Semesterbeginn

oder POS-Marketing für Elitessen.

Gegenüber im neuen Wohnheim, das an Stelle der alten Bäume errichtet wurde und jetzt zumindest in meiner unteren Wohnung die Sicht auf Dom und Collegium versperrrt, ziehen jetzt zum Semesterbeginn frische Elitessen ein. Unten ist es noch lang nicht fertig, die billige Fassade aus Platten fehlt noch, die die Strasse hat man auch gleich abgezogen, um sie neu zu betonieren. Kurz, sie zeigen dadurch Härte und Effizienz, dass sie in Umständen leben, wegen denen sie später mal als fancy benannte Sachbearbeiterinnen die Miete mit Hilfe ihrer Jura studierenden Freunde kürzen würden.

Aber noch ist es nicht so weit, noch schleppen sie ihre armselige Habe hinauf in ihre kleinen, schmucklosen Zellen, so ist das, wenn man nicht die Traute hat, gegen Studiengebühren zu kämpfen, dann zahlt man eben 500 Euro pro Semester und kan sich nur so ein Basisloch leisten. Und ausserdem könnten sie auch einfach mit dem Rauchen aufhören. Womit wir beim Thema wären.

Das Thema ist ein orange-blauer Metallkasten, der schon mal besseere Zeiten gesehen hat. Seit ich mich erinnern kann, ist an der Mauer des zum Stadtpalast gehörenden Hofes ein Zigarettenautomat und damit ein Lockmittel, dem ich viele Begegnungen mit der zukünftigen, im niederen Management verharrendenNichtelite dieses Landes und seiner feinsten Mütter verdanke. Nachts, wenn alle Profile der Stalkersite abgesurft sind und der Berg der Lernmaterialien immer noch so hoch ist wie die unerfüllten Hoffnungen an das Dasein, holen sie sich hier die Medizin für die Ablenkung, direkt unter meinem Fenster, manche besoffen, andere frustriert und in den letzten Jahren auch einige, die ich nicht in dem Zustand nach Hause wanken lassen konnte. Einmal fand ich auch eine von ihnen bewusstlos und von Jägermeister angeschossen vor der Haustür. Aber ich bin nicht der einzige, der von der einzigen Suchtmaschine in der Nähe der Elitessen weiss:



Sauber mit Tesafilm hat jemand neben dem Schlitz, der für manche der hiesigen bleichen Jungs auf Jahre der einzige ist, in den etwas zu stecken ihnen vergönnt sein wird, das zweite Plazebo gehängt, das ihnen die Illusion von Surfen, Strand und Springbreak verspricht. Es gibt hier keinen Strand ausser dem am Baggersee und keine Surferwadeln, Wellen erleben sie nur im Vollsuff beim Heimtorkeln - gestern etwa in der Kellerborze bei der Semesteranfangsparty, war das wichtige Werbemittel Tequila für 1,50. Aber immerhin, wen es um 3 Uhr hierher verschlägt, der wird im fahlen Licht der Strassenlaterne jeden angenehmen Traum dankbar mitnehmen, der in dieser Nacht und so vielen anderen vor dem Rechner ausbleibt.

Sollte es je im schönen Bayernland eine Freigabe von leichten Depressiva für den Automatenverkauf geben, ich wüsste einen guten Ort für das Pilotprojekt. Wir hätten da noch ein wenig Platz neben der Fluppenkiste.

Donnerstag, 19. April 2007, 22:35, von donalphons | |comment

 
Antidepressiva, würde ich meinen. Depressiva brauchen die nicht.

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Und daneben der Kondomautomat, der Slip-O-Mat und vielleicht noch ein Automat für Sandwiches und nicht zu vergessen der Automat für Süßigkeiten und Getränke.

Noch was vergessen??

Nach der Generation Golf könnte es ja die Automatengeneration sein.

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Was steht denn da drauf, auf dieser Karte? Kann das nicht lesen, oder müsste man das kennen (anscheinend gehör ich nicht zur Zielgruppe, schließe ich daraus)?

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Lupi, ein Spätkauf wäre hier die Lizenz zum Gelddrucken. Stell Dich mal um 8 Uhr Abends vor den Supermarkt und schau, wer da auf den letzten Drücker einkauft. Hier in der Gegend wohnen 200 lebensuntüchtige BWLer. Und richtig, es müsste Antidepressiva heissen, wobei ein wenig Dämpfung bei manchen Gründern gar nicht so schlecht wäre - unser erste Mieter aus diesem Umfeld war jetzt nicht megaerfolgreich.

Das ist die Einladung zu einer DJ-Party in der angesagten Disco unter dem Titel "Duckdive", was aus dem Wellenreiten kommt.

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Wellenreiten - auch schon lange nicht mehr gelesen, dieses Wort ;-)

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Du hast ja auch keine Seminare gestaltet, in dem die Hardcorefans der Sportfreunde Stiller sassen - dann hättest du es in fast jeder Sendung des Seminars gehört, bei jeder nur halbwegs passenden Gelegenheit. ;-)

Habe ich schon mal gesagt, dass ich die Sportfreunde nicht mag? Und dass mir die nördlichen goldenen Zitronen viel näher liegen als Weilheimer Burschen?

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Don - schlummert da nicht noch eine Geschäftsidee für Dich.
Ein Kleinkrämerladen im Erdgeschoss mit Klingel und Durchreiche.
24 Stunden geöffnet.

Hast Du schon einen Bizznizzplan??
Da ist doch sicherlich noch mehr drin *g*

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Nun ja, statistisch betrachtet besteht die Welt zu großen Teilen aus Sachbearbeitern, warum also sollte man die Elitessen da ausschließen? Im Ernst, wenn ich die (nach eigenen Hochrechnungen) Hundertausenden von ehrgeizigen, wohlsituierten Anfang-Zwanziger(inne)n sehe, die alle unter die oberen Zehntausend wollen, wundert mich das Ergebnis nicht so arg.

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Den Businessplan haben meine Eltern, die vor 4 Jahren in Berlin waren, den Spätkauf in der Kastanienallee gesehen haben und dann 1 und 1 zusammengezählt haben. Inclusive der Idee, auch gleich ein paar Elitessen an den Tresen zu stellen,damit die anderen sagen, komm, lass uns zu Ann-Kathi, Sigrid und Susi gehen. Wenn man eine Weile mit Elitessen zu tun hat, kennt man nicht nur die wenig erträumten Ergebnisse, sondern auch den Weg des Lasters, der letztlich dahin führt. Und versuch mal in dieser Stadt, nach 20 Uhr Schokolade zu bekommen.

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Ebend. Tankstellen machen ihr Geld schließlich auch nicht mit Benzin.

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Ich bin da eher der Bremser. Das Sortiment, mit dem sich Elitessen vergiften, halte ich für unmoralisch.

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Die globalisierte Jugend vergeigt ihr Taschengeld im Tui-Flieger ins Surfcamp in den arschkalten Nordatlantik anstatt von Spring Break zu träumen, zu dem wohl keiner eine Minute auf einem Brett steht auf dem nicht Bier in Pitchern ausgeschenkt wird...

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Des Dons Elitessen-Charakterisierungen scheinen wirklich allgemeingültig zu sein, ich bin jedenfalls immer wieder erstaunt über die Parallelen zu den Damen, die ich so kenne.
Nur mal ein Beispiel:
Mitte 20, BWL im Endstadium, Essstörungen, Zigaretten und am Wochenende Becks Gold mit Tequilla oder Tequilla mit Becks Gold.
Abwechselnd himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt, je nachdem ob man gerade einen süßen Typen in der Disse abgeschleppt hat oder nach ein paar Tagen wieder durch die Blume gesagt bekommt, dass man doch nur zum Drüberrutschen gut war.
Die liebsten Freizeitbeschäftigungen sind Fitnesstudio und "Kochen", also dem Dschämi zukucken um dann danach in der WG-Küche die Ravioli kunstvoll aufzuwärmen.
Unlängst gings in den Urlaub, Italien:
Ich so: "Oh, toll. Rom, Venedig, Mailand, ...?"
Sie so: "Ne, irgendwo am Mittelmeer, pauschal, Last Minute, suuuupergünstig, das wird bestimmt cool..."

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Willste nen Tip?
Rettungslos. Du kannst nicht das wieder hinbiegen, was Elternhaus und 5 Jahre Studium vergeigt haben. Such Dir eine ordentliche Buchhändlerin.

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Buchhändlerinnen...
Meine dürfte ungefähr so alt sein wie Deine Pesto-Erzeugerin.
Und da kommt auch nix nach, so von wegen Amazon und eBay und so...

Als Ingolstädter kennst Du doch bestimmt den Günta Grünwoid.
Der meinte mal sinngemäß, dass früher alles anders war. Da hätten sich 40-jährige in der Midlife Crisis eine 20-jährige angelacht. Heute würden die 40-jährigen dankend abwinken, da man praktisch keine mehr ohne Piercings, Tattoos, einem Alkoholproblem und/oder einer Essstörung findet. Es endete mit den Sätzen "Wo sand die normalen jungan Madln hi? I woasses a net, dia miassn dia Formen fir die weggschmissn hom."

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ordentliche buchhändlerinnen

.. gibts die noch?

oder besser, wann hat es die gegeben?

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Es gibt sie noch.

Eine liest das hier.

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Und was generell die Körpermodifikationen angeht: Psychische Probleme gab es auch damals, und in den besseren Familien siind auch heute Tattoos und andere poor women´s changes eher unüblich. Da geht das dann eher in Richtung Ferragamo oder gleich OP. Aber Tribals sind da nicht zu sehen - würden auch nicht in den Konzertverein passen.

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Ich kanns kaum glauben, jetzt les ich hier schon so lange mit, aber gerade wegen der unsäglichen Sportfreunde muss ich das erste mal kommentieren :-)

Die kommen nämlich NICHT aus Weilheim, sondern aus Germering. Aus Weilheim gibts nur feinste, massenunkompatible Musik

Aber wenn ich schon dabei bin: Top Blog, am liebsten mag ich Deine Geschichten rund um den Stadtpalast, geschiedene Freundinen, guade Sachen vom Wochenmarkt und alles was Anreiz gibt, sich kunsthistorisch weiterzubilden. Danke

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hmmm gibt es hübsche, junge, kluge Buchhändlerinnen?

Wo? Where? Où? Dónde? Dove? Onde?

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Buchhandlung Werner in München zum Beispiel.

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@Don: Nicht nur in M auch DO gibt es sie. You know. :-)

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In Nordteutschland scheint auch eine höchstanständige rumzuhupfen: http://aci.blogg.de, wers kennt.

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Und gibt es in Berlin auch hübsche, junge, kluge Buchhändlerinnen?

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bei Werner gibts sehr schöne Bücher... ich sollte wohl mal mehr auf die Buchhändlerin achten :-)

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Dosron: Niemand weiss das besser als ich.

Avantgarde: Maxvorstadt. Hach.

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Bei Fluppen-Automaten muss man ja einen Altersnachweis reinstecken.

Bei Anti-Depressiva wäre es dann die elektronisch lesbare Immatrikulationsbescheinigung in der WFI?

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gute idee, die würde ich an deiner stelle schützen lassen.

da lässt sich was draus machen, angebot ist da, nachfrage erst recht. ach so, für die juristische fakultät nur klinikpackungen, aber das weiss jeder.

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In München gab es eine Zeit, da hätte man erst die Konkurrenz beseitigen müssen: Ich kenne da ein paar Fälle, die ihren Stoff von einem gut vernetzten RCDSler bekamen.

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