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Sonntag, 17. August 2008
Kreuzweise
Seit drei Wochen schiebe ich hier einen Beitrag vor mir her, den ich nicht schreiben möchte. Ein Beitrag, der persönlich ist und sehr gut aufzeigt, wie verkommen dieses Land der Bayern ist, wie wenig es dem vorgetäuschten Bild entspricht, das die CSU entwirft, und wie gnadenlos das Gute weggeräumt wird, weil man am Ende eben doch vor Brüssel und Berlin im Staub kriecht. Es kann urbayerisch sein und mit der Erde verwurzelt, es kann die Seele des Landes sein und das Beste für die Menschen: Trotzdem wird das Kleine und Feine ruiniert, und das Billige und Schlechte erhält freie Bahn. Ich habe drei Wochen mit diesem Land und seinen ausführenden Organen gehadert, das es mal wieder gewagt hat, meinen Lebenskreis zu stören, und ich habe mir drei Wochen überlegt, mit welcher Methode ich mich wehre.
Da haben wir also eine Frau, die von der Rationalisierung des Staates in nicht allzu jungen Jahren betroffen ist. Andere in diesem Alter würden sich arbeitslos melden, ein paar Zwischenqualifikationen machen, dann mal in Kur gehen und somit eine Frührente anstreben. In diesem Fall ist es anders, denn die Frau kann nicht anders als aktiv sein, sie muss etwas tun, und wenn der Staat keine Arbeit vermitteln kann, schafft sie sich eben selbst eine Arbeit und produziert etwas, das viel zu meiner Küche, den kulinarischen Freuden und meinem Foodporn beiträgt. Wenn hier Gäste sind, bekommen sie oft etwas von diesem Produkt mit, und manchen Journalisten erklärte ich damit, was Bayern für mich ausmacht: Diese Frau, ihr Anpacken und das Ergebnis. So schmeckt dieses Land.
Nun gibt es aber auch so etwas wie eine Gewerbeaufsicht. Und der ist es vollkommen egal, das die Frau mit ihrer Arbeit einen Teil der Landschaft bewahrt, dass sie selten gewordene Pflanzen hütet und pflegt, dass sie das, was sie tut, mit Erfahrung und Liebe macht, dass sie seit langen Jahren ausschliesslich zufriedene Kunden hat und obendrein eine Zierde des Marktes ist. Sollte es sowas wie gute Feen geben, müssten sie exakt so aussehen. So etwas gibt es aber nicht bei den Sesselfurzern in Brüssel und auch nicht bei den Arschkrampen der Lobbyvereinigungen, die für einen angeblichen Verbraucherschutz irrwitzige Markteintrittshürden aufbauen - oder damit Menschen, die seit Generationen für Qualität und Erfahrung stehen, rausdrängen.
Feen kennen auch nicht die Dreilochamtsschimmel in den Stellen des Staates, die dergleichen dann in Landesgesetze packen und durchreichen bis hinunter in die unterste Ebene, die nach vielen Jahren und vielen zufriedenen Kunden plötzlich nicht nur eine Probe wollen, sondern auch einen angemessenen Arbeitsraum. Und einen Nirostatisch. Und noch ein Waschbecken, und einen speziellen Herd und eine Dusche, und sonst nichts, alles andere muss raus, und ausserdem muss alles, was drin ist, in exakten Prozentangaben vermerkt sein. Das heisst nicht einfach mischen, was da ist, da muss exakt, exakt gewogen werden, als würde hierzulande irgendwer, der auch nur halbwegs kochen kann, irgend etwas wiegen. Oh, das Produkt ist natürlich toll, keine Frage, aber wenn es nicht angepasst wird, darf es auch nicht verkauft werden. Oder die Frau schafft alles an, zahlt die 10.000 Euro und kann schauen, wie sie das wieder in den nächsten Jahren hereinholt, nachdem sie den Staat jahrelang durch ihre Tätigkeit entlastet hat. So ist das, in Bayern. Bayerische Entscheidungen von Leuten, bezahlt mit bayerischen Steuern, und morgen fressen wir dann alle den Gendreck von Monsanto, oans, zwoa, Hauptsache der Schein stimmt in unserem gottmitdirigen Hinteroaschloching im Soachtal am Brunzlweiher, ganz weit weg vom idyllischen Foodporningen.

Mittelbild und Grossbild
Aber offensichtlich haben auch andere keine Lust, in Hinteroaschlochingen die Lederhose runterzulassen, und diese Leute wissen auch, dass sich Brüssel auf den Rüssel reimt. Und obendrein ist es auch so, dass zwar im anderen Landkreis zwar Vorschriften zur Produktion gemacht werden können, aber der Markt in diesem Kreis hier ist. Und es deshalb auch allein Sache dieses Marktes ist, was hier verkauft werden darf, und was nicht. Weil, da könnt ja jeder kommen. Das nächste Mal verbieten sie freilaufende Hühner, weil die Rasen nicht der Futterverordnung entsprechen. Oder sie verbieten Eigenbautomaten, weil sie zu klein sind. Oder die Jahrhunderte alten Zwetschgensorten, weil sie in Brüssel nicht gelistet werden. Das könnte denen alles einfallen, wenn sie erst mal in dieser sache ihren Willen reingedrückt haben. Do leckt´s mir, denkt da ein jeder, und zwar kreuzweise, bis hinauf zu dem, der hier das sagen hat.
Und der sagt nun nach einem Gespräch mit der Frau und drei Wochen nach dem Schmarrn von den anderen, dass es ihm scheissegal ist, ob die Produktion den Standards der anderen genügt, das Produkt jedenfalls ist für den Markt hier in Ordnung. Und soll bleiben. Wo samma denn. Des is wias is, es woa scho imma a so, und der nächste EU-Abgeordnete, der auf die Rechnung der Lobby frisst, den soll beim Scheissen der Blitz treffen. Kreuzweise.
Da haben wir also eine Frau, die von der Rationalisierung des Staates in nicht allzu jungen Jahren betroffen ist. Andere in diesem Alter würden sich arbeitslos melden, ein paar Zwischenqualifikationen machen, dann mal in Kur gehen und somit eine Frührente anstreben. In diesem Fall ist es anders, denn die Frau kann nicht anders als aktiv sein, sie muss etwas tun, und wenn der Staat keine Arbeit vermitteln kann, schafft sie sich eben selbst eine Arbeit und produziert etwas, das viel zu meiner Küche, den kulinarischen Freuden und meinem Foodporn beiträgt. Wenn hier Gäste sind, bekommen sie oft etwas von diesem Produkt mit, und manchen Journalisten erklärte ich damit, was Bayern für mich ausmacht: Diese Frau, ihr Anpacken und das Ergebnis. So schmeckt dieses Land.
Nun gibt es aber auch so etwas wie eine Gewerbeaufsicht. Und der ist es vollkommen egal, das die Frau mit ihrer Arbeit einen Teil der Landschaft bewahrt, dass sie selten gewordene Pflanzen hütet und pflegt, dass sie das, was sie tut, mit Erfahrung und Liebe macht, dass sie seit langen Jahren ausschliesslich zufriedene Kunden hat und obendrein eine Zierde des Marktes ist. Sollte es sowas wie gute Feen geben, müssten sie exakt so aussehen. So etwas gibt es aber nicht bei den Sesselfurzern in Brüssel und auch nicht bei den Arschkrampen der Lobbyvereinigungen, die für einen angeblichen Verbraucherschutz irrwitzige Markteintrittshürden aufbauen - oder damit Menschen, die seit Generationen für Qualität und Erfahrung stehen, rausdrängen.
Feen kennen auch nicht die Dreilochamtsschimmel in den Stellen des Staates, die dergleichen dann in Landesgesetze packen und durchreichen bis hinunter in die unterste Ebene, die nach vielen Jahren und vielen zufriedenen Kunden plötzlich nicht nur eine Probe wollen, sondern auch einen angemessenen Arbeitsraum. Und einen Nirostatisch. Und noch ein Waschbecken, und einen speziellen Herd und eine Dusche, und sonst nichts, alles andere muss raus, und ausserdem muss alles, was drin ist, in exakten Prozentangaben vermerkt sein. Das heisst nicht einfach mischen, was da ist, da muss exakt, exakt gewogen werden, als würde hierzulande irgendwer, der auch nur halbwegs kochen kann, irgend etwas wiegen. Oh, das Produkt ist natürlich toll, keine Frage, aber wenn es nicht angepasst wird, darf es auch nicht verkauft werden. Oder die Frau schafft alles an, zahlt die 10.000 Euro und kann schauen, wie sie das wieder in den nächsten Jahren hereinholt, nachdem sie den Staat jahrelang durch ihre Tätigkeit entlastet hat. So ist das, in Bayern. Bayerische Entscheidungen von Leuten, bezahlt mit bayerischen Steuern, und morgen fressen wir dann alle den Gendreck von Monsanto, oans, zwoa, Hauptsache der Schein stimmt in unserem gottmitdirigen Hinteroaschloching im Soachtal am Brunzlweiher, ganz weit weg vom idyllischen Foodporningen.

Mittelbild und Grossbild
Aber offensichtlich haben auch andere keine Lust, in Hinteroaschlochingen die Lederhose runterzulassen, und diese Leute wissen auch, dass sich Brüssel auf den Rüssel reimt. Und obendrein ist es auch so, dass zwar im anderen Landkreis zwar Vorschriften zur Produktion gemacht werden können, aber der Markt in diesem Kreis hier ist. Und es deshalb auch allein Sache dieses Marktes ist, was hier verkauft werden darf, und was nicht. Weil, da könnt ja jeder kommen. Das nächste Mal verbieten sie freilaufende Hühner, weil die Rasen nicht der Futterverordnung entsprechen. Oder sie verbieten Eigenbautomaten, weil sie zu klein sind. Oder die Jahrhunderte alten Zwetschgensorten, weil sie in Brüssel nicht gelistet werden. Das könnte denen alles einfallen, wenn sie erst mal in dieser sache ihren Willen reingedrückt haben. Do leckt´s mir, denkt da ein jeder, und zwar kreuzweise, bis hinauf zu dem, der hier das sagen hat.
Und der sagt nun nach einem Gespräch mit der Frau und drei Wochen nach dem Schmarrn von den anderen, dass es ihm scheissegal ist, ob die Produktion den Standards der anderen genügt, das Produkt jedenfalls ist für den Markt hier in Ordnung. Und soll bleiben. Wo samma denn. Des is wias is, es woa scho imma a so, und der nächste EU-Abgeordnete, der auf die Rechnung der Lobby frisst, den soll beim Scheissen der Blitz treffen. Kreuzweise.
donalphons, 01:51h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 16. August 2008
In den Grotten




Chronos stutzt Amor die Flügel. Manchmal. Und das ist gar nicht so schlecht. Andere Enttäuschte fallen als alte Keifen in die Grube, ohne die Ruhe einer Parkbank zu kennen. Komisch, dass man das im Internet explizit betonen muss, aber so ist das wohl.
donalphons, 01:56h
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Empfehlung heute - "We will all sleep in the park"
Ich wünschte, deutsche Wirtschaftsmedien würden endlich anfangen, die Krise nicht mehr zu verharmlosen, die Lügen von banken nachzuplappern und Dinge zu schreiben wie diesen Beitrag über etwas Kommendes, das man bei uns erst lesen wird, wenn es mal wieder passiert ist.

Mit diesen Worten verabschiede ich mich nach Mainz, wo ich über die angesichts der Krise nicht wirklich freudige Zukunft der Medien diskutieren darf.

Mit diesen Worten verabschiede ich mich nach Mainz, wo ich über die angesichts der Krise nicht wirklich freudige Zukunft der Medien diskutieren darf.
donalphons, 10:51h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 14. August 2008
Meine kleinen Hedgefonds gegen Euro und Dollar
Die hier schon bekannte Mrs. Murdock aus Pasadena hat ein Problem: Sie will im Roman "Das hohe Fenster" ihre entlaufene Schwiegertochter Linda Conquest kostenneutral loswerden und verdächtigt sie, ihr eine wertvolle Münze gestohlen zu haben. Gegenüber Marlowe zählt sie all den Luxus auf, mit dem sie diese Frau ihres Sohnes dummerweise überhäuft hat; ein stahlgrauer Mercury etwa, ein wolkiges Bernsteinarmband mit Brilliantschliesse und eine Longines-Uhr aus Platin, womit die junge Mrs. Murdock für ihre Zeit bestens ausgestattet war. Dass die Schweizer Uhrenmarke Longines zu dieser Zeit in den USA ein Begriff für Exklusivität war, lag an der Flucht europäischer Luxushersteller aus dem kriegszerstörten Kontinent in die damals wirtschaftlich Tritt fassenden USA, denn dort war das Geld und die Kundschaft und auch die Bereitschaft, sich endlich wieder etwas zu leisten. Longines war von allen europäischen Luxusherstellern derjenige, der die Chancen am schnellsten begriff und umzusetzen wusste, so dass die am amerikanischen Geschmack orientierten Uhren in den USA fast schon als amerikanische Marke gesehen wurden. Mit Wittnauer hatte Longines sogar einen Vertriebspartner in den Staaten, der auf Schweizer Werke zurückgriff.
60 Jahre später liegen die USA darnieder, und dem Euroraum geht es auch nicht mehr so gut. Es riecht nach Weltwirtschaftskrise, und es scheint mir deshalb an der Zeit, die Schweizer Flüchtlinge der 50er und 60er Jahre heimzuholen.

Das hier sind zwei Admiralmodelle von Longines mit wasserdichten Gehäusen und sehr feinen Calibern. Aus Sicht der deutschen 50er Jahre waren sie praktisch unbezahlbar, für diese beiden Uhren hätte man 2/3 eines VW Käfer kaufen können, und sollte es mit dem Benzinpreis so weitergehen, wird man dereinst für eine Uhr einen ganzen Schrottplatz bekommen. So richtig billig waren sie auch in den USA nicht, ganz im Gegenteil; 1961 machten sich Opa und Oma auf den Weg und kauften für den Enkel etwas wirklich Gutes zum Abschluss der Highschool, das sich der betreffende Herr damals selbst nie hätte leisten können. Allerdings scheint er auch nicht allzu begeistert gewesen zu sein, denn getragen wurde die Uhr praktisch nicht, die auch heute, nach 47 Jahren so gut wie neu ist:

Es war die Zeit der Babyboomer, und wie mir der Enkel dieses vor kurzem verschiedenen Absolventen schrieb, hatte er sich wohl bald danach ein paar klobige Uhren im Stil der 70er Jahre gekauft, die man eventuell noch in den USA behalten möchte; sollte man aber erneut den Internetkommerz bemühen, würde man mich vorher gerne informieren. Die Longines aber wurde auserkoren, die klamme Familienkasse über Ebay aufzubessern, und bei einem Dollarkurs von knapp 1,60 konnte ich eigentlich nichts falsch machen. Der reiche Onkel aus Deutschland, sicher eine ganz neue und ungewohnte Erfahrung für die Amerikaner. Bei uns jedoch wäre eine bessere Swatch teurer gewesen, auch teurer als das andere Exemplar mit guillochiertem Zifferblatt im Stil der Calatrava:

Es ist nicht viel Geld, das ich damit auf meiner Seite des Atlantiks Rezession und Inflation entzogen und in Sachwerte verschoben habe, auf ein anderes Desiderat warte ich noch, und vielleicht fällt mir auch noch mehr ein, was ich tun könnte, um mich gegen den kommenden Fall zu wappnen. Es sind meine kleinen, persönlichen Hedgefonds mit nicht erneuerbaren Assets, die nun entkoppelt sind vom Abwärtstrend der Währungen und desolaten Wirtschaftszahlen, und die Rendite ist vorerst nur das beruhigende Wissen, dass diese Symbole einer lang vergangenen Zeit wohl so schnell nicht mehr so billig zu haben sein werden. Ich weiss nicht, was die Verkäufer mit dem Geld machen - vielleicht füllen sie den Pickup mit Benzin und fahren in die Shopping Mall, vielleicht werfen sie es auch nur einer gierigen Bank in den Rachen oder verspekulieren es an der Börse. Ich denke, sie haben so oder so ein schlechtes Geschäft gemacht, nicht so schlecht wie das Geschäft, das uns allen gerade aufgebürdet wird, aber ihr Fehler ist am Ende mein Richtiges im Falschen, wenngleich ich auch zuversichtlich bin, dass die kommende Flut nicht mehr als meine Zehen umspielen wird, und mein Leben ansonsten so wasserdicht wie das Gehäuse einer Longines Admiral ist.
Und nun reise ich nach Frankfurt, dummerweise im offenen Wagen und hoffend, dass das Luftraum unter den Türmen halbwegs frei von tieffliegenden Bankern ist, die vorher hoffentlich die Uhren abgelegt haben.
60 Jahre später liegen die USA darnieder, und dem Euroraum geht es auch nicht mehr so gut. Es riecht nach Weltwirtschaftskrise, und es scheint mir deshalb an der Zeit, die Schweizer Flüchtlinge der 50er und 60er Jahre heimzuholen.

Das hier sind zwei Admiralmodelle von Longines mit wasserdichten Gehäusen und sehr feinen Calibern. Aus Sicht der deutschen 50er Jahre waren sie praktisch unbezahlbar, für diese beiden Uhren hätte man 2/3 eines VW Käfer kaufen können, und sollte es mit dem Benzinpreis so weitergehen, wird man dereinst für eine Uhr einen ganzen Schrottplatz bekommen. So richtig billig waren sie auch in den USA nicht, ganz im Gegenteil; 1961 machten sich Opa und Oma auf den Weg und kauften für den Enkel etwas wirklich Gutes zum Abschluss der Highschool, das sich der betreffende Herr damals selbst nie hätte leisten können. Allerdings scheint er auch nicht allzu begeistert gewesen zu sein, denn getragen wurde die Uhr praktisch nicht, die auch heute, nach 47 Jahren so gut wie neu ist:

Es war die Zeit der Babyboomer, und wie mir der Enkel dieses vor kurzem verschiedenen Absolventen schrieb, hatte er sich wohl bald danach ein paar klobige Uhren im Stil der 70er Jahre gekauft, die man eventuell noch in den USA behalten möchte; sollte man aber erneut den Internetkommerz bemühen, würde man mich vorher gerne informieren. Die Longines aber wurde auserkoren, die klamme Familienkasse über Ebay aufzubessern, und bei einem Dollarkurs von knapp 1,60 konnte ich eigentlich nichts falsch machen. Der reiche Onkel aus Deutschland, sicher eine ganz neue und ungewohnte Erfahrung für die Amerikaner. Bei uns jedoch wäre eine bessere Swatch teurer gewesen, auch teurer als das andere Exemplar mit guillochiertem Zifferblatt im Stil der Calatrava:

Es ist nicht viel Geld, das ich damit auf meiner Seite des Atlantiks Rezession und Inflation entzogen und in Sachwerte verschoben habe, auf ein anderes Desiderat warte ich noch, und vielleicht fällt mir auch noch mehr ein, was ich tun könnte, um mich gegen den kommenden Fall zu wappnen. Es sind meine kleinen, persönlichen Hedgefonds mit nicht erneuerbaren Assets, die nun entkoppelt sind vom Abwärtstrend der Währungen und desolaten Wirtschaftszahlen, und die Rendite ist vorerst nur das beruhigende Wissen, dass diese Symbole einer lang vergangenen Zeit wohl so schnell nicht mehr so billig zu haben sein werden. Ich weiss nicht, was die Verkäufer mit dem Geld machen - vielleicht füllen sie den Pickup mit Benzin und fahren in die Shopping Mall, vielleicht werfen sie es auch nur einer gierigen Bank in den Rachen oder verspekulieren es an der Börse. Ich denke, sie haben so oder so ein schlechtes Geschäft gemacht, nicht so schlecht wie das Geschäft, das uns allen gerade aufgebürdet wird, aber ihr Fehler ist am Ende mein Richtiges im Falschen, wenngleich ich auch zuversichtlich bin, dass die kommende Flut nicht mehr als meine Zehen umspielen wird, und mein Leben ansonsten so wasserdicht wie das Gehäuse einer Longines Admiral ist.
Und nun reise ich nach Frankfurt, dummerweise im offenen Wagen und hoffend, dass das Luftraum unter den Türmen halbwegs frei von tieffliegenden Bankern ist, die vorher hoffentlich die Uhren abgelegt haben.
donalphons, 16:01h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 13. August 2008
Problemluxus
Die Immobilienblase in den USA und England war nicht ausschliesslich schlecht. Es genügt, ein paar ältere Ausgaben meiner Lieblingszeitschrift "World of Interiors" durchzublättern, um in den Anzeigen den Wandel beim Einrichtungsniveau zu erkennen. Dominierten um 2001 noch glatte Flächen und gerade Linien; wurden damals Naturmaterialien ausgeschlossen und glänzende Metalle verbaut, so wandelte sich mit den anziehenden Haupreisen und der Verwendung von Häusern als Garantie für immer neue Kredite die Ansprüche. Spätestens seit der Dolce & Gabbana-Anzeigenserie von 2003, als Modelle auf Perserteppichen und unter Kronleuchtern zu sehen waren, gab es kein Halten mehr. Venezianische Leuchter, schwere Damaststoffe, Posamenten, Strass, pompöse Antiquitäten, Kronleuchter auch in Küche und Bad, antike Teppiche, edle Hölzer, und als sei das nicht genug, kamen Firmen wie Rolex und Patek trotz saftiger Preissteigerungen gar nicht mit dem produzieren nach. In Florida boomte das Bootsgeschäft, in Russland wurden Bugattis ausgeliefert, und Chinesen plünderten besinnungslos auch unverkäufliche Vorvorjahresbestände von Vuitton. Der Luxus hatte von 2003 bis anfang 2008, vom Ende der New Economy bis zur Kreditkrise, fünf extrem fette Jahre.

Und wenn man heute in den einschlägigen Angeboten der internationalen Wirtschaftspresse liest, findet man allerorten die Hoffnung, es möchte nicht vorbei sein. Man wünscht sich, dass zumindest dieser Sektor weiter wachsen möchte, wenn schon andernorts Hungerkrisen erspekuliert werden und Konsumenten sterben, weil die Medikamente zu teuer sind. Was noch vor wenigen Monaten als gieriger Abzocker mit Schwarzgeld in Liechtenstein galt, wird heute in Handelsblatt und FTD, Wallstreet Journal und Vanity Fair hofiert als Rettungsanker in einer katastrophalen Konjunktur, die solchen alles schluckenden Mietmäulern die Werbeerlöse zu nehmen droht. Irgendwo soll die Party weitergehen, der Champagner strömen und die Umverteilung von unten nach oben als Retter in der Not auftreten, denn wenn es sich jemand Konsum leisten kann, dann diejenigen, die von Inflation und Lohndrückerei profitieren.

Leider, leider, leider gehen solche Überlegungen von falschen Voraussetzungen aus. Werfen wir doch mal einen Blick auf die gängigen Archetypen derer, die sich bislang Luxus leisten konnten. Da hätten wir:
1. Der Verschwender, der es sich eigentlich noch nie leisten konnte. Das ist der Sportsfreund, der die Auto-Haus-Bargeld-sofort Angebote der Banken für ein gutes Geschäft hält, seit dem Berliner Prekariat sowieso immer am Dispolimit rumkrebst und davon ausgeht, dass es schon irgendwie weiter geht, also genehmigt er sich noch eine Flasche mit seiner neuen Kreditkarte. Negative Sparquote, keine dauerhaften Sicherheiten, trotzem irre Ansprüche und eine geile Karre: Vor uns sehen wir den Onkel aus Amrika, Joe Default, seinen spanischen Vetter Jose Privatinso und deren deutschen Schwippschwager Josef Vielhaber-Anderzahl. Dieser Teil des Luxuskonsums ist definitiv Geschichte, und da helfen auch keine in manchen US-Staaten üblichen Angebote mehr, Schulden unzuschichten oder die Privatpleite rauszuzögern.

2. Die Wohlhabenden mit Vermögen. Was immer das sein soll. Angesichts der realen Inflation, die in den meisten Ländern des Westend näher bei 10 als bei 5% liegen dürfte, und angesichts der Kursverluste von so ziemlich allem ausser dem Zeug wie Gold oder Rohstoffe, das gerade jetzt den Abschwung nachholt, verlieren diese Menschen enorme Summen. Nicht so schlimm wie damals beim Filmfonds, aber dennoch in einem alle einschliessenden Umfang, den auch Wohlhabende nicht einfach so wegstecken. Besonders übel ist die Geschichte, wenn die Altersvorsorge an die Börse gekoppelt ist. Solche Leute können etwas, das die erste Gruppe nicht kann: Rechnen. Und das A und O bei diesen Leuten ist der sichere Ruhestand. Ich kenne diese Schicht, und dort hat das Thema "Wo bringe ich mein Geld in Sicherheit" das Thema Konsum vollkommen in den Hintergrund gedrängt. Statt dessen liest man jetzt in Einruchtungsblättern sehr, sehr oft vom Stolz auf "Estate" und "Flea Market Bargain", was früher, vorsichtig gesagt, eher eine exotische Haltung war. Lebt also wohl, ihr feinen britischen Farbenmischer und Stoffweber, ihr Sattler und Marmorschneider nahe Verona.

3. Die reichen Russen, Chinesen und andere Ausbeuter aus Schwellenländern: Machten ihr Geld weniger mit den Reichen des Westens, als vielmehr mit den Hauptbetroffenen der Krise - den Mittel- und Unterschichten des Westens. Denjenigen, denen es jetzt wiklich nass reingeht. Diejenigen, die nun eben nicht mehr alle zwei Monate die Sonderangebote gewisser Kleidermärkte kaufen, sondern nur noch alle 6 Monate. Wenn es reicht. Denn die Kunden Asiens sind vor allem Menschen ohne grosse finanzielle Spielräume. Der Massenmarkt. Dessen Kunden es sich dreimal überlegen werden, ob sie jedes Jahr eine neue Glotze, eine neue Kamera oder 10 Paar superbillige chinesische Sportschuhe mit Chemiegestank brauchen. Wenn sie es nicht tun, denkt ihr Bankberater für sie. Schlecht für Schwellenländer. Schlecht für deren Börsen. Noch viel schlechter, als es ohnehin schon ist. Und die meisten ort wissen noch, was Armut bedeutet. ich glaube nicht, dass allzu viele den Rückfall für ein paar französische Täschchen riskieren werden.

4. Die Superreichen: Diejenigen, die gerade panisch ihr Geld von der UBS abziehen. Diejenigen, für die das Wort Steuernachzahlung in vielen Ländern kein Fremwort mehr ist. Diejenigen, die nachher trotzdem noch genug haben. Oder hätten. Denn auch bei denen stellt sich die Frage, ob sie in Zeiten wie diesen unbedingt noch ein 10. Auto brauchen, einen Fünftwohnsitz, eine Viertfreundin oder eine Drittyacht. Überhaupt scheint es mir so zu sein, als wäre das Bild dieser Leute geprägt durch RTL II, irgendwelche singenden Junkies bei MTV und den Leseranalysen, mit denen Vanity Fair hausieren geht. Vielleicht kenne ich die falschen Superreichen, aber da gibt es einen, der über die hohen Kosten für den Midijob seines Gärtners jammert. Ein anderer verbringt seinen Urlaub, indem er Bauer spielt und Kompott mitbringt. Ein weiterer erzählt jedem, wie billig seine Büroeinrichtung bei Ebay war. Einer von zwei mit bekannten Schwerreichen, die eine Ferrarisammlung ihr eigen nennen, musste mir seine Wohnung am Tegernsee notverkaufen - der andere ist ein nicht wirklich gesellschaftsfähiger Grossmetzger in einem Kaff in der Provinz und hat kein anderes Hobby. Luxus hat übrigens auch noch ein Haltbarkeitsproblem, das jeder sofort versteht, der einmal eine Rolex aus den 70ern in der Hand gehalten hat: In aller Regel ist er kein Wegwerfprodukt. Menschen können im Luxus vergleichsweise lange ohne weitere Ausgaben existieren. Eine Keepall altert faktisch nicht. Eine Lampe von Émile Gallé wird nicht unmodern. Aus Bakkaratgläsern kann man immer trinken. Mahagonimöbel sind praktisch unzerstörbar. Luxus ist teuer in der Anschaffung, kann aber im Betrieb sehr lange kostenneutral sein.

Bleiben also noch als letzte und 5. Gruppe Fashion Victims und diejenigen, die sich beruflich mit Luxus umgeben müssen. In meiner ganz wilden Zeit habe ich mal erlebt, wie ein bekannter Sportmoderator eines süddeutschen Staatssenders mit seinem Feund, der auch ab und zu moderiert, bei einem der besten Läden Münchens einkaufen war. Ich musste für mein Bybloshemd gar nicht wenig zahlen - die beiden TV-Persönlichkeiten dagegen bekamen eine hohe Rechnung allein für die Steuer und den Dank des Hauses, weil sie vorhatten, die Einkäufe in der Glotze vorzuführen. Ich nehme an, dass die Steueroptimierer tatsächlich bei der Stange bleiben. Die Betrüger des grauen Kapitalmarkts werden weiterhin Grafentitel brauchen, Luxusimmobilien und die passende Einrichtung. Es wird weiterhin einen globalen Markt für Luxus geben, wie auch für Autos und Toilettenpapier. Teenager werden Väter anquengeln und Berufssöhne ihr Grossmütter, man wird mehr in Rechnungen schreiben, als bezahlt wurde und Steuerberater wird man immer brauchen.
Aber ich glaube nicht, dass Luxus eine Rettung für die Wirtschaft oder auch nur einen Teilbereich sein wird. Mitunter ist das schade, denn auch Eier von freilaufenden Biohühnern kosten 120% mehr, als die billigste Mörderware. An Luxus hängt ohne Frage sehr viel Gutes, der echte Honig wie auch der Erhalt von Olivenhainen, alte Handwerkskunst und neue Begriffe von dem, was ein "gutes Leben" sein sollte. Luxus ist nicht im Mindesten nur eine Sache der Reichen; wir würden alle blöd aus der Wäsche schauen, wenn auch die Vermögenden extrem kostenorientiert ihren gesamten Konsum nach China verlagern würden. Ich habe keine Antwort auf die Frage, ob es gut oder schlecht ist, wenn jetzt vieles nicht mehr möglich ist; ich halt Steuerhinterziehung und Bestechung der Reichen für verwerflich, aber die Ausbeutung in Sweat Shops und durch 3-Euro-Friseusen, die am anderen Ende der Gesellschaft als legitim und preiswert verstanden wird, kann es eigentlich auch nicht sein. Was es in der Krise letztlich sein wird - ich weiss es nicht.
Ich kann hier nur sagen, dass keine der obigen Einrichtungsideen mehr als ein Ipod gekostet hat. Es ist mein Luxus, weil ich darin zufrieden bin und es mir bequem leisten kann, ohne ein Schwein zu sein, oder Werbung schalten zu müssen.

Und wenn man heute in den einschlägigen Angeboten der internationalen Wirtschaftspresse liest, findet man allerorten die Hoffnung, es möchte nicht vorbei sein. Man wünscht sich, dass zumindest dieser Sektor weiter wachsen möchte, wenn schon andernorts Hungerkrisen erspekuliert werden und Konsumenten sterben, weil die Medikamente zu teuer sind. Was noch vor wenigen Monaten als gieriger Abzocker mit Schwarzgeld in Liechtenstein galt, wird heute in Handelsblatt und FTD, Wallstreet Journal und Vanity Fair hofiert als Rettungsanker in einer katastrophalen Konjunktur, die solchen alles schluckenden Mietmäulern die Werbeerlöse zu nehmen droht. Irgendwo soll die Party weitergehen, der Champagner strömen und die Umverteilung von unten nach oben als Retter in der Not auftreten, denn wenn es sich jemand Konsum leisten kann, dann diejenigen, die von Inflation und Lohndrückerei profitieren.

Leider, leider, leider gehen solche Überlegungen von falschen Voraussetzungen aus. Werfen wir doch mal einen Blick auf die gängigen Archetypen derer, die sich bislang Luxus leisten konnten. Da hätten wir:
1. Der Verschwender, der es sich eigentlich noch nie leisten konnte. Das ist der Sportsfreund, der die Auto-Haus-Bargeld-sofort Angebote der Banken für ein gutes Geschäft hält, seit dem Berliner Prekariat sowieso immer am Dispolimit rumkrebst und davon ausgeht, dass es schon irgendwie weiter geht, also genehmigt er sich noch eine Flasche mit seiner neuen Kreditkarte. Negative Sparquote, keine dauerhaften Sicherheiten, trotzem irre Ansprüche und eine geile Karre: Vor uns sehen wir den Onkel aus Amrika, Joe Default, seinen spanischen Vetter Jose Privatinso und deren deutschen Schwippschwager Josef Vielhaber-Anderzahl. Dieser Teil des Luxuskonsums ist definitiv Geschichte, und da helfen auch keine in manchen US-Staaten üblichen Angebote mehr, Schulden unzuschichten oder die Privatpleite rauszuzögern.

2. Die Wohlhabenden mit Vermögen. Was immer das sein soll. Angesichts der realen Inflation, die in den meisten Ländern des Westend näher bei 10 als bei 5% liegen dürfte, und angesichts der Kursverluste von so ziemlich allem ausser dem Zeug wie Gold oder Rohstoffe, das gerade jetzt den Abschwung nachholt, verlieren diese Menschen enorme Summen. Nicht so schlimm wie damals beim Filmfonds, aber dennoch in einem alle einschliessenden Umfang, den auch Wohlhabende nicht einfach so wegstecken. Besonders übel ist die Geschichte, wenn die Altersvorsorge an die Börse gekoppelt ist. Solche Leute können etwas, das die erste Gruppe nicht kann: Rechnen. Und das A und O bei diesen Leuten ist der sichere Ruhestand. Ich kenne diese Schicht, und dort hat das Thema "Wo bringe ich mein Geld in Sicherheit" das Thema Konsum vollkommen in den Hintergrund gedrängt. Statt dessen liest man jetzt in Einruchtungsblättern sehr, sehr oft vom Stolz auf "Estate" und "Flea Market Bargain", was früher, vorsichtig gesagt, eher eine exotische Haltung war. Lebt also wohl, ihr feinen britischen Farbenmischer und Stoffweber, ihr Sattler und Marmorschneider nahe Verona.

3. Die reichen Russen, Chinesen und andere Ausbeuter aus Schwellenländern: Machten ihr Geld weniger mit den Reichen des Westens, als vielmehr mit den Hauptbetroffenen der Krise - den Mittel- und Unterschichten des Westens. Denjenigen, denen es jetzt wiklich nass reingeht. Diejenigen, die nun eben nicht mehr alle zwei Monate die Sonderangebote gewisser Kleidermärkte kaufen, sondern nur noch alle 6 Monate. Wenn es reicht. Denn die Kunden Asiens sind vor allem Menschen ohne grosse finanzielle Spielräume. Der Massenmarkt. Dessen Kunden es sich dreimal überlegen werden, ob sie jedes Jahr eine neue Glotze, eine neue Kamera oder 10 Paar superbillige chinesische Sportschuhe mit Chemiegestank brauchen. Wenn sie es nicht tun, denkt ihr Bankberater für sie. Schlecht für Schwellenländer. Schlecht für deren Börsen. Noch viel schlechter, als es ohnehin schon ist. Und die meisten ort wissen noch, was Armut bedeutet. ich glaube nicht, dass allzu viele den Rückfall für ein paar französische Täschchen riskieren werden.

4. Die Superreichen: Diejenigen, die gerade panisch ihr Geld von der UBS abziehen. Diejenigen, für die das Wort Steuernachzahlung in vielen Ländern kein Fremwort mehr ist. Diejenigen, die nachher trotzdem noch genug haben. Oder hätten. Denn auch bei denen stellt sich die Frage, ob sie in Zeiten wie diesen unbedingt noch ein 10. Auto brauchen, einen Fünftwohnsitz, eine Viertfreundin oder eine Drittyacht. Überhaupt scheint es mir so zu sein, als wäre das Bild dieser Leute geprägt durch RTL II, irgendwelche singenden Junkies bei MTV und den Leseranalysen, mit denen Vanity Fair hausieren geht. Vielleicht kenne ich die falschen Superreichen, aber da gibt es einen, der über die hohen Kosten für den Midijob seines Gärtners jammert. Ein anderer verbringt seinen Urlaub, indem er Bauer spielt und Kompott mitbringt. Ein weiterer erzählt jedem, wie billig seine Büroeinrichtung bei Ebay war. Einer von zwei mit bekannten Schwerreichen, die eine Ferrarisammlung ihr eigen nennen, musste mir seine Wohnung am Tegernsee notverkaufen - der andere ist ein nicht wirklich gesellschaftsfähiger Grossmetzger in einem Kaff in der Provinz und hat kein anderes Hobby. Luxus hat übrigens auch noch ein Haltbarkeitsproblem, das jeder sofort versteht, der einmal eine Rolex aus den 70ern in der Hand gehalten hat: In aller Regel ist er kein Wegwerfprodukt. Menschen können im Luxus vergleichsweise lange ohne weitere Ausgaben existieren. Eine Keepall altert faktisch nicht. Eine Lampe von Émile Gallé wird nicht unmodern. Aus Bakkaratgläsern kann man immer trinken. Mahagonimöbel sind praktisch unzerstörbar. Luxus ist teuer in der Anschaffung, kann aber im Betrieb sehr lange kostenneutral sein.

Bleiben also noch als letzte und 5. Gruppe Fashion Victims und diejenigen, die sich beruflich mit Luxus umgeben müssen. In meiner ganz wilden Zeit habe ich mal erlebt, wie ein bekannter Sportmoderator eines süddeutschen Staatssenders mit seinem Feund, der auch ab und zu moderiert, bei einem der besten Läden Münchens einkaufen war. Ich musste für mein Bybloshemd gar nicht wenig zahlen - die beiden TV-Persönlichkeiten dagegen bekamen eine hohe Rechnung allein für die Steuer und den Dank des Hauses, weil sie vorhatten, die Einkäufe in der Glotze vorzuführen. Ich nehme an, dass die Steueroptimierer tatsächlich bei der Stange bleiben. Die Betrüger des grauen Kapitalmarkts werden weiterhin Grafentitel brauchen, Luxusimmobilien und die passende Einrichtung. Es wird weiterhin einen globalen Markt für Luxus geben, wie auch für Autos und Toilettenpapier. Teenager werden Väter anquengeln und Berufssöhne ihr Grossmütter, man wird mehr in Rechnungen schreiben, als bezahlt wurde und Steuerberater wird man immer brauchen.
Aber ich glaube nicht, dass Luxus eine Rettung für die Wirtschaft oder auch nur einen Teilbereich sein wird. Mitunter ist das schade, denn auch Eier von freilaufenden Biohühnern kosten 120% mehr, als die billigste Mörderware. An Luxus hängt ohne Frage sehr viel Gutes, der echte Honig wie auch der Erhalt von Olivenhainen, alte Handwerkskunst und neue Begriffe von dem, was ein "gutes Leben" sein sollte. Luxus ist nicht im Mindesten nur eine Sache der Reichen; wir würden alle blöd aus der Wäsche schauen, wenn auch die Vermögenden extrem kostenorientiert ihren gesamten Konsum nach China verlagern würden. Ich habe keine Antwort auf die Frage, ob es gut oder schlecht ist, wenn jetzt vieles nicht mehr möglich ist; ich halt Steuerhinterziehung und Bestechung der Reichen für verwerflich, aber die Ausbeutung in Sweat Shops und durch 3-Euro-Friseusen, die am anderen Ende der Gesellschaft als legitim und preiswert verstanden wird, kann es eigentlich auch nicht sein. Was es in der Krise letztlich sein wird - ich weiss es nicht.
Ich kann hier nur sagen, dass keine der obigen Einrichtungsideen mehr als ein Ipod gekostet hat. Es ist mein Luxus, weil ich darin zufrieden bin und es mir bequem leisten kann, ohne ein Schwein zu sein, oder Werbung schalten zu müssen.
donalphons, 17:10h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 13. August 2008
Empfehlung heute - Kreditkrisenfreuden
Man muss die Krisen feiern, wie Dollar und Hauspreise fallen. Da war zum Beispiel diese nette Silbersauciere mit Holzgriff, die im gebeutelten Neuengland keinen Platz mehr fand und nun zum kleinen Abendessen - Gnocchi mit Pfifferling-Gorgonzola-Lauch- Sauerrahmsauce (feat. französische Meersalzbutter) beitragen darf, nebst einigen anderen Dingen, die der Amerikaner nach dem Ende des Eigenheimbooms nicht mehr brauchen kann. Im Gegensatz zu harten Euros.

Wie es dazu kommt, nun, das kann man in dieser Mail nachlesen, die ironisch darstellt, was de facto gerade von vielen Anlegespezialisten geschrieben werden müsste. Ich sehe es so: Spass beim Essen ist auch eine Rendite, zumal ich zu denen gehöre, die in sich selbst einen so erfreulichen Gast sehen, dass das Beste gerade gut genug ist. Und das Einschmelzen von Silber in den wirklich schlechten Zeiten hat obendrein beste europäische Tradition - sollte es jedoch jemals so weit kommen, weiss der geneigte Leser, dass es wirklich schlimm um uns bestellt ist.

Wie es dazu kommt, nun, das kann man in dieser Mail nachlesen, die ironisch darstellt, was de facto gerade von vielen Anlegespezialisten geschrieben werden müsste. Ich sehe es so: Spass beim Essen ist auch eine Rendite, zumal ich zu denen gehöre, die in sich selbst einen so erfreulichen Gast sehen, dass das Beste gerade gut genug ist. Und das Einschmelzen von Silber in den wirklich schlechten Zeiten hat obendrein beste europäische Tradition - sollte es jedoch jemals so weit kommen, weiss der geneigte Leser, dass es wirklich schlimm um uns bestellt ist.
donalphons, 01:19h
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Das Haus und sein Hüter
Jeden Sonntag gehe ich nach dem Konzert in den Hof, öffne das Waschhäusl, das mit nur 12 Quadratmeter das kleinste eigenständige Gebäude des Komplexes darstellt, hole Wasser, räume die Erdhalbkreise um die Weinstöcke vom Müll der letzten Nacht frei, giesse und binde neu gewachsene Äste hinauf. Manchmal gehe ich auch zur Seite, wenn Touristen ein Photo ohne Hausbesitzer machen wollen, und es freut mich, wenn das Erhalten durch diese Anerkennung belohnt wird. Manchmal ist es aber auch anders; so wie vorgestern. Da kam die auch nicht gerade seltene Argumentation der Neubaufetischisten: So ein altes Haus, so viel Aufwand, das kann sich doch gar nicht lohnen, da hat man nur Arbeit damit, das soll man doch verkaufen, viele Reiche suchen das heute, um Steuern zu sparen, aber so hätte das alles keinen Sinn - grad so, als wären wir selbst auf der Brennsuppn dahergschwumma und wüssten nicht, wie man die Erhaltungskosten steuerlich geltend macht.

Andererseits stimmt es natürlich. Es macht Arbeit. Als ich die Provinz verlassen habe und fast 2 Jahrzehnte nur sporadisch hier war, gab es nie einen Zweifel daran, dass ich mich irgendwann darum würde kümmern müssen. Ein paar Aspekte konnte ich mir gut vorstellen - auf der Dachterasse den Sonnenuntergang anschauen, eine grosse Wohnung beziehen, am Sonntag für die Mieter Zwetschgendatschi backen, Weintrauben pflücken. Es gab auch Aspekte, die ich mir weniger vorstellen konnte - noch vor 7 Uhr Schneeräumen, die Hinterlassenschaften der nachts durchziehenden Prolls wegräumen und ab und an auch Anzeige zu erstatten, wenn mal wieder jemand meinte, aus Frust etwas beschädigen zu müssen. Folglich auch reparieren. Man glaubt gar nicht, was alles so kaputt gehen kann in so einem grossen Haus, und wie komisch es ist, wenn man nicht mehr die Hausverwaltung anrufen kann, die man selber ist. Man ist nicht so schlimm wie an ein Kind angehängt, aber man ist eben auch niemals ganz frei, und die Vorstellung, dass das Haus wirklich einmal Besitz ergreifen könnte, war früher weniger angenehm.
Aber seit drei Jahren mache ich das neben all den anderen Verpflichtungen, und ich muss gestehen, dass es von allen, insgesamt betrachtet, die leichteste und angenehmste ist. Es ist zwar faktisch falsch oder gar gelogen, aber hier gebe ich diese Verwaltungsarbeit lieber als meine Beschäftigung an, als das Wühlen in den unerfreulichen Seiten gewisser Geldanlageformen. Es ist ein simples Geschäft mit überschaubaren Risiken und vielen Freuden, man hat so gut wie nie mit Kriminellen zu tun und hat auch bei den Partnern nie den Eindruck, dass sie besser im Gefängnis aufgehoben wären. Die Rendite ist lächerlich, der - theoretische - Stundenlohn vernachlässigbar. Aber man gewöhnt sich dran, es ist sicher, es kann einen keiner feuern und man tut, was richtig ist. "Herr bin imma no I", pflegte meine Grossmutterimmer zu sagen, und sie hatte natürlich wie immer recht.

"Mia woas no grod gnua", sagen statt dessen die Konzertbesucher, die das nicht verstehen und finden, dass ich so nie eine Weltreise werde machen können, und damit natürlich auch recht haben. Ich könnte jetzt auch nicht mehr nach Berlin gehen. Und anderes tun, was ich gar nicht so entsetzlich erstrebenswert finde. In gewisser Weise sind solche Aufgaben wie das älter werden: Nicht unbedingt das, was man in der Jugend gerne erleben will, aber später ist man doch irgendwie froh, dass gewisse Dinge nun erledigt sind. Genauso, wie man bald nach dem Abitur aufhört, unreife Schulmädchen trotz Kaugummi und Bravo-Abo sexy zu finden, gewöhnt man sich später auch an Verantwortung. Netterweise so schnell, dass es wirklich das Geraunze auf der Strasse braucht, das einem die Veränderungen im Leben erst wieder bewusst macht. Es ist nicht schlimm, es ist nichts besonderes, es passiert und ist besser als ein Bandscheibenvorfall, ein Kind oder die schwarzen Blattern. Sage ich, und habe damit natürlich wie immer recht, auch wenn das bei den traditionell eher gebährfreundlichen Konzertbesuchern leicht brüskierend ankommt. Aber dafür fahre ich auch nicht in die Vorstädte und strecke ihnen die Zunge in ihre Vorgärten.

Andererseits stimmt es natürlich. Es macht Arbeit. Als ich die Provinz verlassen habe und fast 2 Jahrzehnte nur sporadisch hier war, gab es nie einen Zweifel daran, dass ich mich irgendwann darum würde kümmern müssen. Ein paar Aspekte konnte ich mir gut vorstellen - auf der Dachterasse den Sonnenuntergang anschauen, eine grosse Wohnung beziehen, am Sonntag für die Mieter Zwetschgendatschi backen, Weintrauben pflücken. Es gab auch Aspekte, die ich mir weniger vorstellen konnte - noch vor 7 Uhr Schneeräumen, die Hinterlassenschaften der nachts durchziehenden Prolls wegräumen und ab und an auch Anzeige zu erstatten, wenn mal wieder jemand meinte, aus Frust etwas beschädigen zu müssen. Folglich auch reparieren. Man glaubt gar nicht, was alles so kaputt gehen kann in so einem grossen Haus, und wie komisch es ist, wenn man nicht mehr die Hausverwaltung anrufen kann, die man selber ist. Man ist nicht so schlimm wie an ein Kind angehängt, aber man ist eben auch niemals ganz frei, und die Vorstellung, dass das Haus wirklich einmal Besitz ergreifen könnte, war früher weniger angenehm.
Aber seit drei Jahren mache ich das neben all den anderen Verpflichtungen, und ich muss gestehen, dass es von allen, insgesamt betrachtet, die leichteste und angenehmste ist. Es ist zwar faktisch falsch oder gar gelogen, aber hier gebe ich diese Verwaltungsarbeit lieber als meine Beschäftigung an, als das Wühlen in den unerfreulichen Seiten gewisser Geldanlageformen. Es ist ein simples Geschäft mit überschaubaren Risiken und vielen Freuden, man hat so gut wie nie mit Kriminellen zu tun und hat auch bei den Partnern nie den Eindruck, dass sie besser im Gefängnis aufgehoben wären. Die Rendite ist lächerlich, der - theoretische - Stundenlohn vernachlässigbar. Aber man gewöhnt sich dran, es ist sicher, es kann einen keiner feuern und man tut, was richtig ist. "Herr bin imma no I", pflegte meine Grossmutterimmer zu sagen, und sie hatte natürlich wie immer recht.

"Mia woas no grod gnua", sagen statt dessen die Konzertbesucher, die das nicht verstehen und finden, dass ich so nie eine Weltreise werde machen können, und damit natürlich auch recht haben. Ich könnte jetzt auch nicht mehr nach Berlin gehen. Und anderes tun, was ich gar nicht so entsetzlich erstrebenswert finde. In gewisser Weise sind solche Aufgaben wie das älter werden: Nicht unbedingt das, was man in der Jugend gerne erleben will, aber später ist man doch irgendwie froh, dass gewisse Dinge nun erledigt sind. Genauso, wie man bald nach dem Abitur aufhört, unreife Schulmädchen trotz Kaugummi und Bravo-Abo sexy zu finden, gewöhnt man sich später auch an Verantwortung. Netterweise so schnell, dass es wirklich das Geraunze auf der Strasse braucht, das einem die Veränderungen im Leben erst wieder bewusst macht. Es ist nicht schlimm, es ist nichts besonderes, es passiert und ist besser als ein Bandscheibenvorfall, ein Kind oder die schwarzen Blattern. Sage ich, und habe damit natürlich wie immer recht, auch wenn das bei den traditionell eher gebährfreundlichen Konzertbesuchern leicht brüskierend ankommt. Aber dafür fahre ich auch nicht in die Vorstädte und strecke ihnen die Zunge in ihre Vorgärten.
donalphons, 13:34h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 11. August 2008
Empfehlung heute - Maggie Thatcher lebt.
Und ihre Nachfolger leben auch. Wie auch viele begünstigte der Privatisierungen im englischen Gesundheits- und Sozialwesen.
Die bis zu 1300 Kebskranken, denen man Medikamente verweigert hat, sind da nur noch der zahlenmässige Beweis, dass auch im zivilierten Europa der freie Markt und der damit verbunde Sozialabbau nicht das asoziale Pack auslöscht, das es verdient hätten.
Die bis zu 1300 Kebskranken, denen man Medikamente verweigert hat, sind da nur noch der zahlenmässige Beweis, dass auch im zivilierten Europa der freie Markt und der damit verbunde Sozialabbau nicht das asoziale Pack auslöscht, das es verdient hätten.
donalphons, 18:06h
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Von Paris über den Bieler See nach Gardone Riviera
Und das alles an einem Abend. Und obendrein ausgerechnet in Pfaffenhofen, ein Kaff, das das Pech hat, zur letzten poshen Vorstadt von München geworden zu sein, und unter seinen Söhnen auch die berühmten Haffa-Brüder (EM.TV) finden kann. Wenn es noch Lust hat. Ansonsten aber hat Pfaffenhofen immer noch eine mit Geschäften aus den 60er Jahren vollgestopfte Altstadt, der gerade von einem auch für Ossiiverhältnisse ausgesprochen hässlichen Kommerzgebiet vor der Stadt der Garaus gemacht wird. Bals wird es auch hier statt verstaubter Raumausstatter nur noch die stinkende ungrüne Wiese geben, und der Elektrofachhandel wird keinen bayerischen Namen mehr tragen, unter dem es nur die Auswahl unter fünf guten Rasierern gibt, sondern die lauten Namen üblicher Grossumsetzer, die 500 Schrottrasierer zum gleichen Preis offerieren, mit 0% Zins bis zum Lesen des Kleingedruckten. Wer dieses alte Pfaffenhofen noch mal sehen will, voller Menschen und Trubel, mit gefüllten Strassencafes und viel Schlenderei, dem bleibt nur der berühmte Nachtflohmarkt übrig, und es lohnt sich. es lohnt sich sogar, wenn man die Belästigung durch ein von Kindern überfülltes Karussel mit den besten deutschen Schlagern von Heintje bis Scooter mit einberechnet.

Und es hat was, über einen eher spärlich beleuchteten Markt zu gehen. Aladin, Schatzhöhle, nachtliches Brandschatzen, und all das zwischen den stark gerundeten Söhnen und Töchtern des Landes, die eigentlich nur zum Schauen kommen, allenfalls schlecht gegrilltes und in Sauce ersäuftes Fleisch fressen und nichts anzufangen wissen mit Büchern von Antoine Thomas (Paris und Amsterdam 1773) und den neuen Briefen von Edme Boursault nebst einigen von ihm selbst verfassten amourösen Briefen einer jungen Dame an einen jungen Herrn (Neuauflage Paris 1722). Da schlängelt man sich durch zwischen den dicken, älteren Herren, die vielleicht Standregulatoren suchen oder landwirtschaftliches Gerät, aus denen sie Lampen bauen, und den gierigen Erzfeindinnen meiner Person, den alten Schachteln auf der Jagd nach billigem Besteck und anderem Tischzierat.
Gerade noch wühlte einen von denen in einer alten, ledernen Reisetruhe, unter der liebevollen Ermahnung ihres Gatten - "Geh, Zenzi, dös brachma nimma" - da fällt auch schon der Blick auf das mit Töpfen und Küchenmessern gefüllte Behältnis. Nein, es ist kein banaler alter Koffer, denn wer billig verreiste, hätte sich keinen Aufenthalt im Grand Hotel Astor in Leipzig oder Urlaub im Grand Hotel Gardone Riviera leisten können, von denen die Aufkleber künden. Irgendwann muss der Koffer zu lang vor dem Auspuff eines Wagens gestanden sein, was den Brandfleck erklärt, und aussen, als er schon ausrangiert war, hat jemand Farbe über das stabile Belting Leder gekippt. Aber die Messingverschlüsse sitzen perfekt, und das Innenleben mit gestepptem Stoff ist wie neu. Man einigt sich auf 20 Euro, nun ist auch Platz für die Bücher, und den Rest der Tour kommen von den anwesenden Leder- und Taschenhändlern aus der ganzen Republik verlockende Angebote - aber bittschön, ein echter Aufkleber vom Grand Hotel Gardone Riviera, den man normalerweise nur als Fälschung auf Imitationen sieht! Niemals!

Ein klassisches Auerhahnbesteck und einen italienischen Tischaufsatz in Form einer Zitronenschale (3 Euro! Vor 15 Jahren gab es dafür ein Geschäft in München hinter dem bayerischen Hof, die nahmen ein paar hundert Mark dafür!) später führen die von Geiern -60 Euro für den Koffer, hier nimm! - belagerten Wege noch zu einem Herrn, den man schon etwas länger kennt. Er verdient sein Geld unter anderem mit dem Import von altem Modeschmuck aus den USA und dem Export von hässlichen, weiss gestrichenen Möbeln der 30er Jahre dorthin, und ab und an holt er auch einen Jaguar oder einen alten SL. Man redet etwas - toller Koffer, so billig, die Freuden der Kreditkrise, dann fällt der Blick in eine seiner Kisten. Da liegt eine Longines in Rosegold, eine Autofahreruhr mit flexiblen Bandanstössen, von links grabscht sich eine Frauenhand in diese Richtung, aber flink wie eine Packratte flutscht das feine Beispiel schweizerischer Uhrmacherkunst schon in die eigene Hand, und bevor das weibliche Ohhhhh verklungen ist, steht die Frage "wieviel" im Raum. Zwei Euro, sagt er, ohne im Dunkeln genau hinzuschauen. Ist ja nur eine alte Uhr. Und Nachtflohmarkt.
Was den Verfasser nun in gewisse publizistische Probleme bringt, sollte hier heute doch ein längerer, leicht hochnäsiger Beitrag über den momentan günstigen Erwerb alter Zeitmesser vom Bieler See bei unseren notleidenden Freunden in den USA stehen. 80 Euro für eine Longines Admiral 1200 ist zwar günstig, aber dieser letzte Griff auf eine wirklich aussergewöhnliche Handgelenkszierde der 40er Jahre verbietet fast den Vergleich. Aber nie weiss man in diesem Leben, wie es kommt, und solange man nur für ein paar Euro von Paris über den Bieler See an die Gestade der Olivenriviera kommt, soll es mir recht sein.

Und es hat was, über einen eher spärlich beleuchteten Markt zu gehen. Aladin, Schatzhöhle, nachtliches Brandschatzen, und all das zwischen den stark gerundeten Söhnen und Töchtern des Landes, die eigentlich nur zum Schauen kommen, allenfalls schlecht gegrilltes und in Sauce ersäuftes Fleisch fressen und nichts anzufangen wissen mit Büchern von Antoine Thomas (Paris und Amsterdam 1773) und den neuen Briefen von Edme Boursault nebst einigen von ihm selbst verfassten amourösen Briefen einer jungen Dame an einen jungen Herrn (Neuauflage Paris 1722). Da schlängelt man sich durch zwischen den dicken, älteren Herren, die vielleicht Standregulatoren suchen oder landwirtschaftliches Gerät, aus denen sie Lampen bauen, und den gierigen Erzfeindinnen meiner Person, den alten Schachteln auf der Jagd nach billigem Besteck und anderem Tischzierat.
Gerade noch wühlte einen von denen in einer alten, ledernen Reisetruhe, unter der liebevollen Ermahnung ihres Gatten - "Geh, Zenzi, dös brachma nimma" - da fällt auch schon der Blick auf das mit Töpfen und Küchenmessern gefüllte Behältnis. Nein, es ist kein banaler alter Koffer, denn wer billig verreiste, hätte sich keinen Aufenthalt im Grand Hotel Astor in Leipzig oder Urlaub im Grand Hotel Gardone Riviera leisten können, von denen die Aufkleber künden. Irgendwann muss der Koffer zu lang vor dem Auspuff eines Wagens gestanden sein, was den Brandfleck erklärt, und aussen, als er schon ausrangiert war, hat jemand Farbe über das stabile Belting Leder gekippt. Aber die Messingverschlüsse sitzen perfekt, und das Innenleben mit gestepptem Stoff ist wie neu. Man einigt sich auf 20 Euro, nun ist auch Platz für die Bücher, und den Rest der Tour kommen von den anwesenden Leder- und Taschenhändlern aus der ganzen Republik verlockende Angebote - aber bittschön, ein echter Aufkleber vom Grand Hotel Gardone Riviera, den man normalerweise nur als Fälschung auf Imitationen sieht! Niemals!

Ein klassisches Auerhahnbesteck und einen italienischen Tischaufsatz in Form einer Zitronenschale (3 Euro! Vor 15 Jahren gab es dafür ein Geschäft in München hinter dem bayerischen Hof, die nahmen ein paar hundert Mark dafür!) später führen die von Geiern -60 Euro für den Koffer, hier nimm! - belagerten Wege noch zu einem Herrn, den man schon etwas länger kennt. Er verdient sein Geld unter anderem mit dem Import von altem Modeschmuck aus den USA und dem Export von hässlichen, weiss gestrichenen Möbeln der 30er Jahre dorthin, und ab und an holt er auch einen Jaguar oder einen alten SL. Man redet etwas - toller Koffer, so billig, die Freuden der Kreditkrise, dann fällt der Blick in eine seiner Kisten. Da liegt eine Longines in Rosegold, eine Autofahreruhr mit flexiblen Bandanstössen, von links grabscht sich eine Frauenhand in diese Richtung, aber flink wie eine Packratte flutscht das feine Beispiel schweizerischer Uhrmacherkunst schon in die eigene Hand, und bevor das weibliche Ohhhhh verklungen ist, steht die Frage "wieviel" im Raum. Zwei Euro, sagt er, ohne im Dunkeln genau hinzuschauen. Ist ja nur eine alte Uhr. Und Nachtflohmarkt.
Was den Verfasser nun in gewisse publizistische Probleme bringt, sollte hier heute doch ein längerer, leicht hochnäsiger Beitrag über den momentan günstigen Erwerb alter Zeitmesser vom Bieler See bei unseren notleidenden Freunden in den USA stehen. 80 Euro für eine Longines Admiral 1200 ist zwar günstig, aber dieser letzte Griff auf eine wirklich aussergewöhnliche Handgelenkszierde der 40er Jahre verbietet fast den Vergleich. Aber nie weiss man in diesem Leben, wie es kommt, und solange man nur für ein paar Euro von Paris über den Bieler See an die Gestade der Olivenriviera kommt, soll es mir recht sein.
donalphons, 17:32h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 11. August 2008
Vielleicht muss man die Frage anders stellen
In etwa so: Wie werden Historiker in 100 Jahren erklären, wie der Osten und der Westen gleichermassen die Chncen von 1989/90 verspielt haben, über die ganze lange Strecke der Balkankriege, der russischen Diktatur und der Oligarchie, das umfassende Debakel im mittleren und fernen Osten von Israel über den Irak, den Iran und Pakistan bin nach Burma und Tibet, bis zu unseren Tagen, die einer Diktatur wie China huldigen und durch die der Leichenduft vom späten Prager Frühling aus Georgien weht.

Naturlich wäre es naiv zu glauben gewesen, dass ein wenig Demokratie den Markt der Herrschaft schon alleine regelt. Überhaupt gab es viele angenehme Illusionen, weder die Taliban noch die russischen Nazis waren irgendwie vorgesehen. Gemessen an den Optionen hätte es auch noch schlimmer kommen können, schliesslich sind da unten auch Kernwaffen und gewissenlose Potentaten. Es ist vielleicht nicht das Übelste aus Kommunismus und Kapitalismus, das hier zusammenkommt, sondern nur die Spolien alter Ideologien, die an noch ältere Systeme, Gottesstaaten, Reichenherrschaften und Kommandoebenen geklebt werden.

Diesen Alte im Neuen ist inhomogen in Zielen und Ausrichtungen, Religionen und innerer Aufsplitterung. Es gibt keine Nomenklatura mehr, die man packen könnte, keine Ansatzpunkte für Veränderungen im ganz grossen Rahmen. Greift Russland nördlich von Afghanistan ein, hilft es nach amerikanischer Definition gegen den Terror, wirft es Bomben auf Georgien - nun, die lausige Reaktion der USA zeigt, dass man es gern anders hätte, aber man hat eigene, wichtigere Probleme. Komplizierter, aber nur in Teilbereichen besser, wäre vielleicht das Urteil der Historiker. Das Problem Bush gibt den Problemen Putin und Achmadinedschad die Freiräume, die sie besser nicht haben sollten. Überhaupt sind die Freiheiten seit 2001 vor allem für Diktatoren grösser geworden, sei es nun, weil sie selbst so stark sind, der Westen tatenlos zuschaut und keinen neuen Konflikt der Systeme erkennen will, oder weil man zusammen mit den hauseigenen Antidemokraten der Witschaft die anderen, so mies sie auch sind, als Globalisierungspartner braucht.
Bleibt nur die Frage, ob spätere Historiker das Ganze nicht nur als Vorspiel zu einem grösseren Unheil sehen. Gestern las ich einen guten Satz in Bezug auf China und seine Wirtschaft: "I don’t know what’s going to happen. Let’s just say that I’ve mapped the fastest routes to the airport and have my credit card and passport handy at all times." Blöderweise gibt es keinen Flughafen, über den man aus einer globalen Dystopie herauskommen könnte.

Naturlich wäre es naiv zu glauben gewesen, dass ein wenig Demokratie den Markt der Herrschaft schon alleine regelt. Überhaupt gab es viele angenehme Illusionen, weder die Taliban noch die russischen Nazis waren irgendwie vorgesehen. Gemessen an den Optionen hätte es auch noch schlimmer kommen können, schliesslich sind da unten auch Kernwaffen und gewissenlose Potentaten. Es ist vielleicht nicht das Übelste aus Kommunismus und Kapitalismus, das hier zusammenkommt, sondern nur die Spolien alter Ideologien, die an noch ältere Systeme, Gottesstaaten, Reichenherrschaften und Kommandoebenen geklebt werden.

Diesen Alte im Neuen ist inhomogen in Zielen und Ausrichtungen, Religionen und innerer Aufsplitterung. Es gibt keine Nomenklatura mehr, die man packen könnte, keine Ansatzpunkte für Veränderungen im ganz grossen Rahmen. Greift Russland nördlich von Afghanistan ein, hilft es nach amerikanischer Definition gegen den Terror, wirft es Bomben auf Georgien - nun, die lausige Reaktion der USA zeigt, dass man es gern anders hätte, aber man hat eigene, wichtigere Probleme. Komplizierter, aber nur in Teilbereichen besser, wäre vielleicht das Urteil der Historiker. Das Problem Bush gibt den Problemen Putin und Achmadinedschad die Freiräume, die sie besser nicht haben sollten. Überhaupt sind die Freiheiten seit 2001 vor allem für Diktatoren grösser geworden, sei es nun, weil sie selbst so stark sind, der Westen tatenlos zuschaut und keinen neuen Konflikt der Systeme erkennen will, oder weil man zusammen mit den hauseigenen Antidemokraten der Witschaft die anderen, so mies sie auch sind, als Globalisierungspartner braucht.
Bleibt nur die Frage, ob spätere Historiker das Ganze nicht nur als Vorspiel zu einem grösseren Unheil sehen. Gestern las ich einen guten Satz in Bezug auf China und seine Wirtschaft: "I don’t know what’s going to happen. Let’s just say that I’ve mapped the fastest routes to the airport and have my credit card and passport handy at all times." Blöderweise gibt es keinen Flughafen, über den man aus einer globalen Dystopie herauskommen könnte.
donalphons, 01:44h
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Hallo Du,
wirklich "Hallo Du" schrieb mich ein Student an.
Hallo Du Null, sagte ich ihm hier durch die Mimosenblümelein an meinem bloggenden Lebensrand. Hallo Du. Morgen kotzen sie mir dann vor meinen Stadtpalast oder wollen, dass ich ihre wohlverdiente Wasmitmedien-Arbeitslosigkeit finanziere. Hallo Du. Geht´s noch?
Hallo Du Null, sagte ich ihm hier durch die Mimosenblümelein an meinem bloggenden Lebensrand. Hallo Du. Morgen kotzen sie mir dann vor meinen Stadtpalast oder wollen, dass ich ihre wohlverdiente Wasmitmedien-Arbeitslosigkeit finanziere. Hallo Du. Geht´s noch?
donalphons, 16:51h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 10. August 2008
Vom Aussterben
Man kann es natürlich auch ignorieren. Wie die Kuh im Viehtransport, die nichts begreift, wie der Dinosaurier, der den Kometeneinschlag unter "weit weg in Mexiko" abheftete, oder wie der Hummer, der wohl eine Weile im Kochtopf gar nicht merkt, dass es zu warm wird. Es sind auch weniger die 22 Millionen Dollar grossen Dinge, die andernorts vom Ende einer Ära künden, sondern das Verschwinden ganz banaler Dinge, an denen doch so viel hängt. Man kann es übersehen. Aber wenn man es sich vergegenwärtigt, ist es ein Schock und eine sehr traurige Erkenntnis über diese meine Welt.

Dabei fing alles genauso gut an, wie diese Zeit des Zwetschgendatschis immer angeht: Mein Lieferant hatte an seinem Südhang gezielt die besten Exemplare gepflückt und aufgehoben, bis ich mal wieder zu spät eintrudelte. Der Teig ging langsam wie ein CSU-Politiker nach der Anklage wegen Kinderpornographie, das Fleisch der Zwetschgen löste sich akzeptabel von den Kernen, und bald war die Küche erfüllt von diesem ganz spezifischen Geruch der Süsse, die aufgeschnittene Früchte in der Wärme eines vorheizenden Ofens verbreiten. Jetzt nur noch den Teig auf dem Backpapier auswoigeln -
welches Backpapier. Da ist keines. Wenn die Mitbewohner gern Tarte essen und die Gäste auch und die Eltern genauso, dann geht sowas schnell zur Neige. Zu schnell. Wie jetzt. Aber es war erst sechs Uhr, der Supermarkt um die Ecke hatte noch bis acht offen, also ging ich schnell Backpapier besorgen. Dachte ich. Da war nach längerem Suchen auch so eine Ecke mit Mülltüten, Alufolie und Gefrierbeuteln. Sonst nichts. Kein Backpapier. Nicht aufs Maul gefallen, fragte ich nach. Und musste mir sagen lassen, dass sie es mangels Nachfrage vor ein paar Wochen aus dem Programm genommen haben. Vielleicht wieder im Winter. Ich suchte einen Drogeriemarkt auf, der Backpapier vorrätig hatte, aber da dachte ich mir -
in diesem Supermarkt decken rund 3000 Altstadtbewohner ihren täglichen Bedarf vor allem an Lebensmitteln. Sie haben Zilliarden Versionen Chips und Trillionen Dosen und Kühlregale kulinarisch frigider Art so lang wie von den Franziskanerinnen bis zu meinem Jesuitenhochbunker. Und in dieser Altstadt ist die Gentrifizierung abgeschlossen, die Preise liegen auf dem Niveau normaler Münchner Wohnviertel. Hier wohnen diejenigen, die angeblich die Zielgruppe für besseres Essen, Kochkurse und gehobenen Lebensstil sind. An diesen Leute orientiert sich das Weinangebot, die nagelneue Brottheke und die Bioeier - was da halt so Bio ist. Und diese grosse Menge kaufkräftiger Leute braucht kein Backpapier.

Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie auch nicht backen. Dass sie lieber 1,95 Euro für ein Stück Zwetschgendatschi bezahlen, das in zwanzigfacher Ausführung in weitaus besserer Qualität auf meinem Backblech entsteht. Dass sie ihren Ofen vermutlich nicht nutzen, weil sie eine Microwelle haben.
Nun ist Backpapier per se schon eine eher fragwürdige Angelegenheit für Faulpelze, denen das Einbuttern und Putzen von Formen zu viel Aufwand ist.Ich kann von mir nicht behaupten, auch nur ansatzweise an die Koch- und EssKünste der Familie anknüpfen zu können; die alte Clanküche Anno 1860 ist inzwischen meine Bibliothek, die Speisekammer dagegen die Küche. Ich esse zu spät mit zu wenigen Gängen und ziemlich durcheinander. Es sieht vielleicht nicht so aus, aber weil ich Single bin, stellt mein Haushalt einen klaren Niedergang im Vergleich zur organisierten Küchentätigkeit für Mehrpersonenhaushalte dar, die ich theoretisch beherrschen würde, aber nicht praktiziere. Ich verkörpere die höchst flexible Auslegung der Tradition -
aber wie es mir nun erscheint, in einem Umfeld, das diese Traditionen zu teilen aufgehört hat, und zwar derartig konsequent, dass es sich nicht mehr lohnt, dafür die nötigsten Utensilien zu verkaufen. Das ist hart. Vielleicht sollte ich mich jetzt einfach am Zwetschgendatschi totfressen, denn was will ich in so einer Welt.

Dabei fing alles genauso gut an, wie diese Zeit des Zwetschgendatschis immer angeht: Mein Lieferant hatte an seinem Südhang gezielt die besten Exemplare gepflückt und aufgehoben, bis ich mal wieder zu spät eintrudelte. Der Teig ging langsam wie ein CSU-Politiker nach der Anklage wegen Kinderpornographie, das Fleisch der Zwetschgen löste sich akzeptabel von den Kernen, und bald war die Küche erfüllt von diesem ganz spezifischen Geruch der Süsse, die aufgeschnittene Früchte in der Wärme eines vorheizenden Ofens verbreiten. Jetzt nur noch den Teig auf dem Backpapier auswoigeln -
welches Backpapier. Da ist keines. Wenn die Mitbewohner gern Tarte essen und die Gäste auch und die Eltern genauso, dann geht sowas schnell zur Neige. Zu schnell. Wie jetzt. Aber es war erst sechs Uhr, der Supermarkt um die Ecke hatte noch bis acht offen, also ging ich schnell Backpapier besorgen. Dachte ich. Da war nach längerem Suchen auch so eine Ecke mit Mülltüten, Alufolie und Gefrierbeuteln. Sonst nichts. Kein Backpapier. Nicht aufs Maul gefallen, fragte ich nach. Und musste mir sagen lassen, dass sie es mangels Nachfrage vor ein paar Wochen aus dem Programm genommen haben. Vielleicht wieder im Winter. Ich suchte einen Drogeriemarkt auf, der Backpapier vorrätig hatte, aber da dachte ich mir -
in diesem Supermarkt decken rund 3000 Altstadtbewohner ihren täglichen Bedarf vor allem an Lebensmitteln. Sie haben Zilliarden Versionen Chips und Trillionen Dosen und Kühlregale kulinarisch frigider Art so lang wie von den Franziskanerinnen bis zu meinem Jesuitenhochbunker. Und in dieser Altstadt ist die Gentrifizierung abgeschlossen, die Preise liegen auf dem Niveau normaler Münchner Wohnviertel. Hier wohnen diejenigen, die angeblich die Zielgruppe für besseres Essen, Kochkurse und gehobenen Lebensstil sind. An diesen Leute orientiert sich das Weinangebot, die nagelneue Brottheke und die Bioeier - was da halt so Bio ist. Und diese grosse Menge kaufkräftiger Leute braucht kein Backpapier.

Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie auch nicht backen. Dass sie lieber 1,95 Euro für ein Stück Zwetschgendatschi bezahlen, das in zwanzigfacher Ausführung in weitaus besserer Qualität auf meinem Backblech entsteht. Dass sie ihren Ofen vermutlich nicht nutzen, weil sie eine Microwelle haben.
Nun ist Backpapier per se schon eine eher fragwürdige Angelegenheit für Faulpelze, denen das Einbuttern und Putzen von Formen zu viel Aufwand ist.Ich kann von mir nicht behaupten, auch nur ansatzweise an die Koch- und EssKünste der Familie anknüpfen zu können; die alte Clanküche Anno 1860 ist inzwischen meine Bibliothek, die Speisekammer dagegen die Küche. Ich esse zu spät mit zu wenigen Gängen und ziemlich durcheinander. Es sieht vielleicht nicht so aus, aber weil ich Single bin, stellt mein Haushalt einen klaren Niedergang im Vergleich zur organisierten Küchentätigkeit für Mehrpersonenhaushalte dar, die ich theoretisch beherrschen würde, aber nicht praktiziere. Ich verkörpere die höchst flexible Auslegung der Tradition -
aber wie es mir nun erscheint, in einem Umfeld, das diese Traditionen zu teilen aufgehört hat, und zwar derartig konsequent, dass es sich nicht mehr lohnt, dafür die nötigsten Utensilien zu verkaufen. Das ist hart. Vielleicht sollte ich mich jetzt einfach am Zwetschgendatschi totfressen, denn was will ich in so einer Welt.
donalphons, 01:46h
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Empfehlung heute - Ich war mal
auf eine Vernissage in Mitte eingeladen, die sich teuer gab und in Wirklichkeit auch nur so versifft war wie die, die Itha im alten Westen der alten Reichshauptstadt besuchte.
donalphons, 21:13h
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