Die Lethargie des Katastrophenalarms

Ein halbes Dutzend Sandsäcke liegt an den Bänken zwischen den Radwegen. Noch hat niemand die Beleuchtung in dem futuristisch gedachten Tunnel ausgeschaltet, nur im Wasser sind die Laternen ohne Licht.



Im Licht der Scheinwerfer und im fahlen Dunst erscheint die Flut in ihrem rasenden Tanz Richtung Osten wie eine orangebraune Glaspaste; als würde ein dünnflüssiger Lavastrom sich seinen Weg in die Stadt bahnen, um alles zu vernichten - aber nichts passiert. Nur weiter unten bedroht der Fluss eine Raffinerie.



Nur ein paar Uferwege stehen unter Wasser. Später kommen dann zwei junge frauen vorbei, die hier, wo das Wasser seicht und fast ohne Strömung ist, ihren Hund ein frühmorgendliches Bad machen lassen. Wahrscheinlich wissen sie nicht, wie unsagbar dreckig das Wasser ist.



Unter der Brücke ist nicht mehr allzu viel Platz. Ein Meter noch, und man müsste die Radwege sperren. Zwischen den Radwegen ist an der niedrigsten Stelle eine Verbindung aus Stahlgittern. Man kann genau von oben auf die Stelle schauen, wo die Strömung am Schnellsten ist. Es ist kein angenehmer Anblick, während das Rauschen in den Betonträgern widerhallt.



Weiter unten wird es an einer Unterführung langsam kritisch. Wenn man über die Brüstung greift, kommt man leicht bis zum Wasser hinunter. Aber noch hält der Beton, auch wenn der Druck sehr hoch sein muss.



Danach sind Altstadt und die besseren Viertel gerettet. Was hier angekommen ist, ergiesst sich weiter unten in einen Überflutungsraum. Ab 6,3 Meter ist dort Land unter, im Moment steht der Pegel bei 6,48 Meter.



Bislang ist es nichts als ein grosser breiter Fluss, der noch nicht mal die Leichen meiner Feinde vorbeitreibt. Aber die Isar aus München fliesst ohnehin erst bei Deggendorf in die Donau.

Donnerstag, 25. August 2005, 11:50, von donalphons | |comment