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Dienstag, 19. Mai 2009
Maria über die Alpen tragen
Mille Miglia ist, wenn auf meinem Rechner 1500 Bilder von Autos und nur 300 Bilder von kulturellen Erlebnissen zu finden sind. Es ist eine wunderbare Landschaft, durch die man fährt, man erlebt durchaus das Land, aber man bekommt davon nicht viel mit. Und man wird photofaul, man hat alles nur durch die Windschutzscheibe und das Objektiv gesehen, man mag einfach nicht mehr in Belichtungszeiten denken. Was angesichts der Stadt Rom sehr schade ist.
Wir hatten ja noch einen Tag. Am liebsten wären wir sogar zwei Tage geblieben, aber das wäre zu teuer geworden angesichts der schon kassierten Strafzettel. Unsere Glückssträhne in Rom, die mit einer halben Stunde ohne Aufschreiben am Tibergewühl eine erste Fortsetzung fand, wurde am Samstag jäh unterbrochen, und so fuhren wir schon wieder im Auto, man kann es irgendwann nicht mehr ertragen, immer Áuto, nur Auto. Aber davor, während die Politesse uns aufschrieb, waren wir immerhin noch in San Ignacio, einer dieser barocken Glaubensfesten jesuitischer Bildermacht.
Und dort dachte ich mir, dass es nun genug sei mit den Brandopfern für das Automobil. Ich kann mich ja nicht beschweren, der Sunbeam ist in der jetzigen Form im Unterhalt bislang spottbillig, und verbraucht kein Benzin und auch kein Öl, auch kann der Mechaniker keine Rechnung stellen, aber es ist jetzt einfach genug. Anderes. Gerne stationär und unbedingt Kultur. Ich bin schliesslich Kulturhistoriker und kein Automechaniker. Ich verstehe mich auch Chiaroscuro besser denn auf Bremsschläuche. Chiaroscuro, wie es mir am Tag darauf nach zu viel Fahrerei und einer Autobahnsperrung bei Bologna auf dem Antikmarkt von Mantua begegnete.
Ich mag ja das Sujet der Maria Immaculata. Einerseits, weil es sehr jesuitisch ist. Andererseits aber, weil es ein vertraktes Motiv ist; Künstler müssen die hormonelle Verzückung der Maria bei der unbefleckten Empfängnis einfangen, und das kann manchmal entsetzlich andächtig sein, oder purer Sex. So wie auf jenem Gemälde, das in der Tradition von Caravaggio steht und sich alle Maniersmen herausnimmt, die man sich in so einem Fall noch leisten kann. Der in den Nacken geworfene Kopf, die verdrehten Augen, die feuchten und vollen Lippen, der Griff an die Brust - die menschliche Natur hat sich durch die Hand des Künstlers einen Weg ins Heilige gebahnt, und dieses Zusammentreffen von sich widersprechenden Intentionen finde ich immer ganz entzückend. Grandios an der andächtigen Aufgabe gescheitert. JesuitenPr0n. Es ist so gegen 1660 bis 1680 entstanden, wurde netterweise von den Händlern falsch auf 1750 datiert und damit, gemäss der italienischen Verachtung für das Rokoko, reichlich billig. Etwas teurer nur als die Kaffeemaschine. Die protestantische Begleiterin konnte mein barockes Entzücken nicht nachvollziehen, aber die ist ja auch nicht in einem Stadtpalast der Gesellschaft Jesu geboren worden.
Natürlich haben wir jetzt - neben dem üppigen Keramikfrüchtekorb aus Rom, der Terrine aus Mantua, den Schuhen, den vier Kleidern und der Macchina sowie dem, was sonst noch kommen wird zwischen Valeggio, Riva und Meran - ein Transportproblem. Aber so ist das nun mal, Gelegenheiten, die man verstreichen lässt, würde man länger und schmerzvoller bedauern als eine unbequeme Heimreise mit den Einkäufen im Fussraum und der Immaculata im Rücken. Die ich im Zweifelsfall auch tragen würde. Man sieht so etwas ja öfters in Auktionen und winselt ob des Limits im mittleren vierstelligen Bereich. Noch dazu, wenn es aus der Toskana stammt. Wenn sie dann an der Wand hängt, ist ihre Reise vorbei, aber mit jedem Blick auf das Bild geht die Reise für ihren Besitzer exakt an jenem heissen Maientag in Mantua weiter, da die Mille Miglia vorbei war, und das Leben wieder begann.
(Ich weiss, Barockmalerei ist nicht jedermanns Sache)
Wir hatten ja noch einen Tag. Am liebsten wären wir sogar zwei Tage geblieben, aber das wäre zu teuer geworden angesichts der schon kassierten Strafzettel. Unsere Glückssträhne in Rom, die mit einer halben Stunde ohne Aufschreiben am Tibergewühl eine erste Fortsetzung fand, wurde am Samstag jäh unterbrochen, und so fuhren wir schon wieder im Auto, man kann es irgendwann nicht mehr ertragen, immer Áuto, nur Auto. Aber davor, während die Politesse uns aufschrieb, waren wir immerhin noch in San Ignacio, einer dieser barocken Glaubensfesten jesuitischer Bildermacht.
Und dort dachte ich mir, dass es nun genug sei mit den Brandopfern für das Automobil. Ich kann mich ja nicht beschweren, der Sunbeam ist in der jetzigen Form im Unterhalt bislang spottbillig, und verbraucht kein Benzin und auch kein Öl, auch kann der Mechaniker keine Rechnung stellen, aber es ist jetzt einfach genug. Anderes. Gerne stationär und unbedingt Kultur. Ich bin schliesslich Kulturhistoriker und kein Automechaniker. Ich verstehe mich auch Chiaroscuro besser denn auf Bremsschläuche. Chiaroscuro, wie es mir am Tag darauf nach zu viel Fahrerei und einer Autobahnsperrung bei Bologna auf dem Antikmarkt von Mantua begegnete.
Ich mag ja das Sujet der Maria Immaculata. Einerseits, weil es sehr jesuitisch ist. Andererseits aber, weil es ein vertraktes Motiv ist; Künstler müssen die hormonelle Verzückung der Maria bei der unbefleckten Empfängnis einfangen, und das kann manchmal entsetzlich andächtig sein, oder purer Sex. So wie auf jenem Gemälde, das in der Tradition von Caravaggio steht und sich alle Maniersmen herausnimmt, die man sich in so einem Fall noch leisten kann. Der in den Nacken geworfene Kopf, die verdrehten Augen, die feuchten und vollen Lippen, der Griff an die Brust - die menschliche Natur hat sich durch die Hand des Künstlers einen Weg ins Heilige gebahnt, und dieses Zusammentreffen von sich widersprechenden Intentionen finde ich immer ganz entzückend. Grandios an der andächtigen Aufgabe gescheitert. JesuitenPr0n. Es ist so gegen 1660 bis 1680 entstanden, wurde netterweise von den Händlern falsch auf 1750 datiert und damit, gemäss der italienischen Verachtung für das Rokoko, reichlich billig. Etwas teurer nur als die Kaffeemaschine. Die protestantische Begleiterin konnte mein barockes Entzücken nicht nachvollziehen, aber die ist ja auch nicht in einem Stadtpalast der Gesellschaft Jesu geboren worden.
Natürlich haben wir jetzt - neben dem üppigen Keramikfrüchtekorb aus Rom, der Terrine aus Mantua, den Schuhen, den vier Kleidern und der Macchina sowie dem, was sonst noch kommen wird zwischen Valeggio, Riva und Meran - ein Transportproblem. Aber so ist das nun mal, Gelegenheiten, die man verstreichen lässt, würde man länger und schmerzvoller bedauern als eine unbequeme Heimreise mit den Einkäufen im Fussraum und der Immaculata im Rücken. Die ich im Zweifelsfall auch tragen würde. Man sieht so etwas ja öfters in Auktionen und winselt ob des Limits im mittleren vierstelligen Bereich. Noch dazu, wenn es aus der Toskana stammt. Wenn sie dann an der Wand hängt, ist ihre Reise vorbei, aber mit jedem Blick auf das Bild geht die Reise für ihren Besitzer exakt an jenem heissen Maientag in Mantua weiter, da die Mille Miglia vorbei war, und das Leben wieder begann.
(Ich weiss, Barockmalerei ist nicht jedermanns Sache)
donalphons, 14:56h
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