: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 26. Mai 2011

Und hopp!

Voodoo zum Mittag. Stellen Sie sich zum Geworfenen jemand vor, der es verdient. Keine Sorge, er landet immer noch recht sanft, zu sanft vielleicht im Comer See.



Und es ist hier auch kein Gewicht an den Füssen.

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Die mit dem

Man fragt sich ja oft, was die an dem findet.

Und ohne einen Selbstzweck ist man froh, wenn es auseinander geht. Einfach, weil man denkt, es ist besser für sie.

Das Mädchen mit dem bunten Rock zum Beispiel, mit dem Freund mit dem orangen T-Shirt. Sie hatte eine gewisse Eleganz, er eher nicht. So gingen sie dahin, sie luftig, er schluffig. Da hat Asmodeus, der Gott der lächerlichen Liebesheiraten - oder heute besser, der Beziehungen - zu geschlagen. Man sagt, dass Paare irgendwann anfangen, sich aneinander anzupassen - da waren es noch ein paar Eiszeiten hin.

Ich habe dann ihren Freund weggeschnitten, und schwupps, wurde aus dem unpassenden Paar ein passables Sommerbild mit Rädern und weitem Blick. Die ohne den.



Kann mir bitte jemand so ein Bildbeschneideprogramm für die Realität coden? Eine ganz kleine App im Auge mit dem Menü "Zeige sie ohne ihn" und "Schlage den perfekten Lebensbildausschnitt vor"? Und dann hätte ich in Kircheninnenräumen gern noch einen Verschwindeknopf für Schulklassen und deutsche Bustouristen.

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Mittwoch, 25. Mai 2011

Offenlegung

Ich war wirklich dort. Was ich beschreibe, habe ich nicht nur gesehen, sondern auch abgelichtet. Es wird keine Spiegeleinleitung, in der das reflektiert wird, was andere erzählen. Ich kann es beweisen. Meine Einleitung beschreibt mein Erleben, und ganz ehrlich: Wenn ich etwas nicht erlebe, dann will ich auch nicht darüber schreiben. Oder so darüber schreiben, dass es erkennbar Literatur ist, und kein Borderline.



"Eine halb gerauchte, zerdrückte Zigarette liegt in einem Aschenbecher. Der Aschenbecher ist blendend weiss, mit Goldrand, und mit nur zwei Einkerbungen für Rauchwaren; keine Frage, er ist ein exklusiver Aschenbecher. Er steht auf einer vom reichen Alter patinierten, üppigen und sorgfältig bepflanzten Steinbalustrade. Vor ihm plätschern dezent die Wellen des Comer Sees, auf dem sich historische Schnellboote aus Mahagoni tummeln. Hinter ihm breitet sich eine grosszügige Terrasse aus, mit Stühlen, Sonnenschirmen, gut angezogenen Menschen, diskreten Kellnern in weissen Jacken, und als Abschluss einem Hotel mit dem Namen Villa d'Este. Auf dem Rasen und den Einfahrten stehen Fahrzeuge von Rolls Royce, mal in schwarz und mal in metallicblau. Ein Mann führt seine schlanke, blonde Frau spazieren, die ihre Kellybag aus rosa Straussenleder spazieren führt. Bald wird ein Herr mit weisser Jacke kommen, den Aschenbecher einsammeln, die Zigarette wegwerfen, und den Aschenbecher wieder ausspülen. Sollte er aber eine Macke haben, wird er ausgetauscht. Es gibt hier keine schadhaften Aschenbecher. Hier ist die Villa d'Este in Cernobbio, das Kronjuwel der Lombardei. Es kann so für diese reiche Region Oberitaliens stehen, wie der Königssee als Symbol für Bayern gelten kann. Wenn man den Postkarten glaube mag."

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Es geht so nicht weiter

Daheim tropft ein Wasserhahn, und ausserdem muss ich einen Restaurierungsauftrag abschicken. Dazu noch ein paar kleinere Probleme; eine Mieterin findet ihr Rad nicht. Ein Kaminkehrer will Einlass. Jemand stellt sein Auto auf meinen Parkplatz. Die Ordnung bröckelt, wenn nicht jemand da ist und sie stützt. Und ich werde bald da sein.



Wenn man nur zwei Wochen Urlaub macht, zählt man zu Beginn schon die Tage, und gewöhnt sich kaum an den Zustand des Dortseins. Ich bin jetzt über 6 Wochen hier, da denkt man in anderen Dimensionen, wie etwa: Heute ist es zu heiss zum radeln, mache ich wann anders. Irgendwann. Vielleicht nicht morgen, man wird schon sehen. Die strenge Ordnung des Lebens schmilzt zu einem Klumpen der Nachlässigkeit zusammen und brennt sich durch die Hülle der Prinzipien, zumal mein Job hier darin besteht, nichts zu tun und darüber zu schreiben. Gäbe es dazu eine Auslandszulage, hätte ich überhaupt keinen Anlass mehr, etwas an meiner Lage zu ändern.



Wobei, 6 Wochen Italien hat natürlich auch gewisse Gewöhnungseffekte. Routinen. Das muss nicht schlecht sein, das Verleben der Mittagspause in der Bat Venezia mit der Zeitung etwa, das könnte zur Gewohnheit werden, würden da mehr so schöne Geschichten wie die von Paul Ingendaay oder von Sophie drinstehen. Man möchte verwöhnt werden, weniger belehrt, und bei aller Redlichkeit meiner Versuche: Ich kann mich einfach für vieles nicht begeistern. Ob es da nur mir so geht? Andere deutsche Touristen, durchaus älter übrigens, lesen gar nichts, wenn sie dort einkehren. Linsen noch nicht mal auf mein Blatt.



Ich war in einem Trüffelwäldchen. Ich war bei einem Rahmenbauer. Ich war in weniger Kirchen als sonst (noch nicht mal in der Albertikirche, Schande über mich) und fürchte, ich habe so viel gemacht, wie ich in drei Wochen unter normalen Bedingungen gemacht hätte. Wie erkläre ich, dass es für mich nicht weniger sensationell ist, Feinkostgeschäfte zu besichtigen und mit dem Colnago über die Kopfsteinpflaster zu radeln? Das seltsame Gefühl, hier kaum Bekannte zu haben, wird dadurch betäubt, zumal: Manche kamen hier vorbei. Ein Kommen und Gehen. Gelesen habe ich auch, Lampedusas Briefe, aber nicht viel: Lampedusa schreibt von Reisen aus Italien weg, aber ich bin ja dort.



(Gewesen). Ich fürchte, es wird länger dauern, bis ich zurückkomme, vermutlich nehme ich sogar wieder das Rad mit, denn es lohnt sich nicht, es so lange stehen zu lassen. Gepäckgrenzen gibt es diesmal nicht, ich fahre allein, und was andere vergessen haben, passt in eine Tasche. Daheim, höre ich, bleiben manche am Boden und eine Seuche breitet sich aus. Ich muss noch einen grossen Beitrag über die Seuche dieses Landes schreiben, die da Berlusconi heisst, und dann fahre ich. Langsam. Ohne Eile. Die Berge hinauf und zurück an die Donau. Es war sehr schön hier. Fast Drittwohnsitz. 2012 sicher wieder. Nur zur Miete natürlich; es geht schon, der Besitz einer Wohnung ist hier wirklich nicht so wichtig. Und die schönen Objekte sind immer noch unbezahlbar.

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Dienstag, 24. Mai 2011

<3

Manchmal denke ich, ich sollte hier bleiben.


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Die Internationale der kragenhochgestellten LV-Anhänger

Irgendwann ist es dann so weit, dass man sich für die hochgestellten Krägen etwas schämt. Auch diese Taschen hat irgendwie jede dritte in Italien, das ist zu normal gewordenm, und die Flasche, die geht natürlich gar nicht mehr. Noch halten sie sich für stilsicher, noch geht das vielleicht, weil sie jung sind, und der Zerfall nicht eingesetzt hat.



Aber man wird älter und macht Karriere, man lässt sich die Hemden schneidern, speziell für die Freizeit, die Frau sagt der Jeans ab und eine andere Firma in Frankreich baut Taschen nach Kundenwunsch in Kundenleder und Kundenfarbe. Die Flasche braucht man nicht mehr, so viel Auslauf wie in Matua ist im Grand Hotel nicht, man ist in 10 Minuten immer an einer Bar.



Dazwischen... ich will jetzt nicht zynisch sein, es wäre zu leicht und zu billig, sich das alles auszumalen, der Kampf um das Gewicht und um die Karrieren, die Freunde, die man haben muss, die Lebensplanung, irgendwie bin ich zu sorglos dafür, zu wurschtig ja klar gäbe es eine Werbeagentur die mich mit dem gschaftlhubernden Gassner und dem doch nicht buzzriderigen Basic auf eine griechische Insel und eine andere Agentur die jemanden für ihr neues Produkt will und wie der Poschardt im Porsche auf Firmeneinladung zur Mille Miglia liegenbleiben und nichts drüber schreiben ginge auch aber ich habe, was ich brauche, und immer etwas mehr dazu.

Vielleicht ist das der Grund, warum ich in der FAZ ab und zu noch etwas über Romantik in Verona schreibe, und nicht über Strategien, Ziele und vorgepackte Pressetermine.

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Dienstag, 24. Mai 2011

Braucht keiner mehr

In Deutschland ist es ja schon recht lange her, dass in grossen Mengen alte Aussteuerwäsche auf die Antikmärkte kommt. Zumeist unbenutzt und ohne Tadel, weil man früher die guten Sachen aufgehoben hat und später neue Sachen hatte. Irgendwann in den 60er, 70er Jahren war dann auch Schluss mit den Initialen stickenden Grossmüttern. Diese Tradition hat sich in Italien - ländlicher, katholischer, verheirateter - länger gehalten. Inzwischen aber gibt es kein Halten mahr: Ständeweise wird die alte Wäsche mit Bommeln, Blütenmustern und Initialen verkauft. Spottbillig.



Tagelang müssen die alten Damen an Prunkstücken hingenäht haben, die jetzt für 10, 20 Euro verschleudert werden. Riesentischdecke , 12 kleine Deckchen, 12 Servietten, alles mit Monogramm und grossclangeeignet: 120 Euro. Bei uns gehen die Preise längst wieder in die andere Richtung. In Italien ist es so gut wie unverkäuflich. Dann, ein paar Stände weiter, eine höchst komplexe Terrine aus Bisquitporzellan, eine Arbeit in Rokokotradition aus Capo di Monte: Auf ihren breiten Füssen steht sie da, gross, sehr gross, die S-Klasse unter den Terrinen, man schluckt und denkt sich: Kann ich mir eh nicht leisten. Das waren in den früheren Jahrzehnten die typischen, hochrepräsentativen Hochzeitsgeschenke, die Schaustücke, so etwas steht in der römischen Stadtwohnung eines Adligen aus Orvieto immer noch, begiert und bewundert von mir: Capo di Monte , das Nymphenburg Italiens.



Kein Sprung, keine Blüte ist angeknackst, alles fein, die weitaus weniger schön gearbeiteten, neuen Stücke am Lago Maggiore waren jenseits der finanziellen Möglichkeiten, oder besser gesagt: Bei solchen Summen setze ich andere Prioritäten. Es sind Prunkstücke, an denen ein Töpfer lange hinarbeitet, es ist nett, so etwas zu haben, aber üblicherweise wurde es verschenkt. Das ist diesmal jedoch kaum anders, für einen lächerlichen Betrag - vermutlich von beiden Seiten so wahrgenommen, wie kann der Deutsche diesen alten Plunder mögen und so viel bezahlen? - wechselt die Terrine den Besitzer. Capo di Monte leidet in Italien offensichtlich unter dem gleichen Problem, wie das Arzberg-Goldrand von Tante Erna.. Handarbeit hin, Prunkform her.



Es passt alles nicht mehr in den italienischen Lebensstil. Es passt auch nicht zwingend nach Deutschland, aber dort gibt es durchaus wieder Küchenschränke und Anrichten und Tafeln, auf denen so etwas eine eine dominante Position einnehmen kann. Also ich kann so etwas schon brauchen. Ich hatte vermutlich auch Glück, dass hier keine Briten und Amerikaner vor mir waren, die wissen, was andernorts dafür genommen wird. Das hier ist die Realität: Man will das alles nicht mehr haben. Man schenkt Wohnungseinrichtungen in Form von Möbeln, man arbeitet Listen ab, man stickt nicht mehr, und meine kleinen Deckelschalen, vor ein paar Jahren noch in Mantua bei einem Juwelier gekauft, gibt es dort auch nicht mehr. Britische Silberwaren: Durchaus noch. Aber Capo die Monte? Ich wüsste selbst nicht, wo ich das noch kaufen könnte - ausser eben an Orten mit Touristen aus dem Commonwealth. Da hat Capo di Monte noch den Klang der Grand Tour durch Italien. Ein Italien, in dem sich die Einweggeschirre in den Cafes wie eine Pest ausbreiten.

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Eine kleine Unterbrechung für Hamburg

Anke Gröners Buch ist da. Und ich mache mir Tortelli mit Butter und Salbei.

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Desolat

Wie schlimm es in der CDU wirklich aussieht, sieht man angesichts des ausbleibenden Putsches gegen die Parteigranden. So ein Debakel in Bremen, so gar keine Folgen. Da ist einfach keine junge Garde, die endlich die Reste des Systems Kohl wegfegt. Gut, in der SPD ist das auch nicht besser, aber nur rumsitzen und auf das Wegsterben der Wählerbasis zu warten ist nicht wirklich eine Zukunftsoption. Wahrscheinlich hoffen alle, dass die Bild schon das Richtige tut, wenn die Familienministerin dann endlich ihr Kind hat. Und ansonsten profilieren wir uns dann gegen Europa. Es würde mich gar nicht überraschen, wenn der Funke aus Spanien und Griechenland auch bald nach Italien überspringen würde.

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Montag, 23. Mai 2011

Demnächst in einer bayerischen Weltstadt in Ihrer Nähe

Wem es langweilig ist, Nespressenutzer zu diskriminieren, und wer schon alle Rezepte für Spritz kennt - für den gibt es nächstes Jahr etwas Neues in den üblichen Lokalitäten der besagten Stadt, die mit diesem Import wiederum ein Jahr vor allen anderen ist: Die neueste italienische Marotte nämlich, irgendwo draussen das Feinkostgeschäft mit begrenztem Angebot im Halbstehen zu organisieren. Das sieht dann so aus, dass es auf der Strasse, auf dem Platz, vor dem Cafe, vor dem Laden einen Tisch gibt, auf dem irgendeine Art von Brot, eventuell auch dicke Grissini bereitstehen, sowie eine Vorrichtung für das Hauchdünnschneiden von Parmaschinken. Daneben oft auch noch einige Flaschen mit Wein in Kühlern.



Irgendjemand verwaltet das, jeder kann kommen und das schnell nehmen. Vermutlich gibt es dagegen in Deutschland Milliarden Vorschriften, vermutlich muss da ein Dach her und eine spezielle Genehmigung, aber ich bin mir sicher, München wird das bald kopieren. Denn damit kann man einen ganzen Parmaschinken herzeigen. Und die tollen Schneidegeräte aus Italien. Und es ist so locker, wie man das hier mag, und gleichzeitig irgendwie schick, auch wenn es eigentlich nur Schinkelsemmel senza Gurke 2 Go ist. Und wer nicht goht, der bleibt und bildet, einem Pilzhexenring gleich, grosse Kreise:



Da ist dann immer noch ein Platzerl für Leute, die man assimiliert, und am Ende gibt es eine horrende Rechnung, die man sich aber leisten kann, und die den Wirt glücklich macht. Aber es geht nicht anders, der Import italienischer Semmeln, hart und geschmacklos, das muss man verstehen. Und dann sind die Münchner wieder die nördlichen Itaiener vor allen anderen Deutschen, die das entweder viel teurer anbieten (Frankfurt) oder damit pleite gehen, obwohl es besser zu den hygienischen Nichtzuständen passt (Berlin). Das neue Sommermodegetränk aber, das ist noch nicht gefunden.

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Samstag, 21. Mai 2011

Steine und mal trockene, mal nasse Frauen

Ich war mal wieder in Vicenza, einer Stadt, die eigentlich immer gleich aussieht und noch, man muss sagen immer noch, recht frei von Touristen ist. Das ist für Ende Mai höchst ungewöhnlich, normalerweise sind längst Pfingstferien, aber dieses Jahr schenkt einem noch zwei Wochen vor dem grossen Einfall. Dann, ja dann ist Vicenza wieder eine Welthauptstadt der deutschen Gesundheitssandalen, namentlich der pensionierten Oberstudienräte. Aber jetzt ist es Architektur und Form.























Erstaunlicherweise traf ich dort auch zwei Kollegen der besagten Tageszeitung: Einmal einen hochrangigen Mitarbeiter des Feuilletons, der scheinbar einen Zweitjob als Autobahnmautkassierer in Vicenza Ovest hat, und die direkte Betreuerin meines Blogs, die sich eine neue Brille kaufte in der Form, wie sie eigentlich schon eine hat. Beide sprachen italienisch und gaben vor, mich nicht zu erkennen. Schon seltsam.

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Samstag, 21. Mai 2011

Meine Stadt

In meiner Stadt gibt es jeden Tag grosse Auftritte.



In meiner Stadt gibt es jeden Tag grosse Dramen zu bestaunen, und immer sitzt man in der ersten Reihe.



Ich habe hier einen Fernseher und so ein Satellitending für Zeug aus Deutschland, aber meine Stadt überträgt so viel., dass ich zuhause eigentlich froh bin, eine Weile meine Ruhe zu haben.



In meiner Stadt fällt nie der letzte Vorhang, in meiner Stast gibt es immer jemanden, der klatscht, oder eine Arie singt. In meiner Stadt sind alle Publikum und Darsteller, Ressigeure und Bühnenbildner. Italien ist gut zu mir, aber bald bin ich sechs Wochen hier, und noch immer atmet der Deutsche in mir auf, wenn er die Türe hinter sich schliesst. Dabei ist meine Stadt immer noch sehr gemässigt, es ist nicht Neapel, Rom oder Turin, es ist nur eine kleine, nicht ganz so dumme (solange man nicht auf das Stadtregime schaut) Stadt am Mincio. Das laute, offene Leben, es passt zum Blogger in mir, aber nur begrenzt zur Person hinter der Kunstfigur; ich schaue es mir gerne an, durchaus lang und mit Wohlwollen, aber so gut mir das alles getan hat - man kann nicht jeden Tag 8 Stunden im Theater sitzen.

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Un

brauchbar: Natürlich wäre ich der letzte, der einen Altbücherstapel mit eingebauter Likörbar bräuchte - eher einen Foliantenstapel mit eingebauter Teebar - aber trotzdem entzückend. Wo diese Veroneser Händler das nur immer hierhaben.



bezahlbar: Irgendwann, dachte ich, gehe ich mal in so einen Laden und frage, was so ein Ding, sei es nun Gemälde oder Leuchter kostet. Ich habe es gewegt, und es ist angenehm zu wissen, dass ich lange Jahre mit der ungestörten Illusion durch das Leben gelaufen bin, mir so etwas leisten zu können. Dann doch eher Mercato da Usato in Mantua. Die sind nicht so prächtig, aber auch nicht so ruinös-



nachahmlich: Das Licht. Das ist schon bei den Gemälden des 17. Jahrhunderts so, das Licht hier ist anders, am tag, aber auch am Abend. Und es ist auch mit dem Kunstlicht anders geblieben. Aus irgendwelchen Gründen ist das Licht bei uns nie so warm, selbst wenn es nicht Neon ist. Deutsche Bilder wirken meist kalt. Italienische Bilder fast immer warm.



vermeidlich: Diese Schuhe. Die fräsen sich gerade durch die italienischen Nobelgeschäfte. Mit Sicherheit dauert es nur bis nach den Pfingstferien, bis sie Schwabing erreichen. Italiener schleppen sie jetzt schon tütenweise nach Hause. Weil Turnschuh (was Jungen tragen), aber nicht reine Sportschuhe, sondern auch anderweitig vorzeigbar. Heute Lochkappe, morgen dann Budapester. Umgekehrt auch für den Budapesterträger, wenn es sportlich wird. Sie lachten am Anfang über Spritz? Sie werden nicht mehr lang über diese Schuhe lachen.



tauglich: Ich kann mit so etwas trotzdem nichts anfangen, ich bin zu alt und für diese Art von Sport - mit Spritz herumstehen und Leute angaffen, etwas zu alt. Überhaupt schaue ich nur noch zu Amüsementszwecken in solche Schaufenster, gehe dann lieber zu meinem Schuster und nehme noch einen Gürtel mit, solange die Schuhe nicht fertig sind.



verzichtbar sind sie nämlich erst dann, wenn man zurück in Deutschland ist und so etwas von der Stange kaufen muss. Italien ist am Anfang immer etwas teurer, wegen der angelegten Vorräte. aber langfristig dann eben doch sehr günstig, solange es nicht gerade um Kunst und Kunsthandwerk geht. Netterweise habe ich - reiner Zufall - jetzt auch eine Hemdenmassschneiderei gefunden. Dazu mehr irgendwann in einer Form, bei der ich sicher gehen ann, dasss die miesen Klauer bei Neon nicht wieder aus "Recherche" gehen.



Mitunter finde ich es ja ganz angenehm zu wissen, dass einem diese Leute hier nicht dauerhauft nachkriechen können. Ich habe einen gewissen Standortvorteil, wobei ich mich schon einmal mit einer fein beschuhten Asiatin unterhalten würde, die mir hier immer wieder über den Weg läuft und die Angewohnheit hat, sich am tag mehrmals umzuziehen. Sie muss hier in Verona leben, zumindest, während ich auch in Italien bin, und irgendwas mit Medien machen: Bevor in den Hotels WLAN üblich wurde, sass sie im gleichen Internetcafe, und jetzt schleppte sie eine sehr grosse DSLR auf den Berg. Und nahm sich beim Ablichten sehr viel Zeit. Für mich ist Verona so eine Art erweiterter Münchner Süden, aber mich würde wirklich interessieren, wie man in Japen? Korea? Ich vermute Letzteres - diese Puppenstube einer idealen, itaienischen Stadt bgeschrieben haben möchte.

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Donnerstag, 19. Mai 2011

Entschuldigen Sie bitte.

.Ja, Sie, die Dame auf dem Roller heute Nacht neben mir. Es gibt leider Arien, in denen die Lautstärkeschwankungen recht hoch sind. Ich gehöre nicht zu denen, die voll aufdrehen, wenn ich durch eine Stadt fahre, aber nun mal auch nicht zu Hobbylobbyisten und ihren verfetteten Mietfressen, dass ich mein Leben vor dem Rechner fristen müsste (oberster Beitrag, Blogbar wird gerade servermässig umgebaut). Da stand ich also, Sie kamen angeknattert - und mit Verlaub, Ihre Kiste war auch nicht legal leise - und dann setzte Frau Kermes an. Richtig. Das drang nicht nur durch ihren Helm, mir ging es auch durch und durch. Ich bin dann ja auch ganz schnell bei Grün von Ihnen weggefahren. Legal, aber schnell.



Trotzdem, es ist nicht so ganz meine Art, andere mit meiner Musik zu belästigen. Ich bin hier als Gast und verbringe meine Tage hier recht still, ich bin immer noch etwas mitgenommen von der Mille Miglia und dem vielfältigen Treibem, das zu beschreiben dem Berichterstatter obliegt, ich brauche danach Urlaub im Urlaub, und dass Frau Kermes so laut läuft, offen in der Stadt - das ist den besonderen Umständen geschuldet. Nein, ich will kein Verständnis, ich denke nur etwas über mein Leben nach.



Entsagung ist ja nicht so mein Ding. Aber auch, wenn es vielleicht manchmal so aussieht, also wäre Nichtstun und darüber Schreiben mein eigentlicher Beruf, stimmt das natürlich nicht. Es ist durchaus eine gewisse Arbeit, diese Existenz so niederzuschreiben, dass sie in sich stimmig ist. Wirklich "nichts tun" wäre dauerhaft auch nicht mein Lebenszweck. Aber andere sehen das anders; ich meine jetzt nicht all die kleinen Hater und Pisser da draussen im Internetdönerschlunz, sondern den Jungen, den ich kannte: Vor ein paar Jahren starben seine Eltern und hinterliessen ihm mehr als genug, wirklich reichlich, dass er kündigen konnte. Er ging mit seinem Hund spazieren, beschaffte sich - endlich - die richtige Freundin, und wenn ihn jemand für diese Arbeitslosigkeit kritisierte, sagte er, das sei ihm egal, er wisse, dass er nicht alt werden würde. Alle Männer in seiner Familie wären früh gestörben.Er war gerade mal 2 Jahre älter als ich, als er vor kurzem und eine Woche nach dem 46. Geburtstag schwere Schmerzen verspürte, den Notarzt rief, aber bis zu dessen Eintreffen war er schon tot.



Seitdem bin ich etwas durcheinander, ich gebe es zu. Da gehen einem dann schon gewisse Gedanken durch den Kopf. 2 Jahre ist nicht wirklich viel. Er hat es instinktiv richtig gemacht, man kann ihm sicher nichts vorwerfen, die Frage ist halt: Was macht man selbst. Die Frage ist für mich nicht so drängend, ich mag das, was ich tue, und wie ich es tue, aber andererseits: Mit solchen - letztlich zutreffenden - Vorahnungen würde ich vielleicht auch manches anders machen. Um Gottes Willen, sicher nicht mit den Dreckschweinen dieser Welt aussöhnen, nein, eher nochmal in die Fresse hauen, der Bande, nur weil sie weiterlebt, muss man es ihnen ja nicht schön machen. Dann habe ich manche Wünsche, die einen gehen Sie nichts an, werte Dame auf dem Roller, die anderen sind eher banaler Natur, aber darüber muss man kaum reden; ich hätter gern noch ein paar Bilder gekauft und geliebt und gelesen, das Übliche halt.



Wären es wirklich nur derer zwei Jahre - zum Glück bin ich der festen Überzeugung, mindestens 95 bei bester Gesundheit zu werden und auch keine Gelenkprobleme zu haben, wenn ich auf den Gräbern meiner Feinde tanze - dann würde ich es einmal mit voller Kraft darauf anlegen, noch einmal in einem alten Auto durch die Porta Borsari zu fahren. Es war dieses Jahr schon recht fein, wie so vieles andere auch - und ganz ehrlich, in Siena war ich wirklich froh, frei zu sein und mir die dort missglückte Sache anschauen zu können. Aber die erste Nacht ist die beste, und die Porta Borsari ist ein besonderer Ort. Sie hat etwas von einem Gipfel, und es war ein Genuss, auf sie zuzufliegen und sie zu durchfahren.



Und das nächste Mal bin ich dann bereit, wieder dort zu sitzen und zuzuschauen, wie sie vorbeikommen und in der Nacht verschwinden. Zuschauen ist auch fein. Alles ist fein, mit Ausnahme von vielem, Berlusconi etwa und seine Anhänger, aber ich bin gern hier, für ein, zwei Monate. Und noch sehr, sehr oft. Inzwischen ist hier wirklich Sommer; es ist noch hell, wenn die Geschäfte schliessen und sich die Italiener auf der Piazza dell Erbe treffen, wo das Orange in den Gläsern funkelt. Bald, das merke ich, wird es ungemütlich.



Dann wird es hier zu heiss, die Touristen kommen wieder in Scharen, die Oper macht auf und vorbei ist es mit der beschaulichen Ruhe. Es wird Zeit, die letzten Besorgungen zu erledigen, denn irgendwann wird in Deutschland die Blüte vorbei und der Pollendreck weggewaschen sein, und eigentlich bin ich auch sehr gern daheim. Aber diese beiden Monate, April, Mai, in Italien, ich denke, ich sollte sie beibehalten. Als Marotte. Eine mehr macht auch nichts mehr aus, so viele Löcher sind gar nicht in Ihrem Auspuff, Madame. Fahren Sie wohl, ich muss heim nach Mantua, wo über den gefluteten Reisfeldern ein blutroter Vollmond steht.

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