: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 3. November 2013

Stehende Bäume und liegenbleibende Kakteen

Das Leben ist voller Überraschungen. Und ab einem gewissen Alter lässt die Freude an so etwas nach, einfach, weil mit dem Vermögen die Überraschungen auch weniger schön werden: Wer nichts hat, dem sind Bankenkrisen so egal wie entdeckte Konten iom Ausland, üppige Unterhaltsforderungen und diese seltsame Neigung mancher, die denken, es wäre nur recht, die Rechnung nach oben anzupassen.







Wir sind hier in Verona, der Stadt, wie jeder weiss, der Capulets und Montagues und ihrer blutigen Fehde, aber so tragisch das Ende für Romeo und Julia auch gewesen sein mag: Es ging mit rechten Dingen zu. Es war keine Überraschung. Weil so eine Fehde im Mittelalter nicht einfach ausbrach, sondern angekündigt wurde, ja, man musste sogar erst andere Wege versucht haben, bevor man zur Gewalt greifen durfte, und das musste auch vorher angekündigt werden. Schriftlich. Drei Tage vorher. Klingt schräg, hatte aber den Vorteil, dass niemand überrascht war, und ausserdem noch drei Tage blieben, um einen nichtmilitärischen Ausweg zu finden. So gesehen trug das Wesen der Fehde durchaus dazu bei, dass nicht jeder immer überrascht und niedergemacht wurde.







Ich kann eher nur so mittelgut mit Überraschungen leben, aber auf der anderen Seite durchaus geschickt planen und konzipieren. Vielleicht habe ich auch ein ganz gutes Gefühl für Situationen und Einschätzungen dessen, was machbar ist; es wäre schön zu sagen, ich hätte das schon immer gehabt, aber nein, ich habe bei Freunden sehen müssen, wie das daneben gehen kann und wollte nicht so enden. Ich komme also meistens schon gut durch und wenn ich mir wirklich Mühe gebe, dann kann es gut und schön werden. Oder auch sehr böse, weil ich mit Überraschungen nicht umgehen kann: Unerwartete Situationen überfordern mich schnell und wenn dazu noch eine Art Fehde ohne Einhaltung der Regeln kommt, werde ich unangenehm. Ich weiss. ich kann nicht anders.







In den letzten Monaten hat mich so einiges überrascht, manches war schön, anderes nur insofern akzeptabel, dass es danach immer noch schön war, was aber eher an meinem sonnigen Gemüt denn an den Umständen liegt. Vielleicht ist es mein Fehler, nicht auch etwas überraschender und und weniger planbar zu sein, ich laufe ja ganz ordentlich und liefere, was man erwartet - irgendwie lohnt sich das aber nicht. Ich mache den Basso Continuo, ich baue Findamente, die den Rest erträglich machen, es geht lustig zu, aber es ist mehr eine Funktion denn eine Existenz; was das bedeutet, würde man erst merken, wenn es nicht mehr da wäre und die Kastratenfalsette schrill klängen. Ich spreche in Rätseln, es ist bedauerlich, und ich weiss auch selbst nicht, was ich tun will; wenn es soweit ist, wird man es erfahren.







Geniessen wir also die Grosszügigkeit des Gartens. Was mir daran wirklich gefällt, ist der Umstand, dass die hochherrschaftliche Familie, die ihn angelegt hat, im Laufe der Zeit verstand, wie wichtig er ist, und sich nach diesen Freuden hier benennen liess: Giusti del Gardino. Dieses Einsehen, dass man so etwas auch fördern und herausstellen muss, wenn es aus dem Palast davor erst die Sensation macht, das finde ich ergreifend. So einen Garten habe ich nichtm aber vieles ist in meinemKopf angepflanzt, und wohin mein Weg mich führt, da nehme ich es mit, und sortiere dann den Lustgarten meiner grauen Zellen neu.

Ich habe wieder viel zu erzählen, wenn ich zu Ende gedacht habe.

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