: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 26. Januar 2009

Gipfelsturm

1622 Meter über Null.



Grossbild

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Sonntag, 25. Januar 2009

Langsam wird es kritisch

Ja, auch mit dem Platz. Gestern etwa habe ich mal wieder die Frage "Art Deco oder viktorianisch" gestellt, und die Antwort wird mich von einer Last des Besitzes befreien, die - am besten erkläre ich das mit den Worten einer Verkäuferin aus Leeds, die auf meine Einlassung, schon 40 davon zu besitzen, mit "Wow! You must like cleaning!!" antwortete.

Aber das ist nicht das Problem. Das Problem ist meine zunehmende Feigheit, Dinge zu benutzen, die ich mag. Bisher waren es vor allem Familien- und Erbstücke, die ich nicht durch Unachtsamkeit verlieren will. Es bleibt so wenig übrig, man hat kein Recht, es zur Gaudi oder am Tisch mit Leuten, die keine Achtung haben, zu ruinieren. Also steht vieles in einer Vitrine und wird nie, oder nur sehr selten benutzt. Auch, wenn frühere Generationen es auch nicht nutzten; nicht aus Rücksicht, sondern aus Missachtung und Gründen der aufwendigen Reinigung. Aber jetzt gibt es einen Fall von grösserer Verachtung - und noch mehr Vorsicht.



Diese Teller sind ungefähr 200 Jahre alt und stammen laut Stempel aus einem der besten Häuser des Pariser Porzellanhandels, W. Toy in der Rue de la Chaussee d´Antin. Sie imitieren chinesische Motive der famille rose Malerei, die im 18. Jahrhundert aus China importiert wurde. Die Goldbemalung ist auf dem Porzellan und nicht eingebrannt; entsprechend sensibel muss man mit diesen Tellern umgehen. Sprich: Von ihnen essen sollte man heute noch seltener, als barockes Besteck verwenden. Der ideale Aufenthaltsort ist die Vitrine oder als Kunsthandwerksobjekt an der Wand. Nur habe ich gleich sechs Stück davon. Das hängt man nicht mal so eben auf, ein Stück mag hübsch sein, sechs Stücke sind etwas viel.

Verkauft wurden sie für 3 Euro das Stück; ein Preis, der die mangelnde Wertschätzung überdeutlich ausdrückt. Was ich mich in solchen Fällen gleich nach dem Kaufimpuls immer frage: Interessiert das die Besitzer nicht? Schauen sie nicht mal im Internet nach, was es sein könnte, bevor sie es in einem Waschkorb dem Trödler geben? Gibt es da keine Geschichte dazu? Wir befinden uns mit diesen Exemplaren in einem sozialen Umfeld, von dem man glauben sollte, es hätte Spuren hinterlassen, so sehr unterschied sich die Käuferschicht von dem, was damals "normale Menschen" ausmachte. Im Guten, wie im Schlechten. Wer immer beim Essen vor 200 Jahren die Ornamente zerkratzte, war Teil des obersten Promille der Gesellschaft. Gibt es keine Grosstanten mehr, die davon erzählen? Ist es den Menschen egal, woher sie kommen, und was früher war?



Nicht allen, natürlich - etwa denen, die keine Geschichte haben und gerne eine hätten (Achtung FAZ-Link). Ich fühle mich dann immer etwas verloren unter Leuten, die zum fetten Pelz lila Handtaschen, Schuhe und Hosen tragen und kaufen, was in den Weg kommt, und ein wenig dumm, etwas zu besitzen und es nicht verwenden zu können. Manchmal endet die Jagd über dem feuchten Boden in Pfaffenhofen im Triumpf, aber diesmal ist es eher ein gewisses Bedauern und Unwohlsein, über das ich vielleicht noch ein wenig werde nachdenken müssen.

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Sonntag, 25. Januar 2009

Aus dem Leben eines Probloggers

Als ich letzte Woche in Frankfurt war, bin ich danach noch mit Freunden unterwegs gewesen. Die ganz, ganz zahme Version dessen, was wir dort gesagt haben, findet sich jetzt formschön an der Blogbar.

(Lustigerweise sind zwei der bestverdienensten Profiblogger, die ich kenne, extrem nette und gar nicht internetkranke Werbefeinde und ausserdem der Überzeugung, dass Profibloggen nach Berliner Art nichts werden kann)

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Stahleis

Normalerweise habe ich Bilder vom Aufstieg. Aber heute wollte ich nur ankommen. Ankommen bedeutet: Volle Konzentration. Immer. Bei jedem Schritt. Jede Rampe ist ein schräges, stahlhartes Eisfeld. Die Leute tragen ihre Schlitten wieder nach unten, weil es zwischen Bäumen und Stacheldraht fast so gefährlich wie bei Verdun ist. Und mitten im Wald, auf der Alternativstrecke, ist es auch nur teilweise besser. Dafür ist es teilweise der Aufstieg in einen gefrorenen Wassersturz.



Normalerweise habe ich auch Bilder von der Abfahrt. Ich bin gefahren. Aber der Reibungswiderstand der Stahlkufen auf dem Eis ist so gut wie nicht existent. Bevor die Kamera auch nur in die richtige Position gebracht ist, ist die Geschwindigkeit viel zu hoch, um sich auf etwas anderes als das fahren einzulassen. Fahren heisst bremsen. Bremsen heisst allerdings nur die Beschleunigung reduzieren. Das Geräusch der Schuhe auf dem darunter fliegendem Eis ist wie aus einem Horrorfilm. Sobald ich den Rodel anhebe und sich die Kufen hinten ins Eis fräsen, ist es die Tonkulisse einer Autojagd über Pässe, wenn Blech auf Felsen reibt. Das dauert nur Sekunden. Hier sind es lange Minuten, sehr, sehr lange Minuten. Die Kurven nehme ich an den steilsten Stellen, damit die Fliehkraft die Kufen in das Eis drückt. Beim Aufstieg hat es eine Frau ganz aussen probiert, wo die Kurve flach ist. Das war keine gute Idee.

Unten dann das Auto. Einsteigen, anlassen, losfahren. Auf der Strasse ist kein Eis. Aber bei jeder Lenkbewegung schreit das Adrenalin, dass das Eis nicht halten könnte. Es dauert, es dauert bis nach dem Bad, bis die Vision weg ist, was eigentlich geschieht, wenn die Kufen in einer wirklich gefährlichen Kurve nicht mehr greifen. Es war heute verdammt unschön, das fünf Kilometer lange, 8% steile Eisband zwischen den Bäumen. Ankommen ist alles. Und das Geräusch habe ich immer noch in den Ohren.

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Freitag, 23. Januar 2009

Alt

Ausgegangen. Unterhalten. Natürlich nicht abgelehnt, als Leute fragten, ob hier noch Platz wäre. Die Nichtigkeit ihrer Gespräche erduldet, die Einfallslosigkeit, das Verstummen, und dann das Lauschen. Das Einmischen. Du lieber Himmel, ich bin nicht kleinlich, man muss sich nicht mit knapper Verbeugung vorstellen, zumal das "mein Vater" ohnehin unverkennbar in eine bestimmte Richtung wies. Dieses Grosstun am anderen, nachdem das eigene Gespräch versandete. Die billige Provokation. Ich habe mir über das Wesen des bayerischen Abiturs nie dünkelhafte Illusionen gemacht, aber inzwischen müssen die auf dem Niveau von Bremen angekommen sein. Studiert natürlich an der Elitehochschule. Und kennt sich voll aus. Hat alles beim Praktikum bei einem Billigkaffeeröster gelernt. Er weiss das, sie haben das in seiner Gruppe mit Leuten von der WHU besprochen, die sehen das auch so. Ich gehe heim und kann mich des Wunsches nicht ganz enthalten, sein verkorxxxtes Ego beim VZ inklusive unfeiner Gruppen ... aber das wäre nicht nett.



Iris ruft nochmal an. Wir fühlen uns hübsch alt, mit unserer Verachtung aber gleichzeitig auch sehr jung, denn so alt wie die Dummheit sind wir dann doch nicht. Mein Eindruck, dass er sie angemacht hat, war richtig, offensichtlich, weil seine modisch gesträhnte Emmentalerpiercingbekanntschaft - Drängelnachwuchs gewollt östlicher Verortbarkeit, sie nennen es Jugendkultur - mit ihrer vernieteten Plastiktasche Prada nichts entgegen zu setzen hatte. Das kennen sie, darauf fahren sie ab. Natürlich langt man auch später, im hohen Alter noch daneben, man bleibt anfällig für Angebote, das wird unvermeidlich sein, aber das macht nicht jeden unter 30 zum unwiderstehlichen Adonis, schon gar nicht mit dem Suffadernrot im Gesicht. Wahrscheinlich brüllt er jetzt in der letzten Disco auf Ossinchen ein, die sich an ihrem Piercing zupft, oder Strähnchen zwirbelt, und glaubt, das sei die grosse Welt, mit dem Affen im Keller, der den Alten mal erklärt hat, was da so abgeht, in der Wirtschaft, und danach machen sie Wiedervereinigung von zu viel Aftershave und diesem muffligen Parfum, das sicher ein teures Geschenk war und dennoch hohl wie Äther nach einer kalten Nacht auf der vergeblichen Suche nach einem Taxi riecht.

Und der heilige Burnster ist auch schon hübsch alt.

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Tanz den Lothar

Esst Euren Kuchen hebt Eure Gabeln
ab in die Vorstadt geht jetzt zu Susi und tanzt den Karl den Grossen
und jetzt den Karl den Kahlen und jetzt den Karl den Dicken
und jetzt die Langobarden und jetzt auch noch den Pippin
und jetzt Achtdreiundvierzig und die Reichsteilung
tanzt das Lotharingen, und nicht mehr das Berlin,
Tanzt den Lothar, tanzt neue Grenzen
bewegt das Geld zum Schweizer Franken
Tanzt den Lothar.

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Donnerstag, 22. Januar 2009

Nachruf

Ich habe in den letzten Tagen nicht gut und nicht viel geschrieben. Weil ich zunehmend widerwillig etwas anderes schreiben musste, was ich eigentlich hasse. Einen Nachruf für ein Buch. Wenn ich einmal sterbe, ist mein letzter Wunsch: Haltet Euer Maul, verschwindet, raus mit Euch, geht feiern, ihr könnt nichts mehr tun, ich kriege es nicht mehr mit, und irgendwann ist es auch für Euch zu spät. Alles, nur kein Nachruf.

Aber egal. Es ist ja keiner gestorben, es geht nur um eine Webseite.

Dotcomtod - wir tanzten auf ihren Gräbern

Die Geschichte von Dotcomtod ist in Jahren gerechnet kurz. Gegründet wurde das Portal für exitorientierte Unternehmensmeldungen von drei Berliner Freunden, die unter den Namen Lanu, Joman und Boo agierten, im Jahre 2001. Beteiligte täuschen sich leicht; die meisten "fühlen", dass Dotcomtod mit dem Niedergang der namensgebenden Dotcoms im April 2000 startete, aber tatsächlich verbreitete sich die Nachricht dieses Projekts zuerst auf der Fachmesse CeBit 2001, also ein Jahr nach dem Beginn der Krise des Neuen Marktes. Drei Jahre später wurde Dotcomtod wegen rechtlicher Probleme und innerer Querelen unter den Beteiligten abgeschaltet. Ein langes Dasein - war es nicht.

Aber was für ein Dasein! Dotcomtod war das erste, von Nutzern gestaltete Internetmedium, das es geschafft hat, in Deutschland der professionellen Konkurrenz über lange Zeit die Schau zu stehlen und die Kompetenz zu vermitteln, die andere nicht hatten oder haben wollten. Ein Haufen käuflicher Hypemedien zum Thema New Economy ging in diesen Jahren unter, grosse mMedienhäuser machten Millionenverluste, aber die kostenlose, nicht kommerzielle Webseite Dotcomtod hörte nicht auf, Nachrichten zu veröffentlichen, die sich sehr oft, zu oft als wahr herausstellten: Entlassungsrunden und panische Geldgeber, Pleiten und verbrannte Milliarden. Es war ein täglich geschriebenes Worst Case Szenario. Die meisten Firmen, die dort Eingang fanden, verliessen es später als knallroter, insolventer Exit, und das einzige, was von ihnen blieb, waren Erfolgspunkte für den erfolgreichen Autor, der die Pleite verkündete. Um es brutal, aber ehrlich zu sagen: Sie krepierten, damit Dotcomtod leben konnte. Es musste ihnen schlecht gehen, damit die Autoren ihren Spass hatten. Dieser gnadenlose Zugang zum Gegenstand der Berichterstattung war angesichts der sonst weit verbreiteten Unterstützung von Firmen durch die Medien einzigartig.

Im Kern war Dotcomtod noch nicht mal eine Nachrichtenseite wie sein amerikanisches Vorbild, sondern ein Spiel. Wer sich dort anmeldete, suchte sich einen Tarnnamen wie "Peter H.", "Che2001" oder "Q.". Als solcher konnte er dort Meldungen über den Niedergang von Firmen schreiben: Für eine normale Meldung gab es 20, für eine Insolvenz 100 Punkte. Ziel war es, so viele Punkte wie möglich zu sammeln, um damit auf die Topliste der besten Sentinels - so der Name der Mitglieder - zu kommen. Zu Beginn hatte Dotcomtod ein kleines Problem, weil es nur möglich war, andernorts bereits veröffentlichte Nachrichten abzuschreiben. Recht schnell wurde dann aber die Kategorie Insider eingeführt und belohnt: Von da an konnte man auch die Dinge schreiben, die nicht in den Medien standen. Die Insiderberichte machten aus einer Sammelstelle für schlechte Nachrichten die gefürchtete Hinrichtungsstelle, die der Welt sorgsam verheimlichte Schieflagen aufzeigte.

Es gab viele, die daran ein Interesse hatten. Die New Economy ging nicht in Ehrlichkeit und Einsicht unter, sondern mit einer bis dahin in der Wirtschaftsgeschichte nicht gekannten Blase aus Lügen, Verrat, Betrug und Abzockerei. Der Börsenhype hatte viele Milliarden in den Markt gepumpt, jeder wollte dabei sein, und alle hatten den Wunsch, noch schnell zu kassieren. Unfertige Firmen legten am Neuen Markt völlig überbewertete Börsengänge hin, es gab Kriminelle wie im Fall Comroad und pervers überzogene Zukunftsversprechen wie bei Intershop. Die berufliche Existenz vieler schnell angeworbener Journalisten hing davon ab, dass es mit dem goldenen Zeitalter weiter gehen würde. Die Rechnung bezahlt haben die ausgetricksten Kleinanleger, die ausgebeuteten Praktikanten, die Angestellten, die auf vermeintliche Berufe der Zukunft gesetzt und damit eine sichere Anstellung verloren hatten. Die New Economy erschuf ein Ungleichgewicht beim Reichtum und der Wahrnehmung der Realität. Manche hatten einfach keine Lust auf Lügen, PR und Täuschung. Die gingen dann zu Dotcomtod. Nicht, weil sie Dotcomtod unbedingt mochten. Es gab einfach keine andere Alternative.

Es war diese Kombination aus Fachwissen und zentraler Anlaufstelle, die Dotcomtod zu einem Selbstläufer machte. Dotcomtod war der Ort, an dem man schreiben und diskutieren konnte, was andernorts verboten war. Bei Dotcomtod sah man das wahre Ausmass der Krise, nicht nur die geschönte Version der Medien. Man hat den Schreibern oft Sozialneid oder Rachegelüste nachgesagt. Soweit ich die Sentinels jedoch kenne, waren es Leute, die irgendwann einfach nicht mehr die Lügen ertragen haben. Es waren Berater und Firmengründer, Designer und PR-Schreiber, Programmierer und Studenten. Man hätte die Sentinels nehmen und mit ihnen ein vorzügliches Team für ein Startup bilden können. Vielleicht war Dotcomtod das letzte Projekt, in dem all das Positive der New Economy - die Aufgeschlossenheit, die Motivation, die Gemeinsamkeit - noch einmal spürbar war. Eine Utopie der New Economy, als sie längst morsch, verfault und schimmlig war.

Natürlich war der Ton bei Dotcomtod nicht das, was man als angemessen oder fair bezeichnen würde. Die Beiträge waren schonungslos, brutal, laut und voller Schadenfreude. Der Tod mancher Firmen wurde über Wochen und Monate begleitet, erhofft und ersehnt. Man kann es zynisch nennen, aber was an den technisch-unmenschlichen Begriffen der Medien - wie etwa "Marktbereinigung" oder "Reorganisation" - besser als Pleite oder Entlassungsorgien sein soll, wurde von den Medien nie hinreichend erklärt. Die schuldigen Unternehmer, die nur zu leicht gute Presse für das nächste unverantwortliche Hypeprojekt bekamen, konnten bei Dotcomtod nicht mit Schonung rechnen. Es war das publizistische Rennen zwischen den auftoupierten Pudeln der Häuser Burda, Holtzbrinck, Turi und G+J, und den Wölfen der freien Wildbahn. Es war ein Rennen über eine lange Strecke, aber das, was heute die allgemeine Meinung über die New Economy ist - eine entsetzliche Fehlentwicklung durch unverantwortliche Zocker und Versager - stand mit vielen Meldungen zuerst bei Dotcomtod.

Bis zum Ende blieb Dotcomtod eine Pflichtseite für alle, die in diesem Bereich tätig waren. Das Problem war jedoch der Erfolg: Mit dem Sterben der Dotcoms, mit dem Untergang der schönen, neuen Wirtschaftswelt und der Flucht seiner Protagonisten in die Old Economy wurde das Betätigungsfeld zunehmend eng. Die Erkenntnis, dass die meisten Firmen Müll waren und der Nemax nie wieder steigen würde, hatte sich allgemein durchgesetzt. Der Mainstream hatte die Botschaft von Dotcomtod akzeptiert, hakte das Thema ab und wandte sich neuen Themen zu: Dem Boom der Banken, den sensationellen Eigenkapitalrenditen, der deutsche Export, der Aufstieg Irlands, Osteuropas und der Schwellenländer. All das, was gerade in der nächsten, identisch gestrickten Blase zusammenbricht.

Nach rechtlichen Problemen und internen Querelen über die Verantwortlichkeit wurde Dotcomtod 2004 von einem Gründer gegen den Wunsch vieler Mitarbeiter abgeschaltet, und der Nachfolger Boocompany ist trotz einiger aufgedeckter Skandale nie mehr so erfolgreich gewesen. Manche Sentinels gingen eigene Wege. Für ein paar Jahre war Dotcomtod der Ort, an dem man im Netz gewesen sein musste. Es war eine wilde, laute und zügellose Party gegen die etablierten Medien, es war hochgradig erfolgreich und hat seinen Teil dazu geleistet, die New Economy zu beenden. Dotcomtod hat am Ende bestimmt, was der Nachwelt an Wissen über diese Zeit erhalten bleibt. Das ist mehr, als viele lasche, vergängliche Postillen von sich behaupten können.

Medien müssen auch irgendwann sterben. Aber wenn sie schon sterben müssen, dann nur so, wie Dotcomtod. Wir haben auf ihren Gräbern getanzt. Die Legende von den wilden Tagen der Wölfe auf der kotztütenblauen Seite lebt weiter. Eine Webseite mit php und Leuten, die die Wahrheit sagen wollen, reicht aus.

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Frage an die Techniker

Gibt es eine Möglichkeit, bei Google Maps Flächen zu markieren?

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Donnerstag, 22. Januar 2009

In der Hölle der Freundlichkeit.

Es gibt eine gewisse Form der Freundlichkeit, die ich fliehe. Oder besser, zu fliehen versuche. Früher war es nicht so schlimm, damals war niemand so arg entsetzlich freundlich. Durch ein paar ohnehin nicht schöne Entwicklungen jedoch gibt es nun jemanden, der alle unerfreulichen Eigenschaften der Freundlichkeit in sich vereint und als vollkommene Distanzlosigkeit wieder ausspuckt. Anfassen, anquatschen, begleiten, niederlabern, ausquetschen, Ratschläge dümmster Natur geben und bei all der Freundlichkeit immer ein Ziel im Auge haben. ... Zwischen dem Punkten und diesen Worten liegen ein paar Minuten des Ringens, aber, ja, ehrlich, ich gebe es zu, auch wenn ich mich dafür nicht leiden kann - die Person ist das Produkt katholischer Erziehung und südostasiatischer Aufdringlichkeit. Und ich bin machtlos. Machtlos, und wenn es dann endlich vorbei ist, vollkommen geschlaucht. ich stehe vor dem Spiegel, schneide Grimassen und sage Dinge, die ich nie sagen würde.



Die Person wäre nach hiesigen Begriffen in all ihrer Freundlichkeit dreist, unverschämt und indiskret. Sie ist vollkommen gefühllos, was schwache Zeichen angeht, inmer noch gefühllos, wenn man deutliche Hinweise aussendet, und von der gleichen maultierartigen Gefühllosigkeit, wenn man freundlich und bestimmt das Ende ausdrückt. Es spielt keine Rolle, ob es deutsche oder englische Signale sind - letztere müsste er eigentlich besser verstehen. Haustüren bieten da keinen Schutz, er konmt gerne mit. Ich habe einfach keine Methode gelernt, mit so etwas im Rahmen umzugehen. Es gibt keinen zivilisatorisch gerechtfertigten Weg, um schnell und ohne psychische Belastung zu entfliehen. Und ganz ehrlich: Südostasien interessiert mich auch nicht.

Er schafft etwas, das bislang nur eine Japanerin geschafft habe: Dass ich wegen einem Menschen voreingenommen bin. So, wie ich immer etwas bescheuert lächle, wenn ich eine Japanerin sehe - ich will nicht wissen, wie ich aussah, als ich das letzte Mal in Schönbrunn war - formt sich in meiner Vorstellung der südostasiatische Raum zu einer riesigen Menge an überfreundlich-unhöflichen Menschen zusammen, und wenn ich nicht wüsste, dass es nur noch mehr distanzlose Freundlichkeit und Bemühen um den anderen zur Folge hätte, wäre ich schon lange mal explodiert. Weil es aber keine höfliche oder unhöfliche Lösung gibt, trage ich draussen einen Dufflecoat mit Kapuze, und springe schnell über Pfützen, wenn ich ihn sehe. Und denke mir: Freundlichkeit ist nichts. Höflichkeit ist alles.

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Mein Blut gab ich für Tand

- aber wenigstens hatte ich damit Stoff für eine Geschichte in der FAZ. Darf ich besonders die Skeptiker bitten, sich das durchzulesen und mich wissen zu lassen, ob ich auf meine alten Tage tatsächlich einen den leicht dementen Eindruck mache, der mit der von ihnen befürchteten Zahnlosigkeit einhergeht? Ich diskutiere gern darüber. Wirklich.

(Nein, ich bin nicht angefressen. Es interessiert mich nur.)

Ansonsten: Bin ich eigentlich der einzige, der darüber redet, dass das Vereinigts Königreich vor der Kernschmelze steht? Es ist schwer, so etwas zu beurteilen, aber ich habe den Eindruck, ganz unten in einem Wellental zu sitzen, und hoch über mir, vom Scheitel des Tsunami, fällt gerade die HMS UK herunter, ohne jemals wieder in der Lage zu sein, die Wellen zu beherrschen. Ich denke aber, Lehman war ein Lustspiel gegen das, was jetzt kommen wird.

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Dienstag, 20. Januar 2009

Empfehlung heute - Dass ich das noch erleben darf

Ambrose Evans-Pritchard, das Sturmgeschütz des britischen Peso beim Torygraph rutscht angesichts der Krise seiner Exfreunde in den Banken auf den Knien und ahnt, dass Ihrer Majestät Königreich demnächst die Kolonien um Aufnahme wird anbetteln müssen.

Da fragt man sich: Nur Panik eines unverbesserlichen Gesinnungsschreiber oder wirklich der Moment, da die Insel untergeht? Oder wie wäre es mit ein paar sauberen Euro im Kurs von 1,5o Pfund? Wir haben die Aufnahme von Zypern überlebt, wir packen auch die Insel. Is eh scho wuascht.

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Wertlos

Wertlos I: Das britische Pfund. Inzwischen macht man sich auf der Insel gar nicht mehr die Mühe, Ereignisse wie den 28-Milliarden-Verlust der Royal Bank of Scotland - nach einem 32-Milliarden-Bailout zu beschönigen. Das Land braucht geld, und statt es sich zu borgen, geht es zur Zentralbank und lässt es drucken. 50 Milliarden Pfund. Das sieht nicht nach Weimar aus, das ist Weimar. Ich darf hier an meine Worte von vor einem Jahr erinnern, zum Thema Orte an denen man nicht sein will: 1. London. Europäisches Finanz- und Immobilienzentrum zu sein, mit einer Immobilienblase im Rücken, ist kein Spass. Zeit, an die Wiederansiedlung von Wölfen in Notting Hill nachzudenken.

Wertlos II: Chrysler. Übersetzt bedeutet diese Meldung: Fiat bekommt 35% von Chrysler für die Verlagerung alter Maschinen und Produktionsstrassen nach Amerika, um dort Fiats zu verkaufen. Früher nannte man das Industrieabfallexport und war froh, wenn die Chinesen das Zeug kauften. Kein Wunder, dass die Daimler AG ihren Rest an Chrysler inzwischen komplett abgeschrieben hat.

Wertlos III: Die Freunde der Blasmusik, die in einer grossen süddeutschen Zeitung eine Kaufempfehlung für Postbankaktien lasen, nach der die Deutsche Bank irgendwann ein Übernahmeangebot würde machen müssen. Bei vermuteten 50 Euro erschien der damalige Kurs von 20 bis 25 recht angenehm. Wie ich nun gestern hören durfte, hat das diejenigen kalt erwischt, sie sich daraufhin die Aktien auf Kredit gekauft haben. Ein Jahr 6% Zinsen zahlen, dann 100% Gewinn machen und aussorgen. Das sind die leute, die jetzt wie blöd die Postbank verkaufen, um die Privatinsolvenz zu umgehen. Aktionär sein ist ok, aber Aktien mit Schulden zu finanzieren - sollte nach 1929 eigentlich nicht mehr gemacht werden.

Wertlos IV: Steuersenkungen. Die Freunde der Blasmusik aus Wertlos III werden den Teufel tun und irgendwas davon ausgeben. Die werden sparen, sparen, sparen, um ihre Vermögensverluste auszugleichen. Und nochmal sparen, wenn sie sich die prekäre Lage der EU-eigenen AmrandedesAbgrunds-Staaten anschauen. Es wird dauern, aber es wird auch bei uns durchschlagen, und einen fiesen Effekt der Rezessionsverlängerung haben. Steuersenkungen sind im oberen Bereich unserer Gesellschaft nichts anderes als staatliche Ausgleichszahlungen für das unverantwortliche Gezocke, das die Probleme erst verursacht hat. Ich halte nichts von Enteignungen und Zwangsverwaltung, selbst wenn das bei einer Reihe von Konstrukten des grauen Kapitalmarkts dringend erdorderlich wäre, aber diese Krise sollte man die Verursacher zumindest selbst bezahlen lassen, wenn man sie schon nicht zur Verantwortung zieht. Mich würde ja interessieren, wieviel Typen wie der Westerwelle in den letzten Monaten verloren haben.

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Montag, 19. Januar 2009

Bei den Stützen der Gesellschaft

sind jetzt die Kommentare frei zugänglich, ohne Registrierung, und nur mit Freischaltung - das mache ich, sobald ich kann.

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Wir können reden

Dieser Beitrag über die Mauer des Westviertelszeigt in etwa die Möglichkeiten auf, in denen sich das Projekt bei der FAZ entwickeln kann.



Ich hoffe, es behagt, auch wenn ich ein wenig über Architekturkontinuität vom Mittelalter bis heute doziere.

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Mein Feinbild FAZ und ich.

Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.
Paul Sethe, zurückgetretener Herausgeber und Mitgründer der FAZ


Ich mochte die FAZ nicht.

Das hat mit meiner individuellen Geschichte zu tun, und dem reaktionären bayerischen Umfeld, in dem ich aufgewachsen bin. Der sog. "Historikerstreit", in dem die FAZ wissenschaftlich fahrlässig am Pulverfass der Neueren Geschichtsschreibung zündelte, war auf dem Niveau meiner Heimatstadt und meines Gymnasiums eine Brandfackel in den Händen unserer Rassisten und Altnazis. Man kann sich das heute nacht mehr vorstellen, aber Bayern unter Strauss war ein Sammelbecken unglaublicher Charaktere: Ein Religionslehrer erzählte damals, wie toll die Partisanenbekämpfung an der Ostfront war. Unser Geschichtslehrer war sudetendeutscher Flüchtling und hatte die Vertreibung noch voll mitbekommen. Dass man ihn am Ende des Krieges noch in eine Waffen-SS-Uniform gesteckt hatte, sollte uns verdeutlichen, dass man diese Organisation nicht in Bausch und Bogen verurteilen durfte. Und der Direktor war voll auf der Linie mit dem Straussschen Diktum, dass die Deutschen von Auschwitz nichts mehr hören brauchten. Den Versuch einer ausgewogenen Ausstellung über Südafrika verbot er mit Brandschutzgründen. Der Historikerstreit war Munition für eine tiefbraune, lokale "Forschungsstelle", deren Mitglieder bald danach den Verfassungsschutz beschäftigten, und für alle anderen, die endlich aufräumen wollten mit dem Gejammer der Juden. Das Lokalblatt gehörte der Tochter der Nazis, der die anderen beiden Lokalblätter kassiert hatte, und las sich, als hätte es 68 oder gar 45 nie gegeben. Die FAZ hat, vermutlich ohne es in dieser Schärfe zu beabsichtigen, mein Privatleben und meine Kollegstufenzeit mit LK Geschichte massivst beeinträchtigt.

Andererseits kenne ich auch den linken Zugang zu den Juden - die entweder als Kronzeugen für die gute Linke herzuhalten haben, oder als Verantwortliche für Israel. Auch nicht gerade nett. Ich fand lange Zeit Claus Leggewie für seinen Einsatz im Historikerstreit toll - bis ich ihn dann mal am ZKM erlebte, wo er Blogs allgemein runterputzte und sie als Instrument einer Elite identifizierte, das man nicht den Idioten überlassen durfte. Hallo? Das Leben dreht so manchen um, sie gehen von ganz links nach ganz rechts, sie brodern und maxeinern, sie lassen sich kaufen und pfeifen auf ihre alten Überzeugungen, weil jemand gut zahlt, manche Tucholskys kriegen wieder die Kurve und viele Blogger bleiben Werbedeppen. Der Fluch dieser Zeit ohne echte Überzeugung ist der Zwang für Menschen mit Überzeugung, ständig nachzujustieren.

Es ist im ersten Moment noch schmerzlicher, wenn in so einem Prozess nicht nur lumpige, neue Feindbilder entstehen, sondern auch alte Qualitätsfeindbilder verschwinden. Die FAZ zum Beispiel ist politisch absolut nicht auf meiner Linie, aber sie ist es in fundierten Beiträgen im Internet, während die SZ Klickstrecken macht und SPON die Gosse bedient. Ich habe ein Faible für Texte, die sich mit der Argumentation Mühe geben. Seit gut anderthalb Jahren ist die FAZ neben dem österreichischen Standard und der NZZ die einzige deutschsprachige Medienseite, die ich täglich besuche - weil sie mich mit so viel Medienmüll verschont und über weite Strecken fundiert schreibt. Ich kann mit einem Reaktionär aus Überzeugung vermutlich besser als mit einem Neoliberalala, der Pressemitteilungen abschreibt. Und als mich die FAZ im Oktober letzten Jahres fragte, ob ich für sie ein Portrait schreiben wollte, habe ich nach einigem Abwägen erkannt, dass es für mich kein Problem mehr ist. Und für die FAZ war mein Mao-Zitat auch kein Problem.

Als ich dann letzte Woche gefragt wurde, ob ich mir vorstellen konnte, auch für die FAZ zu bloggen, fuhr ich hin, habe mit den Verantwortlichen gesprochen, mich auf ein Experiment festgelegt - und damit kommen wir zu den Fragen und Antworten:

Bloggst Du für die FAZ?

Ich würde es so sagen: Ich benutze die Softwarebasis eines Blogs, um bei FAZ.net eine Art literarisches Sachbuch über das real existierende Bürgertum, seine Geschichte und seinen Niedergang zu verfassen, entlang meiner eigenen Erlebnisse in dieser Klasse, die auch die meinige ist. Das Konzept, die Planung, das alles entspricht nicht allzu sehr dem, was bloggen gemeinhin ausmacht.

Zahlen sie dafür?

Ja. (Don druckst an einem abgründigen Lächeln Richtung Essen, Berlin und Kiel herum, von der Art "aber ich glaube trotzdem nicht an Profibloggen")

Wieviel?

Aber, aber. Wollen wir nicht erst mal inhaltlich reden?

Beeinträchtigt es Deine anderen Blogs?

Nein, erstens muss und will ich bei der FAZ anders und bewusster schreiben, zweitens wendet es sich nicht zwingend als Leser von Rebellen ohne Markt, und drittens ist es inhaltlich gewollt ein zu enges Korsett, als dass es mir reichen würde.

Keine Zweifel? Warum ausgerechnet Du?

Doch, natürlich Zweifel. Ich habe viele Freiheiten, es fällt ganz sicher aus dem Umfeld raus, und es berührt mit dem Thema Bürgertum ziemlich unkeusch und abgebrüht einen eher heiligen Wesenskern der FAZ. Ich weiss nicht, ob das gut geht. Aber es gibt nur einen Weg, es herauszufinden. Und ich? Weil ich hoffentlich der richtige Autor für das passende Thema bin.

Was ist anders?

Die Software muss ich erst mal neu lernen. Es ist Wordpress ähnlich, aber nicht identisch. Ich muss die Kommentare freischalten. Das Layout ist breiter, ich muss mir mit den Bildern was einfallen lassen. Ich würde lügen, wenn ich das alles als Routine sehen würde. Aber am Ende ist es auch nur ein Blogger mit einem Rechner und einem Thema.

Und wo finde ich das?

Bei den Stützen der Gesellschaft.

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