Der grosse Wald

Ich führe nicht gern Interviews. Ich denke, es gibt viel zu sagen, was keinen anderen braucht, und ausserdem hasse ich das Glätten und das Abnicken von aufgeblasenen Nichtsen, die sich toll vorkommen, weil sie es dem Journalisten jetzt mal richtig zeigen können. Feine Herren wie jener polnische Untergrundkämpfer, den ich vor über 10 Jahren einmal zwei Stunden erzählen lassen konnte, traf ich zu selten.

Aber dieser eine Mann war den ganzen Ärger mit den anderen wert. Es gab damals verschiedene Arten von Partisanen, die sich oft nicht grün waren; er selbst war ein Waldpartisan in der dünn bediedelten Gegend entlang der Grenze zu dem, was heute die Slowakei ist. Die Partisanen nutzten die unterschiedlichen deutschen Dienststellen aus, die sich wohl nie ausrecichend bei der Jagd auf den Untergrund absprachen.Mal wichen sie in die polnischen und mal in die slowakischen Wälder aus. Er selbst bedauerte, dass die Wälder in Polen so klein waren; in Russland hätte man eine Woche marschieren können, und hätte nie den Wald und die Sümpfe verlassen., In Polen seien die Wällder selten grösser als ein, zwei Tagesmärsche der gegnerischen Soldaten Trotzdem muss das gross sein, dachte ich. Und was soll ich sagen: Heute war ich dort. Es ist enorm gross.



Und unübersichtlich. Und auch undurchdringbar. Man verliert darin schnell jede Orientierung. Was immer hier verschwindet, taucht vermutlich nicht mehr so schnell auf. Ab und an findet man hier entlang der Strassen auch noch altes Krieggerät im Boden, Reste der Anschläge auf Versorgungskonvois. Im Herbst ist hier alles voller Steinpilze. Es riecht sehr gut. Es ist gross und menschenleer. Lange, gerade Strassen ins Nichts. Ab und zu ein kleiner Flecken, den zu halten in diesem grünen, die Feinde versteckenden Meer sicher kein Vergnügen war.

Der Mann hatte gute Erinnerungen an seine Zeit im Wald. Der Partisan, erklärte er mir, kommt von der einen Seite und geht auf der anderen, er geht niemals den gleichen Weg zweimal. Kein Wunder: Hier würde man den alten Weg nach 10 Schritten nicht mehr finden.

Er wirkte jung, als er vom Wald erzählte. Er war ein sehr feiner Herr. Und es ist wirklich ein enorm grosser, sehr beeindruckender Wald.

Mittwoch, 8. Juni 2011, 01:02, von donalphons | |comment

 
In der russischen Erinnerungs-Hierarchie stehen die Partisanen nur knapp über den Kriegsgefangenen.
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"Wir haben gekämpft, und ihr habt Euch zwei Jahre lang beim Pilzesammeln erholt", sagt man dort.
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Dass sich deutsche Besatzungsposten und Partisanen freundlich gegrüßt hätten, ist vielleicht übertrieben. Aber es gibt Historiker, die festgestellt haben wollen, dass die Partisanen die Bahnstrecke immer nur dort sprengten, wo die Wehrmacht sie grade nicht brauchte. Und dass die Wehrmacht eigens abgelegene Bahngleise reparierte, nur damit die Partisanen wieder was zum Sprengen hatten. "Die brauchen das für ihren Rechenschaftsbericht".

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Das war in Polen, da liegt die Sache dezidiert anders.

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schön das es sie dann doch noch mal ins Flachland gezogen hat

@ hansmeier ... ich empfehle an der stelle mal eine etwas eingehendere auseinandersetzung mit der Armia Krajowa. Die war auch mangels eigener polnishcer "vollarmee" schon deutlich engagierter und größer als dass, was sich sonst so in den Wäldern verkroch.

Aber man konnte auch auf ein knappes JAhrhundert Erfahrung im untergrundkampf zurückblicken. Aufstände und untergrundbewegungen gehören bei den weiß-roten ja irgendwie zur Nationaltradition ;)

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Bei so mickrigen polnischen Wäldern muss man wohl eher von Stadtguerilla sprechen.
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Ich weiß auch nicht, wofür eigentlich die Polen den Amerikanern bis heute so dankbar sind. (Bei den Bayern könnte ich es verstehen).

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@hansmeier: Hm. Meine Gattin, Russin, erzählte mir mehrmals sehr stolz (!) von ihrem Opa, der als Jugendlicher russischer Partisan war. Ich werd sie demnächst (z.Z. ist sie mal wieder in St.Petersburg) fragen, was daran ist: "beim Pilzesammeln erholt", "in der Hirarchie nur knapp über den Kriegsgefangenen".
Bedenke: Auch bei uns wurde und wird das Tun der deutschen Soldaten von '39 bis '45 ganz verschieden, zum Teil sogar gegensätzlich gesehen (je nach politischer Ideologie, resp. Dummheit, auch different in den Fifties vs. heute).

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Meine Tante war in zweiter Ehe mit einem Polen verheiratet, der ebenfalls in seiner Jugend bei den Partisanen war. Was er erzählte, klang nicht nach Pilzesammeln. Dafür wäre er ja auch wohl kaum in den Knast gekommen.

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Interessant! Kann man das Interview noch irgendwo nachlesen?
Und wenn Sie sich in der Nähe der Lausitz rumtreiben, dann möchte ich Ihnen einen Besuch der dortigen Leinenweber ans Herz legen, z.B. in Neukirch die Leinenweber Hoffmann únd von Kleist.

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Oh,
das sieht fast exakt so aus wie in dem großen Nationalpark in Estland, in dem noch Bären, Luchse und Wölfe hausen sollen. Auch wenn wir die nicht selber gesichtet haben, man glaubt es unbesehen.

Es empfiehlt sich dort auch sonst, auf den markierten Wegen zu bleiben. Man muss schon aufpassen, wenn man nur zum Pinkeln ein paar Schritte in den Wald geht, dass man die Peilung nicht verliert.

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Nunja... in den Wäldern in Berlins Umgebung sieht's nicht selten auch so aus. Zum Beispiel rund um den Sakrower See.

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Irgendwie sieht es in fast allen Wäldern so aus. Charakteristisch sind vor allem die vielen Bäume.

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:-)

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"man würde sich gleich verirren..."
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Da spricht der Süddeutsche, der ohne Alpenpanorama die Orientierung verliert.
Das auf dem Bild sieht aus wie ein Kiefernwald auf Sandboden, und nicht wirklich "undurchdringlich". Über die Autobahn in der Mitte könnte auch die Barchetta schadlos mit TEmpo 50 hinwegbrettern.
So what. Sieht aus wie Berlin zwischen AVUS und Zonengrenze.

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Der Franke spricht bei dieser tristen Waldform von "Steckerleswald" (Steggalaswald).

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@hockeystick
..jou, wergli

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Das sieht ein bisschen wie die Wälder im Truppenübungsplatz Oberlausitz aus. Eigentlich fast alle Wälder in dieser Gegend sehen so aus.

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