: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 2. November 2013

Der Kontrakt des Schusters

Ich finde es wirklich erstaunlich, was manche für 50 Cent in Sachen Werbung für Amazon zu tun bereit sind. Ob ihnen bewusst ist, dass sie damit lumpiges Kleingeld verdienen, um bei der Ruinierung sicherer Arbeitsplätze und Steuern zahlender Firmen zu helfen? Es sind da manche dabei, denen ich inzwischen durchaus eine Job in einem Ausbeuterlager von Amazon in Polen wünschen würde. Vorbildlich sind da die Italiener, die jetzt solchen organsisierten Steuervermeidern die Pflicht auferlegen, ihre dortigen Geschäfte auch dort zu versteuern - etwas. das man im Übrigen bei einem anderen miesen Konzern, Ikea nämlich, auch mal tun sollte. Der Dreck ist ja nicht billig. Er wird nur über Steuertricks, die wir alle gegenfinanzieren, billig gemacht. Und in Italienh machen sie das ohne das Gewinsel, dass die Firmen vielleicht Italien meiden könnten. Sollen sie doch. E via, Buffone!







Im Rahmen dieser Unterstützungstour der kleinen Geschäfte und Lokale zwischen Gmund und Verona darf, eigedenk der kommenden Jahreszeit, natürlich auch ein Besuch des Schusters in Verona nicht unterbleiben. Ich bekomme dafür übrigens keinen Cent und auch keinen Rabatt; im Gegenzug verrate ich auch die Adresse nicht so gern, denn ich will nicht, dass jedes Middle Management die gleiche Geschichte wie ich über das freudige Passieren der Alpen nur für wirklich gute Schuhe erzählen kann. Ich kenne den Laden ja nun schon etwas länger - 2009, glaube ich - und es ist schon so, dass die Preise für Schuhe in Deutschland in dieser Zeit mächtig angezogen haben. Früher war mein Schuster am oberen Ende der normalen deutschen Schuhangebote meiner Heimatstadt; inzwischen ist er irgendwo im Mittelfeld. Unterwegs, das gebe ich gerne zu, wollte ich übrigens auch noch bei einem Radgeschäft halten, aber das hatte zu.

Zu hatte dann auch die Bäckerei und überhaupt sah Verona für einen Freitag merkwürdig leer aus; statt dessen war die Strasse zum Gardasee gesteckt voll mit Autos, und irgendwann dämmerte mir, dass Allerheiligen mit Tutti Santi einen Cousin in Italien hat. Aber das Glück ist mit den Untüchtigen und Vergesslichen, und so war der Schuster gerade in seinem Laden, als wir die Tür aufrissen und brüllten: SHHHOOOOPPPPPPIIIIIINNNNNNNGGGGGGG! Und fickdichzalando.







Gut, vielleicht sagten wir auch etwas anderes, jedenfalls dauerte es wie immer etwas länger als geplant Der Winter ist scheusslich und dafür sollte man das Schuhwerk gut wählen: Farben, Formen, Sohlen, Farbe der Schnürsenkel und Müttertauglichkeiten; in meiner Familie werden, wie so oft in dieser traurigen Welt, keinem Menschen für bunte Turnschuhe aus Plastik und China Vorhaltungen gemacht, aber braun-weisse Schuhe bester Qualität werden seltsam am Manne - aber auch nur am Manne! - betrachtet. Folglich probiere ich auch brav die orangebraunen, bis mir einfällt, dass ich sie ja schon habe und wer bin ich eigentlich, dass ich mir Vorschriften machen lassen. Allora, biancho, prego. Biancho e marone, ma, un momento...

Vielleicht doch hellbraun... verschwörerisch wird mir mitgeteilt, dass Marke G******Schuhe im Programm hat, die diesen hier sehr ähnlich sehen und sie wären wirklich in hellbraun und weiss sehr kleidsam. Ich wehre mich so, als würde Anouk Aimee veruchen, mich flachzulegen, nämlich überhaupt nicht und meine Masse hat er ohnehin. Aber dann probiere ich noch diese Rennfahrerstiefel und denke an meine sündteuren Trickers, an die sie etwas erinnern: Die Trickers nämlich kosteten im Original doppelt so viel, und gingen beim ganz nornalen Strasseneinsatz an der Verklebung der Sohle auf. Rule Brittania, kein Wunder, dass sie inzwischen halb den Indern und halb den NSA-Verbrechern gehören und ihr Geld mit Spannen, Schnorcheln und gewerbsmässigen Betrugsbankieren verdienen. Ich mache mit den Schuhen von hier richtige Bergwanderungen, und sie halten das aus; Trickers dagegen überleben noch nicht mal die Anforderungen am Tegernseeufer. Das hat mich dann so empört, dass ich sagte. die nehme ich.

In welcher Farbe?

Na in dieser. Weil: Questi.

Gut, dauert due mesi.

Scusa, ich meine genau diese Schuhe. Kann ich die gleich mitnehmen? Subito? Pronto?

Das ist immer so eine Sache, eigentlich ist die Antwort nein, denn sie sind zur Anschauung da, aber ich weiss gar nicht, wie oft ich das jetzt schon gemacht habe und das ist auch schon eine Tradition, dem armen Manne direkt seine Schauschuhe wegzunehmen. Also, ich bekomme sie. Was wäre eine Italienreise ohne Schuhe?







Ich bin nicht der einzige, der so denkt, auch andere gehen den Vertrag mit dem Schuster ein, und im legendenträchtigen Italien mag es nicht ausgeschlossen sein, dass dieser Tag in Zukunft nicht Tutti Santi, sonder Tutti Tedeschi crassi e impazziti (Alle groben deutschen Irren) heisst, denn wir haben geplündert wie seit dem Sacco di Roma nicht mehr. Wenn der Winter jetzt noch bis Januar, also bis zum Versand der Schuhe warten könnte, wäre alles fein. Dann verabschieden wir uns laut, wort- und gestenreich, wie man das so tut, und ich lasse praktischerweise bei dieser Opera Buffa meine kleine Kamera liegen, auf der alle Bilder von der Anfahrt sind, was dann Tage später in einem Anruf münden wird, einer Überlegung und dem Entschluss, dass Verschicken viel zu umständlich ist und nach Verona ist es ja nicht so weit, besonders, wenn es 19 Grad und immer noch 8 Sonnenstunden hat, wie kommende Woche. Ausserdem ist das kleine, feine Hotel an der Piazza delle Erbe gerade verfügbar - kurz, ich sollte öfters meine Kamera vergessen.

Und mehr Schuhe kaufen.

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Brauche ich einen Säufer?

Der Betrunkene hier wird mir gerade angeboten: Recht gross, meines Erachtens eine alte Kopie des frühen 18. Jahrhunderts eines holländischen Originals aus dem Umkreis der sog. Bamboccianti.



Das Bild ist von oben - und daher etwas verzerrt - aufgenommen.

Pro: Chiaroscuro! Manierismus! Der Einfluss Caravaggios! Der goldene Ohrring! Relativ gesehen auch der Preis.

Contra: Nicht gerade erstklassige Ausarbeitung. Und halt das Sujet. Brauche ich einen Säufer in der Wohnung und reicht es nicht, dass das Internet schon voll mit Leuten ist, die Bierflaschen in der Öffentlichkeit tragen?

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