: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 4. August 2010

Der Hinterradlutscher

Es wurde dann doch noch ein spannender Abend. Normalerweise fahre ich meinen eigenen Stil, aber diesmal wurde das bei der Heimfahrt von einem überraschenden Unwetter verhindet. Was insofern etwas unerfreulich war, als ich auf der Hinfahrt im starken Gegenwind auch schon unangenehme Gesellschaft hatte: Den Hinterradlutscher.



Fairerweise muss man sagen, dass übermittelalte Männer natürlich auf Halbrennern nicht ganz so schnell können. Fairerweise muss man auch sagen, dass es praktisch keinen Sinn macht, wenn sich zwei am gleichen Gegenwind abarbeiten, und man sich die Arbeit durchaus teilen kann. Fairerweise muss man sagen, dass ich so nett war, ihn nicht in Grund und Boden zu fahren, indem ich mich heranpirsche und dann beim Übererholen auf Höchstgeschwindigkeit gehe. Und fairerweise muss ich auch sagen, dass ich mir die ersten paar Kilometer nichts dabei dachte, ihn mitzunehmen, nachdem ich ihn nicht allzu schnell und nicht demütigend überholt habe. Wenn man so will: Ich habe ihn quasi dazu eingeladen, ich habe es ermöglicht.



Aber nach ein paar Kilometern fragt man sich schon, was da eigentlich an einem dranhängt. Und es ist nicht gerade nett, wenn man sich umschaut und grüsst, ein höhnisches "du kannst mir nicht davonfahren"-Lächeln zu bekommen. Ich bin dann etwas langsamer gefahren, vielleicht wollte er ja auch mal neben mich ziehen, oder ein paar Worte wechseln, oder führen. Nach zwei Kilometern klebte er immer noch an meinem Hinterrad. Ich fuhr noch etwas langsamer, als eine Steigung kam, damit es nicht ganz so auffällig wirkte. Er klebte weiterhin, und als ich mich nochmal umdrehte, kam wieder nur dieses "mach Dich ruhig krumm, Du dumnme Sau, ich bleib dran"-Grinsen. Es ist nicht gerade angenehm, bei Gegenwind und einer längeren Hatz am Berg anzutreten, aber daraufhin trat ich nochmal richtig rein und hängte ihn ab. Meter für Meter. Zäher Bursche. Asoziale, die sich von anderen die Arbeit machen lassen und glauben, dahinter eine ruhige Kugel schieben zu können, sind oft zäh. Aber nicht zäh genug. Als ich dann um die 15 Meter Vorsprung hatte, schaute ich mich nochmal um. Er war erkennbar sauer, von nun an alleine weiterfahren zu müssen.



Der Hügel wurde flacher, der Vorsprung wuchs, er versuchte nochmal ranzukommen, aber dafür reichte es dann doch nicht. Ich denke, was in ihm vorging, kann man recht gut mit dem Hass vergleichen, den manche empfinden, wenn sie beruflich am schmarotzen gehiundert werden, wenn man ihrer Dreistigkeit offen entgegen tritt und sagt, dass man ihre Hinterfotzigkeit nicht zu tolerieren gedenkt. Der Hinterradlutscher ist der mieseste aller Radler gleich nach dem Antreter, wenn ein anderer stürzt, aber das eine schliesst das andere nicht aus. Man tut gut daran, schnell reinzutreten und davonzufahren, wenn sich das im Windschatten ansammelt. Und man lädt es besser erst gar nicht ein, sonst bereut man es später. Oder lacht, wenn es kläffend zurück bleibt.



Da war mir das Unwetter, gross, stoisch, mächtig und gnadenlos, als Gegner sehr viel lieber. Es ist, wie es ist, es ist schnell, aber man hat eine gerechte Chance, und wenn man rechtzeitig daheim ist, muss man es nicht fürchten. Es ist ein würdiger Gegner, den man über eine Tarte hinweg lobpreisen kann.

Der Hinterradlutscher dagegen war vermutlich nicht schnell genug.

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