: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 28. November 2012

Der Letzte

Das muss man auch erst mal als Region schaffen: 7 Wochen Spätsommer in der an sich hässlichsten aller Jahreszeiten, dann zwei Tage echter Herbst in Grau und Nebel, und dann Winter. Und zwar gleich richtig mit allem, was dazu gehört. Nun ist der Winter am See zwar sehr erbaulich, aber die Entstehung des Winters, diese paar Tage, da es schneit, ist nicht so angenehm (Merke: Es gibt einen gigantischen Unterschied zwischen Schneefall und liegendem Schnee, beim einen nämlich bekommt man keinen Sonnenbrand). An solchen Tagen mache ich auch das, was ich in Frankfurt immer tue: Ich schaue mir schönere Bilder vom Tegernsee an. In Frankfurt ist es die Webcam vom Schloss Ringberg, am Tegernsee ist es die letzte normale Bergtour des Jahres am Sonntag.







Als ich hierher gezogen bin, fragten daheim viele, ob die Wohnung nicht vielleicht dem gleichen Schicksal zum Opfer fallen würde, wie so viele andere Zweitwohnsitze: Irgendwann wird es langweilig, man kennt alles schon, andere bringen Neues aus neuen Ländern mit, das Fernweh erwacht, man möchte doch etwas anderes sehen - mir reicht es eigentlich zu sehen, dass es über mir blau ist. Und da hinten das Grauen ist, dem ich entgangen bin. Ich bin da sehr genügsam. Und ich sehe immer etwas Neues.







Ich sehe den Menschen, die draussen sitzen und zufrieden sind. Ich sehe nichts von dem ganzen Spa-Mountain-Irrsinn, der sich jetzt in den Bergen breit macht, und ich sehe auch nichts vom Winter-Opening, das 2012 glücklicherweise ausfallen wird. Es ist, denke ich mir, doch schon, dass es gar nicht mehr sein muss. Ein kleiner Berg, schönes Wetter, Fernsicht, und Leute, die zu fünst für 25 Euro mit der BOB anreisen. Sicher, es sind auch die üblichen Leute aus Tegernsee da, aber über allen scheint die Sonne gleich. Es ist nochmal ein schöner Tag, der letzte, leider, aber man muss dankbar sein für das, was man hat.







Das Karwendelmassiv, mit dem Wissen: Dahinter ist Innsbruck, und von dort aus ist es nur noch ein Katzensprung. In der Ferne die Zugspitze. Und nah, ganz nah, die Socken von der Mare, die vielleicht noch ein klein wenig zu warm sind, aber das Wetter kommt ihnen langsam entgegen.







Dann geht es wieder ins Tal. Es kommen Schäfchenwolken auf; man sagt, danach würde es keine 24 Stinden dauern, und der Regen käme. Darüber kann man hier nur lachen, diese Wolken kommen am Abend und am nächsten Tag strahlt wieder das Blau; die Regel stimmt hier selten, ausser wenn sie stimmt, und diesmal wird es letztlich doch so sein. Nach 7 Wochen Widerstand gegen das Unvermeidliche und 6% Luftfeuchtigkeit auf den Bergen - es war eine gute Zeit für die Brauer und auch für mich.







Jetzt ist es vorbei. Aber so ist das nun mal. Es ist kein Bedauern draussen im Nebel. Man muss nehmen, was man kriegen kann, und ich habe alles genommen. Es gibt keinen Grund, etwas zu bedauern. Und wenn es doch schlecht und hässlich sein wird - diesen Winter wird die Eurokrise wieder zurückkommen - dann schaue ich mir halt an der Heitung diese Bilder an, trinke Tee und trage einen Seidenschal aus Bellagio.

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