Maria über die Alpen tragen
Mille Miglia ist, wenn auf meinem Rechner 1500 Bilder von Autos und nur 300 Bilder von kulturellen Erlebnissen zu finden sind. Es ist eine wunderbare Landschaft, durch die man fährt, man erlebt durchaus das Land, aber man bekommt davon nicht viel mit. Und man wird photofaul, man hat alles nur durch die Windschutzscheibe und das Objektiv gesehen, man mag einfach nicht mehr in Belichtungszeiten denken. Was angesichts der Stadt Rom sehr schade ist.
Wir hatten ja noch einen Tag. Am liebsten wären wir sogar zwei Tage geblieben, aber das wäre zu teuer geworden angesichts der schon kassierten Strafzettel. Unsere Glückssträhne in Rom, die mit einer halben Stunde ohne Aufschreiben am Tibergewühl eine erste Fortsetzung fand, wurde am Samstag jäh unterbrochen, und so fuhren wir schon wieder im Auto, man kann es irgendwann nicht mehr ertragen, immer Áuto, nur Auto. Aber davor, während die Politesse uns aufschrieb, waren wir immerhin noch in San Ignacio, einer dieser barocken Glaubensfesten jesuitischer Bildermacht.
Und dort dachte ich mir, dass es nun genug sei mit den Brandopfern für das Automobil. Ich kann mich ja nicht beschweren, der Sunbeam ist in der jetzigen Form im Unterhalt bislang spottbillig, und verbraucht kein Benzin und auch kein Öl, auch kann der Mechaniker keine Rechnung stellen, aber es ist jetzt einfach genug. Anderes. Gerne stationär und unbedingt Kultur. Ich bin schliesslich Kulturhistoriker und kein Automechaniker. Ich verstehe mich auch Chiaroscuro besser denn auf Bremsschläuche. Chiaroscuro, wie es mir am Tag darauf nach zu viel Fahrerei und einer Autobahnsperrung bei Bologna auf dem Antikmarkt von Mantua begegnete.
Ich mag ja das Sujet der Maria Immaculata. Einerseits, weil es sehr jesuitisch ist. Andererseits aber, weil es ein vertraktes Motiv ist; Künstler müssen die hormonelle Verzückung der Maria bei der unbefleckten Empfängnis einfangen, und das kann manchmal entsetzlich andächtig sein, oder purer Sex. So wie auf jenem Gemälde, das in der Tradition von Caravaggio steht und sich alle Maniersmen herausnimmt, die man sich in so einem Fall noch leisten kann. Der in den Nacken geworfene Kopf, die verdrehten Augen, die feuchten und vollen Lippen, der Griff an die Brust - die menschliche Natur hat sich durch die Hand des Künstlers einen Weg ins Heilige gebahnt, und dieses Zusammentreffen von sich widersprechenden Intentionen finde ich immer ganz entzückend. Grandios an der andächtigen Aufgabe gescheitert. JesuitenPr0n. Es ist so gegen 1660 bis 1680 entstanden, wurde netterweise von den Händlern falsch auf 1750 datiert und damit, gemäss der italienischen Verachtung für das Rokoko, reichlich billig. Etwas teurer nur als die Kaffeemaschine. Die protestantische Begleiterin konnte mein barockes Entzücken nicht nachvollziehen, aber die ist ja auch nicht in einem Stadtpalast der Gesellschaft Jesu geboren worden.
Natürlich haben wir jetzt - neben dem üppigen Keramikfrüchtekorb aus Rom, der Terrine aus Mantua, den Schuhen, den vier Kleidern und der Macchina sowie dem, was sonst noch kommen wird zwischen Valeggio, Riva und Meran - ein Transportproblem. Aber so ist das nun mal, Gelegenheiten, die man verstreichen lässt, würde man länger und schmerzvoller bedauern als eine unbequeme Heimreise mit den Einkäufen im Fussraum und der Immaculata im Rücken. Die ich im Zweifelsfall auch tragen würde. Man sieht so etwas ja öfters in Auktionen und winselt ob des Limits im mittleren vierstelligen Bereich. Noch dazu, wenn es aus der Toskana stammt. Wenn sie dann an der Wand hängt, ist ihre Reise vorbei, aber mit jedem Blick auf das Bild geht die Reise für ihren Besitzer exakt an jenem heissen Maientag in Mantua weiter, da die Mille Miglia vorbei war, und das Leben wieder begann.
(Ich weiss, Barockmalerei ist nicht jedermanns Sache)
Wir hatten ja noch einen Tag. Am liebsten wären wir sogar zwei Tage geblieben, aber das wäre zu teuer geworden angesichts der schon kassierten Strafzettel. Unsere Glückssträhne in Rom, die mit einer halben Stunde ohne Aufschreiben am Tibergewühl eine erste Fortsetzung fand, wurde am Samstag jäh unterbrochen, und so fuhren wir schon wieder im Auto, man kann es irgendwann nicht mehr ertragen, immer Áuto, nur Auto. Aber davor, während die Politesse uns aufschrieb, waren wir immerhin noch in San Ignacio, einer dieser barocken Glaubensfesten jesuitischer Bildermacht.
Und dort dachte ich mir, dass es nun genug sei mit den Brandopfern für das Automobil. Ich kann mich ja nicht beschweren, der Sunbeam ist in der jetzigen Form im Unterhalt bislang spottbillig, und verbraucht kein Benzin und auch kein Öl, auch kann der Mechaniker keine Rechnung stellen, aber es ist jetzt einfach genug. Anderes. Gerne stationär und unbedingt Kultur. Ich bin schliesslich Kulturhistoriker und kein Automechaniker. Ich verstehe mich auch Chiaroscuro besser denn auf Bremsschläuche. Chiaroscuro, wie es mir am Tag darauf nach zu viel Fahrerei und einer Autobahnsperrung bei Bologna auf dem Antikmarkt von Mantua begegnete.
Ich mag ja das Sujet der Maria Immaculata. Einerseits, weil es sehr jesuitisch ist. Andererseits aber, weil es ein vertraktes Motiv ist; Künstler müssen die hormonelle Verzückung der Maria bei der unbefleckten Empfängnis einfangen, und das kann manchmal entsetzlich andächtig sein, oder purer Sex. So wie auf jenem Gemälde, das in der Tradition von Caravaggio steht und sich alle Maniersmen herausnimmt, die man sich in so einem Fall noch leisten kann. Der in den Nacken geworfene Kopf, die verdrehten Augen, die feuchten und vollen Lippen, der Griff an die Brust - die menschliche Natur hat sich durch die Hand des Künstlers einen Weg ins Heilige gebahnt, und dieses Zusammentreffen von sich widersprechenden Intentionen finde ich immer ganz entzückend. Grandios an der andächtigen Aufgabe gescheitert. JesuitenPr0n. Es ist so gegen 1660 bis 1680 entstanden, wurde netterweise von den Händlern falsch auf 1750 datiert und damit, gemäss der italienischen Verachtung für das Rokoko, reichlich billig. Etwas teurer nur als die Kaffeemaschine. Die protestantische Begleiterin konnte mein barockes Entzücken nicht nachvollziehen, aber die ist ja auch nicht in einem Stadtpalast der Gesellschaft Jesu geboren worden.
Natürlich haben wir jetzt - neben dem üppigen Keramikfrüchtekorb aus Rom, der Terrine aus Mantua, den Schuhen, den vier Kleidern und der Macchina sowie dem, was sonst noch kommen wird zwischen Valeggio, Riva und Meran - ein Transportproblem. Aber so ist das nun mal, Gelegenheiten, die man verstreichen lässt, würde man länger und schmerzvoller bedauern als eine unbequeme Heimreise mit den Einkäufen im Fussraum und der Immaculata im Rücken. Die ich im Zweifelsfall auch tragen würde. Man sieht so etwas ja öfters in Auktionen und winselt ob des Limits im mittleren vierstelligen Bereich. Noch dazu, wenn es aus der Toskana stammt. Wenn sie dann an der Wand hängt, ist ihre Reise vorbei, aber mit jedem Blick auf das Bild geht die Reise für ihren Besitzer exakt an jenem heissen Maientag in Mantua weiter, da die Mille Miglia vorbei war, und das Leben wieder begann.
(Ich weiss, Barockmalerei ist nicht jedermanns Sache)
donalphons, 14:56h
Dienstag, 19. Mai 2009, 14:56, von donalphons |
|comment
anderl,
Dienstag, 19. Mai 2009, 19:04
Ich hoffe, der Sunbeam wurde mittlerweile nicht vollends verleidet durch die Überdosis Auto und ausbleibende Fortschritte bei der Zulassung. Mir hat gerade die Zulassungsstelle mitgeteilt, dass sie am Freitag geschlossen hat. Donnerstag ist Feiertag und da gönnt sich die ganze Behörde einen Brückentag. Es wird also nichts mit dem Kurzzeitkennzeichen. Also morgen zum ADAC und hoffen, dass der sofort und problemlos eine Grenzverkehrversicherung ausstellt. Sonst habe ich ein Problem.
... link
donalphons,
Mittwoch, 20. Mai 2009, 12:44
Es gibt in England die Möglichkeit, sich via Internet manchmal als berechtigter Codriver auf der Green Card eintragen zu lassen, wenn es der Besitzer veranlassen kann. So habe ich das machen lassen.
... link
anderl,
Mittwoch, 20. Mai 2009, 18:24
Es gibt in Deutschland eine Bank, die Commerzbank, die in ihrer Hauptfiliale einer Stadt mit 500.000 Einwohnern nicht über Britische Pfund Noten verfügt. 1500 wollte ich haben kleinlaut wurde mir geantwortet, dass man nur 200 (in Worten: zweihundert!) habe. Bei der Deutschen Bank dann spielte die gewünschte Höhe der Summe kein Problem: "Wieviel soll es denn sein?"
... link
damenwahl,
Mittwoch, 20. Mai 2009, 20:22
Das gilt als Exoten-Währung - habe ich ebenfalls so erlebt mit vergleichbar ausgefallenen Sorten. Aber mit drei Wochen Bestellzeit könnten sie mir Beträge über tausend Euro beschaffen, wurde mir beschieden... ich habe dann die Wechselstube am Bahnhof frequentiert.
... link
anderl,
Mittwoch, 20. Mai 2009, 21:56
Aberwitzig, nicht wahr? Meine Ankündigung, dass ich dann eben Freitag gegen Mittag wieder käme, damit man sich Nachschub besorgen könne, stieß auf verständnislose Blicke.
... link
... comment
damals,
Dienstag, 19. Mai 2009, 19:57
Die Italiener verachten das Rokoko? - Was für ein bedauernswertes Volk!
... link
realmadscientist,
Dienstag, 19. Mai 2009, 23:45
Nicht unbedingt. Santa Maria Maddalena ist eine sehr schöne Rokokokirche inmitten Roms. Leider die einzige dieses Stils.
... link
donalphons,
Mittwoch, 20. Mai 2009, 12:53
Nun, wenn es um den Kunsthandel und den Erhalt geht, ist Rokoko unter ferner liefen. Man hat zu viel anderes, man braucht nicht noch eine Epoche, in der sich die Gunst der Kultur ohnehin andere Liebhaber in Frankreich und Deutschland suchte.
... link
... comment
maternus,
Mittwoch, 20. Mai 2009, 02:44
Ich war heute nicht nur in Sant'Ignazio, sondern auch in Il Gesù. Und was soll ich sagen? Der silberne (jaja, ich weiß, nur eine Kopie) Ignatius war weg. Ob in ristauro oder sonstwohin, war nicht in Erfahrung zu bringen.
Don, warst du das?
Don, warst du das?
... link
donalphons,
Mittwoch, 20. Mai 2009, 12:54
So weit, dass ich mir den Ignatius ins Haus stelle, bin ich dann doch noch nicht.
Ich war der mit den acht Kardinalportraits.
Ich war der mit den acht Kardinalportraits.
... link
... comment
destello,
Freitag, 22. Mai 2009, 01:43
Maria Immaculata
"Künstler müssen die hormonelle Verzückung der Maria bei der unbefleckten Empfängnis einfangen"
Ich habe die Darstellungen der Maria Immaculata noch nie verstanden. "Unbefleckte Empfängnis" bedeutet ja, dass Maria unbefleckt (von ihrer Mutter Anna), also ohne Erbsünde empfangen wurde. Weshalb wird dann die erwachsene Maria bei der Empfängnis von Jesus Christus dargestellt?
Ich habe die Darstellungen der Maria Immaculata noch nie verstanden. "Unbefleckte Empfängnis" bedeutet ja, dass Maria unbefleckt (von ihrer Mutter Anna), also ohne Erbsünde empfangen wurde. Weshalb wird dann die erwachsene Maria bei der Empfängnis von Jesus Christus dargestellt?
... link
... comment