: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 11. April 2013

Statt einer Rezension ein Kredit an mich selbst

Ich habe lange nachgedacht, wie ich am besten eine Rezension über das Buch "Hunnen und Rebellen" (Hons and Rebells) von Nancy Mitford schreibe, bin dann aber zum Entschluss gekommen, dass ich es lieber in einen normalen Beitrag verpacke und bei mir selbst verblogge. Nicht dass ich nicht Lust auf Print hätte, aber ich hatte da eine hübsche Idee für eine Einbindung, und an gängige Konventionen halte ich mich ohnehin ungern.



Denn obendrein wollte ich schon länger etwas über die Dispokredite für junge Menschen schreiben; zwischendrin kamen ja aus Berlin ein paar Nachrichten, die noch nicht mal ich mehr irgendwie als "szenetypisch" abtun kann. Meine zweite Reaktion ist dann immer: Wenn es mit den Medien in Berlin wie bei 297.986 anderen nicht läuft, aber Du bist erst 30 und hast eine Ausbildung, die man wirklich brauchen kann, dann heul nicht Leuten die Ohren voll, wie fies das ist, dass Du nicht mehr in die erste Reihe schreiben kannt in einem anderen Bereich, für den man wirklich fit sein muss - tu das, was geht und was in Deinen Möglichkeiten ist.

Weil ich ja weiss, wie man in meiner Stadt jede menge Leute dringend sucht. Meine erste Reaktion ist natürlich dennoch dieses flaue Gefühl, dass man zum Zuschauen verdammt ist, bei einer Geschichte, die nicht gut gehen kann. Das dauert ein paar Minuten, und dann bricht es aus mir heraus, dieser Hinweis, dass es noch was anderes als dieses Submininumverschimmeln im eigenen Elend gibt, dieses beleidigte Dieweltanraunzen, weil sie nicht hier und jetzt sofort bereit ist, das zu liefern, was man vom Leben erwartet. Diese miserablen First-World-first-class-Probleme in einem Land der Vollbeschäftigung, bei dem man es sich immer noch heraussuchen kann, unter welchen Strukturen man unzufrieden sein will. Erzähl das einer mal den jungen Griechen oder Spaniern. Und genau dafür ist dann ja auch der Dispokredit da, um eine verfickte Ausrede zu haben, warum das alles immer so weiterkrebsen muss. Das Minus als Verifizierung des eigenen Unbehagens, das nur sein muss, weil das Ziel die ziemlich radikale Selbstverwirklichung ist.

Und dann ist noch die Wut über mich selbst, dass ich mir solche flauen Gefühle auch nach jetzt fast zehn Jahren immer irgendwie einreden lasse. Als ob ich damals in Berlin nicht gelernt hätte, dass man dabei immer nur der Idiot ist, und wie grenzenlos diese emotionalen Löcher sind, in die man dort buttert, weil sonst keine Bindungen da sind. Das war eine teure Erfahrung, aber immerhin ist es auch wieder ein Thema für die FAZ bzw. für das Kommentarblog. Und die Rezension bekomme ich auch noch unter.

Übrigens, die hier zur Schau getragene Selbstverwirklichung ist auch nur Propaganda, genährt durch mein positives Gemüt, das jede strukturelle Abhängigkeit und jeden realbedingten Zwang irgendwie zu einer lustigen Geschichte umerfindet.

Oder, wenn es nicht geht, anderen damit nicht auf dem Sack geht.

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