... newer stories
Samstag, 21. September 2013
könnem euch und uns und niemandem helfen
Oh, sagt er, schick, und ich lächle und sage etwas über Termine, denen man halt nicht ausweichen kann und dass das morgen wieder gaz normal aussehen wird. Ich habe mich aufgerappelt, zwangsweise, weil die Katze Einlass begehrte und nur noch genug Leckerlis für die Begrüssung da waren; in ein paar Stunden würde sie sich aber von ihrem sauber eingestampften Kissen wieder erheben und nach draussen wollen, und davor, so verlangt es der Ritus, bekommt sie nochmal Leckerlis. Es sind die Riten, die uns am Laufen halten, der Edeka in Tegernsee ist ohnehin schöner als der Tengelmann in Gmund und an Tagen wie heute gilt das besonders, und wenn ich schon der Katze etwas hole, besorge ich mir auch etwas bei Francesco.
Es ist Freitag, es ist brechend voll, everybody comes to Francesco, sollte man vielleicht sagen, das hier ist inzwischen informell sowas wie der Italiener der Herzen geworden. Es ist gar nicht so, wie man glaubt, dass alle am See unbedingt diese komischen Sterneköche probieren wollen, da stehen dann immer nur die Autos mit Düsseldorfer Kennzeichen; und wer beides kennt ahnt auch, warum man gerne hier ist und eben nicht drüben über demMalerwinkel, wo es so steif und prestigesüchtig wie sonst überall von Dubai bis St. Moritz zugeht. Wer hier angekommen ist, hat das gar nicht nötig, der bleibt und lebt so angenehm, wie es halt geht. Heute war es nicht so wirklich toll, Verpflichtungen halt, und deshalb gehe ich so am See entlang, wie ich früher meistens ausgesehen habe. Jemand meinte mal, ich sollte das wieder öfters tun, das Ornitologenbeige würde mich älter machen, als ich bin, aber an Tagen wie heute fühle ich mich, als wäre ich 1000 und 1000 Jahre schon hier und müde, so unglaublich müde, wie ich auf dem Sessel eingesunken war, als die Katze kam und keine Rücksicht auf meine Stimmung nahm.
Es hat sich neben den anderen Dingen auch noch ein Stück meines Münchens aufgelöst; nach Thea Kastlers Antiquariat und all den anderen schliesst jetzt auch noch 2001. Da kommt dann sicher das nächste aseptische Cafe hinein, oder der nächste Kleiderladen. Der Niedergang der Buchläden begann übrigens nicht mit dem Internet, meines Erachtens ist das eine Folge dieser Drecksstudienreform, die den jungen Leuten jede Lust an der Beschäftigung it anderen Dingen raubt. Wenn man mal vier Semester zur Gaudi Kunstgeschichte gemacht und dann doch Jura studiert hat, hat das keinem geschadet, aber dann heiss es halt: Wer neu anfängt, muss zahlen. Wer zu lange braucht, wird unter Druck gesetzt. Die ganzen 90er Jahre sind eine Geschichte der Verschärfung der Regeln, und wer arbeiten muss, um die Studiengebühren zu finanzieren, hat halt weniger Geld, um es in die Buchgeschäfte zu tragen. Das Publikum in den Antiquariaten hat sich ziemlich verändert; obwohl Bücher hier so wären, dass auch arme Studenten sie kaufen könnten, ist das Publikum eher so ornitologenbeige. Jetzt dann nicht mehr, bei 2001. Es ist nicht einfach nur das netz, das gewonnen hat. Gewonnen hat die Unkultur der Zeitfresser und Lebenshektiker. Damit der Mensch mehr arbeitet und exportiert und Export finanziert was dann nicht bezahlt wird und zu Bankenkrisen führt, weshalb man noch mehr arbeiten muss für noch weniger Lebensstandard.
Ich habe so viele Bücher, ich muss sie gar nicht aufmachen, wenn ich sie kaufe. Da lasse ich mir Zeit, es ist mehr so wie in meiner Küche, wo ich schon die Krise bekomme, wenn da kein Halbjahresvorrat italienischer Nudeln und Marmelade ist. Der Winter kommt sicher, und ausserdem muss ich gerade noch ein paar Romane lesen, Die Ordnung der Sterne über Como habe ich gekauft, weil es so schön dick ist und der Titel gefällt. Ich bin ja gar nicht so, dass ich ein Buch nicht kaufe, wenn es auch von Berlinern handelt, aber da sitze ich jetzt und werde irgendwie mit den Figuren nicht so warm, dass es eine Freude wäre, aber schnell abbrechen will ich auch nicht. Vielleicht brauche ich einfach bessere Stimmung, um es zu mögen, aber wo soll die herkommen, wenn von meinem Schwabing bald nichts mehr geblieben ist? Schwabing kann nichts dafür, es passt sich nur dem Leben seiner Bewohner an und die machen schnell, damit sie bald viel Geld bekommen und woanders verwendbar sind. Ich weiss gar nicht, ob die wirklich siegen oder ob man ihnen nicht einfach nur etwas überlässt, damit sie glauben können, sie hätten gesiegt. Die Mangfall ist die Grenze zwischen denen, die von Warngau und Dürnbach aus jeden Tag dort hineinfahren, und jenen, die bleiben, während die Katze schläft und draussen der Regen fällt. In Italien soll das Wetter schön sein.
Nach diesem Tag - die schwarzen Schuhe sind gespannt und die Krawatte hängt am Bügel - bin ich ja eigentlich frei, zu tun, was ich will, zumindest bis Sonntag Abend. Montag will die Familie ihren Teil, aber diese zwei Tage gehören mir. In der FAZ war Niels so freundlich, das Beitragen mit Hoffnung für denKampf gegen die NSA zu übernehmen (Klickt es! Lest es! Verbreitet es!), und im Schwarzen Adler ist noch ein Zimmer frei. Wenn man einen Pass radelt, hat man nur noch mit dem Überleben und dem Ankommen zu tun, und das ist genau das, was ich jetzt brauche. Kein Buch über Berliner und keine Karriere, auch keine Gedanken über die am Horizont dräunende Buchmesse, die mir Jahr für Jahr und dieses Jahr besonders wie schlechte Nachlassverwaltung einst grosser Zeiten vorkommt. Nur Asphalt, Sonne und die Frage; Geht das auch vielleicht in zweieinhalb Stunden und nochmal? Und dann am Abend in die Ohrensessel sinken, während sich die sternenfunkelnde Nacht über den Bergen ausbreitet, und der Stille lauschen. Vielleicht kann ich ja doch mir ein wenig helfen, wenn ich sonst schon nichts tun kann.
Es ist Freitag, es ist brechend voll, everybody comes to Francesco, sollte man vielleicht sagen, das hier ist inzwischen informell sowas wie der Italiener der Herzen geworden. Es ist gar nicht so, wie man glaubt, dass alle am See unbedingt diese komischen Sterneköche probieren wollen, da stehen dann immer nur die Autos mit Düsseldorfer Kennzeichen; und wer beides kennt ahnt auch, warum man gerne hier ist und eben nicht drüben über demMalerwinkel, wo es so steif und prestigesüchtig wie sonst überall von Dubai bis St. Moritz zugeht. Wer hier angekommen ist, hat das gar nicht nötig, der bleibt und lebt so angenehm, wie es halt geht. Heute war es nicht so wirklich toll, Verpflichtungen halt, und deshalb gehe ich so am See entlang, wie ich früher meistens ausgesehen habe. Jemand meinte mal, ich sollte das wieder öfters tun, das Ornitologenbeige würde mich älter machen, als ich bin, aber an Tagen wie heute fühle ich mich, als wäre ich 1000 und 1000 Jahre schon hier und müde, so unglaublich müde, wie ich auf dem Sessel eingesunken war, als die Katze kam und keine Rücksicht auf meine Stimmung nahm.
Es hat sich neben den anderen Dingen auch noch ein Stück meines Münchens aufgelöst; nach Thea Kastlers Antiquariat und all den anderen schliesst jetzt auch noch 2001. Da kommt dann sicher das nächste aseptische Cafe hinein, oder der nächste Kleiderladen. Der Niedergang der Buchläden begann übrigens nicht mit dem Internet, meines Erachtens ist das eine Folge dieser Drecksstudienreform, die den jungen Leuten jede Lust an der Beschäftigung it anderen Dingen raubt. Wenn man mal vier Semester zur Gaudi Kunstgeschichte gemacht und dann doch Jura studiert hat, hat das keinem geschadet, aber dann heiss es halt: Wer neu anfängt, muss zahlen. Wer zu lange braucht, wird unter Druck gesetzt. Die ganzen 90er Jahre sind eine Geschichte der Verschärfung der Regeln, und wer arbeiten muss, um die Studiengebühren zu finanzieren, hat halt weniger Geld, um es in die Buchgeschäfte zu tragen. Das Publikum in den Antiquariaten hat sich ziemlich verändert; obwohl Bücher hier so wären, dass auch arme Studenten sie kaufen könnten, ist das Publikum eher so ornitologenbeige. Jetzt dann nicht mehr, bei 2001. Es ist nicht einfach nur das netz, das gewonnen hat. Gewonnen hat die Unkultur der Zeitfresser und Lebenshektiker. Damit der Mensch mehr arbeitet und exportiert und Export finanziert was dann nicht bezahlt wird und zu Bankenkrisen führt, weshalb man noch mehr arbeiten muss für noch weniger Lebensstandard.
Ich habe so viele Bücher, ich muss sie gar nicht aufmachen, wenn ich sie kaufe. Da lasse ich mir Zeit, es ist mehr so wie in meiner Küche, wo ich schon die Krise bekomme, wenn da kein Halbjahresvorrat italienischer Nudeln und Marmelade ist. Der Winter kommt sicher, und ausserdem muss ich gerade noch ein paar Romane lesen, Die Ordnung der Sterne über Como habe ich gekauft, weil es so schön dick ist und der Titel gefällt. Ich bin ja gar nicht so, dass ich ein Buch nicht kaufe, wenn es auch von Berlinern handelt, aber da sitze ich jetzt und werde irgendwie mit den Figuren nicht so warm, dass es eine Freude wäre, aber schnell abbrechen will ich auch nicht. Vielleicht brauche ich einfach bessere Stimmung, um es zu mögen, aber wo soll die herkommen, wenn von meinem Schwabing bald nichts mehr geblieben ist? Schwabing kann nichts dafür, es passt sich nur dem Leben seiner Bewohner an und die machen schnell, damit sie bald viel Geld bekommen und woanders verwendbar sind. Ich weiss gar nicht, ob die wirklich siegen oder ob man ihnen nicht einfach nur etwas überlässt, damit sie glauben können, sie hätten gesiegt. Die Mangfall ist die Grenze zwischen denen, die von Warngau und Dürnbach aus jeden Tag dort hineinfahren, und jenen, die bleiben, während die Katze schläft und draussen der Regen fällt. In Italien soll das Wetter schön sein.
Nach diesem Tag - die schwarzen Schuhe sind gespannt und die Krawatte hängt am Bügel - bin ich ja eigentlich frei, zu tun, was ich will, zumindest bis Sonntag Abend. Montag will die Familie ihren Teil, aber diese zwei Tage gehören mir. In der FAZ war Niels so freundlich, das Beitragen mit Hoffnung für denKampf gegen die NSA zu übernehmen (Klickt es! Lest es! Verbreitet es!), und im Schwarzen Adler ist noch ein Zimmer frei. Wenn man einen Pass radelt, hat man nur noch mit dem Überleben und dem Ankommen zu tun, und das ist genau das, was ich jetzt brauche. Kein Buch über Berliner und keine Karriere, auch keine Gedanken über die am Horizont dräunende Buchmesse, die mir Jahr für Jahr und dieses Jahr besonders wie schlechte Nachlassverwaltung einst grosser Zeiten vorkommt. Nur Asphalt, Sonne und die Frage; Geht das auch vielleicht in zweieinhalb Stunden und nochmal? Und dann am Abend in die Ohrensessel sinken, während sich die sternenfunkelnde Nacht über den Bergen ausbreitet, und der Stille lauschen. Vielleicht kann ich ja doch mir ein wenig helfen, wenn ich sonst schon nichts tun kann.
donalphons, 00:42h
... link (20 Kommentare) ... comment
... older stories