: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 18. April 2004

Damnatio Memoriae

Er war kein Sympathieträger. Er wirkte wie einer von den abstossenden Jungdynamikern, die in Firmen alles durcheinanderbringen und weg sind, wenn die Scherben ihrer tollen Pläne vom Global Player und Content Providing weggeräumt werden müssen.

Auch ein weiblicher Sidekick half nichts. Er kotzte die Republik an, und die einzigen, die zu ihm hielten, waren irgendwelche Jungmanager der Firma, die genauso brunzdumm und schreihalsig wie er selbst waren. Letztlich wurde er gekillt, aus allen Werbungen gestrichen.



Man machte Jagd auf ihn. Er war Teil einer Firmenstrategie, von der die Firma nichts mehr wissen wollte. Er wurde ausgerottet.

Nur in Berlin Schöneberg klebt Robert T. Online noch auf der Rückseite einer Telefonzelle. Man hat ihm zwar einen metellica-Sticker über die Fresse geklebt, aber er ist noch da.

Es ist aber auch nicht so wichtig. Vor der Rückseite des Telefonzelle ist ein Friedhof. Und wer tot ist, surft nicht. Zumindest nicht mit T-Online.

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Jobhopper 2

Am nächsten Morgen fühlte er sich, als hätte er mit einem T34-Panzer geknutscht. Um 5 war er schliesslich ins Bett gegangen, weil noch immer keine Email aus den USA vom Mutterhaus gekommen war. Seine Vorgesetzten hatten die Mobiles ausgeschaltet, und auch die Privat-Notfallnummer der Chefsekretärin klingelte er vergeblich an.

10 Uhr Deutschland ist fast Mitternacht in Utah. Im Prinzip könnte jetzt eine Mail da sein. In seiner Inbox standen aufgereiht die Anfragen von 63 Journalisten, die ein Statement wollten, und er hat absolut keine Instruktionen, was in diesem Fall zu tun war. Kein Plan B. Noch nicht mal ein Plan. Er liebte das Reden, das Angeben, das Aufreissen, wenn sie ihm an den Lippen hingen. Es war ein Orgasmus, wenn er Quotes ungeschnitten beim Spiegel durchbrachte. Jetzt musste er erst mal die Klappe halten. Er hasste es.

Er hasste die Inaktivität, dieses Festkleben am Teer des hereinbrechenden Unglücks. Keine Mail aus Utah. Er wählte nochmal alle Nummern durch. Nichts. Einen Moment lang wurde ihm klar, dass dieses Schweigen nur bedeuten konnte, dass ihn seine Chefs den Investoren zum Frass vorwarfen. Alles, jeden Fehler würden sie ihm in die Schuhe schieben. Vielleicht, wenn er mit den Investoren sprach... doch auch da ging sein Kontaktmann nicht ans Telefon.

Er atmete kurz durch, so, wie er es immer machte, bevor er in eine Powerpoint-Präsi ging. Er schob den Gedanken an das, was gerade in Utah über ihn entschieden wurde, beiseite, und formulierte eine inverbindliche, gut klingende Antwort für die Medien.

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