: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 16. Februar 2006

Der Frühling ist da!

Hier zumindest ist es offensichtlich. Es geht los.



Auf der nach Norden gerichteten Dachterasse ist endlich wieder Sonne

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Sehr zu empfehlen - BYZANCE

Es gibt ja Leute, die halten einen schon für einen Exzentriker, nur weil man seine Möbel nicht alle fünf Jahre gegen die neueste Pressspan-Mode austauscht, Tee aus feinem Porzellan statt aus einem Werbegeschenkbecher trinkt und einmal alle sechs Wochen einen Nachmittag nutzt, um das Silber zu putzen. Nun, ich finde es ja eher exzentrisch, mit dem Auo vor die Stadt zu fahren und das zu kaufen, was Millionen anderer auch haben, bevor es nach drei Jahren wieder auf dem Müll landet. Das ist angeblich "normal", sei´s drum.

Interessanterweise gibt es für Leute wie mich keine Renovierungssendungen auf RTL II, in denen fette Blondinen das Ikea-Allerlei auch noch mit Pastell und Lila in vorurbane Höllen verwandeln. Für unsereins gibt es eine Reihe ganz ausgezeichneter, internationaler Einrichtungszeitschriften, die den deutschen AD-Ableger wie die Fachzeitschrift "Le Puff tres chick - Wohntipps für Luden, Huren, Anwälte und andere Camarofahrer" erscheinen lassen. Diese Gazetten des Guten und Wertvollen beschäftigen sich vor allem mit dem alten Europa und den USA, teilweise auch mit dem momentan immer noch schicken Fernen Osten.

Die französische Zeitschrift Byzance setzt einen gelungenen Contrapunkt zum westlichen Allerlei. Schon der Untertitel verkündet:



"Maisons d´orient et d´occident". Es ist voll mit Einrichtungen zwischen Paris und dem Libanon, und es windet ich im überschwenglichen Luxus, es geht an die Üppigkeit der Formen und Farben mit fast kindlicher Freude heran, und erkennt das Einigende in den Privaträumen zwischen Ost und West. Das macht durchaus Sinn, denn die Verbindung zwischen Orient und Okzident, zwischen Asien und Europa ist im Bereich der Architektur selbst in unserer Region über 7.000 Jahre alt, die ersten Ackerbauern bauten "anatolisch", und das Einigende durch alle Zeiten war viel stärker, als uns das die Bellizisten auf beiden Seiten glauben machen wollen. Beide hatten ihre jeweiligen Moden mit Erzeugnissen des anderen, und während Mozart alla Turca komponierte, durfte der anatolische Mann nicht ohne Ohrringe mit Münzen, auf denen das Abbild eines französischen Herrschers geprägt war, vom Markt nach Hause kommen.

Byzance nimmt sich der modernen Nachfolger dieses kulturellen Austausches unter den allumfassenden Themen der Ästethik, des Farbenrausches, der Freude am Leben an. Jede Ausgabe widmet sich einer Farbinspiration; in der aktuellen Ausgabe stehen byzantinische Kuppeln, arabische Minarette und christliche Illuminationen selbstverstndlich als Ausdruck des immer gleichen Empfindens nebeneinander. In traurigen, hasserfüllten Zeiten wie diesen ist Bycance ein echter Genuss und eine Freude.

Eine Website gibt es nicht, das Heft ist in Deutschland nur an Flughäfen zu bekommen.

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Mittwoch, 15. Februar 2006

Die Stunde der Wahrheit für Neoconnards

und andere mit dem Hang zum Geschichtsrevisionismus, die die Mohammed-Karikaturen der Jyllands-Posten nachgedruckt sehen wollen.

Es gibt neue Bilder mit Folterszenen aus dem Irak, genauer, aus dem bereits bekannten Gefängnis Abu Gureib. Auf den Bildern wird einem Mann die Zunge herausgeschnitten, es ist eine Leiche mit durchgeschnittener Kehle zu sehen, andere Leichen weisen Brandwunden auf. Der Kopf eines Mannes wird gegen eine Stahltür geschlagen. Es gibt abartige sexuelle Misshandlungen zu sehen. Dazu kommt heraus, dass die amerikanischen Wächter und Ermittler auch die Kinder von Erwachsenen gefoltert haben, um die Väter zum Reden zu bringen.

Und da würde es mich schon interessieren zu wissen, was denn all die Herrschaften, die in den letzten Tagen den Nichtabdruck der Karikaturen als Appeasment diffamiert haben, jetzt sagen. All die, die die Meinungs- und Informationsfreiheit hochhalten wollten. Diejenigen, die der Meinung sind, dass die anderen solche Bilder ertragen müssen. Sind sie jetzt auch bereit, diese Bilder, diese Schande für den Westen und seine Werte, zu veröffentlichen? Müssen wir im Westen diese Bilder ertragen?

Vermutlich würden es manche von denen tun, weil es für sie Trophäen sind. Andere werden sich anderen Themen zuwenden, und versuchen, von diesem Problem, diesem wirklich peinlichen Dilemma, das unserer - nach ihrer, aber auch trotz allem auch meiner Meinung fortschrittlichen - westlichen Zivilisaztion entspringt, abzulenken. Also, was kann man bringen?

Für mich ist es eine vergleichsweise einfache Antwort - die Veröffentlichung steht im Widerspruch zu meinen journalistischen Grundsätzen. Ich muss mir die Bilder anschauen, ich muss die Inhalte beschreiben, aber die Achtung vor den Gefolterten gebietet es mir, diese Bilder nicht zum Thema einer sensationsgeilen Berichterstattung zu machen. Es wäre aber bezeichnen und für die Feigheit der Neoconnards bezeichnend, wenn sie sich ebenfalls auf diesen Standpunkt flüchten würden. Man wird sehen, ob sie jetzt mit dem selben Nachdruck wie in den letzten Tagen die Veröffentlichung dieser Bilder fordern werden.

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Real Life 14.02.06 - Be my Vampyrelentine

Ich habe übrigens, sagt Iris und spielt mit der abartig grossen Pralinenschachtel herum, die du beim ältesten Pralinenhersteller der Stadt gekauft hast, gerade die P. gesehen. Mit ihrer Mama.

Da fällt dir erst mal nichts mehr ein. Die P. heisst eigentlich A., und es ist mindestens zehn Jahre her, dass sie jemand in deiner Gegenwart als P. bezeichnet hat. P. ist ein Schimpfwort aus einer längst in den Aktendeckeln einer arroganten Bildungs- und Qualveranstaltung versunkenen Zeit. Die A. hast du auf dem Weg zum Cafe auch gesehen und kurz gegrüsst. Es ist nicht fair, sie heute noch als P. zu bezeichnen. Sie hat sich ziemlich gewandelt, seit damals.

Weisst du, lächelst du Iris an, es ist so... ich war damals 19 und hatte gerade das Abitur gemacht. Und den Führerschein, und ich war aus den USA zurück. Weil ich ja keinen Wehrdienst machen musste - untauglich - bin ich mit V. und vielen anderen in diesem Sommer nach Malcesine gefahren, mit meinem Bus und 6 Brettern oben drauf und dem Rennrad hinten drin - was halt Untaugliche im Sommer so machen.

A. war auch dabei. Mit ihren Freund. Im gleichen Hotel wie wir. Und wenn A. dann so auf den Steinen am Strand sass, in einem rosafarbenen Badeanzug, dann hatte sie so etwas von der Eleganz einer sich aalenden Robbe. So ziemlich jeder hat in diesem Sommer begriffen, dass A. keine P. war, sondern eine ziemlich attraktive Frau. Manchmal sieht man das jahrelang nicht, man ist blind, und dann, entsteigt sie den Fluten, nass und die Lippen leicht geöffnet, dr Badeanzug klebt an der Haut, und ZACK, alle wissen und verstehen. So war A. Nicht so derb wie die A. K., sondern so, wie solche Töchter besserer Häuser eben manchmal sind. Und alle Freunde, die damals dabei waren, begriffen, dass ihr Freund den besseren Riecher gehabt hat, als unsereins.

Mein bester Freund und ich hatten das Zimmer nach vorne raus, A. und ihr Freund waren eines dahinter. Und wie in Italien üblich, waren die Wände sehr dünn. Die ersten vier Tage lagen wir ganz still im Bett, schlaflos, ohne Freundin, und lauschten an der Wand. Es kam nichts. Kein Laut, kein Ton. Wir sind dann jeden Morgen um 7 Uhr raus in den Vento, total übermüdet vom nächtlichen Warten auf die Geräusche, die doch nie kamen.

Am fünften Tag, am Nachmittag, als wir endlich mal, vom Lauschen und Surfen erschöpft, ausschlafen konnten, hörten wir dann doch was. Erst Geschrei, dann ein Weinen. Es war nicht A., denn A. kam in unser Zimmer gerauscht, knallte sich in den 50er-jahre-Sessel, und klärte uns auf, dass sie Schluss gemacht hat, ihr Ex jetzt - unüberhörbar - drüben heult, und sie jetzt Hunger hat, und nach Verona will.

Und so sassen wir dann in meinem Bus, A. neben mir und V. hinten, und fuhren durch die warme, würzig duftende Luft die Gardesana Occidentale runter, vorbei an Palmen, Bergen und am silbrig glänzenden Wasser, bis sich das Tal weitet und der Lago eine seichte Wanne wird. A. summte vor sich hin, und klärte uns ab und zu über das miserable Wesen ihres Ex auf. Wir hörten zu und dachten uns, dass es sicher nicht übel ist, diese energische, vor Verachtung und Wut, von dem erlösenden Knall heiss glühende Frau im Bett zu haben, aber die Vorstellung, später ebenso Gesprächsthema zu sein, hielt die Stimmung den Rest des Tages in einer höchst eigenartigen Schwebe.

So war das damals, mit A. Eine P. ist sie nicht.

Ohhh, sagt Iris ironisch, pardon, ich wusste ja nicht, was da war. Lang vorbei, sagst du, und ignorierst den Stich, den du erhalten hast, diese eine Wunde, von der niemand etwas wissen kann.



Dann redet ihr über etwas anderes, und später geht ihr die Strasse mit den teuren Geschäften hinunter. In den Schaufenstern gibt es Sonderangebote für die, die ihren Frauen noch eine geschmacklose Freude machen wollen, Strassschmuck in einer kleinen Samtdose, auf der ein grauenvoller französischer Name des Geschäfts prangt, obwohl die Besitzerin der Ladens so dieser Welt verhaftet ist, dass man sie schon fast als "urig" bezeichnen könnte. Was für eine absurde Welt, diese kleine Stadt mit ihren nie endenden Geschichten, nicht auszuhalten, aber manche, die nie gelernt haben zu fliegen, sind und bleiben auf immer hier, vergessen alle Möglichkeiten, die es früher gab; ihre Grandezza, ihre Kraft, ihren Hass, und all das Grosse, das Schreckliche und das Böse schläft irgendwo verborgen und träumt sich zurück in die Zeit, als das Aussaugen des Anderen, das Wegwerfen der ausgeliebten Hüllen noch ein Dasein vorzeichnete, das nie kommen sollte.

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Mittwoch, 15. Februar 2006

Ein paar Informationen aus der Waffenkunde

Die 28 Gauge Shotgun, die Kaliber 28 Schrotflinte zu deutsch, ist eine recht exotische Jagdwaffe. Amerikaner bevorzugen in der Regel schwerere, ihrem robusten Naturell entsprechende Waffen, wie etwa 12 Gauge. Trotzdem ist die 28 gauge die bessere Wahl bei kleinen Tieren, weil der Rückstoss nicht so gross ist, und man deshalb besser zielen und feuern kann.

Die italienische Firma Paerazzi aus Brescia hat eine lange Tradition im Bau dieser Jagdwaffen und fertigt famose Stücke, wenn man Experten glauben will. 10.000 Euro kann so eine Waffe schon mal kosten, mit der dann reiche Herren Viecher abknallen, deren schrotzersiebtes Fleisch im Kühlregal nicht mal einen Euro kosten würde. Aber es geht ja um den Nervenkitzel, um das Zielen, um das Abdrücken, um das Töten.

21 Gramm Stahlschrot enthällt so eine Schrotpratone für eine 28er, aufgeteilt in 25 kleine Kügelchen. Wenn man damit schiesst, entfaltet diese Ladung bei einem Abstand von rund 35 bis 40 Meter die beste Wirkung - befindet sich ein Tier in einem halben Meter Umkreis um den Hauptaufschlagspunkt, wird zuverlässig irgendein Teil von den kleinen Kugeln so verletzt, dass es kein Entkommen mehr gibt. 35 Meter, das ist bei der fairen Jagd, im Gegensatz zum schnöden "lowbrow-style" Gehirnrauspusten der Redneck-Kreise, die perfekte Distanz für die Streuwirkung einer 28 gauge Shotgun von Parazzi.

Was lernen wir daraus? Nun, US-Vizepräsident Dick Cheney hat einen ganz vorzüglichen Geschmack bei der Wahl der Waffe, mit der er seinen Freund Harry Whittington über den Haufen geballert hat. Allerdings war die Distanz von 30 Metern leicht suboptimal, wie das Beschussbild auf diesem Bericht zeigt - nochmal 5 bis 10 Meter mehr Abstand, und die Streuwirkung der Kugeln hätte sein Ziel mehr als nur gestreift. Ausserdem zeigt sich, dass bei der Jagd auf Menschen Kaliber 28 deutlich unterdimensioniert ist. Andererseits kann man einem 65-jährigen, kleinwüchsigen Greis keinen Strick daraus drehen, dass er sich nicht an einem schweren Prügel im Gelände totschleppen will, nur um sein Umfeld aus Lobbyisten, Personenschützern, Parteispendern und Unterstützern zu hegen. Immerhin, knapp daneben hat auch noch so einigermassen gereicht, und das nächste Mal wird richtig gezielt, Dick - dann kann man das nächste Opfer auch wieder ins Bratrohr stecken, statt es zum Arzt bringen zu müssen.

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Rechenkünste

Kein Wachstum im Vierten Quartal? Ich glaube trotzdem an den Merkel-Faktor.

Und ich bin mir sicher, dass er maximal bei 0,83 liegt.
ausser bei den benzinpreisen und der inflation

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Für die bibliophilen Kostbarkeiten

bietet sich so ein Schrank durchaus an. 15 Euro, im Herzen Bayerns.

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Berlinbashing

ist mir heute quasi zweimal angeboten worden. Erstklassige Vorlagen, serviert auf dem silbernen Tablett. Aber es lohnt sich nicht, denn es ist Februar. Also der Monat, wo auch der eingefleischte Slumbewohner die Stadt am liebsten unter den Bombenteppich kehren will. Und es wäre nicht fair, den Leuten in dieser traurigen Zeit nochmal vor Augen zu führen, in welcher Situation sie sind.

Ausserdem ist heute Valentinstag. Der Tag, an dem man nett sein muss, wenn man ficken will. Also kein Bashing.

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Montag, 13. Februar 2006

Blechen, blechen, blechen!

Neben Bildfakes gibt es wohl auch noch andere Contentstrategien beim bei einem bekannten Münchner Wochenblatt. Nämlich Produktionskosten verlangen. Übrigens, ich habe nichts bezahlt, um mal in den Focus zu kommen.

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Deja würg

Erinnert sich noch jemand an das windige Content Bizz, die grosse Lachnummer im Spätherbst der New Economy? Den kostenlosen "User generated Content"? Nichts ist vorbei, alles kommt wieder. Eine Schaudergeschichte an der Blogbar.

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Fehlt uns was?

Hängt an unserer Decke eine einsame Glühbirne? Haben wir noch immer keinen Spiegel? Gehen uns langsam die Teller aus? Sind leere Weinflaschen unsere Kerzenhalter und kochen wir den Tee im Milchtopf? Haben wir 20 hochmoderne Gadgets, mit denen wir in einer Trümmerlandschaft hausen? Gibt es in unserer Wohnung nichts, was nicht von Ikea kommt? Kommen wir manchmal durch die Tür und finden das alles unsagbar hässlich? Wollen wir immer "zu ihr" oder "zu ihm", damit das nicht auffällt? Und ist das Objekt der Begierde genauso peinlich berührt, so dass wir im Hotel enden? Fehlt es in unserem Dasein an Luxus? Würden wird das gerne ändern? Ohne uns dafür zu ruinieren? Würden wir uns manchmal wünschen, in irgendeinem Speicher einen vergessenen Kronleuchter zu finden, der unser trübes Dasein erhellt?



Falls ja, dann empfiehlt sich eine Beteiligung bei

http://trouvaillen.blogger.de/

dem Blog für die Jagd nach schönen Dingen. Die Idee ist, dass der, der etwas Tolles entdeckt oder gute Gelegenheiten findet, diese in diesem Blog veröffentlicht, vom Antikmarkt über Wohnungsauflöser und Trödelmärkte bishin zum 50er-Jahre-Nierentisch, der in den Pfaden des Berliner Slums vor sich hin gammelt. Die anderen können sich dann überlegen, ob es etwas für sie wäre. Oder einfach reinschreiben, was sie brauchen. Vielleicht weiss jemand ja was. Das wäre dann mal ein Blog mit einem konkreten Nutzwert.

Weshalb es wahrscheinlich mangels Interesse nicht laufen wird, aber man kann´s ja mal probieren. Wer Lust hat, kann mich anmailen, dann schalte ich ihn frei, donalphonso äd gmail punk com.

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Sonntag, 12. Februar 2006

Blaue Stunde

Drüben bei den anderen, den mehreren, denen, die die leitkultur bestimmen wollen, gehen die Lichter an, um diejenigen einzufangen, die sich doch noch dazu entschlossen haben, der Pflicht nachzukommen, die man ihnen bei Geburt aufgelegt hat. Immerhin ist es eine gute Gelegenheit, das Auto herzuzeigen, nachher noch was essen zu gehen und den neuesten Tratsch zu hören. Es ist die grösste und schönste Kirche, sie ist so alt, dass viele gern hineingehen und dort das altbackene Gerede des Pfarrers ertragen; eine kleine Bedrängnis für den Nutzen, gesehen zu werden und zu sehen im warmen Luftstrom der Fussbodenheizung, für die man schon vor Jahrzehnten viele hundert Leichen aus dem Boden unter der Kirche gerissen hat.



Die haben sicher nicht damit gerechnet, als sie vor langer Zeit das Recht, dort zu liegen, mit Pfründen an die Kirche erkauft hatten. Aber das zweite Vaticanum hat die Spielregeln nachträglich geändert, seitdem ist das völlig in Ordnung, was man früher nur mit gewisser Besorgnis, ja sogar Angst tat. Solange es dem Glauben derer dient, die darüber stehen und sich nicht den Tod beim Beten holen wollen, ist es heute vertretbar, die Knochen zu zerstreuen und woanders, irgendwo in einer unbeachteten Grünfläche des kommunalen Friedhofs zu verscharren. So profan sind heute auch das Heilige und das Tabu geworden.

Diesmal bleibt aber mancher Platz leer, der den Studenten der hiesigen katholischen Universität vorbehalten ist, denn vor denen liegt das Purgatorium der Klausuren. Es ist noch so weit hin bis zu den schöneren Tagen, hat die Elitesse erzählt, als sie sich mit Tee und Kuchen eine Pause von der Qual verschafft hat, nicht länger als eine Stunde, bevor es wieder zurückging an den Rechner, und später auch an die Fluppen und das Zeug, das sie die nächsten Tage am Laufen hält. Vielleicht träumen sie in den kurzen Powernappings vom Students Matchplay auf 18 Löchern, irgendwann im Mai, wenn das Wetter wieder schön ist, gesponsort von einem recht erfolglosen Hotel draussen vor der Stadt, mitsamt immer leerer Sushi Bar.

Und so vergehen diese Wintersonntage in der Provinz in der Lähmung des Ungewissen, des Unerfüllten, dem Warten auf das, was nie geschehen wird, einer angsterfüllten Jugend zwischen Zahlen und Strategien, zwischen Teatime und Kirchenbesuch, und noch nicht einmal eine tückische Dachlawine kann sich entschliessen, einen der Spiesser, eine alte Pelznutte oder einen Baldjungberater auf dem Weg zur Tanke unter sich zu begraben.

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Das Wort zum Sonntag

Heute: Mit der Haskala der neoconnardschen Pseudoaufklärung in den Toches treten.

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Samstag, 11. Februar 2006

Real Life 07.02.06 - Eine Viertel Million.

250.000. Das war früher eine halbe Million Mark. Und was bekommt man dafür? 95 nackte Quadratmeter ohne Balkon. Noch nicht mal ordentlich restauriert. Ohne alles, keine Möbel, keine Küche. Und dann noch dieser Irrsinn hier. Ich fasse es nicht, ich fasse es einfach nicht. 1.500 Euro für eine Lampe.

Du lässt Iris weiter vor sich hin ärgern, denn in solchen Situationen kannst du nur das Falsche sagen. Dabei hatte alles so gut angefangen. Vor einem Monat beschloss ihr Clan, es sei jetzt wieder an der Zeit, dass Iris eine eigene Bleibe bekommt. Nach dem zermürbenden Scheidungskrieg waren 170.000 von der alten Wohnung eingegangen, und Papa legte generös nochmal 80.000 drauf. Doch die allgemeine Teuerung in der Boomtown hat aber die Preise explodieren lassen, und wer ein Haus in der Bestlage hat, verkauft nicht. Die Zeiten, wo Leute wie Iris Eltern den Stammsitz in der Stadt für den Verkehrswert verkauften und dachten, sie hätten damit die Stadt ausgenommen wie eine Weihnachtsgans, sind lange vorbei. Es gibt ein paar Wohnungen zu kaufen. Aber die kosten. Nicht zu knapp.

Und dann ist da noch die Sache mit der Einrichtung. Vorhanden ist erst mal nichts. Die kluge Frau sorgt vor und kauft jetzt schon mal ein paar Leuchter. Dachte sich Iris, und deshalb stapfst du mit ihr durch das bitterkalte, verschneite Schwabing, hinauf Richtung Hohenzollernstrasse. Hier gibt es ein gutes Dutzend Antiquitätenläden der mittleren Kategorie, was das halt so in München bedeutet: Preise, die auch verwöhnte Kundschaft schlucken lassen.



Da sind zum Beispiel die Vertreter englischer Waren. Der erste, gleich ums Eck, hat eine Art Zauberhöhle, von deren Decken die funkelnden Glaszapfen in dichtem Schauer verharren. Mit dem Inhalt könnte man ein mittleres Schloss ausstatten - wenn man ein mittleres Schloss zu Geld machen würde. Selbst die kleinste Stehlampe von dem Typus, die in Berlin 40 Euro kostete und jetzt deine Küche erhellt, kostet hier das 20-fache. Ohne das Tischchen, auf der sie steht. Das kostet nochmal, egal, es gibt ja noch weitere Läden. Weniger exklusiv eingerichtet, aber hey, das sieht man den Dingen nachher nicht an. Das heisst, wenn man das Preisschild dran lässt, dann schon - und auch die weniger hübschen Läden sehen keinen Grund, die Lüster billiger abzugeben.

So steht ihr vor dem Schaufenster, und Iris ärgert sich. Gegenüber bei der Basis Buchhandlung wühlen dick angezogene Studenten in Buchkisten und ahnen nichts vom Elend derer, die sie als Klassenfeinde wahrnehmen. Luxusproblem würden sie das vielleicht nennen. Eine Existenzfrage ist es in einer Kleinstadt, die den gesellschaftlichen Erfolg mitunter in 1,5 Meter hohen Porzellan-Tigern aus Nymphenburg, postiert neben der Glastür zur Halle zum Ausdruck bringt. Roaaarrr. Da muss man mindestens einen Kronleuchter auf dem Klo entgegensetzen, sonst wird es eng mit der Reputation. Aber das ist schwierig bei diesen Preisen.

20.000, mehr kann ich für die Einrichtung nicht ausgeben, sagt Iris. Bei den Preisen bekomme ich dafür nur die Lampen, und die Küche. Ich werde vom Boden essen müssen. Oder bei Ikea einkaufen.

Lass uns nach Berlin fahren, schlägst du vor. Eine Woche, und dann haben wir alles, die Miris, die Haidars, die Fares, der Mettré, die können dir helfen. Für einen Bruchteil dessen, was es hier kostet. Ausserdem, so einer wie da rechts ist noch in der Garage, und den Korbleuchter, den hast du auch, da lässt sich schon was machen für den Anfang. Leihweise. Im Laufe der Zeit kommen schon die Gelegenheiten, die Trouvaillen. Zum Beispiel den da links hinten, den hast du praktisch genau so beim letzten Mal in Berlin gesehen. Für 160 Euro.

Und?

Nichts und. Ich habe keinen Platz dafür. Ich habe ihn natürlich nicht genommen.

Man bräuchte, sagt Iris und zieht dich weiter in Richtung Café Alt-Schwabing, irgendso einen Ort im Internet, wo das alles drinsteht, wo die guten Sachen sind. Wo man hinschreiben kann, ich brauche 5 Kronleuchter, die und die Grösse, 3 Kommoden, 2 Schränke, eine Sitzgarnitur im englischen Stil, ein paar Barocksessel, zwei Kisten Rosenthal, einen Coffre a Courrier, sowas. Und irgendwelche Leute schauen dann, ob sie sowas finden, ob sie Orte kennen, wo es sowas gibt.

Das gibt es schon.

Ach?

Ja, www.sothebys.com.

So ein Coffre a Courrier, allerdings als Stillmöbel, steht und Berlin in der Flughafenstrasse, fällt dir ein. Du sagts es auch, um den Groll, den Iris hegt wie deine Liebste ihren verfetteten Köter, zu besänftigen. Und auch auf die anderen Sachen wüsstest du Antworten. Du siehst so viel auf deinen Streifzügen, du kannst aber kaum mehr was brauchen, weil du schon mehr Teekannen als Teesorten hast und die Hälfte des Berliner Hausstandes immer noch unausgepackt im Keller steht. Vielleicht solltest du mal drüber schreiben, wo es was gibt, und vielleicht gibt es auch noch andere, die etwas wissen und ihre Funde präsentieren wollen, die die richtigen Läden kennen und die guten Gelegenheiten, wo man zusammenraffen kann, was man so braucht, wenn es zwar schnell gehen muss mit der Beschaffung, aber das Leben in Ikea keine Option ist.



Und als sich Iris über die Kuchentheke beugt und die Schwarzwälder Kirsch begutachtet, hat dich die Überlegung zu einem Blog über Flohmärkte, Günstiges bei Ebay und Sperrmüllraubzüge so im Griff, dass du dieses eine Mal wirklich nur zufällig und geistig völlig abwesend in eine Richtung starrst, in die zu blicken ausgesprochen unschicklich ist.

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Winterpostkarte

Postkarten sind - neben den Medien - auch ein von Boggen bedrohtes Geschäftsmodell. Mitunter hat man ja so Anwandlungen, dass man eine Karte verschicken will, weil´s grad so schön ist und man an die denkt, die in Berlin oder in der Oberpfalz nicht so viel Glck haben. Schliesslich kann nicht jeder in den klimatisch und wirtschaftlich bevorzugten Regionen dieses Landes leben, aber zumindest einen Moment sollen sie dem tristen Alltag zwischen grauem Himmel und auf der Strasse liegenden Matratzen entgehen können.



Wie gut, dass es Blogs gibt! Ohne lästige Sucherei, ohne nerviges Rumschreiben, einfach so ein Digitalbild machen, ins Blog packen und zur Postkarte erklären. Hier also, der Wintergruss aus Bayern.

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Freitag, 10. Februar 2006

Und wenn die Hölle zufriert

so ist doch gewiss, wo ich dieses Wochenende verbringen werde, und meinen Fuss nur zum Schneeräumen und zum Einkaufen vor die Tür setze - und dieser Ort lässt sich problemlos auf 5 Quadratmeter eingrenzen.



Mit vielen Büchern, einer Schachtel Pralinen, und grossen Mengen Tee. Johann, ich empfange dieses Wochenende nicht, geben Sie draussen bitte Bescheid, und dann bittschön den Morgenmantel.

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Bild des Tages: Der Türkenfrieden

Zu den Urmythen des rechten Europas zählt die Geschichte der Türken vor Wien in den Jahren 1529 und 1683, die gerade noch aufgehalten wurden, bevor sie Europa überrannt hätten. Abgesehen davon, dass man als aufrechter Bayer Österreich an jeden verkaufen würde, der auch nur eine Runde Döner dafür ausgibt: Das Ganze ist eine Legende. Die Hohe Pforte war in der gesamten frühen Neuzeit eine normale europäische Grossmacht mit normaler europäischer Politik. Sie nutzte als solche die Schwäche der Habsburger in Österreich schamlos aus, kassierte die als "Türkengeschenk" umschriebenen Tribute, hatte aber auch gute Freunde in Europa - gerade das katholische Frankreich war so gut wie immer mit der Türkei verbündet. 1688 zettelte Frankreich den Pfälzer Erbfolgekrieg an, um den bedrängten Osmanen auf dem Balkan den Rücken zu stärken.

Umgekehrt hatten die Habsburger 1552 auch keine Bedenken, sich bei der Teilung Ungarns mit den Osmanen einen Teil unter den Nagel zu reissen. Die Atrozitäten des sog. 5. österreichischen Türkenkrieges - der mit der zweiten Belagerung Wiens - hat man damals gemalt; man kann nicht sagen, dass sich das Christentum bei Massakern in Belgrad und Zenta, wo ohne Unterschied alle Konfessionen niedergemetzelt wurden, sich irgendeiner Schuld bewusst war. Im Gegenteil, man webte diese Schlachtereien in Tapisserien und tafelte noch Jahrzehnte später im Anblick von Grausamkeiten, die den Vergleich zur Deutschen Wehrmacht in der Ukraine nicht scheuen müssen.

Aber das Bild, das ich zeigen möchte, ist ein anderes: Hier sieht man, dass es natürlich auch Frieden geben kann. Ein niederländischer Stich von 1719 zeigt die Unterzeichnung des Friedensvertrages vom 21. Juli 1718 in Passarowitz in Serbien. Wir sehen von links nach rechts: Den österreichischen Kaiser Karl VI, den Gesandten Venedigs, und den türkischen Sultan Achmed III.



Nebenbei beschloss man auch umfangreiche Handelsabkommen für den Balkan. Das hätte wohl kaum ein zurückgebliebener Bauer in Europa geglaubt, dem man mit Schauergeschichten über die mörderischen Janitscharen das Geld zur Finanzierung des Krieges abgepresst hatte. Danach brachen für den Rest des Jahrhunderts ziemlich ruhige Zeiten auf dem Balkan an, abgesehen von zwei erfolglosen Versuchen Österreichs, das osmanische Reich in Angriffskriegen zu vernichten. Kein Wunder, Europa hatte in der Folgezeit andere Sorgen als die Türken: Den 7-jährigen Krieg etwa, der nur zu deutlich zeigte, wie wenig die heitere Pracht des Rokoko und die Aufklärung zur Realpolitik beitragen konnten. Ein Krieg, den man gerne vergisst, obwohl er die Killing Fields der Weltkriege vorwegnimmt.

Nur zu verständlich also ist es, wenn Voltaires Candide nach seiner Irrsinnsreise durch die westliche Welt in der Zeit dieses Krieges am Ende seinen Frieden findet in Istanbul, als Untertan des Sultans. Frieden, das ist immer mehr als eine Option, es ist die Mutter aller Dinge, und wenn ich jetzt das Geschrei der braunen Gosse höre, die sich ein neues Belgrad wünschen und Kreuzzüge und den Clash of Civilisations, und dazu falsche Bilder der Geschichte heraufbeschwören, dann kann ich denen nur raten: Informiert Euch besser mal über die Geschichte.

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Donnerstag, 9. Februar 2006

Ciao La Boheme, addio Chiaroscuro,

willkommen in der neuen internationalen Ungemütlichkeit. Es gab so viele Geschichten in diesem dunklen Restaurant mit seinen alten Sofas, der geschnitzten Anrichte und all den Bildern an der Wand, den weissen Tischdecken und den Kerzen, dem Klavier, auf dem nie gespielt wurde, und dem Salat, bei dem der Vegetarier den Käse und die Fleischfresserin den Schinken bekam. Das La Boheme war eine der Konstanten in der Maxvorstadt, und sein Verschwinden ist wie das Knacken einer zu dünnen Eisschicht unter dem Gewicht eines Unvorsichtigen - das Schwabing, das ich vor zwei Jahren noch als Heimat empfand, ist heute weitgehend verschwunden, und mit dem La Boheme, seinem Dunkel und den wenigen hellen Reflexen auf den Gesichtern ist auch sein Grundpfeiler gefallen. Das war´s mit den Lichtspielen, der Ästethik der Maniera, der Küche der Prinzessin.

In den letzten fünf Jahren hat sich das ganze Viertel gewandelt, überall erscheinen neue Coffee Shops und Bagelläden, räumen die gewachsenen Strukturen beiseite, klammern sich ans Dasein, und gehen dann wegen des Überangebots wieder unter. Es gibt viel mehr Läden, aber kaum noch was, wo man hingehen kann, was nicht so aussieht wie der immer gleiche Stil zwischen Ballermann und Kastanienallee. Und mit dem letzten Biotopen des Ursprünglichen verschwindet der spezifische Charme der Vorstadt, sie wird austauschbar, eine schale Blaupause eines Lebensstils, bei dem man immer überall sein kann, es gibt dann eben diese Meile, an der jedes Lokal und Geschäft, alle Leute und jedes Gespräch genauso ist wie am Tag zuvor, in einer anderen Stadt, einem anderen Land, oder in einem anderen Leben.



Im neuen Lokal sind alle Tische und Stühle gleich, es ist perfekt auf maximale Kundenzahl zugeschnitten, statt der Bilder gibt es die immer gleichen Lampen in der Wand, und für einen Moment fragt man sich, wie das wohl aussehen mag, wenn sie an der Wand sitzt und man sie nicht richtig anschauen kann, weil rechts und links von ihrem Gesicht das hässliche Licht der hellen Flecke den Raum verschmutzt. In diesem Lokal kann man sicher veritable Businesspläne entwerfen und über globale Strategien sprechen. Und natürlich findet sich dann einer, der bei OpenBC schreibt, wie toll er das neue Lokal findet.

Komischerweise habe ich es noch nie voll gesehen, wie das La Boheme. Das wird nicht wiederkommen, aber es ist nicht vergessen. Und der Nachfolger hoffentlich bald tot, vorbei, verreckt, ohne jede Möglichkeit einer Wiederkehr, die all die nie beendeten Geschichten haben, die hier ihren Anfang nahmen.

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Give Aways

Ich habe noch ein paar Kugelschreiber aus der grossen alten Zeit. Und einen Bierkrug aus Steingut, wo drauf steht: B2B in Upper Franconia means: Beer and Business. Und noch eine Menge anderen Plunder aus der New Economy, aus Plastik, witzig gedacht, heute nur noch schäbig anzuschauen. So wie die Zeit, an die zu erinnern einen schalen Geschmack hinterlässt. So viele Chancen, so viele Möglichkeiten wie niemals zuvor, und dann dieses Ergebnis. Ich darf mich eigentlich nicht beschweren, mein halbes Leben fusst noch in dieser Epoche, ich hatte als einer der wenigen Glück und bin auch irgendwie weiter vorne mit dabei, aber die anderen...

In einer Familienangelegenheit bin ich auf die Vorläufer der Give Aways gestossen. In einer Kiste auf dem Dachboden einer zur Disposition stehenden Immobilie, weit im Süden, nahe bei Salzburg, war eine Kiste, zugeschnürt und eingestaubt. Bis zum Rand gefüllt mit langen, flachen Holzkisten, die das Zeichen einer Bank trugen, die es heute nicht mehr gibt. Der Hausbesitzer war dort guter Kunde, und jedes Jahr zu Weihnachten, den in den Kisten liegenden Schreiben zufolge, schickte der Bankchef der kleinen Stadt an den Kunden eine dieser rötlich schimmernden, mit blauem Samt ausgeschlagenen Behältnisse, gefüllt mit einem Satz Silbermünzen aus der ganzen Welt.

Sie fanden offensichtlich keinen Liebhaber; der so Beschenkte hatte ohnehin wenig Sinn für Geldangelegenheiten und nutzte sein Vermögen vor allem, um den Niederungen des Daseins zu entfliehen; geliebt hat er Speere aus Kenia, Malereien aus Thailand, Silberschalen aus Vietnam, Pistolen aus Mauretanien und Gefässe aus China und Peru. Unbesehen, ungeöffnet gelangte das Silber in den Karton, für ihn nicht mehr wert als für mich ein Notizblock von Wedit - falls das noch jemand kennt.

Trotzdem, der Unterschied zu dem, was meine Epoche wegegeben hat, ist unbestreitbar. Es geht nicht um den banalen Wert, sondern einfach um den Gedanken der Nachhaltigkeit, der Dauerhaftigkeit dessen, was da vergeben wird. In der New Economy war es so viel, man konnte den Krempel tütenweise abschleppen, es war mit allen PR-Meetings und Agenturentwürfen und Analysen sicher nicht billiger als Silbermünzen, aber kein Mensch dachte damals weiter als 6 Monate, warum sollte man auch was hergeben, was länger Bestand hätte. Diese haltung, das Böse der aus dem Unterleib der Quartalsberichte, hat den Crash überlebt, weil es so alt ist wie die menschliche Dummheit. Und so glaubte ich fest an den weiteren Niedergang, bis mich mein Weg heute morgen zu Supercompany.de führte, dem viel geschmähten Businessableger von Boocompany. Da ist gleich links neben dem mittigen "Boo"-Pixel ein schwarzer Fleck mit einem T, und der wiederum führt zu Turell. Und die bieten wirklich schöne Blankobücher an.

Wenn also weiterhin ein Niedergang der Geschenke hin zu den Weggegebenen zu konstatieren ist, dann liegt das nicht am Angebot, sondern an der mangelnden Nachfrage der Business-Tanjas, der CEO-Rolfs und der PR-Anjas. Das ist Kapitalismus, Baby. Aber es gibt Hoffnung.

ich bich weder mit Supercompany noch mit Turell irgendwie geschäftlich - und bei Turell auch nicht privat - verbandelt. Ich mag nur schöne Notizbücher, das ist alles.

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