: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 10. August 2010

Gut in Bayern

Falls es sich nicht rumgesprochen hat: Wir haben hier eine Regierungskrise in Bayern. Der CSU-Teil der Landesregierung hat als solche ein mittelteures Gutachten erstellen lassen, in dem ihr als Staatspartei zum Umgang mit den Frechlingen geraten wird, die in Bayern zur Wahl antreten. Dabei ist auch der Koalitionspartner FDP, für den das überraschend kommt, weil man sich das Mitregieren in Bayern ganz anders vorgestellt hat.



Während das Gebahren der CSU wirklich nur Folkolore und Brauchtum ist, und sich da nicht im Mindesten von vielen anderen Gefälligkeitsgutachten unterscheidet, sieht man einmal von der plumpen Art der Vertuschung ab - während das alles also typisch für Bayern ist, wundere ich mich vor allem über die FDP. Unter welchem Stein müssen deren Parlamantarier die letzten 50 Jahre gelebt haben, wenn sie nicht wissen, wie die CSU mit ihren Gegner umgeht? Glauben die, dass sie mehr als nur ein Abstimmungshelfer sind? Dass die CSU wirklich gerne mit ihnen koaliert?



Jedem CSUler ist klar: Bei der nächsten Wahl fliegt der Fremdkörper FDP wieder aus dem bayerischen Parlament. Das sind Gäste auf Zeit, die haben ausser Streit und blöden Sprüchen wenig geleistet, und wenn diue CSU jemals wieder allein regieren will, dann muss sie die FDP nicht nur aus dem Parlament scheuchen, sie braucht auch so viele Wähler wie möglich von denen. Es bringt nichts, wenn deren enttäuschtes Klientel die Grünen oder die Freien Wähler bevorzugt. Nirgendwo ist das Wildern für die CSU leichter, als bei der FDP, denn dort wackelt die gefolgschaft. Deshalb lässt sie sich dafür beraten. Wenn die FDP etwas anderes will und erwartet, hat sie von Bayern keine Ahnung, und verdient tatsächlich zu sterben. Solche Dummheit braucht der bayerische Genpool nicht.



Sterben wird sie ohnehin. Der Grund, warum Seehofer gerade alle Kritik an sich abprallen lassen kann, ist das Wissen der FDP, dass sie das nächste Mal mies dastehen wird, aber kaum je mieser als im Moment. Käme es jetzt zum Bruch, und gäbe es Neuwahlen, müsste die CSU Federn lassen und sich auf die Freien Wähler einlassen, aber die FDP würde wirklich alles verlieren: Ministerposten. Parlamentarier, Mitarbeiter - für diese Kleinstpartei ist die Regierungsbeteiligung das Grosse Fressen geworden. Wenn jetzt deren Spitzen wieder zurück in die Bedeutungslosigkeit müssen, ist es für alle ziemlich demotivierend. Allerdings würde sie auch niemand wirklich vermissen. Schöne Grüsse an die blogschleimenden Bamberger Sumpfoniker in Neoliberalalabraun, die nie was werden, an dieser Stelle.



Erstaunlich auch, und ein Zeichen für den Niedergang der CSU, dass es wegen des Vorgangs tatsächlich Ermittlungen gibt. Früher hätte man den Staatsanwalt ruckzuck nach Bamberg oder in die Oberpfalz versetzt, wenn der es denn je gewagt hätte, auch nur daran zu denken... heute wird dagegen zumindest mal nachgeschaut, was die Burschen in der Staatskanzlei so getrieben haben. Ich kann mir die Ruhe darob nur so erklären, dass es in der CSU genug Leute gibt, die bestens damit leben können, wenn Seehofer gegrillt wird für etwas, das früher common sense der Partei gewesen ist. Allzu lang wird er es ja wirklich nicht menr machen, und an Leuten, die sich für die Besseren halten, hat es der CSU noch nie gemangelt, weshalb sie auch da ist, wo sie ist.



Die mangelnde Lernfähigkeit dieser früher so gerissenen Partei ist dagegen wirklich eine Sache, die Beachtung verdient. Die CSU war früher in der Lage, Zerwürfnisse mit den Wählern unter Hinweis auf äussere und innere Feinde immer wieder zu befrieden. Nur hat der bayerische Partikularismus an Bedeutung verloren, sicher wegen der Zuwanderung, aber auch wegen der Liberalisierung der letzten 20 Jahre, an der kein Stoiber und Beckstein etwas hat ändern können. Seehofer hat die Partei stabilisiert, und das ist schon was in Zeiten wie diesen - wäre jetzt aber Wahl, die CSU und die FDP hätten zusammen keine Mehrheit mehr. Also wird man sich zusammenraufen, die CSU wird weiter um die FDP-Wähler erbschaftsschleichen, es wird keine Gaudi und kein einfaches Regieren, aber bei aller Widerlichkeit des Unterfangens: Das ist alles schlecht für die CSU aber sehr gut für Bayern.

Und das ist wirklich ein sehr schönes Land.

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