: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 28. September 2011

Mitbringsel

Bücher. Delikatessen. Kleinigkeiten und ein paar Preziosen. Jede Menge Arbeit und einige Gedanken natürlich auch, und einige Mühen, die sich vielleicht leicht lesen, aber nicht so gemeint und auch nicht geschaffen wurden. Denn es ist sehr schade, was gerade in Europa passiert, und momentan kann man sich schon Gedanken machen, wie dieser Kontinent wäre, wenn die Krise ein paar Runden weiter gedreht worden ist. Man versteht jetzt vielleicht ein wenig besser, was Europa im 20. Jahrhundert so furchtbar sein liess: Die Unfähigkeit, rechtzeitig das richtige zu tun, Konflikte zu entschärfen oder Verbrechern entgegen zu treten. Vielleicht wird man das auch über uns denken, in 20 Jahren, mit etwas Abstand von dem, was jetzt kommen mag, schreibe ich in der FAZ.


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Gegenläufiges v. l. n. r.

Erschöpfung gegen Interesse



Schon Gefüllt gegen noch Geleert



Japanische Mütze gegen deutsche Sandale



Bonus v. o. n. u.: Sonne gegen Schatten


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Mittwoch, 28. September 2011

Chinesische Selbstkritikaster

Was ich mich ja bei Facebook so generell frage: Warum ist man da überhaupt drin. Schon Blogs können ein elender Zeitfresser sein, aber da habe ich wenigstens den Eindruck, etwas Sinnvolles zu betreiben: Plauderei, Amusement, Aufklärung, Kritik an den herrschenden Zuständen, Tagebuch, Erinnerung an das eigene Leben, Verortung in der Zeit. Facebook? Da gibt es keine Substanz. Nur Grundrauschen. Was ich an Facebokk immer ganz grauslig fand: Da gibt sich einfach keiner Mühe. Da hängt man so ab. Und natürlich produziert man da den Müll, den die Werbung braucht.



Ich bin etwas erstaunt über die Gesten einiger erwachsener (!) Männer, die erst jetzt Facebook meinen den Rücken kehren zu wollen. Das trägt nicht wirklich zu meiner Vorstellung des Internets als Ort der Freiheit bei, wenn da irgendwelche peinliche Viertelcharaktere jetzt qualvolle Stunden haben, die Mauern des Facebook-Knastes zu überwinden, weil nett war es schon, Dann, liebe Leute, sucht Euch halt eine andere Beschäftigung. Geht radeln. Oder in ein Cafe. Schaut Eich mal wieder eine Kirche von innen an. Ihr versäumt da in Facebook gar nichts. Wenn Facebook die volle Banalität sinloser Suchtexistenzen wie Eure Person abbilden will, ist Facebook zuerst mal geschmacklos und zudem sinnlos. Schaltet das Ding 2 Wochen aus und nach dieser Zeit wird da nichts anderes sein, als sonst auch ist.



Mir ist schon bewusst, auch bei Blogs sieht man das deutlich, dass das Leben solcher Leute irgendwie zerfasert. Vielleicht verstärkt das Internet diese ohnehin vorhandene Lebensnichtigkeit, vielleicht fördert das Daueronlinesein die Trennung von der Realität: Es gibt da keine echten Monatsbeschreibungen, Jahreszeiten und Tagesbeschreibungen mehr. Ich kenne nur sehr wenige Blogs, die wirklich vom Jahr und den Entwicklungen erzählen. Das meiste ist Netzbrei, und der findet ja auch bei einigen sein reinschaufelndes Publikum, und andere versuchen es halt, weil sie sonst nichts zu sagen haben. Sagenhaft flache, indolente Charaktere kommen da raus, kein Wunder, dass die Werber scharf darauf sind, das passt sicher super in Berechnungen, und vermutlich klickt das Abziehbild sogar darauf, wo es klicken soll.



Das alles führt mich zu der leicht verbitterten Frage, was Leben im Netz überhapt sein soll und sein kann. Ich lese gern andere Meinungen, ich rede gerne, ich verdiene hier mein Geld, und gerne trage ich viel Leben, viel Selbsterlebtes hier herein. Ich passe aber schon auf, dass darüber mehrer Filter liegen, ein literarischer Filter, ein konsumkritischer Filter, ein ironischer Filter und dann noch einer, von dem ich hoffe, dass er mich nicht allzu sympathisch erscheinen lässt und mit Stalker erspart (Letzteres mache ich bei der FAZ weniger und prompt gab es da Probleme). Ganz offensichtlich ist das aber nur eine Minderheitenposition, der Rest macht das, was alle machen. Oder kapiert erst, wie doof das ist, wenn Facebook konsequent das umsetzt, was sie schon immer gewesen sind. Das Arschgeigenorchester, das jüngst bei den Äusserungen der Verbraucherschutzministerin und der Datenschützer noch aufspielte, sollte bittschön jetzt die eigenen Instrumente auffressen, da sie plötzlich so gar keinen Ton mehr rauskriegen. Frau Aigner hat mehr Ahnung von diesem Internet als die ganze Bande, so schaut's aus.



Dass Facebook so ist: Mei. Man kann das Facebook nicht vorwerfen, denn Facebook konnte genau so werden, gerade weil die "Vordenker" der Netzdeppen laufend sagten: Facebook hat schon recht. Man schleimte diese Typen an, man machte Facebook den Weg frei, man redete Medien ein, dass sie Facebook füttern sollten: Aus Sicht von Facebook gibt es gar keinen Grund, anders zu sein. Hat man nicht Obama die Wahlen gewonnen? Konnten abgefuckte Münchner Medienberater damit in Niederbayern nicht auftrumpfen? Haben nicht Blogger extra ihre Facebookgruppen eingerichtet? Facebook ist mit jedem "Mehr" und mit jedem Feature grösser geworden. Bei uns laufen Idioten der Datenschutzkritik frei rum und predigen die Borghaftigkeit als Erweiterung des Selbst. Der Dreck stand in der FAZ und der Zeit, im Spiegel und bei der Bild. So nutzen Sie Facebook für den persönlichen Erfolg, sagt man den Managern. Facebook nimmt das halt mit. So wie Hitler halt auch nicht bei der Parade in Nürnberg den Massen sagte, aber bitte, das Heilrufen, das wäre doch gar nicht nötig.



Facebook ist so gesehen auch nicht böser oder schlechter als seine Nutzer. Es ist ein Programm, das es ihnen erlaubt, das sinnlose Grundrauschen ihrer Nullexistenz in eine Form zu packen, die mit anderen Nullexistenzen vernetzbar ist. Facebook macht das so gut, dass alles ausserhalb gar nicht mehr so wichtig ist, ja vielleicht sogar auf die eigene Hohlheit hinweisen und die Überhöhung des Vakuums kritisieren könnte. Facebook erfüllt die Wünsche nach Allesreinpacken nur noch ein wenig mehr, und möchte dafür mehr Geld sehen. Und sicher: Die Werbeindustrie kommt ganz zum Schluss und macht diese Nichtse zu bedeutenden Kunden. Das ist dann die Krönung. Für die einen. Und jetzt endlich mal nicht so doll. Für andere.

Bleibt mal lieber dort. Da passt ihr gut rein, da seid ihr aufgeräumt, da gehört ihr hin, das ist schon eure Peergroup.

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Fein beschuhte Asiatin vs. italienische Rentnerin

Nicht haben



und haben



und wenig davon haben.

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Zwei Links

Gut und wichtig.

Sehr gut und richtig, vor allem, mit Torte.

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Dienstag, 27. September 2011

Nennt es doch gleich EVSV statt EFSF

EVSV stünde dann für Europäische Versicherung für Schweinebankensysteme und Volksverarschung.

Und wenn man schon dabei ist, den Irrsinn gleich noch einmal zu verdoppeln, oder genauer, doppelt so viele Schulden aufzunhemen, zu hebeln, wie ein Subprimeramschhändler, sollte man das Vehikel gleich mit zweierlei ausstatten: Notenpressen und grenzenloser Geldausschüttungsberechtigung. Dann kann man sich das scheibchenweise Lügen und Quälen auch ganz sparen - so diese neuen Ideen nicht ein Trick sind, um den kriminellen Akt der Eurobonds als kleineres Übel erscheinen zu lassen.

In der FAZ war übrigens ein Beitrag von zwei führenden Vorallembanksterwirtschaftvertretern, es doch staatlicherseits mit inflationsgeschützten Anleieh zu probieren: Die Banken bekämen dann ihr Geld, egal wie es ausgeht. Und die anderen würden es verlieren. Das ist zwar unterirdisch, aber ein Szenario, an das man denkt, in diesen Kreisen der Bankputschisten gegen die Staaten.

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Rot
















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Montag, 26. September 2011

Ich schreibe eine Rezension

Normalerweise ist der 4. Sonntag im Monat reserviert für den Flohmarkt in Pfaffenhofen, aber statt Geldverschwendung steht auch heute Arbeit an. So ist das, in den Medienberufen.

























Immerhin, der See hat 22 Grad und ab und zu kann man sich erfrischen, wenn es zu heiss wird. Und das Lustige ist: Am Ende liest es sich wirklich wie eine echte Leistung.

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Sonntag, 25. September 2011

Rollenbilder

Ein Mann geht seinen Weg.



Drei Frauen sind im Weg.


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Spitzenangebote für Beziehungen

Kurz vor und nach der Ehe.






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Da fehlt nur noch ein Krokodil zur Abrundung

Eigentlich bin ich ja ein ausgeglichener Mensch und das gerade im Urlaub, auch wenn ich hier gerade mit Vergnügen das ein oder andere Loch zuschreibe und mehr Arbeit habe, weil andere weniger Arbeit haben wollen. Meiene Arbeit macht mir meistens Spass.



Aber manchmal kann ich den Schmalzl mit seiner Wutmail richtig verstehen. Sicher, das war dumm, und vielleicht auch nicht zutreffend. Aber manchmal ist es gar nicht so leicht. Das Bild hier wurde um 19.03 Uhr gemacht, dann bin ich heim und habe etwas gelesen, wo ich mir dachte:

So doof kann man doch gar nicht sein. Ich glaub mein Schwein pfeift. Wie kann man so strunzblöd sein, so etwas zu schreiben.

Aber gut. Man wird sehen. Irgendwann an der Blogbar.

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Samstag, 24. September 2011

Dinge, die man nicht tut

Man plündert nicht Radgeschäfte und Konditoreien, wie es einem gefällt.



Man benimmt sich immer keusch und anständig und wenn es mal nicht so ist, tut man das nicht in der Öffentlichkeit.



Und wenn man Journalist ist, steht man nicht zum Leser als gleichberechtigten Partner in der Kommunikation, sondern man hasst ihn, man verachtet ihn und ignoriert andere, die es anders halten und deshalb auch gerne gelesen werden, im Gegensatz zu dem unverständlich niedergeschmierten Zeug, für das einen die Kumpels Preise zuschanzen. Vielleicht ist man dann auch bei der SZ und schiebt infam und niederträchtig jemanden vor, der die Nazikeule gegen die Kommentatoren schwingt. Es gibt ja wirklich viele Idioten im Netzm, und nicht alle sind bei der Presse, PR und Politik. Trotzdem sehe ich das alles anders, ich kaufe gern bei Pavesi und De Rosas und ich schaue mir gern Menschen an und ohne Kommentare hätte ich gar keine Lust zu schreiben, was ich auch in der FAZ darlege.

Denn das sind nicht unsere Nutzer. Das sind die Kunden. Die einzigen, die wir haben.

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Il Sorpasso














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War es wirklich der Teufel?

Oder doch nur ein Bankenchef? Oder einfach das viele Essen in Valeggio? Ich weiss es nicht. Jedenfalls habe ich in der FAZ aufgeschrieben, was ich dem Manne erzählt habe, der bei mir letztens Nachts erschien und einen Rat haben wollte, wie man Italien retten kann.



Irgendwas wird schon des Pudels Kern gewesen sein.



Und solange jede zweite Handtasche von einer der berühmten Firmen ist... ich muss unbedingt mal was drüber machen und das erklären.



Denn wenn ich Schwarzgeld hätte, würde ich auch solche Anlageformen angehen.

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Freitag, 23. September 2011

Markttag

Echte Billigschuhe.



Falsche Teuertaschen.



Aber alles findet seinen Abnehmer. Wirtschaft, wie sie ist. Grillhühner gibt es schliesslich auch.



Bleibt die Frage, was zuerst da war. Das Huhn oder der Spiess, die Frauen oder der Markt.

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BLAM!

Frauen wie Rennräder von Basso. Nur die in der Mitte sieht deutsch aus.


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Die Sonne scheint über allen nicht.

Solche Schuhe kaufe ich prinzipiell nur im Urlaub und in der Arbeit, wenn die anderen Schuhe zu schwer und nicht passend sind. Diesmal, heute war es nötig. Ich wusste gar nicht, wie teuer Mosasins sein können, aber andere wussten das wohl auch nicht, weshalb sie - Occasione - bezahlbar waren.



Der Onkel Doktor führt das Sehnenproblem - Sie alle haben die Radlerbilder vermisst, nicht wahr? - auf die immer gleiche Belastung des Knies zurück, die dann eben den schwächsten Punkt ruiniert. Öfters mal andere Absätze scheinen da zu helfen. Man belastet dann immer anders.



Das hier ist das Le Fenice, eine Bar am See, die am Tag wie billiges Zuckerbäckerhollywoodrokoko aussieht, und ihren Reiz erst am Abend entwickelt, wenn es dunkel wird und das nachgemachte Patinagrün im Blaugrau verschwimmt. Es gibt einige gute, nicht so bekannte Orte am Südende des Sees, und das Fenice gehört dazu.



Nebenan ist etwas Ufer und ein Weg zu Hafen. Man sollte aber nicht zu lang verweilen, denn mit der Dunkelheit kommen auch die hungrigen Insekten, um die Wette "Blut oder Erschlagen werden" einzugehen. Was die Viecher halt so treibt, wenn es um die Familiengründung geht.



Menschen treibt das und anderes. Überhaupt ist es amüsant zu sehen, was Menschen alles so treibt, wenn das Essen gestellt wird und Sex in ausreichender Menge zu bekommen ist, wenngleich auch mitunter mit Risiken und Kosten. Vielleicht ist die Sehnsucht etwas, das immer da ist und sich stets neue Ziele setzt. Wir haben längst vergessen, wie gut es uns geht. Die eine Hälfte der Menschheit hat kein fliessendes Wasser. Ein Teil der Spitze der anderen Hälfte lässt Boote im Wasser vergammeln, obwohl sie sie jederzeit mit Trinkwasser reinigen könnten. Das ist der Zustand der Welt.



Und dazwischen ich mit meinen flachen Schuhen und dem verschwindenden Sehnenproblem zwischen Tag und Nacht. Es geht mir vieles durch den Kopf, aber darüber eden möchte ich gerade nicht. Schönes Wetter. Grandioser Nachsomnnenuntergang. Der Sonnenuntergang war schwefelgelb und diesig, aber jetzt wird es besser.



Es könnte schlimmer sein. Ich könnte meinen Beruf hassen und alle, die darin besser sind, ich könnte faul und unengagiert sein und den ganzen Tag nur klagen, wie mies das alles ist. Das Boot des Schreibers ist eine Galeere und sie heisst Content Management System, aber irgendwie habe ich es geschafft, ein hübsches Boot daraus zu machen, das der Wind des Lebens treibt. Keine Ahnung, warum andere so viel uninteressantes Zeug schreiben. Und sich dann wundern, warum das keiner lesen will, wo doch kein Leben drin ist.



Manchmal frage ich mich, ob eine tote Schreibe nicht auch der Spiegel einer kaputten, ach was, Seele, was für ein dummes Wort, das Licht verschwindet für die einen und in den anderen wird es immer dunkel bleiben.



Die Wach- und Schliesskatze sperrt diesen Beitrag zu.

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Keine Klickstrecke

Ich finde es ehrlich gesagt auch suboptimal, einen Beitrag mit Text und einen weiteren mit Bildern zu machen, aber ich habe eine Alternative in Form einer gut betexteten Klickstrecke vorgeschlagen, und die wurde abgelehnt zugunsten einer Aufteilung des Beitrags in Wort mit wenig Bild und Bild mit wenig Text. Hier schon mal als Vorgeschmack die Bilder vom Visitenkartendrucken.Das gab es schon mal zur Mille Miglia, und die Performance war schlecht - aber dafür müssen die Leser weniger klicken.

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Mittwoch, 21. September 2011

<3












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Bücher wütender Frauen I: Melanie Mühl, Die Patchworklüge

Es gibt auch bei mir so etwas Banales wie Reisehits. Im Frühjahr war es der Marsch der Sanfedisten, letztes Jahr die Missa Celensis von Haydn, davor Simone Kermes und auch mal Summertime. Diesmal ist es die Titelmusik des Films Un Homme et uns Femme von Claude Lelouch. Der Film handelt von zwei allein mehr oder weniger erziehenden Menschen, deren Partner gestorben sind, und die jeweils das Leben dieses verstorbenen Partners leben. Der Mann ist Rennfahrer, dessen Frau sich nach einem Unfall beim Rennen von Le Mans das Leben genommen hat. Die Frau war mit einem Stuntman verheiratet, der bei einem Unfall starb. Man ahnt, wo das endet, aber davor wird es kompliziert.

Und weil die Frau von Anouk Aimee gespielt wird, die man schon aus La dolce Vita kennt und liebt und hier die körperliche Nähe darbietet, die Fellini gezielt in ihrem Verhältnis mit Marcello Mastroiani ausgespart hat, ist dieser Film einer der schönsten, die ich kenne. Der Film ist so freundlich, die Verlusterfahrungen und Unsicherheiten nicht zu verschweigen, aber alles in allem ist er eine grandiose Werbung für die Patchworkfamilie. Zumal für jemanden, der für Anouk Aimee... Der Film jedenfalls stellt eine Frage, auf die ich im Buch "Die Patchworklüge" von Melanie Mühl keine Antwort finde: Was sollen sie denn tun, was für eine Verschwendung wäre es, wenn sich Anouk Aimee wie in der Mitte des Films eben gerade nicht für so eine Patchworklösung hergibt.



Darüber kann man nachdenken - ich jedoch habe den Vorteil, dass ich die Autorin fragen kann. Einfach, weil ich ihre Email und Telefonnummer und Adresse habe und sie als Autorin der FAZ sehr schätze. Würde man mich fragen, wessen Texte mir bei der FAZ am besten gefallen, würde ich ohne zu zögern auf sie verweisen. Ich bin also voreingenommen und beeinflusst und es ist mir egal - das hier ist nicht die FAZ, das ist mein Blog.

Und weil sie und zwei weitere mir recht gut bekannte Frauen diesen Sommer wütende Bücher über das Leben der Frauen geschrieben haben, und sich sie natürlich lesen musste und wollte, gibt es hier meine Einschätzung. Würde ich die Bücher nicht mögen, hätte ich nichts gesagt. Hätte Frau Mühl etwa gegen Lelouch gegiftet, dann, ja, also... hat sie aber nicht. Und auf der Postkarte war auch nicht genug Platz zu fragen, warum sie ihr Aufdentischhauen nicht beim besten Filmargument für die Patchworker beginnt,bei dem Aimee zuerst den Zug nehmen möchte, und am Ende doch mit ihm im Auto fährt. Was die ganze Geschichte und Liebe ist.



Vermutlich, weil das Buch mehr sein will, als nur eine Abrechnung mit der Lockerheit, mit der heute Patchworkfamilien als Teil, vielleicht sogar als bestimmender Teil des Beziehungsmainstreams aufgefasst werden. Mindestens so wichtig sind die Trennungslügen, die angesichts von Scheidungsraten und Unbeständigkeit der Beziehungen erst den Anlass für das Neuanrühren der Familien geben. In meinen Augen wird recht schön und überzeugend dargelegt, wie Medien und das Volk, das an die Stelle dessen trat, was man früher Gesellschaft nennen konnte - BuPrassis, Gossenmimen und Fussballdeppen - diese neuen Beziehungen vom Notbehelf der Unvermittelbaren zur coolen Geste umfunktionierten.

Es wird eben genau nicht die Frage von Lelouch gestellt - sollte Aimee nicht besser doch den Zug nehmen? - sondern eine lässige, jede Kritik und alle Zweifel ignorierende Antwort hingeworfen. Und das aus Lebensumständen heraus, die mit den gängigen Problemen alleinerziehender Mütter so gut wie nichts zu tun haben. Das ist ein wenig so, wie medizinische Körperoptimierung als lässig machbar und problemfrei hingestellt wird: Vorgeführt wird eine heile, funktionierende Familienwelt der zeitlich begrenzten Verhältniscluster. Patchwork als dauernde Selbstverwirklichung. Auf der Strecke bleiben dabei die Kinder und, wenn es doch nicht gut geht, auch noch einiges mehr. Und mit 45 sieht niemand mehr so aus wie Anouk Aimee oder Jean-Louis Trintignant mit 35. Die ledigen Erbtanten des 21 Jahrhunderts sind nicht die Singles, sondern die kaputten Ehehälften.

Das alles passiert nicht einfach so, es erwächst aus einer Vielzahl von gesellschaftlichen Veränderungen, die aufzuspiessen und vorzustellen sich das Buch die dankenswerte Mühe macht: Wertewandel, Sexualität und Attraktivität als Normalität, Trophäenkinder und -frauen, Leistungszwänge, moralische Ambivalenz der Postpostmoderne und neovulgärliberal rücksichtslos umgesetzte Freiheiten. Das klingt hier negativer, als es im Buch beschrieben ist. Je mehr erzählt wird, desto plausibler und angenehmer, ja nachgerade blogartiger ist die Argumentation. Die ganze Fleissarbeit der theorielastigen Zitateunterfütterung liest man - und vergisst sie gleich wieder.



Nun bin ich - kinderlos und Libertin - sicher so ziemlich der Letzte, der anderen in ihre kaputten Ehen hineinreden dürfte, aber natürlich kennt man im privaten Umfeld auch die grossen und kleinen Dramen. Selbst bei uns ist es so, dass die kinderlos Geschiedenen alle Optionen haben, sich andere Partner zu suchen, und die Reste Patchwork als etwas erleben, was angesichts fehlender Optionen unvermeidlich ist. Man kann die Kinder nicht einfach ausschalten, auch wenn das viele vielleicht bei Hochzeit und Schwangerschaft noch glauben. Man muss nehmen, was noch da ist. Es kann sein, dass die Patchworkfamilien dann die beste aller möglichen Welten ist, die allesamt nicht gerade schön sind. Aber darüber müsste man mal reden und überlegen, warum das so geworden ist. Zumindest den mir bekannten Schwiegermüttern solcher Konstrukte spricht das Buch aus dem Herzen.

Ist es ein gutes Buch? Sicher. Ich mag zwar Kinder nicht, aber für jede familiäre Katastrophe, die man sich nach dem Lesen im Vorfeld überlegt, für jede andere Option als Armutsrisiko und HartzIV und die betroffenen Kinder hat dieser Blick unter die Sofas der Patchworker gelohnt. Auch wenn niemand je wissen wird, dass da ein Zug war, der letztlich doch nicht genommen wurde: Es wird so sein. Das Buch ist ein sehr kluges "So nicht". Und weil ich nicht dauernd Lelouch schauen kann - irgendwann kennt man das, und ausserdem trifft eder Film nicht auf die Lebensrealität derer zu, die noch in Beziehungen sind - würde ich mir noch ein weiters Buch wünschen: Mit dem Thema "So bitte schon".

Für den Wunsch war genug Platz und das richtige Bild auf der Postkarte.

Melanie Mühl, Die Patchworklüge ist bei Hanser erschienen, und kostet irgendwas das sich in jedem Fall lohnt.

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