: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 29. Juli 2006

Umzug

Es gab mal eine recht wüste Zeit, als einige Leute partout wissen wollten, wer ich bin und wo ich wohne. Das war die Zeit noch vor Google, die Suchergebnisse von Altavista waren nicht so gut und ausserdem war es schwierig, einige Dinge zusammenzubringen - was zur Folge hatte, dass man mich fragte, ob ich vielleicht wüsste, wer Don Alphonso ist. Soweit ich weiss, gibt es immer noch welche, die sich die ein oder andere Münchner Adresse aufbewahren, von denen nur eine stimmt. Und die stimmt jetzt auch nicht mehr.

Denn in den letzten Jahren hat sich viel verändert. München, die einst lebensfrohe, offene Stadt, hat wie keine zweite das Gift der New Economy in sich aufgenommen. Wenn in Berlin nur das allfällige Elend einer armen Stadt mit neuen Begriffen kaschiert wurden, und ihre Vorreiter letztlich in einer Art hippen ABM-Prigramm landeten, hatte es in München nochmal eine andere Qualität, denn sie Stadt ist kleiner und wurde gezielt auf diese Zukunft hin optimiert: Marktplatz Bayern, Go Bavaria, Munich Network, ein ganzes Heer von Beamten, Beratern und Absahnern kümmerte sich zwischen EM.TV im Norden und dem Siemens Mobile Acceleration Center SMAC im Süden um das Werden einer Epoche, die nicht kam.

Ich selbst hatte das Vergnügen, ein Teil dieser Welt zu sein; nicht oben, aber doch sehr tief drinnen und vielen nicht unbekannt, relativ frühzeitig und bis zum bitteren Ende. Es gab Momente, da war ich auch nah dran zu glauben, dass es irgendwie klappen könnte; kein Best Case, aber etwas würde, wenn man es gut hegte, sicher bleiben. Auch ich konnte mir eine Weile nicht vorstellen, dass es bald keinen Nemax mehr geben würde, und obwohl ich nie einen Cent in Aktien gesteckt habe und den Crash gut vorhersagte, war ich von eingen Ereignissen entsetzt. Das alles spielte sich vor und hinter meiner Haustür ab; in der Maxvorstadt existierte tatsächlich so etwas wie eine Gründerkultur, wie man es sich vorstellt: Meetings im Odeon, Businesspläne auf der Servietten des Treszniewski, Beratung im Puck und lustloses Stochern im Tokami-Businessessen.

Zum ersten Mal verlassen habe ich München im September 2001, um den Roman zu schreiben. In München war das alles zu nah, zu real, wie soll man etwas verfremden, wenn es jeden Tag vor der Tür steht: Der abgebrannte Entrepreneur, der einen um ein Handytelefonat anhaut, um den nicht kommenden Business Angel zu kontaktieren, der Telco-Smart, der irgendwann keine Aufkleber mehr hat, als der spanische Mutterkonzern weg ist, das Mädchen, das sie in Hamburg eingekauft haben und nach drei Monaten ihre Wohnung ein Stockwerk drüber nicht mehr zahlen kann, weil die Finanzsoftware angeblich einen Fehler hat. 2001 war München voller solcher Geschichten, die Investitionen erreichten im Frühjahr ihr all time high, wurden von der schmelzenden Masse der Startups aufgesogen und entluden sich im Herbst in einem totalen Zusammenbruch. Von dem ich nicht mehr viel mitbekam, denn ich war in die Provinz geflohen, ohne Internet und Telefon. Dann kam der Winter, den ich mit Schreiben zubrachte, der Sommer 2002, der mich zum Bleiben auf der Dachterasse verlockte, dann ein Winter in München, und dann erschien der Roman, was es sinnvoll erscheinen liess, erst mal ein paar Monate selten in München zu sein.

Alles hat sich schnell gelegt. Man redete wieder mit mir, fand alles korrekt wiedergegeben, wenn man die Gegner erkannte, und überhaupt belegte das Lachen über das Buch, dass andere gemeint waren, und kein einziger traute sich dagegen zu klagen. Was mich bis heute zur Überzeugung bringt, dass das damalige Pack ein Haufen feiger Schweine ist, das man nur nicht genug getreten hat, die brauchen das, und wenn ich sehe, wie mancher Bullshitredner, Geldverbrenner und Tschackabrüller heute noch in Interviews möglichen Jobgebern in den Arsch kriecht und um Eventteilnahme bettelt, hat sich da auch nichts geändert, ausser den immer noch miesen Buffets mit Aldizutaten und des Labels, das heute 2.0 heisst.

Dann kam Berlin, erst nur als Vertretung und dann dauerhaft, und zum ersten Mal hatte ich 3, später dann sogar 4 Aufenthaltsorte mit insgesamt 140m² für einen unteilbaren Menschen. Zwei eigene Wohnungen, eine gemietete, und Hotels. Dass ich nicht in Berlin geblieben bin, hatte einige Gründe, einer davon - und auch Teil meines Hasses auf die Stadt - war das Mieten. Ich hatte bis dahin noch nie eine Wohnung, die mir nicht gehörte. Und es ist einfach ein anderes Gefühl, ob es das Zuhause ist, oder ein angemieteter Platz, an dem man nicht bleiben wird, weil er einem nicht gehört. Ich habe versucht, die Wohnung zu kaufen, aber der Besitzer, der derer 500 hat, wollte auf keinen Fall; Mieten sei doch so angenehm, man habe einen Vermieter, der sich um alles kümmern müsse - aber da war dieses Glänzen in seinen Augen, das mir die Wahrheit verriet, und er nie etwas verkaufen würde, weil er auch ein Erdenkind ist, er fühlt das Leben in den Steinen.

Es kamen dann mit der unbefriedigenden Wohnungssituation einige private, zwischenmenschliche Dinge zusammen, die die Entscheidung brachten, die dortige Stelle auszuschlagen, Berlin nach den 18 statt der geplanten 3 Monate komplett zu verlassen, und von der Bayern aus weiter zu arbeiten - rückblickend die beste Entscheidung, denn Berlin ist nicht gut, wenn man strukturiert arbeiten will. Irgendwo verblieb ein roter Ledersessel und einiges andere, und nicht eine einzige Träne - hätte ich die Wohnung haben können, wäre es vielleicht anders ausgegangen. Daheim wartete eine Menge liegengebliebener Arbeiten im Stadtpalast, und so war ich wieder in Bayern - aber nur selten in München. Zusammengenommen war ich in den letzten drei Jahren höchstens 80 Tage in meiner Münchner Wohnung. Zeitweise war sie an Freunde verliehen, aber es war eine fast schon perverse Verschwendung, diesen Raum in Bestlage, 5 Minuten zur Uni und zu den Pinakotheken, 10 Minuten zum englischen Garten und zum Marienplatz einfach so verkommen zu lassen.

Aber ausräumen, Mieter suchen, Besichtigungstermine, Absagen, bla, ausserdem die erste eigene Wohnung, die gibt man nicht gern her - und so geschah nichts, bis ich erfuhr, dass jemand eine Wohnung suchte, und jetzt...



verlasse ich die Maxvorstadt. Adressenbesitzer müssen sich eine Neue suchen, die nicht leicht zu finden sein wird, denn ich werde auch in Zukunft eine Adresse in München haben, nicht gemietet, Eigentum natürlich, aber eben nicht mehr der ganze Betrieb und sinnlose Kosten für ungenutztes Telefon und Müllabfuhr. Die neue Adresse ist nicht weit von hier, wiederum Bestlage, und frei von allen Erinnerungen, von denen ich ein paar Tüten weggeworfen ein paar Ordner in der Provinz eingelagert habe: Die Speisekarte vom Founders Forum in Elmau etwa, der Anstecker der BEA-World, einen Haufen Visitenkarten, mit denen ich mich als diverse Chargen diverser Firmen ausgegeben habe, um zu erfahren, ob gewisse Firmen wirklich die den VCs versprochenen Preise verlangten, das billige Besteck, das wir einmal versehntlich bei einer Präsi mitnahmen, eine CD, die man sogar mit 2fach-Geschwindigkeit brennen konnte, streng geheime Firmenunterlagen, die mir nochmal nutzen können, um Karrieren einiger Munich Area High Flyer zu beschädigen, und Ähnliches.

Tränen? Nein. Zum einem habe ich endlich einen Traum erfüllt: Meine ganze Bibliothek mit ihren rund 5000 Bänden ist an einem Ort vereint. Und zum anderen ist es weiterhin meine Wohnung, und wenn sie der wirklich nette Mieterin irgedwann zu klein sein sollte, kann ich ja zurück.

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Arme, dumme Sau

Wie blöd muss man eigentlich sein, wenn man in einer Stunde hundertzwanzig Mal den gleichen Link anclickt, um Traffic zu simulieren - und glaubt, das fällt nicht auf?

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Samstag, 29. Juli 2006

Don Django verlässt Monks Gulch

So eine Biedermeiervitrine wäre auch ein erstklassiges Aufbewahrungsding für ein Maschinengewehr.



Es wurde dann auch noch das befürchtete Wettrennen gegen den Regen nach Norden. Immer an der Kante der Wolkenfront entlang, die sich in den Alpen zusammengebraut hatte und mit silbergrauen Schlieren vor der Sonne ihr Kommen androhte, ausgestreckt vom Münchner Becken bis hinauf in das Herz des Landes, die sanfte Hügelkette der Holledau.



Die Autobahn war auf 30 Kilometer bis Pfaffenhofen zu. Also fuhr ich mit der schweren Fracht über die Landstrasse, durch kleine Käffer, in denen Sandgruam-Parties und Mega-Discos mit 99 Cent Durstlöschern angepriesen werden, die alten Frauen Kopftuch tragen und mit dem Besen die Gehsteige fegen, und über mir pfiff die Vitrine im Fahrtwind das Lied des Todes. Wirklich berüchtigt, dachte ich mir, ist man erst, wenn andere schon über einen schreiben, wenn man nur einen Punkt macht. Das ist es wohl.

Oder so.

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Bauvorstadt

Noch ein Museum, dann haben wir es hier hinter uns. Für´s erste.



Weitere Sammlungen moderner Kunst bitte in Berlin, Kösching oder Lugano abgeben.

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Die wirklich wichtige Frage des Tages

Obwohl in den nächsten Tagen ein paar wichtige Entscheidungen anstehen - mache ich noch mehr in lukrativen Haifischtransporten, suche ich eine alte DCT-Meldung, um zu beweisen, wie ein Ex-Boss von einer Springertochter die eigene Firma angeschwärzt hat, und wann kommt der nächste Urlaub - dreht sich momentan alles nur um ein prekäres Problem, das mit einer Lücke zu tun hat, die sich zwischen Spiegel und Boden auftut. Ich wollte da eine schmale Rokokokommode haben, aber jetzt ist eben eine niedrige Biedermeiervitrine draus geworden. Wobei sie immerhin so gross ist, dass sie nicht in den Wagen meines Herrn Papa gepasst hat.

So ein Transport durch die Stadt wäre kein Problem, nur war diese Vitrine leider in München, wo ich erst gar nicht suche, weil man hier nie was findet. Dachte ich, aber ich hatte unrecht. Ich schalte beim Kaufen ja grundsätzlich das Hirn aus, dann macht es erst richtig Spass ohne jede Reue und die Frage, wo man das noch hintun soll. Das Problem tauchte erst auf, als ich dann vor dem Auto stand und das Teil auf den Dachträger wuchten wollte. Denn just zu diesem Zeitpunkt begann der Regen, und zu mir gesellte sich ein Herr, der fragte: "Wo haben Sie denn die her?" "Von da hinten, vom Grossvater dieses jungen Herren", gab ich zurück und wies auf den Halbwüchsigen, der mir beim Schleppen geholfen hatte.

""Hm", sagte der Herr, sah sich die Vitrine und die spektakuläre Flammenmaserung des Nussholzes an, drehte am kleinen Bronzegriff der Tür und strich mit dem Finger über den Perlstab. "Und was hat es gekostet?" fragte er. "85" sagte ich. Er zog seine Brieftasche heraus, reichte mir eine Visitenkarte und sagte, falls ich Interesse hätte, sie zu verkaufen, solle ich ihn anrufen. Dem Halbwüchsigen entglitt etwas das Gesicht, aber hey, so ist das Leben, manchmal gewinnt man, manchmal verliert man. Ich wuchtete die Vitrine dann also allein auf den Wagen, und packte sie in die vorsichtigerweise mitgebrachte Malerfolie. Und fuhr los.

Von Freimann bis in die Maxvorstadt, wo ich jetzt bin, sind es 6 Kilometer, und jeder einzelne Meter war voller Angst und Panik. Zwischendrin, kurz vor dem mittleren Ring sah das väterliche, todesseriöse Manager-Monstrum aus wie Priscilla, die Königin der Wüste, als Mitzi mit riesiger weisser weit über die Wüste wehender Schleppe auf dem Dach sitzt. Letztlich habe ich die flatternden Teile in die Türen eingeklemmt, und was dann noch muckte, wurde in die Fenster gezwickt. Da bin ich jetzt. Und die Frage lautet:

Fahre ich ohne die Plane 100 Kilometer und riskiere, die Vitrine dem Regen auszusetzen? Oder fahre ich als Priscilla II möglicherweise in eine bayerische Verkehrskontrolle bei Pfaffenhofen? Oder verkaufe ich das Ding an den Händler mit der Visitenkarte, dessen Geschäft hier ganz in der Nähe ist?

Schwierig. Variante II wäre sicher die bloggischte Löung, aber...

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Es war die Taube

Der Weckdienst ist hier mitunter gnadenlos, und Vögel kann man auch nicht an die Wand werfen. Keine Ahnung, was heute los war.



Immerhin gab es genug Zeit für einen Beitrag über Anonymität und ein Märchen an der Blogbar.

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Donnerstag, 27. Juli 2006

Wichtiger Hinweis

Ich gebe keine Lesebefehle, aber diese Geschichte hier, die einen massiven Angriff auf Blogger darstellt und sich in den nächsten Tagen sicher noch unschön weiterentwickeln wird, sollte dringend gelesen werden:

http://unkreativ.twoday.net/stories/2411327

Als gäbe es nicht schon genug Übles unter den Blogs.

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Ich werde alt.

Haifische (durcheinander): Verklagen... Schädel einschlagen... in den Staub treten... in drei Jahren... Untreue... 20 Millionen aus den Rippen schneiden...
Ich (gelangweilt klickend): Oh.
Haifisch neben mir: Was?
Ich: Da.
Haifisch neben mir: Boh, das sagt der? Wart mal, da machen wir gleich mal eine EV...
Ich: Ne, ich rede mal mit ihm.
Haifisch neben mir: Ne Quatsch, ne Rechnung kannste auch gleich stellen...
Ich: 300 vielleicht? Ich frag mal...
Haifisch neben mir: Ne, nicht reden, komm, mach ich gleich nachher im Büro.
Ich: Guck mal, die feige Sau kriecht schon nach dem ersten Hinweis zurück.
Haifisch neben mir: Egal, Screenshot ham wir.
Ich (daran denkend, dass der andere dann seinen Kids wahrscheinlich ein paar Monate kein Eis mehr kaufen kann und keine neuen Schwimmflügel, weil er ja eigentlich wirklich wenig Glück hatte, und es Gründe gibt, warum er so wurde, wie er ist): Ne, lohnt nicht. Er duckt sich doch schon weg. Typisch New Economy Hurnaille..
Haifisch neben mir: Du wirst alt. Früher...
Ich: Stimmt. Aber heute ist auch nur Früher2.o.
Haifisch neben mir: Wenn wir alle so wären wie Du, wären wir längst pleite.
Ich: Ne. Pleite wärt ihr, wenn ihr wie er wäret.
Haifisch neben mir: Wer isn das überhaupt?
Ich: Niemand mehr.

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Donnerstag, 27. Juli 2006

Pendeldiplomatie

Und wieder einen Tag in der Gluthitze der Munich Area in Haifischbegleitung: "Ich müsste ja eigentlich davon meine Steuern bezahlen, aber die Gelegenheit ist so günstig, 7500. Soll ich?"
"Nein. Du brauchst es nicht."
"Sonst gebe ich es für Klamotten aus, die ich nie trage, das wäre noch mehr verschwendet."

Stimmt auch wieder.

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Real Life 26.07.06 - Schatten über der Stadt

Wer es war, das würden sie gerne wissen. Den Namen, auch wenn sie damit nichts verbinden können. Du kommst doch von da draussen, wo die auch wohnen, dein Herr Papa kennt doch jeden, der weiss es doch sicher. Und sowas hier, also nein. Dabei hatte man gerade erst den Festzug mit all den Autos, und jetzt das. VW schien so weit weg, es ist immer VW, die es nicht können, hier ist alles in Ordnung, dachte man. Und jetzt sowas, die kleine Stadt bundesweit in den Medien mit einem Skandal. Dass der Oberbürgermeister am Wochenende nach einem Fest umgekippt ist, angeblich ohne Alkohol, das war ja noch eher lustig, dass manche ihre Arbeiter nicht versichern und das Geld in eine Villa stecken, ist nicht unnormal, aber das jetzt ist natürlich was Besonderes. Und wenn man den Namen hätte, könnte man ihn auch gleich weitertratschen am Wochenmarkt.

Du sagst gar nichts, obwohl es eigentlich klar ist, auch ohne Anruf, welche Ecke da etwas unsauberes gemacht hat. Jussuf kam vor 35 Jahren aus Marokko, um hier zu arbeiten, er ist inzwischen einer von hier und seine Kinder gehen in die bayerische Volkstanzgruppe, und er ist empört. Das, sagt er, kann nur passieren, weil sie die Manager in der Welt herumschicken. Wer hier arbeiten und bleiben würde, würde das einfach nicht tun, das wäre viel zu gefährlich. Aber heute wird da oben nur noch gewechselt und gereist, China USA Wolfsburg und so kommt das. Das war keiner von hier, sagt Jussuf. Ein Arbeiter würde sowas nicht machen, da fliegt man, wenn man ein Ersatzteil klaut, aber die da oben, die werden vielleicht sogar noch Abfindungen zahlen, wenn sie die Abteilung auswechseln.



In ein, zwei Tagen werden sie alle ein ungutes Gefühl haben, besonders die draussen im Westen, deren Geld auf dieser Firma basiert, sie wissen, dass die Stadt und sie selbst nichts wären ohne die grossen Hallen und ihre Produkte, und deshalb wird man sagen, man soll es doch hier machen, wo die Leute ehrlich sind und Anstand haben, als irgendwo im Ausland. Vielleicht holt man auch einen Teil inhouse, draussen sind noch viele Äcker, die man bebauen kann, dann hört das Gerede schon auf. Wenn da nicht noch mehr kommt. Denn zu glauben, dass einer sowas macht und der Rest nichts merkt, ist ein klein wenig blauäugig, und der bleierne Himmel, der sich am Abend über die kleine Stadt legt und ihre unschuldigen Abiturientenfeste mit den aufgedonnerten Eltern und Biergärten mit ihren nicht mehr so ganz entspannten Anwälten, der verheisst nichts Gutes.

Und wenn du erzählen würdest, dass am Vormittag ein paar VW-Busse bei euch draussen unterwegs waren, die sonst nie da sind, weil die Zivilstreife zum Schutz der Reichen anders aussieht, und auch gehalten haben und Leute ausstiegen, um wo reinzugehen, dann hätten sie noch mehr zu reden. Aber du sagst natürlich kein Wort.

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Mittwoch, 26. Juli 2006

Greater Munich Area Sundown Shootout

Nördlicher Speckgürtel, Bestlage



Mittlerer Ring, Grenze zum innersten Speckhaufen.



Überall die gleichen geschmierten Manager ein paar Kilomter entfernt, die gleiche Freunderlpolitik, mal idyllisch, mal modern, Bayern halt. Ich sollte mich nicht beschweren, ich bin in beiden Speckareas daheim. Trotzdem.

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Jubiläums-Award II

Danke, danke für die Unterstützung beim Blogversager-Wettbewerb. Liebe Freunde, besonders die indiskreten Tipps aus den Medien freuen mich. Es sieht ja eher nicht so au, als würden Journalisten Bloggerkollegen leiden können.

Inzwischen sieht unsere Liste so aus:

1. Stefan Baron (Wirtschaftswoche)
2. Dorin Popa (Freundin)
3. Falk Lücke (Zeit)
4. Peter Turi (Turi2, diverse Blättchen)
5. Leon de Winter (Welt)
6. Die abgesoffenen Blogs der Süddeutschen
7. Mariustthias Müller v. Blumencron (SPON, vielfach gewünscht)
8. Gero f. Randow (ZEIT)
9. Eric Stahl (woman-magazin.de)
10. Wolfgang Müller (CIO-Blogger)
11. Henryk M. Broder (achgut.de)
12. Thomas Frenzel (FTD-Kapitalist)
13. Alan Posener (Welt)
14. Ehrensenf
15. Ariane Sommer (Bunte Starblogs)
16. Clemens Wergin (Tagesspiegel)

Weitere Vorschläge? Dann machen wir vielleicht Kategorien: Neocon, Bizzblubber, Mybloghohlies...

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Schmerz in einem gewissen Neoconarsch.

Der benutzte Werktitel dieses Blogs (und der daraus veröffentlichten und öffentlich vorgetragenen Teile und Bühnenwerke) ist "Rebellmarkt" und "Rebellen ohne Markt". Schon seit 2003. Alles weitere wegen MarkenG §5 erklärt braunem Geschmeiss gern ein Anwalt ihrer Wahl - oder vielleicht auch mal ein Anwalt meiner Wahl.

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Souvenirs

Manchmal lohnt es sich, auch in die Kisten am Boden zu schauen. Gerade, wenn man sich schon für einen Sessel entschieden hat und jetzt noch ein Kompensationsgeschäft machen will. Desto mehr man nimmt, desto billiger wird es. Und ganz hinten, ganz klein in einem Goldrahmen, sind zwei Kupferstiche des Manierismus, bukolische Szenen, gerade mal sieben Zentimeter breit, mit einem kräftigen Passepartout und hinten mit einem Lilienpapier überzogen. Aus einem Nachlass, wo auch der Sessel herkommt, sagt der Händler, aber mehr weiss er auch nicht, vergessen ist also die Geschchte und deshalb ein guter Grund, eine neue dazu zu erfinden.



Denn hinten gibt ein goldener Aufkleber Auskunft über die Erwerbung vor ein paar Jahrzehnten: Ein gewisser Riccardo Panatta, Betreiber eines Fine Arts Shops in der Via Sistina 19 in Rom hat die Bilder verkauft.

Das Internet verrät nichts über ihzn und sein Geschäft, das es vermutlich schon lange nicht mehr gibt, also erfinde ich ihn als freundlichen, älteren Herren, der auch im Hochsommer Anzug trägt und meist auch eine Wollweste über seinem nicht ganz kleinen Bauch. Signore Panatta also hat sein Geschäft, einen schmalen, langen, mit Bildern vollgehängten Raum und dahinter eine kleine Rahmenwerkstatt in der Via Sistina, einem der besten Viertel der römischen Altstadt, nur ein paar Minuten jeweils vom Vatikan und von den Palästen der Barberini entfernt, wo sich die Touristen im Sommer entlangwälzen, wenn die Römer längst dem sumpfigen Atem der Stadt Richtung Meer entflohen sind. Signore Panattas Schaufenster ist nicht gross, aber ausgestellt ist etwas für jeden besseren Geldbeutel von Aigner bis Louis Vuitton, vom kleinen Stich des 19. Jahrhunderts mit einer Vedute der Piazza del Populo bis zu einem fast schwarzen Portrait einer verruchten Marchesa des späten 16. Jahrhunderts, deren ausschweifender Lebenswandel auch durch die grimmigsten Folgen des tridentinischen Konzils nicht im mindesten berührt wurde.

An deutsche Kundschaft denkt Signore Panatta nicht allzu oft; die Deutschen der 70er Jahre sind eher sparsam, seine besten Kunden sind Amerikaner und Briten auf der Grand Tour, die sich hier mit kamintauglichen Bildern eindecken. Oder auch Franzosen, die haben einen Sinn dafür. Deshalb die englische Aufschrift und das Papier mit den Lilien, da ist für alle etwas dabei. Seine Geschäfte gehen gut, er hat eben etwas Besseres als all die billigen Souvenirs, die gefälschten Rolex oder die verschrumpelten Gipsbüsten, die in den Seitenstrassen weiter unten verkauft werden. Er öffnet von 9 bis 12 und von 16 bis 19 Uhr, das reicht ihm, und am Abend besucht er ältere Damen dessen, was vor Mussolini die bessere Gesellschaft war und bietet ihnen ein paar zehntausend Lire für einen Band aus der Familienbibliothek, oder etwas mehr für eine Mappe mit Stichen, die seit Jahrzehnten keiner mehr angeschaut hat. manchmal muss er lange warten, bis er zum Zuge kommt, oft über den Tod der dame hinaus, wenn ihre Erben dann den über Jahrhunderte zusammengerafften Besitz verschleudern und froh sind, für den Plunder von ihm einen Scheck zu bekommen, den er schwungvoll mit seinem Namen Panatta signiert. In seinem Laden sortiert er dann die Bilder, räumt sie ein einen alten Schrank mit vielen Fächern und weiss immer, wenn Kundschaft kommt, wo er die passenden Schätze verstaut hat.

Die beiden kleinen Stiche im aus dem frühen 17. Jahrhundert hat er aber gleich in die schlichten Goldrahmen getan, denn das ist ideal für die Laufkundschaft, die etwas Besonderes mitbringen will, aber nichts Sperriges, was man einen heissen Tag mühsam über das holprige Pflaster der Stadt schleppen muss. Tatsächlich kommt eines Tages ein Ehepaar herein, typisch deutsch, sie haben etwas im Schaufenster entdeckt, was ihm aber zu teuer ist. Sie will sich dennoch etwas umschauen und entdeckt diese beiden Bilder, eines mit Hügeln und ein anderes mit Meer, zwei Orte, die ihr besser gefallen würden als dieses marode, laute, obszöne Rom mit seinen unverschämten Kellnern und miserablen Weinen, und deshalb will sie diese Bilder instinktiv haben, um sich an die schönste Zeit des Urlaubs zu erinnern, denn Kirchen und Steine und Trümmer hat sie wirklich genug gesehen. Ihr Mann findet den Preis immer noch viel zu hoch, aber mit inbegriffen, hofft er, ist ein Ende ihrer etwas gestressten Laune, und lieber gibt er hier 300.000 Lire für zwei Bilder aus, als sich ihre gereizte Stimmung den Rest des Tages anzutun, um dann noch ein paar Fetzen kaufen zu müssen, die sie nie tragen wird. Sie ist es zufrieden, und als sie mit ihren SL 280 wieder in der deutschen Vorstadt ankommen, gebräunt und letztlich doch erholt, hängt sie die Bilder über ihren Schreibtisch und denkt oft an den netten Signore Panatta und sein schmales Geschäft in der Via Sistina, das nach altem Holz und Pergament gerochen hat, und einen Moment erahnt sie dann auch wieder den mit Pinienduft geschwängerten Wind, der vom Meer hinauf in die Hügel um den Lago Trasimeno zieht.

Als sie und ihr Mann dann tot sind, ist es den Erben egal, das bekommt alles der bestellte Händler, das Haus wird verkauft und das Geld unter der Verwandtchaft aufgeteilt. Die Geschichten sind vergessen, aber das alles ist nicht weiter schlimm, solange nur jemand die Kisten auf dem Boden durchsucht und die Geschichten neu erfindet, weiterschreibt, und in 100 oder 200 Jahren werden andere kommen, die sich ihre eigenen Gedanken zu den goldenen Aufklebern von Signore Panatta, seinem Lilienpapier und den wahrlich nicht bescheidenen 150.000 Lire machen werden, die er hinten mit einem Bleistift vermerkt hat.

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Montag, 24. Juli 2006

Jubiläums-Award

In 37 Tagen wird dieses Blog 1000 Tage alt, und das bei bester Gesundheit. Das wird natürlich ein Fest, und was wäre so ein Fest ohne ein paar Versager, über die man lästern könnte? Deshalb hier schon mal im Vorfeld die Bitte um Einreichungen für den grossen

Journalisten als Blogversager-Award

Kennt Ihr Journalisten, die sich als Blogger versuchen und Eurer Meinung nur gequirlte Scheisse produzieren? Gibt es Leute, die in den Medien ganz gross tun und hier draussen ganz mickrig ankommen? Peinlichkeiten ohne Ende? Dummschwätzer, Linkhuren, Awarenessgeiferer? Oder einfach nur grottenschlecht und langweilig wie myblog? Dann ab mit denen in die Kommentare oder per Mail an mich, und dann gibt es die goldene Bloghimbeere für besondere Leistungen!

Hier schon mal ein paar Vorschläge von meines Erachtens besonders missglückten Auftritten von "Profis" angeblicher "Medien" in den Blogs:

1. Stefan Baron (Wirtschaftswoche)
2. Dorin Popa (Freundin)
3. Falk Lücke (Zeit)
4. Peter Turi (Turi2, diverse Blättchen)
5. Leon de Winter (Welt)
6. Die abgesoffenen Blogs der Süddeutschen

Ausserdem wird es eine Extrawertung für das komplette Blogangebot bloggender Medien von taz über stern bis ftd geben.

Ausgenommen von der Nominierung sind natürlich der Autor dieses Blogs, seine Freunde und Angehörigen.

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Sonntag, 23. Juli 2006

Eigentlich ging es um drei entführte Soldaten

Sagten sie. So wie es ausschaut, spielt das gerade keine Rolle mehr. Anderes Kapitel, anderes Buch.

Ich bin ja schon etwas länger in diesen Kreisen unterwegs. Und kenne auch ein paar Leute, manche habe ich interviewed, mit anderen diskutiert und manchmal auch zusammengearbeitet. Was für Startupper Web2.0 ist, ist für diese Israelis der Libanon: Für die einen eine Chance, für die anderen der gleiche Fehler schon wieder. Als Israel 1982 den Libanon eroberte, ging es das erste Mal als strategischer Verlierer vom Schlachtfeld, innerlich zerrissen, ohne ein Ziel erreicht zu haben und mit einem ganzen Sack neuer Feinde. Und jetzt schon wieder, obwohl der Libanon eigentlich gerade ein Land wurde, das man hätte aus der syrisch-iranischen Front brechen können. Der Libanon von 2006 war ein Land der Chancen im Nahen Osten, bis vor zwei Wochen.

Und bei aller Sympathie: Die Attacken gegen Zivilisten und die Opferzahlen sind absolut nicht akzeptabel, noch nicht mal die, die Israel zugibt. Wenn der Spiegel den "Politologen" Matthias Küntzel schreiben lässt, es handle sich da um einen gerechten Krieg, in dem der Westen verteidigt wird, kann ich nur sagen: Der Westen von Küntzel, Broder und anderen ist nicht mein Westen. Und der Spiegel sollte sich mal besser anschauen, in welchen Kreisen Küntzel so aktiv ist. Nur einen auf publizistischen Radau machen ist da inzwischen schon fast der Tagesbefehl, aber da gibt es immer noch Unterschiede zwischen Meinung, Kommentar und politischer Propaganda aus einer bestimmten philosemitischen Ecke, die ausser sich selbst niemandem was bringt - am allerwenigsten Israel, aber genausowenig dem Westen. Denn das Beirut, das da bombardiert wurde, ist ganz sicher kaum weniger westlich als Haifa, und ganz sicher säkularer als einiges, was in Israel Gesetz ist. Israel braucht Rüffel, keine falschen Freunde in einer Situation, die nicht zu gewinnen ist, es sei denn, man wollte, wie einige Neoconnards und sonstige überpinselte Nazis unbedingt den Endkampf gegen den Islam. Nur ist der Libanon auch da das falsche Pflaster.

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Das vergoldete Kälbchen des Blogbiz

am Spiess gebraten in der Blogbar.

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Sonntag, 23. Juli 2006

Sommer in der grossen Stadt

Sie braucht zwei Stunden, um sich fetig zu machen. In diesen zwei Stunden läuft sie durch das sehr leere, schmucklose Zimmer, telefoniert ein paar mal, fönt ihre Haare, probiert mehrere Kleider aus, bis sie dann bei einem dunkelgrünen Nichts bleibt. Und trinkt in der Zeit eine halbe Flasche Wein am Fenster.



Wenn das mal gut geht, bei der Auswahl heute Nacht, in der heissen, stickigen Luft der grossen Stadt im Süden. Leichte Beute für Jäger, die im Moment aber auch eher müde sind. Es ist diese unschöne Klebrigkeit, gegen die jedes Deo und alles Eincremen zwecklos ist, so frisch das auch am Beginn des Abends riechen mag.

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