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Donnerstag, 11. Januar 2007

23 mm

Die neue Kodak V705 kann ich nicht wirklich empfehlen.



Die Bildqualität ist ziemlich mau, Bildrauschen gehört meistens dazu, die Scharfstellung ist mehr oder weniger Zufall und die Einstellmöglichkeiten sind begrenzt. Sie hat genau das iPod-Look&Feel, das ich so hasse: Schlechte Innereien, hoher Preis, wendet sich an Leute, die zu doof sind, mehr als drei Knöpfe zu verwenden. Typisch Kodak eben. Dazu kommt, dass meine erste Kodak ziemlich schnell ohne Fremdeinwirkung über den Jordan gegangen ist. Ich bin also wenig erbaut, wie übrigens auch von Pentax und HP, die sich ohne Runterfallen und Gewaltanwendung vertschüssten . Ja, ich bin der altmodischen Auffassung, dass eine Kamera länger halten muss als 2 Jahre.

Wie auch immer: Es gibt weitaus bessere Kameras in dieser Grössenklasse, selbst meine nun anderthalb Jahre alte Canon Ixus 500, die fast 4000 Photos auf dem Buckel hat, macht bessere Bilder bei 2 Megapixel kleinerer Auflösung. Das Doppelobjektiv erinnert zwar an die gute alte Zeit, und hübsch und handlich ist das Ding, nur sinnvoll photographieren in allen Lagen kann man damit nicht. Aber ich verticke demnächst meine Blogs an einen reichen Medienkonzern und mache dann Karriere als Opeltester, also scheiss das Geld an.

Aber: Während man das Zoomobjektiv nicht geschenkt haben wollte, hat diese Kamera noch was anderes: Ein zweites, fixes Weitwinkelobjektiv mit 23 mm Brennweite. Zum Vergleich: Meine Spiegelreflex kommt bei 28 mm an ihre Grenzen, und die Ixus, von der die meisten Bilder auf diesem Blog kommen, verlässt mich bei 36mm. Grob gesagt: Während die Ixus in der Breite ca. 50° abdeckt, kommt die Kodak 70°. Und in Italien und in Innenräumen hatte ich ständig das Problem, dass die Objekte zu gross für das Objektiv waren. Ständig musste ich irgendeinen Turm, einen Sessel, eine Wand aus dem Bild lassen. Das nervt. Bis gestern.



Denn mit 23 mm bekommt man auch das ganze Gewölbe und die Pfeiler einer gotischen Hallenkirche auf ein Bild. Einfach so. Glücklicherweise reduziert die Kamera die Tonnenoptik des Weitwinkels und lässt die Ecken hell. Auf diese Weise bekommt man Mittelschiff, Seitenschiff und Kapellengewölbe komplett auf ein einziges Bild.



Und wenn es dann noch ein wenig mehr sein soll, setzt die Kamera auch drei in Folge geschossene Bilder zusammen. Dann passt auch das Gewölbe der grössten süddeutschen Hallenkirche auf ein Bild, von der Orgel bis zum Altar.

Ansonsten ist es eine miese Kamera für zu viel Geld. Aber erstens bekam ich sie für die Hälfte, zweitens werde ich nie wieder fluchend in Italien vor einem zu grossen Palast auf einer zu engen Strasse stehen, und drittens spare ich mir so einen teuren Zweitakku für die Ixus, der normalerweise einen Tag in Italien grade so durchhält.

23 mm. Irrsinn.

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Samstag, 6. Januar 2007

Sie waren jung und hatten das Geld

So war es, wenn man Anfang der 30er Jahre jung, reich und ein klein wenig dumm war, das sorgenfreie, schnelle Leben zwischen dem Tegernsee



und Heiligendamm, wenn es auf Sommerfrische ging, weg von den Verpflichtungen der kleinen, spiessigen Stadt, die keinen Sinn hatte für Halbnacktphotos und Frauen auf Motorrädern.



Immer, wenn ich mir die alten Familienalben anschaue, die beim christlichen Zweig des Clans die Jahrzehnte überdauert haben, denke ich mir so: Da braucht sich keiner über die heutige Jugend beschweren. Wenn sie gekonnt hätten, hätten sie das wahrscheinlich genauso online gestellt, geblogt und vorgelesen. Das alles holen wir jetzt nach, denn auch wir sind noch jung und haben das Geld.

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Sonntag, 24. Dezember 2006

Der Schmarrn hat auch sein Gutes

Nachher gehen die Aberimmernochgläubigen mit den Mitgeschleiften und den Erzkatholen in das gotische Kirchenloch, um sich eine Erkältung zu holen, und die Heiden wie ich warten solange mal im verräuchtern MO, um dann später die kirchenmitgeschleiften Frauen zu knutschen und nicht zu erwähnen, dass durchgefrorene Frau irgendwie gar nicht so gut schmeckt, wer wird denn kleinlich sein. Dann lacht man über Scheidungsprobleme und darüber, wie doof man damals war. Wie jedes Jahr. Das ist so eine Art Jahresabschlussergänzung, das 13. Monatsgehalt in Sachen Tratsch. Eine Ergänzung ist übrigens auch dieses Präsent:



Nein, es passt überhaupt nicht zu den von mir präferierten Silberstreuern. Aber dafür prima zu schon erhaltenen Präsenten. Die anderen gönnen einem ja sonst nichts.

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Dienstag, 19. Dezember 2006

Her mit den Asiatinnen!

Das letzte Mal, als ich einem Geschäftsabschluss auf einem Parkplatz beiwohnen sollte, war eine Geschichte zum den Enkeln erzählen: Gewisse Herren, die einer Vielzahl von Geschäften nachgingen, suchten nach einer Möglichkeit, ihr Tun im Radio unterzubringen. Nun wussten sie durch einge Veröffentlichungen in meinem - und damit auch ihrem - religiösen Umfeld, dass ich Radiomacher war, und fragten bei einer etwas unbedarften Person meines Vertrauens nach, ob man mit mir einen Kontakt machen könnte. Diese Person war in der Sache ein Entscheidungsträger, ich vertraute also auf die Rechtmässigkeit der Sache. Das erste Telefonat klang vielversprechend, das erste kurze Treffen war so wie viele andere Treffen mit Leuten, die ein Thema vorzuschlagen haben, das in die Sendung passt. Nennen wir es mal, Migranten und ihre Existenzgründung in Deutschland, an sich eine gute Sache. Wir verabredeten einen Zeitpunkt für ein Interview in einem ruhigen Cafe.

Dort erschien dann auch pünktlich mein Kontaktmann, und meinte, der eigentliche Gesprächspartner könne gerade nicht weg, er würde mich aber hinfahren. Ich setzte mich also in seinen Wagen, wir verliessen München Richtung Westen, dann telefonierte der Herr am Steuer in einer anderen Sprache und lenkte den Wagen auf einem Parkplatz an der Autobahn. Dort stand ein schwarzer Mercedes und ein ebenso schwarzer VW-Bus. Aus dem Bus quollen drei Kleiderschränke, ein vierter vom Fahrersitz des Mercedes, der öffnete die Tür, und ein Herr kam heraus, sowie zwei indezent geschminkte jüngere Frauen mit allem, was die westliche Luxusinsdustrie oder möglicherweise asiatische Fälscherwerkstätten so hergeben. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Der Herr der Kleiderschränke sagte dann, dass das Interview jetzt nicht so wichtig wäre, ihn würde es interessieren, was der Sendung eigentlich kosten würde, denn den bräuchte er, und zwar bald.

Ich versuchte ihm dann schonend zu erklären, dass ich lediglich Reporter sei und er sich in dieser Sache an den Chef der BLM wenden müsse, er solle sich aber keine allzu grossen Hoffnungen machen, in Bayern könne man nicht einfach so Sendungen kaufen. Und auf Nachfrage: Nein, es gibt da wohl auch keine Ausnahme, das läuft hier wirklich etwas anders als in Weissrussland, das er als Beispiel anführte. Nein, auch genze Sender könne man hier nicht einfach so erwerben. Gerne aber zeigte ich mich bereit, ihm einen Kontakt mit den Verantwortlichen zu machen, aber hier jetzt gleich was Endgültiges machen - das ginge nicht mit mir, sondern nur mit dem Chef der BLM. Wenn überhaupt.

Dann brachte mich mein Kontaktmann zurück nach München, ich wunderte mich über meine Verteidigung der verfilzten bayerischen Medienlandschaft und rief danach bei der Vertrauensperson an, um die Lage zu erklären. Was in der Folge dann zu ein paar Turbulenzen woanders führte, weil man die in dieser Szene ohnehin üblichen Vorwürfe der russischen Mafia als bestätigt ansah. Der Herr jedenfalls hat sich nicht mehr bei mir gemeldet, der Chef der BLM wurde nicht unter Vortäuschung falscher Tatsachen auf einen Parkplatz gebracht, und Sender hat er zumindest in Bayern auch keine gekauft. Auch wenn radio Horeb so klingen sollte: Das ist die religiöse Konkurrenz, mit der hatte der Herr nichts zu tun, und angesichts der Frauen in seinem Mercedes hätte es wohl auch anders geklungen.

Trotz dieser schlechten Erfahrungen werde ich morgen mit dem Auto auf einen Parkplatz in der Nähe von München fahren und dort einen Mann treffen, der in seinem - allerdings gelben - VW-Bus Frauen mit sich führt. Frauen fern der Heimat, grazile Geschöpfe aus Japan, Korea, China und Kambodscha. Ich gebe das zu, ich will sie haben, denn ich kann sie stundenlang anschauen. Für meine Küche, für mein Bad, mein Schlafzimmer und meine Vitrinen. Sind sie doch aufgemalt auf Seide, Porzellan, gegossen aus Bronze und gedruckt auf Papier. Einen Platz auf meinem Blog bekommt der Verkäufer hiermit auch, und dazu noch Geld. Nur seinen Namen verschweige ich natürlich, denn solche Quellen teilt man nicht mit anderen.

So also geht es zu auf den Parkplätzen der Republik. Vielleicht kommen auch noch ein paar kesse, gerundete Französinnnen des XVIII. Jahrhundert als Rötelzeichnung dazu. Meine kleine Schwester giert schon nach ihrem Anteil. Allein meine Frau Mama ist untröstlich, und auch das Argument, ansonsten könnte ich zugunsten meiner Gier nach Frauen meinen Besitz allenfalls in den gnadenlos überteuerten Freudenhäusern des Bayernlandes verschwenden, vermochte sie nicht gnädig zu stimmen. Egal. Her mit den kleinen Asiatinnen!

nachtrag: falls kenner unter den lesern sein sollten, ich sage nur yoshitoshi taiso.



der gottvater aller manga. Und zwar aus der meiji-periode.

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Samstag, 16. Dezember 2006

Pflichttermin

Morgen ist zum letzten Mal in diesem Jahr der grosse Antikmarkt in Pfaffenhofen. Die Preise werden hoch und die Feilschereien unchristlich sein, wie immer vor dem 24.12.. Aber es muss sein, denn danach gibt es 6 Wochen Entzug.

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Dienstag, 12. Dezember 2006

Von vergangener Grösse

Ich bin normalerweise ein zielstrebiger Mensch. Gibt man mir Stuck und eine Decke, mache ich hin und arbeite, bis es geschehen ist. Wenn was nicht geht, finde ich eine andere Lösung. Alles was ich brauche, sind klare Vorstellungen aus Seiten der Auftraggeber, und dann geht es los. Ansonsten mache ich es eben so, wie ich es für richtig halte. Ich kann gnadenlos energisch sein, ich schone dann weder mich noch andere.

Was mir dagegen Probleme bereitet, sind Absprachen mit mir selbst. Denn bevor es losgeht, denke ich vielleicht etwas zu viel nach. Und das kann Wochen und Monate dauern, dann hängt es an einem Detail, das nicht gelöst wird, und alle Arbeiten ruhen. So ein Detail war die alte, vernagelte Tür im Wohnzimmer. Denn die ist Familiengeschichte. Und damit geht es immer schwer.

So gegen 1730, als die Gesellschaft Jesu, verflucht sei ihr Name, ihren Reichtum in einer Asamkirche und einer eigenen Bibliothek ausdrückte, wurden die alten Funktionsräume ihres Stadtpalastes überflüssig. Die grossen Säle im Mitteltrakt wurden zu Wohnungen der Jesuitenprofessoren, womit der unrühmlichen Geschichte dieses Hauses weitere düstere Kapitel hinzugefügt wurden - es wurde eine der wichtigsten Bastionen gegen die Aufklärung, so, wie es ein Jahrhundert zuvor ein Bollwerk gegen die Reformation war. Von hier aus kämpfte man gegen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, ind für das Diktat von Altar und Krone. Und das in durchaus annehmbaren Raumfluchten mit 10 Zimmern für eine Person. Sage keiner, Verbrechen lohne sich nicht. Auch heute, in einer Zeit, in der die Menschen durchschnittlich 20 Zentimeter höher sind, wirken die Räume keinesfalls klein.

Nur - sind es nicht mehr 10 Räume, sondern nur noch 7. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts, als die Einwohnerzahl der Stadt nach oben schnellte, wurde die Wohnung in zwei Wohnungen geteilt, die Tür zwischen den Räumen mit Brettern vernagelt, und auf meiner Seite ein Schrank davor gestellt. Auf der anderen Seite wurde aus dem Türstock ein Wandschrank, aber ich habe das schlechtere Ende für mich. Und an diesem Holzverschlag blieben meine Gedanken hängen, wie eine Nadel auf der Platte. Abschleifen und verputzen? Ein Bild kaufen und drüber hängen? Es unveändert bestehen lassen als Symbol vergangener Grösse? Den Auszug des Nachbarn abwarten und dann die drei anderen Räume als Bibliothek, Billiardzimmer und neuem Vorraum kassieren? Oder gar eine Wand einreissen und einen langgestreckten Saal mit 60m² schaffen?



Es gibt eine Entscheidung: Die Bretter sind weiss gestrichen und so verputzt, dass man den Verlust noch problemlos erkennen kann. So ist es eben. Und ich brauche keine 10 Zimmer, die ich, genau genommen, mit meiner zweiten Wohung im Haus schon habe. Ja, es gab eine Zeit, in der hier weitaus mehr war, als heute ist. Nein, es ist kein Schaden, denn die, die den Raum beanspruchten, waren Schurken und Verbrecher. Es ist, wie es ist. Und jetzt geht es ruckzuck weiter:



Ein letzter Blick auf die Testfarben an der Wand: Viel habe ich ausprobiert, und am Ende hat sich die Suche gelohnt.



Dann ein grauer Streifen drüber, zur Abgrenzung von weisser Wand und zartgrünblauem Sockel.



Ein letztes Mal werden die Hepplewhitestühle dahin gestellt, wo sie nicht hingehören: Weg von der Wand, in den Raum.



Auf dem Boden liegen schon die Konsolen und warten auf ihre schwere Last, die noch zu erwerben ist. Jetzt aber schnell, denn wenn das Jahr zu Ende geht, muss hier alles fertig sein. Zwecks der neuen Grösse.

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Sonntag, 26. November 2006

Alle Herrlichkeit des fernen Ostens

Ein kleines Beispiel für Globalisierung.

In Südchina, rund um die ehemaligen Kolonien Macao und Hong Kong, macht sich ein neuer Lebensstil breit. Strassen werden gebaut, um der Flut von Automobilen Herr zu werden, Gewerbezentren der Textil- und Elektronikindustrie wuchern wie Geschwüre in die Landschaft. Das Wachstum, angetrieben durch Gelder aus dem Ausland und dem Willen des Regimes, das Schlechteste aus Kapital und Sozialismus zusammen zu bringen, zerstört alle nach einem Jahrhundert der Kriege erhaltenen alten Strukturen, und das um so leichter, als das Alte in diesem Kulturkreis keinen besonderen Wert hat. Arbeiter brauchen Häuser, am besten uniforme Betonburgen, billig und schnell zu errichten, und die Landflucht tut ein Übriges, um eine seltsame Zone zwischen Fortschritt und Niedergang entstehen zu lassen. Vernichtet wird, was im Weg steht, aber es gibt auch Verantwortliche, die wissen, dass das, was da vernichtet wird, mehr ist als Brennholz.

Und so werden in Südchina die alten Holzhäuser mit ihren geschnitzten Paneelen mitunter nicht einfach niedergewalzt, sondern abgebrochen und auseinandergenommen. Die Methode hat durchaus Tradition, diese Häuser selbst wurden aus Bruchstücken älterer Häuser zusammengestückelt, man hat die Schnitzereien nicht weggeworfen, sondern in neue Rahmenkonstruktionen eingebettet und als Spolien recht konsequent wiederverwendet. Heute aber werden die Holzplatten in Kisten verpackt, und gehen neben gefälschten Turnschuhen und billigen Messersets auf die Reise nach Europa, wo sie dann von einem Herrn vertrieben werden, der viel zu selten einen Antikmarkt besucht, auf dem ich auch bin.



Und da steht dann einer neben mir, ein Sohn dieser deutschen Erde, und schaut zu, wie ich die Bretter umdrehe und gewissenhaft prüfe, ob sie von Hand gebohrt und gesägt sind, oder maschinell hergestellt wurden. Beides findet sich in den Kisten, man muss also schon etwas aufpassen, um die Stücked des 19. von denen des 20. Jahrhunderts zu trennen. Was ich da schaue, will der andere von mir wissen, ich erkläre ihm die Unterschiede, und er meint, wenn ich etwas mit Geishas finden würde, solle ich es ihm geben.

Ich würge etwas an der Antwort, nicke dann freundlich, schenke ihm sogar das Lächeln eines koreanischen Immobilienhaifischs, der einen gerade entgrätet, und behalte die Stücke mit den tanzenden Frauen für mich, denn ich brauche viel und thematisch passendes für den asiatischen Raum, und wie die Friese neben der Buchenimitatschrankwand des Anderen aussehen würden, das stelle ich mit lieber nicht vor. Ich wühle mich durch die Kisten, finde noch eine Platte, die aus dem 18. Jahrhundert stammen könnte, und der Chinese meint, ich hätte da ein Auge dafür. Womit er nicht ganz unrecht hat. Denn in gewisser Weise bin ich dieser Region verfallen wie die Auklärer des 18. Jahrhunderts, ich erfreue mich an dem, was man an den Tänzerinnen und Sagenfiguren an falschen Vorstellungen entwickeln kann, was nie so war und letztlich doch nur Zeugnisse eines erschütternden Niedergangs sind.



Die Stücke sind alt, in manchen Ritzen ist der Dreck kaum zu entfernen, Spinnenleichen und Ungezieferkadaver geben Zeugnis vom Alter und der Verwahllosung, die die Figuren lange Zeit vor dem Abriss umgab. Es dauert Wochen, bis alle gereinigt sind und einen Platz haben, und vermutlich wird bis dann längst mein Geld unterwegs sein nach China, zu irgendeinem Neureichen, der nicht nur am Grundstück und am Bau einer Lagerhalle, sondern auch am Abriss glänzend verdient. Vielleicht nimmt er den Gewinn und macht seiner Frau damit eine Freude, ein kleiner Trip nach Thailand, wo sie sich für weniger als 200 Dollar eine neue, westliche Nase kauft, die dann so gar nichts mehr mit dem Ideal zu tun hat, was mich täglich beim Betreten meiner Wohnung auf der anderen Seite der Erde erfreut. Wir alle denken, dass wir ein gutes Geschäft gemacht haben, jeder hat, was er will - ausser dem Land, das die Relikte einer Kultur verliert, die es schon lange nicht mehr gibt.

Vielleicht aber, wenn hier nur weiter billigste Hemden gekauft werden und die Handies im Zweimonatsrythmus wechseln, werden sich die Geldströme doch so verlagern, dass dort in Asien genug Liquidität ist, um die Stücke dereinst zurückzukaufen. Dann werden sie in beleuchteten Vitrinen stehen, vor denen die Tochter des Hauses verlangt, endlich wig lange Beine zu bekommen, wie irgendeine blonde, deutsche Hüpfdohle des Popgeschehens, deren erfundenes Leben irgendwo im Speckgürtel rund um Macao die Menschen von dieser seltsam, faszinierend fremden Welt träumen lässt.

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Freitag, 29. September 2006

Schweinisches auf der Sauwiese

Hinweis für morgen: Ab 11 Uhr ist auf der Sauwiese bei Weihenstephan nahe Freising Flohmarkt - und ich werde, so es nicht regnet, auch dort sein, so ab 12. Ja, ich weiss, Bayern wie es zecht und dantelt.

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Donnerstag, 28. September 2006

Privates Sammeln, öffentliches Besitzen

Keine Frage, der Deal, den der Ministerpräsident von Baden-Württemberg mit dem ehemaligen Herrscherhaus Baden ausgehandelt hat, ist widerlich: Grosser Auktionsramsch der Landesbibliothek Karlsruhe zugunsten des letzten Schlosses Salem, das der Familie noch bleibt. Und es ist auch ein Schlag ins Gesicht für alle anderen, die sich den Rücken wundarbeiten, um historische Bausubstanz zu retten, ohne dass sie dafür irgendwas anderes bekommen als teure Auflagen vom Denkmalschutz.

Natürlich ist die Erhaltung grosser Häuser ein Verdienst, den man honorieren kann, und Salem ist sicher keine kleine Verpflichtung. Würde ich mich aber hinstellen und ähnlich rumkrakeelen - da wäre nämlich durchaus noch eine Geschichte offen aus der Zeit vor 1945 - und ansonsten versuchen, dem alten Glanz der Familie durch Bewohnen von zweieinhalb Stockwerken und 25 Zimmern nachzueifern, weil es früher so war, und würde ich dann pleite gehen - keine Träne würde man mir nachweinen, und ich kann das nachvollziehen. Das Leben im 21. Jahrhundert zwingt alle Besitzer alter grosser Häuser zu Kompromissen, egal wie sehr das Ergebnnis später nach verlorener Grösse riecht. 10 Zimmer müssen für das kleine spanische Hofzeremoniell reichen ;-). Meine Mutter war eben die letzte der Familie, die noch eine Haushälterin hatte, und die Zeiten, in denen der Patron hinten aufstockt, um nochmal Platz zu schaffen für 5 Arbeitskräfte, die ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind, sind glücklicherweise vorbei. Ich putze eben meine Wohnung selber, und wenn die Hilfskräfte Urlaub haben, sieht man mich durchaus auch beim Treppenputzen. Und nachher schneide ich den Wein. Ich mache das gerne.

Es hat also schon seine Gründe, wenn die grossen Häuser Englands, Italiens und Frankreichs meist im Staatsbesitz sind. Das ist wegen der Grösse nicht anders zu machen. Wer so ein Haus haben will, muss mit den Konsequenzen leben, und die sind durchaus heftig. Und dennoch, bei allem Widerwillen gegen diese Entscheidung des Ausverkaufs zugunsten der ehemaligen Herren, in einem Punkt kann ich die Sache nicht nachvollziehen - und das ist die Angst vor dem Übergang von Kulturgut in Privathände. Denn das Wechselspiel zwischen Privat und Öffentlichkeit hat durchaus Tradition und Sinn.



Denn wer Museumsleute und ihre Marotten kennt, weiss um die Zweiseitigkeit dieser Geschichte. Museumsleute gehören auf den Auktionen dieser Welt zum Übelsten, was man sich vorstellen kann, vom MoMa bis runter zum Ortskundezimmerchen. Der Grund dafür sind weniger die staatlichen Budgets für Ankäufe, als vielmehr der Zwang, möglichst spektakuläre Neuerwerbungen zu haben. Die Gier, die aus den Seiten mit den frischen Prunkstücken des Städel-Jahrbuchs trieft, ist immens. Museumsleute profilieren sich mit solchen Zukäufen, für die eigene Berühmtheit und zum Requirieren weiterer Mittel bei Stiftern und öffentlichen Stellen. Die Folgen sind Vorkaufsdeals mit Auktionshäusern, überzogene Preise etwa bei Chippendale- und Röntgenmöbeln, und das, obwohl die Depots weltweit überquellen von derartigen Stücken. Und nachher fehlt das Geld zur Erhaltung - man schaue sich nur mal etwas genauer in Nymphenburg oder Ansbach die Möbel an.

Was in Depots verschimmelt, in Kisten schläft oder in Hallen abgestellt wird, ist der unter dem Wasser liegende Körper des Eisbergs, ohne den es scheinbar in der Kulturpolitik nicht geht. Kein Privatsammler könnte seinen Besitz mehr wegschliessen, als die Vorratspolitik staatlicher Stellen. Und weil von dort etwas kaum mehr in den Handel gelangt, verknappt es auf Dauer die freie Zirkulation, die man sehr schön in den Katalogen von Sotheby´s und Christie nachvollziehen kann: Denn dort tauchen viele Stücke nach 20, 40, 60 Jahren wieder auf, wenn eine Sammlung zerschlagen wird. Sie wurden geschätzt, beliebt und bewundert, der Besitzer hat sich daran gefreut, und dann ist der Nächste dran, denn jeder Sammler stirbt irgendwann, Es gibt dann zumindest einen Katalog und eine Einordnung der Werke - mehr als die staatlichen Stellen hinbekommen. Und der Katalog eröffnet einen neuen Kreislauf.

Nur der Staat, der ist ewig. Es gibt da ein Buch in meiner Bibliothek, das eine bestimmte staatliche Stelle dringend haben will; ein Philosph hat in den 20er Jahren eines seiner wichtigsten Quellenwerke mit Anstreichungen und Notizen - noch dazu eine Originalausgabe aus dem XVIII. Jahrhundet - verschenkt, und somit ein Loch in seine Bibliothek gerissen. Durch Zufall gelangte das Buch zu mir, und wenn ich sterbe, dachte ich, können sie es haben. Sollen sie doch die Habil "Philosoph X und seine Rezeption der kleinen Romane Voltaires unter besonderer Berücksichtigung des Candide" schreiben. Aber so, wie es gerade in der Heimat des Philosphen abgeht, in Baden-Württemberg nämlich, wäre das ein doppelter Fehler - es käme zu einem gierigen Staat, der es erst wegsperrt und vielleicht später die gesparten Mittel einem noch gierigeren Haus in den Rachen wirft.

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Dienstag, 26. September 2006

Chez Moi

Dr. Interiorlove oder wie ich lernte, die gestern gekauften Appliken zu lieben.



Die Hütchen auf den Lampen. Die fand ich früher auch ganz grauenvoll. Wozu Licht verringern? Warum kein Feuerglanz in den Kristallen? Sind die nicht grauenvoll omahaft, oder bestenfalls was für Mädchenzimmer? Dachte ich früher.

Heute denke ich mitunter etwas anders. Bei Lampen über dem Bett allemal. Ja, es sieht aus wie eine Elitessenfalle. Nein, es ist nicht so gemeint. Es ist einach ein gutes Licht für´s Lesen im Bett. Was an manchen Wochenenden der kommenden Monate sicher eine Hauptbeschäftigung sein wird, wenn es so dunkel bleibt.

Übrigens: Die famose Helga Birnstiel macht sich hier Gedanken über passende Ficksessel im angehenden "Die Zitrone hat noch Saft"-Alter. Nicht schlecht, aber ich würde vielleicht doch auf ein originales Anbahnungsstuhlensemble hinweisen wollen:



So ist das nämlich ideal: Ein Liegesessel für die Dame und drei furchtbar unbequeme Sessel für die Herren. Sie kann sich schon weitgehend horizontal in ihren körperlichen Reizen wälzen, die Beine fast durch die Form gezwungen spreizen, die Arme willenlos seitlich fallen lassen, und ihn wie die in der Falle des umfassenden Geflechts gefangene Hirschkuh von unten flehentlich ansehen, während er mit seiner Erektion auf dem Stühlchen umherrutscht. Stuhl 2 und 3 dienen der Ablage des Porzellans, damit es bei den abzusehenden Handlungen nicht zu Schaden kommt. Der Zustand des Sitzgeflechts beweist hinreichend, dass das Objekt sinnfällig verwendet wurde. Die wussten damals, wie das mit den Ficken geht. Von denen können wir noch was lernen. Wohnst Du noch in Ikea oder kriegst Du schon Sex? Das ist die Frage, deren Lösung in Form einer Bezugsadresse ich gerne zur Verfügung stellen kann.

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