der Menschen und ihre Vorstellung von Öffentlichkeit vollkommen verändert. Man tut jetzt Dinge, die 2007 undenkbar gewesen wären. das liegt vielleicht auch am nicht abreissenden Strom der quotenträchtigen Talkshows zum Thema. Es ist so normal geworden.

Vielleicht ändert sich das auch wieder, aber so richtig hat man sich noch immer nicht an die latente Gefahr gewöhnt. Wie Zahnschmerzen - man fasst sich unwillkürlich an die Wange, auch wenn es nichts bringt. Man redet, aber reagiert kaum. Man wartet. Und hat Angst.

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Mittwoch, 6. Oktober 2010

Härter als die l'Eroica

Daheim wartete eine Nachricht auf mich. Nicht wirklich extrem überraschend, aber doch so, dass ich sagte: Endlich klare Verhältnisse. Das Hinterhaus steht ab Januar für die Restaurierung zur Verfügung.



Auf den ersten Blick sieht man, dass hier in den letzten 45 Jahren keine Sanierung mehr stattgefunden hat, weil: Aufgrund von Gründen unmöglich. Und der Ausbau davor war auch nicht gerade das, was man heute als stilsicher bezeichnen würde. Immerhin aber entstand damals Raum, für den man heute kaum mehr Baugenehmigungen bekommen würde. Es ist eine grössere Aufgabe, aus diesem Problem - und es ist eines, aufgrund vieler kleiner Einzelheiten - wieder ein Schmuckstück zu machen, aber die Alternative wäre ein Abriss, und der würde nur Geld kosten und eine Freifläche hinterlassen, von der niemand etwas hätte.

Da wird einiges zu tun sein. Man beachte nur den oberen Balkon: da ist Rost, aber ich habe vor ein paar Jahren mal einen Kostenvoranschlag miterlebt, bei dem so ein Geländer neu gemacht werden sollte: Es lohnt sich, da selbst zu schleifen, die Zwischenräume mit Streben zu füllen und selbst zu streichen. Neu kostet der Spass schnell 5000 Euro. Da kommt eine Menge Arbeit auf mich zu. KLassische Don Alphonso Arbeit, richtige Arbeit, nicht nur so ein paar Zeilen für das Buchmesseblog runterschreiben, über Hegemänner und andere, die ich da hinten gern zu schlecht bezahlter, harter Arbeit abkommandiert sehen würde.

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Sonntag, 29. August 2010

Real Life 28.08.2010: Rekonvaleszenz

Heute nach dem Konzert so: Herr Porcamadonna, sie brauchen eine Frau, die auf Sie aufpasst. Die A. soll mit ihnen gleich in die Apotheke gehen. Sie sollten es mal mit einem Tanzkurs probieren, die I. fängt jetzt auch wieder an. Also, das haben Sie in Ihrem Alter doch gar nicht nötig, und Sie sehen ja, wie es endet.

Gestern dagegen schon:











Ich glaube, ich bin zu schnell für Kuppeleien und gedenke es auch weiterhin zu bleiben.

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Freitag, 23. Juli 2010

Katzen gehen immer

Zweitkatz liegt im Schatten, weil es in der Sonne zu heiss ist, und entwärmt über den Boden.



Juli 2010, der Monat, in dem die Katzen aufgehört haben, sich für Vögel zu interessieren.

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Sonntag, 4. April 2010

Real Life 3.4.2010 - Velozipädisches

Man sagt, dass das Glück mit den Liebenden ist, aber manchmal ist es auch mit den Lieblosen, denn Iris erwischt dich telefonisch gerade hzu jenem Zeitpunkt, da du angehalten hast, um den sicheren Sitz der Ladung zu überprüfen:
Wo bist du?
Im Altmühltal. Wo sich Päderast und Prügler Gute Nacht sagen.
Kommst du bald zurück?
In einer halben Stunde bin ich da.
Aber da wusstest du noch nicht, dass du noch schnell dies und das kaufen musstest. Du hättest es mit etwas Denken wissen können, aber der ganze Tag verlief schon im angenehm dumpfen Handwerkermodus.



Eine gute viertel Stunde sehr guter Natur zu spät - aber wer hätte denn wissen können, dass Iris wirklich pünktlich eintrifft, rollt auch die Barchetta dann vor dem Hof aus. Darin wartend Iris, und sie ist nicht allein, auch sie hat etwas mitgebracht, was im letzter Herbst noch ein Fahrrad war. Nun ist es eher ein Rosthaufen, bedingt schiebebereit und mit fataler Ähnlichkeit zu jenem Rosthaufen, den du fluchend letztes Jahr in Stand gesetzt hast. Leider, gesteht Iris ein, hat sie das Rad im Herbst hinter dem Haus stehen lassen. Ab und an sei ihr eingefallen, es in den Keller zu tragen, aber da habe sie nie das richtige Gewand getragen, dann kam der Schnee und nun die Erkenntnis, dass es ohne fremde Hilfe nicht geht. Dort, wo man für dergleichen zahlt, war sie nicht willkommen, schliesslich gibt jeder zu Ostern sein Rad zur Inspektion (selber machen? ah was.). Drei Wochen Wartezeit waren zu viel, und dann gibt es da ja noch den günstigen Hinterhofschrauber, der alles für ein Lächeln macht. Oder eine Beleidigung.



Mein Gott ist das scheusslich, entfährt es Iris angesichts der Neuanschaffung für einen Dritten, der auch gern ein Rad für 2000 Euro fahren will, ohne soviel auszugeben, und dem du geholfen hast, denn irgendwas muss man ja kaufen, wenn schon DDRös der Trüffelpecorino nicht mehr verfügbar ist - für mindestens drei Wochen! Natürlich hat Iris recht, sagst du dir, es ist wirklich scheusslich, und alles Reparieren und Pflegen, was dem Rad die letzten Jahre fehlte, werden es nur in begrenztem Umfäng ändern. Es ist funktional, es fährt, es lenkt, es bremst, es federt vorne und hinten, der Gang springt nicht raus, und trotzdem ist es hässlich. Ein halbes Jahrzehnt nach dem Ende der guten Stahlrahmen schien plötzlich alles möglich zu sein, und das ist das Ergebnis. Auch wenn du ein gutes Dutzend Aufkleber entfernen wirst, bleibt es eine Missgeburt des Raddesigns. Aber es ist auch eine angenehme Aufgabe, bei der man nicht denken muss. Und du hast Zeit.

Iris dagegen muss gleich wieder weg, Koffer packen. Mit etwas Verspätung geht es nach Jesolo, wie jedes Jahr. Vielleicht, meint sie, findet sie ja dort jemanden, mit dem man etwas Spass haben kann. Im Ibiza für Apotheker und Zahnärzte kann das schon was werden, freundlichst du zurück, und Iris kann schlecht etwas darauf sagen, schliesslich ist es so, und bald, sehr bald wird sie ihr Rad brauchen, um ohne Parkplatzsorgen zum Wochenmarkt zu schweben.

Und wenn Jesolo nicht klappt, vielleicht ist wenigstens am Wochenmarkt jemand zu finden. Oder zumindest Wachteleier.

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Freitag, 11. Dezember 2009

Real Life Sommer 1983 - Warmes Wasser

Zwischen den Mahlzeiten beim Lesen wieder eingefallen: Ein Tag unter feinen Kindern.

Eigentlich fühlt es sich an, als wären wir damals noch Kinder gewesen, aber es kann nicht stimmen. Denn J. hatte bereits den weissen Porsche, und war nur ein, zwei Jahre älter als ich und V. und E.. Wir waren also keine Kinder mehr, Jugendliche vermutlich. Vielleicht liegt das gefühl, noch Kind gewesen zu sein, am Surfboard, denn als E.s Vater das kaufte, fuhr ich mit, und an jenem Tag radelte ich über die Wiese zu ihnen. Es war einer der letzten Tage mit diesem Rad für Jüngere, bald danach begannen die Sommerferien, und meine Eltern hatten keine Bedenken, mich damit nach Südfrankreich fahren zu lassen, wo auf der Anreise die Speichen hinten brachen und mit jenem Zoooing-Geräusch meine Liebe zu richtigen Rennrädern und allem, was schnell und gefährlich ist, begann. Mit Schutzblechen ist man ein Kind, mit Tempo 90 den Monte Baldo runter ist man erwachsen.

Das Desaster des Jugendrades zwischen Bourg und Belfort kündigte sich schon bei diesem Radweg an, denn die Kette sprang heraus, ich musste sie wieder einfädeln, schnell nach Hause und die Hände waschen - es wäre vollkommen undenkbar gewesen, zu E.s Vater mit schmutzigen Händen zu kommen - und meine Mutter rief dort an und entschuldigte mein Zuspätkommen. Dann fuhr ich hin, und alle mit Ausnahme von E.s Mutter, die nicht vollkommen von diesem für ihre musischen Töchter eher unpassenden Sport angetan war, gelangten wohlbehalten im Geschäft an.



Von da an hatte E. wie alle anderen im Viertel am See ein Surfboard. Wenn Wind war, gingen wir surfen, und wenn nicht, lagen wir an der einzigen Stelle des Sees mit Sandstrand an jener Stelle, wo früher der Förderturm für Kies und Sand gestanden hatte, in den alten Betonfundamenten, und überlegten uns, was die Zukunft bringen würde. Abitur, Studieren, und dann... Wir wussten es auch nicht. E. und ihre kleine Schwester wurden durchaus umgarnt, von jenen, die nichts über sie wussten, nichts von dem rosa Zimmer, das E. bewohnte und vom hellblauen Zimmer, das ihrer ausnehmend schönen Schwester überlassen blieb. Wir hingegen wussten es ja, wir waren ihnen nah, weil wir es wussten, und hätten wir es nicht gewusst, dann hätte man uns erst gar nicht so nah kommen lassen. Ihr Vater war (und ist übrigens auch heute noch) der Inbegriff des korrekten Bankdirektors, und wenn wir mit E. zur Schule radelten, konnte er und wir genau vorhersagen, wo wir ihn überholen würden: Ziemlich genau am gelben Porsche 911 Targe von Frau P., und nie hinter der Strasse, in der V. wohnte, und der uns ab dort begleitete.

Weil ihr Vater so überkorrekt war - übrigens im deutlichen Gegensatz zu ihrer offenherzigen und sagenhaft freundlichen Mutter - wussten wir auch, dass es sich nicht lohnen würde, hier zarte Bande zu knüpfen. Man konnte mit E. schönes Briefpapier kaufen und über Bücher sprechen, aber man lässt sich ja immer auch mit einer ganzen Familie ein, die wiederum die eigene Familie schon aus Zeiten kennt, da die Grosseltern noch Kinder waren. Wir waren uns alle zu ähnlich, viel zu ähnlich, und neugierig ist man stets auf das Unbekannte. Ausserdem hielt man uns - unzutreffenderweise - für Verwandte, und man weiss ja, was alles so gerdet wird.

E. hatte, und damit begann das Unglück, auf dem Bankenball im Stadttheater J. kennengelernt, den Sohn einer anderen Dynastie der Stadt, die in den kommenden Jahrzehnten wirtschaftlich expandieren und ansonsten typisch für diese Region bleiben sollte. J. selbst hatte damit wenig zu tun, der Konzern ist eigentlich einem leitenden Mitarbeiter und weniger der Familie selbst zu verdanken, und damals waren sie schon etwas reicher. So reich, dass sie J. einen Porsche 924 in Weiss zum 18. Geburtstag schenkten. Seine plötzliche Anwesenheit empfanden wir als Provokation, denn J. tauchte nicht nur am See mit lautem Motor auf - seine Eltern wohnten aus mir unbekannten Gründen nicht im einzig richtigen Viertel der Stadt, sondern nur bei den Ärzten - er wollte auch unseren Standort verlegen. Weg von der sandigen Bucht hinter einem Erdwall zu einer anderen Bucht, von wo aus man seinen weissen Porsche sah. Uns mit unseren bunten Brettern war das nicht recht, denn es war der beste Platz, und schon immer hatten wir ihn besessen. J. allerdings legte wenig Anwesenheit auf uns, allein die E. wollte er mitnehmen. Wir waren, das liess er uns merken, ohnehin nur störend.



Es war im späten Sommer, und die ersten Blätter trieben schon im Wasser, die grossen Ferien gingen zu Ende, da wurde E. mitsamt Brett und Schwester von ihrem Vater zu uns gebracht, auch meine Eltern und die von V. brachten uns an den See, und weil es windstill blieb, legten wir uns auf die Bretter und paddelten nach draussen: E. und V. auf E.s Brett, ihre kleine Schwester und ich auf meinem Brett. Es war nochrecht früh am Morgen, und wir sassen auf dem Wasser und redeten über die Schule, die bald wieder drohte, über Bekannte, über nichts. Vom Parkplatz hörten wir das bekannte Motorengeräusch, J. ging an den See herunter, sah uns und rief E..

Ich weiss nicht mehr, was E. sagte, aber es waren keine freundlichen Worte, während J. nach vergeblichem Rufen ins Wasser ging und zu uns heraus schwamm. Zu wenig Platz sei auf den Brettern, riefen wir ihm zu, er solle wegbleiben, er störte uns in dem Frieden, den es nur gibt, wenm Kinder reicher Leute sorglos am See sind, aber das nahm er nicht zur Kenntnis. Unerträglich fanden wir ihn, und V., dessen Mutter den 924 nicht einfach in Silber so geschenkt bekommen hatte, machte aus seiner Abneigung gegen J. keinen Hehl. So paddelten wir weiter, wenn J. näher kam, liessen immer ein paar Meter zwischen J. und uns, hofften, er würde umkehren, aber J. war jung, schlank und keinesfalls schwach. Irgendwann hörte V. zu rundern auf, stellte sich auf das Brett, liess J. herankommen, bis der zu schwimmen aufhörte und E. ansprach. Dann sprang V. vom Brett herab auf seine Schultern.

Und drückte ihn unter Wasser. J. war verschwunden, von V. war nur noch der Kopf über dem funkelnden, stillen See. Es dauerte etwas, bis J. auftauchte, schrie, Dinge schrie, die wir nie gesagt oder auch nur gedacht hätten, und sich mit V. eine kurze Schlägerei im Wasser lieferte. Dann schwamm er zurück und verschwand mit seinem Porsche. Er hätte auch tot sein können, aber das verstanden wir erst viel, viel später. Wir bewahrten das Geheimnis, nur V. gab damit in der Schule an, auch gegenüber der Apothekerstochter A., die sagte es ihren Eltern, und das Gerede nahm seinen Lauf.

V. und E. jedoch waren im Winter ein Paar, und ich küsste zu jener Zeit den Hals der Tochter des Chefs von E.s Vater in deren S-Klasse. J. baute später in der Stadt wenig schöne Hochhäuser, und die Ehen von E. und J., natürlich mit anderen Partnern, sind nur begrenzt glücklich, die von V. sicher mehr als die von E.. Ihre Kinder gehen nicht in die gleiche Schule, sie wohnen auch nicht im gleichen Viertel. Niemand von uns wohnt noch in diesem Viertel, und die Schwester von E. ist auch weggezogen.

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Donnerstag, 5. November 2009

Real Life 4.11.09 - Die Sache mit den Pferden

Hier links abbiegen, sagt Iris.

Warum?

Da hinten geht es zum Gestüt, und was du jetzt noch brauchst, ist ein Pferd. Ich helfe Dir auch da gerne weiter.

Beim Gedanken an einen schweren Pferdeanhänger gibt die Barchetta Vollgas in die andere Richtung. 131 Pferde zerren uns von dem einen Pferd weg. Du findest, die Barchetta hat recht.



Natürlich hatte auch Iris nicht unrecht. In deinem Kleiderschrank sind noch 30 freie Zentimeter und am Tegernsee noch mal ein halber Meter, es wird Winter und Meran ist eher unwahrscheinlich, so dass all die Leinenkleidung nun nicht mehr ganz angemessen ist. Auf der anderen Seite kennt Iris Leute, die Leute kennen, und die Gelegenheiten dafür werden seltener. Jedenfalls haben die Leute, die Leute kennen, die Iris kennt, Zugriff auf Dinge, die jedem Popper aus dem 80er Jahren gefallen hätten; Merino etwa und Kaschmir in geschneiderter Form. Der Monat hat gerade erst begonnen, die Einkünfte und Apanagen sind schon da, und so steht Iris vor der Tür und meint, dass du am besten sofort mitkommst. Die Leute, die Leute kennen, die sie kennt, kennen schliesslich auch noch andere Leute.

Sie drängt dich in Sachen Kleidung in Richtungen, die - nun, da sind auch noch andere Leute angelockt worden, und die Frauen suchen aus, und die Männer probieren. Du kannst gar nicht so schnell selbst durchschauen, bis Iris dich schon überhäuft - da, probier das mal, nimm jenes, das ist zeitlos, das musst du nehmen, ein Kaschmirsakko ist keines, so stelle ich mir dich im Bergwinter neben einem Christbaum mit roten Kugeln vor, Schals, hast du Schals, du kannst doch immer Schals brauchen. An den Blicken deiner Artgenossen erkennst du, was sie denken: Wenn die für sich genauso einkauft, dann ist der aber eine arme Sau. Zum Glück ist Iris geschieden, und das auch nicht von dir. Es wird relativ günstig und absolut hast du das bodenlose Gefühl eines armen Studenten, dessen Freundin nur mal kurz bei Ikea mit seiner Karte eine Vorhangstange kaufen wollte. Du zahlst normalerweise immer bar, aber diesmal ist dir die Karte irgendwie lieber. Iris ist... Iris?

Guck mal, das Hemd musst du auch noch mehmen, sagt sie und legt es dazu. Der Kofferraum ist prall gefüllt mit Zeug, um bis an mein Lebensende Rebhühner zu jagen, in kalten englischen Schlössern zu überwintern, Whiskey im Hochland zu trinken und in der Scheune unsagbare Dinge mit Mägden zu treiben - lauter Zeug, das du nicht tust.



Reiten natürlich schon gleich gar nicht. Und heiraten erst recht nicht.

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